Beteiligte
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte |
Tenor
Teilurteil
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 1. Dezember 1996 die Altersrente unter Zugrundelegung mindestens der in den Bescheiden vom 23. Januar 1985, 19. Februar 1987 und 25. September 1987 zuerkannten Beitragszeiten nach dem FRG und der in diesen Bescheiden vorgenommenen Bewertungen zu zahlen.
Beschluß
1. Im übrigen wird das Verfahren gemäß Art 100 Abs 1 Grundgesetz (GG) ausgesetzt.
2. Dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wird folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
Ist § 22 Abs 4 Fremdrentengesetz (FRG) idF des Art 3 Nr 4 Buchst b des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ≪WFG≫ vom 25. September 1996 (BGBl I S 1461), in Kraft getreten am 7. Mai 1996 iVm Art 6 § 4c des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) idF des Art 4 Nr 4 WFG, in Kraft getreten am 7. Mai 1996, mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar, soweit dadurch die erworbene Rangstelle von Anwartschaftsrechtsinhabern durch Vervielfältigung der für FRG-Zeiten ermittelten Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 gemindert worden ist?
Gründe
I
Streitig ist, ob die Beklagte bei der Festsetzung des monatlichen Werts des zuerkannten Rechts auf Altersrente die zuvor in einem Herstellungsbescheid bindend festgestellten, als versichert geltenden Arbeitsentgelte für gleichgestellte Beitragszeiten nach dem FRG zum einen abändern und zum anderen die sich daraus ergebenden Entgeltpunkte (EP) auf sechs Zehntel (0,6) ihres Wertes kürzen durfte.
Die am 2. November 1936 geborene Klägerin siedelte im Oktober 1983 von Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A.
Im Verfahren zur Herstellung von Versicherungsunterlagen für Vertriebene nach § 11 Abs 2 der Versicherungsunterlagen-Verordnung (VuVO) vom 3. März 1960 (BGBl I S 137) erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Januar 1985 (sog Herstellungsbescheid) idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar und 25. September 1987 die Beschäftigungszeiten der Klägerin in Rumänien vom 15. Juli 1955 bis 25. August 1983 als gleichgestellte Beitragszeiten gemäß § 15 FRG an, davon die Zeit vom 15. Juli 1955 bis 30. April 1958 gekürzt auf fünf Sechstel (5/6), und ordnete ihnen zugleich als versichert geltende fiktive Arbeitsentgelte entsprechend den zuerkannten Leistungsgruppen in den Anlagen zu § 22 FRG zu. Ferner merkte sie im Vormerkungsverfahren (sog Kontenklärungsverfahren iS von § 104 Abs 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes ≪AVG≫ = § 149 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫) als Tatbestand einer Ausfallzeit wegen schulischer Ausbildung die Zeit vom 2. November 1952 bis 18. November 1954 sowie als Tatbestand einer Ersatzzeit die Zeit vom 19. Oktober 1983 bis 14. Februar 1986 und vom 1. Oktober 1986 bis 28. Februar 1987 vor.
Von Februar 1986 bis September 1986 sowie von März 1987 bis November 1996 legte die Klägerin im Bundesgebiet Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung zurück, und zwar aufgrund von versicherungspflichtigen Beschäftigungen sowie aufgrund des Bezuges von Kranken- und Arbeitslosengeld.
Auf Antrag der Klägerin erkannte die Beklagte ihr ab 1. Dezember 1996 das Recht auf eine Altersrente (für Frauen) zu (Bescheid vom 27. Februar 1997). Die für den monatlichen Wert dieses Rechts auf Rente anzusetzenden EP ermittelte sie nicht auf der Grundlage der fiktiven Entgelte, die sie in dem genannten Herstellungsbescheid für die Zeit vom 15. Juli 1955 bis 25. August 1983 für gleichgestellte Beitragszeiten zugeordnet hatte; vielmehr legte sie – gestützt auf § 22 Abs 1 Satz 1 und 2 FRG idF des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1606) iVm § 256b Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI – die Arbeitsverdienste nach den Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI und nach den Wirtschaftsbereichen der Anlage 14 zum SGB VI zugrunde; sodann kürzte sie im Ergebnis die neubestimmten EP gemäß § 22 Abs 4 FRG idF des WFG auf sechs Zehntel (0,6) ihres vollen Wertes. Die EP, die sich daraus für die ersten 48 Berufsmonate (1. Juli 1955 bis 30. September 1959) ergaben, erhöhte sie auf einen monatlichen Wert von 0,0625 EP. (Den an sich anzusetzenden monatlichen Wert von 0,075 EP hatte sie zuvor in einem Zwischenschritt auf fünf Sechstel dieses Wertes gekürzt, weil diese Beitragszeiten nur glaubhaft gemacht waren.) Des weiteren berücksichtigte sie wegen des geringen Arbeitsentgelts Mindestentgeltpunkte (§ 262 SGB VI). Dadurch erhöhte sich die Summe der EP für alle Beitragszeiten von 19,8648 um zusätzliche 8,2478 EP auf insgesamt 28,1126 EP. Ferner ergaben sich für beitragsfreie Zeiten zusätzliche 3,6298 EP und für sogenannte beitragsgeminderte Zeiten zusätzliche 0,1706 EP. Unter Vervielfältigung der Summe der persönlichen EP von 31,9130 mit dem aktuellen Rentenwert von 46,67 DM (sowie mit dem Rentenartfaktor von 1,0) ergab sich ab Rentenbeginn (1. Dezember 1996) ein (monatlicher) Wert des Rechts auf Altersrente von 1.489,38 DM.
Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin, mit denen sie die Nichtberücksichtigung der im Herstellungsbescheid zuerkannten als versichert geltenden Arbeitsverdienste sowie die Kürzung der tatsächlich angesetzten Arbeitsverdienste (sinngemäß: der EP) auf 0,6 beanstandet hatte, hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 1997, Urteil des SG vom 25. März 1998 und Urteil des LSG vom 5. Februar 1999).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, daß die nach dem FRG anerkannten Zeiten nicht auf 0,6 ihres Wertes hätten gekürzt werden dürfen. Die entsprechende Vorschrift des § 22 Abs 4 FRG idF des WFG sei verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe für rentennahe Jahrgänge keine ausreichende Übergangsregelung getroffen. Bis zur Neuregelung durch das WFG habe der Gesetzgeber – zB erstmalig bei der schon im RÜG vorgesehenen Kürzung auf 0,7 der EP für FRG-Zeiten – stets vorgesehen, daß Verschlechterungen nur die neu in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zuziehenden Personen betreffen würden. So sei sie, die 1983 zugezogen sei, von der Kürzung der EP auf 0,7 ihres Wertes verschont geblieben. Als sich dann im Jahre 1996 abgezeichnet habe, daß nunmehr alle Aussiedler ohne Rücksicht auf das Datum des Zuzuges von der weitergehenden Kürzung auf 0,6 erfaßt würden, habe sie diese Nachteile nicht mehr durch private Vorsorge ausgleichen können. Die Übergangsregelung des Art 6 § 4c FANG iVm § 22 Abs 4 FRG idF des WFG verstieße daher gegen Art 3, 14, 116 GG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 5. Februar 1999 und das Urteil des SG Köln vom 25. März 1998 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 1997 zu verurteilen, ihr die Altersrente ab 1. Dezember 1996 auf der Grundlage der nach der VuVO anerkannten Werte ohne Kürzung der Entgeltpunkte für die FRG-Beitragszeiten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß die Klägerin durch Art 6 § 4c FANG iVm § 22 Abs 4 FRG nicht in einem Grundrecht verletzt sei.
Der erkennende Senat hat die vom 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) eingeholten Auskünfte des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 3. August 1999 und 16. September 1999 beigezogen sowie von der Beklagten die Stellungnahmen vom 6. Dezember 1999 und 10. Dezember 1999 sowie vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger die Auskunft vom 13. Dezember 1999 eingeholt.
II
A. Die zulässige Revision ist in dem durch (unselbständiges) Teilurteil ausgeurteiltem Umfang begründet. Dieses betrifft den ersten Gegenstand des Revisionsverfahrens, nämlich die Frage, ob die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) für die nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten niedrigere als versichert geltende Arbeitsverdienste zugrunde legen durfte als in den bindenden Herstellungsbescheiden anerkannt. Im übrigen ist der Rechtsstreit auszusetzen und dem BVerfG die im Beschlußtenor formulierte Rechtsfrage vorzulegen. Der Vorlagebeschluß bezieht sich auf den anderen Gegenstand der Revision, also auf das Thema, ob bei Anwartschaftsrechtsinhabern die kalenderjährlich ermittelten EP aus rechtmäßig festgestellten als versichert geltenden Arbeitsverdiensten für nach dem FRG gleichgestellte Beitragszeiten auf 60 vH ihres bisherigen Wertes gekürzt werden durften.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, ob die Klägerin ab 1. Dezember 1996 eine monatliche Altersrente mit einem höheren Rentenwert beanspruchen kann, als die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 27. Februar 1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 1997 festgesetzt hat. Aufgrund des Sachantrags der Klägerin beschränkt sich die revisionsgerichtliche Überprüfung auf zwei für die Wertermittlung (mit) maßgebliche Gegenstände. Zum einen begehrt die Klägerin, die EP für Beitragszeiten aufgrund der im Herstellungsbescheid vom 23. Januar 1985 idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar und 25. September 1987 festgestellten Arbeitsentgelte, nicht aber aufgrund der Entgelte zu ermitteln, die die Beklagte erstmalig im Rentenbescheid nach den jeweiligen Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen in den Anlagen 13 und 14 zum SGB VI zugeordnet hat. Dieses Begehren findet Ausdruck im Revisionsantrag, mit dem die Klägerin – wie schon in ihrem Sachantrag in der Vorinstanz – eine Wertermittlung (sog Rentenberechnung) aufgrund der „nach der VuVO anerkannten Zeiten” beantragt hat. Verbindlich anerkannt waren – wie noch darzulegen ist – nur die im Herstellungsbescheid anerkannten Beitragszeiten und die hierfür ausgewiesenen als versichert geltenden Arbeitsentgelte. Zum anderen wendet sich die Klägerin gegen die Kürzung der EP aus nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten auf 0,6 des Vollwertes.
