Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausführungsbescheid. Gegenstand des Verfahrens. Rechtliches Gehör. Verletzung. Beweisantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein bloßer Ausführungsbescheid wird nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens, soweit er lediglich im Sinne einer vorläufigen Regelung dem ergangenen Urteil Rechnung trägt.
2. Die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs greift in Fällen, in denen die Vorinstanz dem Vortrag eines Beteiligten allein durch weitere Beweiserhebung hätte entsprechen können, jedenfalls bei rechtskundiger Vertretung nur dann durch, wenn auch ein entsprechender Beweisantrag gestellt wurde.
Normenkette
SGG § 96 Abs. 1
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 14.11.2001) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. November 2001 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren über die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen, die Gewährung von Schwerstbeschädigtenzulage sowie Pflegezulage der Stufe II nach dem Bundesversorgungsgesetz gestritten.
Im Januar 1997 beantragte der Kläger die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen sowie die Gewährung von Schwerstbeschädigtenzulage. Mit Bescheid vom 30. Januar 1997 lehnte der Beklagte die Gewährung von Schwerstbeschädigtenzulage, mit weiterem Bescheid vom 5. März 1998 auch den Neufeststellungsantrag wegen weiterer Schädigungsfolgen ab. Die gegen diese Bescheide erhobenen Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 14. Mai 1998 (weitere Schädigungsfolgen) und vom 15. Mai 1998 (Schwerstbeschädigtenzulage) zurück. Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Koblenz mit Urteil vom 27. April 2001 die angefochtenen Bescheide geändert und den Beklagten verurteilt, eine axiale Hiatushernie mit rezidivierenden Refluxbeschwerden als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In Ausführung des Urteils hat der Beklagte am 11. Juni 2001 einen Bescheid erlassen. Die Berufung des Klägers gegen das vorgenannte Urteil hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 14. November 2001 zurückgewiesen.
Seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Beschluss stützt der Kläger auf § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das LSG habe entgegen dem Berufungsantrag eine Entscheidung über den Bescheid vom 11. Juni 2001 unterlassen. Des Weiteren habe es sich mit den Ausführungen im Berufungsschriftsatz vom 14. Juni 2001 und im weiteren Schriftsatz vom 21. August (richtig: Juli) 2001 zur Erhöhung seiner Pflegebedürftigkeit seit der letzten Begutachtung nicht befasst.
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.
Soweit der Kläger rügt, das LSG habe entgegen dem Berufungsantrag den Bescheid des Beklagten vom 11. Juni 2001 sowohl in der Entscheidung wie in der Begründung übergangen, hat er die Tatsachen, die einen Verfahrensmangel ergeben sollen, nicht iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG hinreichend dargelegt (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 10, 14). Es fehlt bereits an einer Wiedergabe des Inhalts des angeblich außer Acht gelassenen Bescheides. Dementsprechend wird auch nicht deutlich, inwiefern für den Kläger ein günstigeres Ergebnis zu erwarten gewesen wäre, wenn das LSG ausdrücklich auf den betreffenden Verwaltungsakt eingegangen wäre. Zu näheren Ausführungen dazu bestand besonderer Anlass. Denn ein bloßer Ausführungsbescheid wird nicht nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens, soweit er lediglich iS einer vorläufigen Regelung dem ergangenen Urteil Rechnung trägt (vgl BSGE 9, 169). Folglich stellt es auch einen Begründungsmangel dar, dass der Kläger nicht weiter dargelegt hat, inwieweit er durch den Bescheid vom 11. Juni 2001 beschwert sein könnte. Sein Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts in BSGE 4, 24, 26 führt nicht weiter; denn der dort zu Grunde liegende Sachverhalt betraf einen (belastenden) Entziehungsbescheid, der gemäß § 96 SGG Streitgegenstand geworden war.
Die bezüglich des Bescheides vom 11. Juni 2001 auf § 136 Abs 1 Nr 6 SGG gestützte Rüge des Klägers geht ebenfalls fehl. Zunächst ist hier nicht § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, sondern § 142 Abs 2 SGG einschlägig, da es sich um einen ohne mündliche Verhandlung ergangenen Beschluss handelt (vgl BSG SozR 3-1500 § 142 Nr 1). Das Fehlen einer Begründung kann überdies nur insoweit mit Erfolg als Verfahrensmangel geltend gemacht werden, als das Gericht über einen Streitgegenstand überhaupt entschieden hat. Davon kann hier nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Nach dem Vorbringen des Klägers hat das LSG in dem Beschluss vom 14. November 2001 gerade keine Entscheidung über die zweitinstanzlich gegen den Bescheid des Beklagten vom 11. Juni 2001 erhobene Klage getroffen.
Soweit der Kläger des Weiteren rügt, das LSG habe sein Vorbringen in den Schriftsätzen vom 14. Juni und 21. Juli 2001 zur wesentlichen Verschlimmerung des gesundheitlichen Zustandes in Bezug auf sein Begehren, ihm Pflegezulage nach der Stufe II zu gewähren, nicht berücksichtigt, verkennt er bereits, dass die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs in Fällen, in denen die Vorinstanz dem Vortrag eines Beteiligten allein durch weitere Beweiserhebung hätte entsprechen können, jedenfalls bei rechtskundiger Vertretung nur dann durchgreift, wenn auch ein entsprechender Beweisantrag gestellt wurde (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22). Da der Kläger selbst die Bezeichnung Rechtsanwalt führt und zudem im Berufungsverfahren durch Prozessbevollmächtigte des Sozialverbandes VdK vertreten war, hätte er folglich zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde vortragen müssen, dass er vor dem LSG bezüglich der geltend gemachten Verschlechterung seines pflegerelevanten Gesundheitszustandes einen Beweisantrag gestellt habe, um sich mit dem erforderlichen Nachdruck rechtliches Gehör zu verschaffen. Daran fehlt es hier.
Auch ein Fehlen von Gründen hat der Kläger insoweit nicht hinreichend dargetan. Seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass der angegriffene Beschluss zur Frage einer höheren Pflegezulage nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die richterliche Überzeugungsbildung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht maßgeblich gewesen sind (vgl BVerwG Buchholz 310 § 138 Ziff 6 Nr 15). Die von ihm letztlich geltend gemachten Mängel der Gewährung rechtlichen Gehörs bzw der Sachaufklärung stellen als solche noch keinen Verstoß gegen § 142 Abs 2 SGG dar.
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG entsprechend § 169 Satz 3 SGG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen