Rn 2
Erste Voraussetzung für die Haftungsnorm des § 61 ist, dass es sich bei der nicht vollständig erfüllten Zahlungsverpflichtung um eine Masseverbindlichkeit handelt. Diese ist in § 55 definiert. Die Verantwortlichkeit des Verwalters besteht jedoch nicht für sämtliche in § 55 aufgeführten Masseverbindlichkeiten, sondern nur für solche, die durch eine von ihm vorgenommene Rechtshandlung begründet worden sind. Damit entfällt in jedem Fall die Anwendung der Vorschrift auf eine Masseverbindlichkeit aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3. Der Begründung einer neuen Verbindlichkeit durch eine Rechtshandlung des Verwalters steht es gleich, wenn er Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags wählt (vgl. § 103; in diesem Fall liegt ohnehin bereits eine Rechtshandlung des Verwalters vor) oder er von der möglichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses gemäß den §§ 108 ff. absieht. Insofern fallen teilweise auch die in § 55 Abs. 1 Nr. 2 geregelten Masseverbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen teilweise in den Anwendungsbereich des § 61. Insbesondere bei dem Absehen von einer möglichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses kommt also die Verantwortlichkeit des Verwalters für die daraus entstandenen Masseverbindlichkeiten aus dem Zeitraum in Betracht, der nach dem ersten Termin liegt, zu dem der Verwalter nach Erkennbarkeit der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte (Arg. § 209 Abs. 2 Nr. 2 und 3).
Eine Rechtshandlung mit der Folge der Begründung einer Massenverbindlichkeit kann auch in der Erklärung des Verwalters liegen, er komme persönlich für die Bezahlung erbrachter Leistungen auf. Allerdings setzt eine solche persönliche Haftungsübernahme voraus, dass der Insolvenzverwalter aus der Sicht des Erklärungsempfängers klar und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er über die gesetzliche Haftungsverpflichtung hinaus einstandspflichtig sein will. Nur dann begründet der Verwalter eine persönliche Verpflichtung neben seiner insolvenzspezifischen Haftungsverpflichtung.
Dagegen findet § 61 keine Anwendung, soweit wegen unzulänglicher Masse sog. oktroyierte Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 nicht vollständig erfüllt werden können. Darunter fallen beispielsweise Masseverbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen bis zum frühestmöglichen Kündigungstermin, jedoch nur, soweit der Verwalter die Arbeitsleistung nicht in Anspruch nimmt, oder Masseverbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen, welche bei Verfahrenseröffnung bestehen, ebenfalls bis zum ersten Kündigungstermin, soweit die Gegenleistung vom Verwalter nicht in Anspruch genommen wird. In diesen Fällen fehlt es an dem Merkmal, dass die Verbindlichkeit durch eine Rechtshandlung des Verwalters begründet worden ist. Schließlich fallen darunter auch nicht Prozesskosten aus einem vom Verwalter eingeleiteten bzw. aufgenommenen Rechtsstreit, und zwar von Anfang an.