Die anderen für den monatlichen Rentenwert maßgeblichen Faktoren und Berechnungselemente sind nicht im Streit. So wendet sich die Klägerin ua nicht gegen die Ermittlung der EP für die ersten mit Pflichtbeiträgen belegten 48 Berufsmonate. Die weiteren Verfügungssätze des Rentenbescheides (Zuerkennung des Rechts auf Altersrente ≪für Frauen≫, Festsetzung des Rentenbeginns, Gewährung auf unbeschränkte Dauer) waren von vornherein nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
Revision und Berufung sind zulässig. Auch gegen die Zulässigkeit der form- und fristgerecht erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist die Klägerin auch zur Klage befugt (formell beschwert iS von § 54 Abs 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Hieran würde es fehlen, wenn die als eigene und als verletzt geltend gemachten Rechte im positiven Recht nach keiner Betrachtungsweise bestehen, der Verwaltungsakt sie schon deshalb nicht in eigenen subjektiven Rechten verletzen kann (stRspr, stellvertretend BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 2; siehe auch BVerfGE 83, 182, 195 f; BSG, Urteil vom 15. Mai 1991, BSGE 68, 291, 292 = SozR 3-1500 § 54 Nr 7; Urteil vom 9. Mai 1990, BSGE 67, 30, 33 ff = SozR 3-2200 § 268n Nr 1). Dies ist hier nicht der Fall. Zum einen ergibt sich die Möglichkeit einer Rechtsverletzung schon aus ihrem Vorbringen, die BfA habe durch Anrechnung „falscher” Arbeitsverdienste in ihren gesetzlichen Anspruch auf „richtige” Festsetzung des Wertes des Vollrechts auf Rente eingegriffen (hierauf bezieht sich das Teilurteil). Zum anderen folgt die Möglichkeit, in einem eigenen subjektiven Recht verletzt zu sein, aus dem Vortrag, die gesetzgebende Gewalt (= Gesetzgeber) habe in den Mindestwert ihres Anwartschaftsrechts durch die nachträgliche Kürzung der EP auf 0,6 des Vollwertes verfassungswidrig eingegriffen.
Es fehlt auch nicht am allgemeinen Rechtschutzbedürfnis. Insbesondere konnte die Klägerin sich gegen den behaupteten verfassungswidrigen Eingriff in ihr Rentenanwartschaftsrecht nicht mit geringerem Aufwand wehren. Dieses subjektive Recht bestand allerdings bereits vor der Entstehung des Vollrechts auf Rente und vor Rentenbeginn, nämlich schon im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neu gestalteten § 22 Abs 4 FRG. Zwar vermitteln Art 19 Abs 4 Satz 1 GG und der eigentumsrechtliche Schutz des Anwartschaftsrechts auf Altersrente bereits einen spezifischen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz unmittelbar aus Art 14 Abs 1 GG und damit die Statthaftigkeit und – im allgemeinen – die Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung des Mindestwertes dieses Rechts, also der durch Beitragszeiten erworbenen Rangstelle, verwaltungstechnisch ausgedrückt in der Summe der Entgeltpunkte (vgl Schulze-Fielitz in: Dreier, GG, Komm, Bd 1, 1996, Art 19 RdNr 112). Dennoch hat das Anwartschaftsrecht vor Eintritt des Versicherungsfalles des Alters und dem davon abhängigen Rentenbeginn keinen abschließend bestimmbaren Geldwert. Erst mit diesem Zeitpunkt (so ausdrücklich § 64 SGB VI: „…mit ihrem Wert bei Rentenbeginn…”) stehen nämlich die EP für das gesamte Versicherungsleben fest, einschließlich der beitragsfreien Zeiten, deren Werte erst nach Eintritt eines Versicherungsfalles bestimmt werden können. Dasselbe gilt für die weiteren Berechnungsfaktoren, nämlich Zugangsfaktor, Rentenartfaktor und für den aktuellen Rentenwert, der erstmals einen Geldbetrag in die „Rentenformel” einfügt; erst jetzt kann der (monatliche) Wert des Rechts auf Altersrente in Geld bestimmt werden. Jede auf einen früheren Zeitpunkt bezogene Klage kann sich demgemäß inhaltlich nur isoliert auf die für Beitragszeiten kalenderjährlich bereits feststehende Relation der durch diese versicherten Arbeitsverdienste zum Durchschnittsverdienst der Versicherten, also auf den durch Beitragszeiten schon erworbenen Mindestwert der späteren Teilhabeberechtigung beziehen. Sie muß als Feststellungsklage notwendig hinter einer nach Erteilung des „Rentenbescheides” statthaften (Anfechtungs- und) Leistungsklage zurücktreten, welche zudem die Möglichkeit gibt, einen vollstreckbaren Leistungstitel zu erstreiten (vgl allgemein zur Problematik des Rechtschutzes bei gesetzlicher Änderung von Rentenberechnungselementen: Urteil des Senats vom 24. Oktober 1996, SozR 3-2600 § 58 Nr 9).
Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit sie die Ermittlung des monatlichen Rentenwerts mindestens auf der Grundlage der im bindenden Herstellungsbescheid zuerkannten, als versichert geltenden (im folgenden auch „fiktiv” genannten), Arbeitsentgelte begehrt. Dies würde ohne die im Vorlagebeschluß behandelte „0,6-Kürzung” der EP dazu führen, daß sich der monatliche Rentenwert zum 1. Dezember 1996 auf 1.675,34 DM belaufen und damit den im Rentenbescheid vom 27. Februar 1997 festgesetzten Monatswert um 185,96 DM übersteigen würde (dazu unter B).
Bezüglich der Kürzung der EP aus nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten auf 0,6 des Vollwertes hängt der Ausgang des Rechtsstreits davon ab, ob § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG – jeweils idF des WFG – verfassungsgemäß ist, obwohl (bezogen auf den 30. September 1996) der durch § 22 Abs 4 FRG bewirkte Eingriff in den Wert des zu jenem Zeitpunkt bestehenden Anwartschaftsrechts zu einem Verlust von 4,0957 EP, also einer Teilentwertung dieses Rechts, führen würde (vgl zu deren wirtschaftlicher Bedeutung die Darlegungen unter C 2).
B. Teilurteil
Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die angefochtene Festsetzung des Wertes des (Voll-)Rechts auf Altersrente insoweit rechtswidrig, als sie auf falschen „fiktiven” Arbeitsverdiensten für die gleichgestellten Beitragszeiten beruht. Sie verletzt die Klägerin in ihrem (vom subjektiven Recht auf Rente mit umfaßten) Recht auf „richtige” Feststellung des Rentenwerts (der sog Rentenhöhe).
1. Der angefochtene Verwaltungsakt leidet an keinen Zuständigkeits-, Form- oder Verfahrensfehlern. Eine Aufhebung nach § 42 SGB X kommt nicht in Betracht.
Die angefochtene Festsetzung im Rentenbescheid vom 27. Februar 1997 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 1997) ist formgerecht ergangen; sie genügt dem Bestimmtheitsgebot (§ 33 SGB X) und enthält eine ausreichende Begründung (§ 35 SGB X). Es bedurfte keiner vorherigen Anhörung (§ 24 Abs 1 SGB X). Die BfA hat mit der angefochtenen Entscheidung über den Geldwert des Vollrechts auf Rente (Rentenhöhe) erstmalig entschieden, also insoweit nicht in ein zuerkanntes Recht „eingegriffen”. Falls und soweit sie dadurch vermittelt auch Bezug auf den Wert des Anwartschaftsrechts der Klägerin genommen haben könnte, entfiel das Erfordernis einer Anhörung ua schon deshalb, weil § 22 Abs 4 FRG insoweit bereits zuvor gesetzesunmittelbar dieses Anwartschaftsrecht in seinem (in Entgeltpunkten bemessenen) Mindestwert gemindert hatte. Selbst wenn man dennoch von einem Eingriff in das Anwartschaftsrecht gerade durch Verwaltungsakt ausgehen wollte, konnte die Beklagte gemäß § 24 Abs 2 Nr 4 Regelung 2 SGB X von einer Anhörung absehen (stellv BSG SozR 3-1300 § 24 Nr 4 S 6 bis 8), weil eine für alle Betroffenen gleiche Rechtsänderungsformel (schematische Kürzung der EP um 40 vH) anzuwenden war.
2. Der angefochtene Bescheid ist (materiell) rechtswidrig, soweit die Beklagte bei der Ermittlung der EP nicht die im bindenden Herstellungsbescheid vom 23. Januar 1985 idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar und 25. September 1987 zuerkannten „fiktiven” Arbeitsentgelte zugrunde gelegt hat.
Der (monatliche) Wert eines Rechts auf Altersrente wird (nach der Rentenformel des § 64 SGB VI) durch die vom Versicherten individuell im Vergleich mit den zeitgleich Versicherten (mit Durchschnittsentgelt) erlangte Rangstelle (technisch ausgedrückt in „Entgeltpunkten”) entscheidend mitbestimmt. Diese errechnet sich aus der Summe aller EP für Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten und aus Zuschlägen für sogenannte beitragsgeminderte Zeiten (vervielfältigt mit dem Zugangsfaktor; der Rentenfaktor beträgt bei Altersrenten stets 1,0). Hierbei werden die EP für Beitragszeiten (§ 55 Abs 1 SGB VI) ermittelt, indem der in diesen Zeiten versicherte bzw als versichert geltende Arbeitsverdienst durch das Durchschnittsentgelt der Arbeitnehmer (Anlage 1 zum SGB VI) für dasselbe Jahr geteilt wird (§§ 63 Abs 1 und 2, 70 Abs 1 Satz 1 SGB VI). Die EP für Beitragszeiten werden somit maßgeblich durch die im jeweiligen Kalenderjahr versicherten Arbeitsverdienste bestimmt. Insoweit hat die Beklagte der Ermittlung von EP für die nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten nicht die richtigen als versichert geltenden Arbeitsverdienste zugrunde gelegt.
2.1 Die Beklagte hätte die bereits vor dem Rentenbewilligungsverfahren im sogenannten Herstellungsbescheid bindend (bestandskräftig) anerkannten Arbeitsverdienste anrechnen müssen.
Die Beklagte hat im Bescheid vom 23. Januar 1985 idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar 1987 und 25. September 1987 gemäß § 11 Abs 2 VuVO eine Versicherungsunterlage für Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten hergestellt, die nach dem FRG anrechenbar waren. Hierbei hat sie die Zeit vom 15. Juli 1955 bis zum 25. August 1983 als gleichgestellte Beitragszeiten iS des § 15 FRG anerkannt; zugleich hat sie die für diese Zeiten als versichert geltenden fiktiven Arbeitsverdienste unter Zuordnung zu bestimmten Leistungsgruppen in der Anlage 1 B und 11 zu § 22 FRG aF festgestellt, und zwar mit Kürzung auf 5/6 des Zeitraums vom 15. Juli 1955 bis 30. April 1958 (wobei sich die Kürzung rechnerisch nur bis zum 31. Dezember 1957 auswirkte) unter Zuordnung in die Leistungsgruppe 5 und anschließend als ungekürzte Beitragszeiten unter Zuordnung in die Leistungsgruppe 5 für die Zeit vom 3. Mai 1958 bis 14. Juli 1960, in die Leistungsgruppe 4 für die Zeit vom 15. Juli 1960 bis 14. Juli 1970, in die Leistungsgruppe 3 für die Zeit vom 15. Juli 1970 bis 31. Oktober 1981 und in die Leistungsgruppe 2 für die Zeit vom 1. November 1981 bis 25. August 1983.
Demgegenüber hat die Beklagte im Rentenbescheid ganz überwiegend niedrigere „fiktive” Arbeitsverdienste als versichert eingestellt und dadurch die erworbene Rangstelle der Klägerin herabgesetzt, also ihr Rangverhältnis zu den anderen zeitgleich Versicherten verschlechtert, nämlich vom 15. Juli 1955 bis 30. April 1958 solche der Qualifikationsgruppe (Gr) 5 der Anlage 13 zum SGB VI und des Wirtschaftsbereichs (WB) 17 der Anlage 14 zum SGB VI (= Tabelle 17 der Anlage), vom 3. Mai 1958 bis 30. April 1979 solche der Gr 5/WB 7 und vom 1. Mai 1979 bis 25. August 1983 solche der Gr 4/WB 7. Diese Werte liegen (auch ohne 0,6-Kürzung) ab 1960 zum Teil erheblich unter den im Herstellungsbescheid bindend anerkannten Werten (vgl insoweit die Anlagen 2 und 4 zu dieser Entscheidung). Eine weitere Verschlechterung besteht darin, daß nach § 256b SGB VI glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten nach dem 31. Dezember 1949 auf 5/6 des vollen Wertes zu kürzen sind. Die Tabellenwerte der Anlage 14 zum SGB VI enthalten somit auf 5/6 gekürzte Entgelte des Beitrittsgebiets. Von ihrer Anhebung um 6/5 auf volle Werte (§ 22 Abs 1 Satz 2 FRG) konnte die Beklagte absehen, weil sie diese als glaubhaft gemachten Zeiten wiederum auf 5/6 hätte kürzen müssen (§ 22 Abs 3 FRG). Der frühere § 19 Abs 2 FRG, nach dem bei einem durchgehenden Beschäftigungsverhältnis von zehn Jahren die vollen Entgelte zugrunde zu legen waren (und nach dem die Klägerin im Herstellungsbescheid bindend günstiger gestellt war), ist bei der Neugestaltung des FRG ersatzlos entfallen.
Die Beklagte mußte jedoch die günstigeren Arbeitsentgelte aus dem Herstellungsbescheid zugrunde legen. Insoweit ist sie an die bindende Anerkennung und Bewertung der FRG-Beitragszeiten auch im Verfahren zur Feststellung des Werts des Vollrechts der Klägerin auf Altersrente gebunden. Dies ergibt sich aus Folgendem:
2.1.1 Bei einem Herstellungsbescheid nach § 11 Abs 2 VuVO handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, mit dem der Rentenversicherungsträger gesetzliche Tatbestandsmerkmale einer künftigen Leistungsgewährung ausnahmsweise im voraus feststellen und bewerten darf (stRspr des BSG: zB Urteile des Senats vom 29. April 1997 - 4 RA 25/96 - unveröffentlicht - und vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96 - unveröffentlicht -; ferner BSG SozR 1500 § 77 Nr 61 S 54).
Das durch den Herstellungsbescheid (§ 11 Abs 2 VuVO) abgeschlossene Verwaltungsverfahren dient der Konstruktion eines bundesdeutschen Versicherungsverlaufs aufgrund des außerhalb des Bundesgebietes im Vertreibungsgebiet (oder in der DDR) verbrachten Arbeitslebens. Es zielt – insoweit dem Vormerkungsverfahren (§ 149 Abs 5 SGB VI) entsprechend – auf „Beweissicherung” ab, dh auf die möglichst zeitnahe verbindliche Feststellung von Tatsachen, die (nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Feststellung) möglicherweise in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich bedeutsam werden können (Urteile des Senats vom 29. April 1997 und 16. Dezember 1997, jeweils aaO; Urteil des Senats vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 108/95 - SozVers 1997, 303 ≪zur Vormerkung nach § 149 Abs 5 SGB VI≫). Anders als beim Rentenbescheid (s hierzu Urteil des Senats vom 16. März 1989, BSGE 65, 8, 13 = SozR 1300 § 48 Nr 55 S 161 mwN) betrifft der bindungsfähige Verfügungssatz eines Herstellungsbescheides auch die in ihm aufgeführten Versicherungszeiten/rentenrechtliche Zeiten; die Bindung bezieht sich (insoweit anders als beim Vormerkungsbescheid nach § 149 Abs 5 SGB VI) sowohl auf die rechtliche Qualifikation der anerkannten Versicherungszeiten als auch auf deren Wert und ggf auf die dabei vorgenommene Einstufung in Leistungsgruppen (= Anerkennung als versichert geltende Arbeitsverdienste; stRspr des BSG: zB Urteile des Senats vom 16. März 1989, aaO, S 162; vom 29. April 1997, aaO; vom 16. Dezember 1997, aaO; Urteil vom 25. November 1970, BSGE 32, 110, 112 = SozR Nr 1 zu § 11 VuVO; Urteil vom 17. Juli 1985, SozR 1500 § 77 Nr 61 S 54; Urteil vom 30. September 1969 - 1 RA 227/68; Urteil vom 31. Mai 1978, BSGE 46, 236, 238 = SozR 1500 § 77 Nr 29 S 25).
2.1.2 Der Herstellungsbescheid vom 23. Januar 1985 idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar und 25. September 1987 hat Bestandskraft erlangt und behalten.
Wie jeder andere Verwaltungsakt bleibt auch ein solcher Herstellungsbescheid wirksam und damit nach Eintritt der Unanfechtbarkeit iS des § 77 SGG zwischen den Beteiligten in der Sache bindend, „solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist” (§ 39 Abs 2 SGB X). Solange der Herstellungsbescheid Bestand hat, bewirkt seine materielle Bindungswirkung, daß der in einem späteren Rentenbewilligungsbescheid enthaltene Verfügungssatz über den monatlichen Wert der Altersrente rechtswidrig ist, soweit er auf anderen Berechnungsfaktoren beruht, die von den im Herstellungsbescheid bindend festgestellten Faktoren abweichen; denn allein durch eine Änderung nur des materiellen Fremdrentenrechts erledigen sich nicht die bindenden Feststellungen in einem Herstellungsbescheid (Urteil des Senats vom 16. März 1989, aaO; so auch schon Urteil des Senats vom 5. November 1980 - 4 RJ 93/79 -, SozSich 1981, 96).
Vorliegend ist die Bindungswirkung des Herstellungsbescheides vom 23. Januar 1985 idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar 1987 und 25. September 1987, dh die rechtliche Maßgeblichkeit der in ihnen getroffenen Regelungen für die erlassene Behörde (hier: BfA) und den Adressaten (hier: Klägerin), nicht beseitigt worden noch sonst entfallen. Weder wurde der Herstellungsbescheid nach § 48 SGB X (dazu unter 2.1.3) oder Art 38 RÜG aufgehoben noch hat er sich unmittelbar kraft Gesetzes „auf andere Weise” iS des § 39 Abs 2 SGB X erledigt.
2.1.3 Die Beklagte hat es unterlassen, einer evtl durch § 22 Abs 4 FRG geänderten Rechtslage durch (Teil-) Aufhebung des Herstellungsbescheides Rechnung zu tragen.
Soweit gegenüber der Rechtslage, wie sie bei Erlaß des Herstellungsbescheides vom 23. Januar 1985 idF der genannten Änderungsbescheide bestand, nachträglich eine wesentliche Änderung eingetreten war, hat die Beklagte schon keine entsprechende (Teil-) Aufhebung der Festsetzungen des Herstellungsbescheides verfügt (vgl § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X). Ein solcher Aufhebungsakt wäre aber notwendige Voraussetzung für eine Beseitigung der Bindungswirkung gewesen.
Durch Art 14 Nr 20 Buchst b RÜG wurde § 22 FRG mit Wirkung zum 1. Januar 1992 (Art 42 Abs 1 RÜG) völlig neu gefaßt. § 22 Abs 1 Satz 1 FRG idF des RÜG verweist seitdem hinsichtlich der Bewertung ua von gleichgestellten Beitragszeiten nach § 15 FRG auf die Regelungen des § 256b Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI. Hiernach ist für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die im Herkunftsgebiet ausgeübte Beschäftigung zunächst in eine der in Anlage 13 zum SGB VI genannten Qualifikationsgruppen einzustufen und sodann einem der in Anlage 14 zum SGB VI genannten 24 Wirtschaftsbereiche zuzuordnen; die sich hiernach ergebenden als versichert geltenden fiktiven Arbeitsverdienste dürfen 5/6 der im jeweiligen Kalenderjahr maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze nicht überschreiten. Um auf volle Entgelte zu gelangen, bestimmt § 22 Abs 1 Satz 2 FRG idF des RÜG, daß die Durchschnittsjahresverdienste der Anlage 14 um ein Fünftel zu erhöhen sind; EP für nicht nachgewiesene, sondern nur glaubhaft gemachte Beitragszeiten sind nach § 22 Abs 3 FRG idF des RÜG um ein Sechstel auf fünf Sechstel zu kürzen.
Durch diese Neufassung des § 22 FRG – deren Verfassungsgemäßheit unterstellt – wäre ggf gegenüber den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlaß des Herstellungsbescheides vorlagen, eine wesentliche Änderung eingetreten. Es kann offenbleiben, ob die Beklagte nach § 48 Abs 1 SGB X befugt gewesen wäre, die Verwaltungsakte im Herstellungsbescheid, auf welche die Klägerin sich stützt, aufzuheben und damit deren Bindungswirkung zu beseitigen. Denn die BfA hatte keine Aufhebung vorgenommen.
2.1.3.1 Die Beklagte hat die Bewertung der gleichgestellten Beitragszeiten im Herstellungsbescheid weder gesondert noch im angefochtenen Rentenbescheid aufgehoben.
Die Beklagte hat keinen besonderen Aufhebungsverwaltungsakt erlassen. Auch dem Rentenbescheid vom 27. Februar 1997 sind aufhebende Verfügungssätze nicht zu entnehmen. Weder ausdrücklich noch nach dem sprachlichen Sinn der darin verlautbarten Texte kommt zum Ausdruck, daß diese hoheitliche Maßnahme ua zur Aufhebung der im Herstellungsbescheid verlautbarten Verwaltungsakte bestimmt war. Nach dem Wortlaut des Rentenbescheides war die Beklagte sich vielmehr bei seinem Erlaß überhaupt nicht bewußt, daß ein sie bindender Herstellungsbescheid existierte. Dies ergibt sich aus ihrem – ansonsten unverständlich wirkenden – Hinweis in Anlage 10 zum Rentenbescheid, wonach dort nur die Zeiten nach dem FRG aufgeführt seien, für die nicht bereits ein Bescheid erteilt worden sei. Die dort aufgeführten FRG-Beitragszeiten waren aber bereits Regelungsgegenstand des Herstellungsbescheides vom 23. Januar 1985 idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar 1987 und 25. September 1987.
2.1.3.2 Eine „konkludente” Aufhebung ist auch nicht im Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 1997 erfolgt.
Es kann dahinstehen, ob eine „konkludente” Aufhebung eines schriftlich erlassenen Verwaltungsaktes überhaupt möglich ist; ebenso ist nicht darauf einzugehen, daß eine erstmalige Aufhebung der Herstellungsentscheidungen im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen den Rentenbescheid nicht erstinstanzlich an Stelle der Ausgangsbehörde durch die Widerspruchsbehörde hätte vorgenommen werden dürfen (vgl Urteile des Senats vom 29. April 1997 - 4 RA 25/96 -, vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96 - und vom 23. Juni 1994 - 4 RK 3/93 -, SozR 3-1500 § 87 Nr 1).
Dem Widerspruchsbescheid kann nämlich mit hinreichender Deutlichkeit allenfalls noch entnommen werden, daß die Beklagte rechtsirrig davon ausging, bei der Feststellung der Rente sei sie entgegen dem rechtsstaatlichen Gebot der materiellen Bestandskraft von Verwaltungsakten und entgegen § 77 SGG nicht an den Herstellungsbescheid gebunden. Im übrigen geht aus dem Widerspruchsbescheid nicht hervor, ob sie sich zu einer (Neu-)Bewertung der FRG-Beitragszeiten gerade deshalb berechtigt glaubte, weil sie von einer Aufhebung des Herstellungsbescheides (spätestens) durch den Widerspruchsbescheid ausging, oder weil sie glaubte, Art 38 Satz 2 Halbsatz 2 RÜG (dazu unten) lasse eine Rentenfeststellung auch ohne Aufhebung entgegenstehender Herstellungsbescheide zu. Mit ihrem Widerspruchsbescheid hat die Beklagte damit allenfalls noch hinreichend deutlich das Ergebnis ihrer Überlegungen zum Ausdruck gebracht, nämlich an einen früheren Herstellungsbescheid nicht gebunden zu sein; sie hat jedoch nicht einmal ansatzweise verlautbart, daß sie zu diesem Ergebnis (Wegfall der Bindungswirkung) gerade durch Aufhebung des Herstellungsbescheides gelangen wollte. Wenigstens dies wäre aber erforderlich gewesen, um ggf überhaupt erst die Existenz eines „konkludenten” (erstmaligen) Aufhebungsakts der BfA feststellen zu können (vgl Urteile des Senats vom 29. April 1997 und 16. Dezember 1997, jeweils aaO).
2.1.4 Auch eine Aufhebungsentscheidung nach Art 38 RÜG idF durch Art 14 des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes (Rü-ErgG) vom 24. Juni 1993 (BGBl I 1038) ist nicht ergangen. Einen sog Selbstvollzug des Gesetzes ordnet diese Bestimmung nicht an.
Nach Art 38 RÜG sind Bescheide, die außerhalb einer Rentenbewilligung aufgrund der VuVO oder des Fremdrentenrechts (FRG, FANG) Feststellungen getroffen haben, zu überprüfen, ob sie mit den zum Zeitpunkt des Rentenbeginns geltenden Vorschriften des SGB VI oder des Fremdrentenrechts übereinstimmen (Satz 1). Beginnt die Rente nach dem 31. Juli 1991, ist die für diese Rente nach diesem Zeitpunkt maßgebende Fassung des SGB VI und des Fremdrentenrechts von ihrem Beginn an auch dann anzuwenden, wenn der Feststellungsbescheid noch nicht nach Satz 1 durch einen neuen Bescheid ersetzt worden ist (Satz 2 Halbsatz 1); der Feststellungsbescheid ist in einem solchen Fall im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen der §§ 24 und 48 SGB X aufzuheben (Satz 2 Halbsatz 2).
2.1.4.1 Art 38 RÜG ordnet keinen sog Selbstvollzug des Gesetzes an.
Art 38 RÜG enthält keine – nur ausnahmsweise erlaubte – sich gegenüber den durch Staatsakt der vollziehenden Gewalt begründeten Rechten des Bürgers selbst vollziehende Bestimmung, daß frühere Herstellungsverwaltungsakte, deren Inhalt einer Renten(wert)festsetzung nach neuem Recht entgegenstehen könnte, unmittelbar kraft Gesetzes aufgehoben würden.
Art 38 RÜG ist nach stRspr des Senats (Urteile vom 29. April 1997 und 16. Dezember 1997, jeweils aaO) nicht – verfassungswidrig – dahingehend zu verstehen, daß bindende Feststellungen von Rechten oder rechtlichen Vorteilen, soweit sie mit neuem materiellen Recht nicht mehr übereinstimmen, vor oder bei der Entscheidung über das Recht auf Rente überhaupt nicht aufzuheben, sondern „kraft Gesetzes” unbeachtlich wären. Vielmehr ermächtigt Satz 2 dieser Vorschrift die Beklagte lediglich dazu, die Aufhebung früherer Herstellungsbescheide zunächst zurückzustellen und sie (erst) im Rentenbescheid vorzunehmen, also dann, wenn sich die Verwaltung mit den Vorgängen ohnehin zu beschäftigen hat. Feststellungsbescheide müssen somit bei Erteilung des Rentenbescheides noch nicht zeitlich vorab (durch gesonderten Aufhebungsbescheid) aufgehoben sein. Dies ist jedoch – weil rechtsstaatlich und rechtslogisch vorrangig – als solches nicht entbehrlich und muß spätestens zugleich mit der Rentenbewilligung erfolgen (Urteile des Senats vom 29. April 1997 und 16. Dezember 1997, jeweils aaO). Art 38 RÜG ordnet somit nicht „kraft Gesetzes” die Unbeachtlichkeit früherer bindend gewordener Herstellungsbescheide an. Unterbleibt die erforderliche Aufhebung der rechtlich begünstigenden Verwaltungsakte (im Herstellungsbescheid) auch im Rentenbescheid, läßt Art 38 RÜG eine Aufhebung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zu.
2.1.4.2 Eine Aufhebungsentscheidung nach Art 38 RÜG ist nicht ergangen.
Die BfA hat die Feststellungen des Herstellungsbescheides vom 23. Januar 1985 idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar 1987 und 25. September 1987 im Rentenbescheid entgegen Art 38 Satz 2 Halbsatz 2 RÜG nicht aufgehoben.
Wie oben dargelegt kommt weder im Rentenbescheid vom 27. Februar 1997 noch im Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 1997 auch nur andeutungsweise zum Ausdruck, daß die Beklagte die früheren bestandskräftig gewordenen Festsetzungen aufheben wollte. Deshalb kann dahinstehen, ob Art 38 RÜG eine § 48 SGB X umfassend verdrängende Sondervorschrift darstellt (so der 5. Senat des BSG, Urteil vom 21. Februar 1996, SozR 3-2200 § 1303 Nr 5) und wie intensiv ggf die rechtsstaatlichen Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in einem solchen Fall die BfA bei jedem derartigen Verwaltungsakt unmittelbar, dh ohne verwaltungsverfahrensgesetzliche Ausgestaltung (wie vor dem Inkrafttreten des SGB X), binden.
3. Unter Zugrundelegung der im Herstellungsbescheid bindend zuerkannten als versichert geltenden Arbeitsentgelte tritt allerdings eine Erhöhung des monatlichen Geldwertes des Vollrechts auf Altersrente nur ein, wenn die daraus ermittelten EP ohne eine Kürzung um 40 vH nach § 22 Abs 4 FRG (siehe dazu den Vorlagebeschluß) in die Berechnung eingestellt werden; denn durch diese Kürzung sinkt der Wert des Rechts der Klägerin soweit ab, daß ihre Rente nach den Vorschriften für besonders schlecht Versicherte durch „Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt” (§ 262 SGB VI) aufgestockt werden muß.
Infolge der unterbliebenen Aufhebung hat die Klägerin aufgrund des Herstellungsbescheides vom 23. Januar 1985 idF der Änderungsbescheide vom 19. Februar 1987 und 25. September 1987 ein Recht darauf, daß die Beklagte die gleichgestellten Beitragszeiten vom 15. Juli 1955 bis 25. August 1983 bei der Feststellung des monatlichen Rentenwerts in genau dem Umfang und mit den als versichert geltenden Arbeitsentgelten zugrunde legt, wie sie diese Zeiten im Herstellungsbescheid bindend als Beitragszeiten anerkannt und bewertet hat.
Um die Auswirkungen der Neuregelung in § 22 Abs 4 FRG sowohl auf den monatlichen Rentenwert ab 1. Dezember 1996 als auch auf den Wert des Anwartschaftsrechts zu verdeutlichen, sind umfangreiche Berechnungen mit Aufbereitung von Daten erforderlich. Die Beklagte hat sich dazu auf Anfrage des Senats aus Zeitmangel und programmtechnischen Gründen nicht für im Stande erklärt. Der Senat hat deshalb in 13 Anlagen zu dieser Entscheidung die entsprechenden Erläuterungen vorgenommen, und zwar in den Anlagen 1 bis 5 die notwendigen Versicherungsdaten aufbereitet und in den Anlagen 6 bis 13 Vergleichsberechnungen vorgenommen.
Ausgehend von diesen Werten sind – ohne die Kürzung um 40 vH nach § 22 Abs 4 FRG – bei der Berechnung des monatlichen Rentenwerts nach der Rentenformel des § 64 SGB VI – bezogen auf den Rentenbeginn 1. Dezember 1996 – unter Zugrundelegung der im Herstellungsbescheid zuerkannten Entgelte 35,8975 EP einzustellen, während die Beklagte unter Zugrundelegung abweichender und gekürzter Entgelte im Rentenbescheid vom 27. Februar 1997 insgesamt 31,9130 EP zugrunde gelegt hat (Differenz: 3,9845 EP), also der Versicherungswert von fast vier Jahren Arbeit mit Durchschnittsentgelt. Die Differenz ergibt sich zum einen aus den ungekürzten wesentlich höheren Arbeitsentgelten, die die Beklagte bindend im Herstellungsbescheid zuerkannt hat. Zum anderen aus einer abweichenden Bewertung der ersten mit Pflichtbeiträgen belegten 48 Berufsmonate.
Bei einem Rentenbeginn zum 1. Dezember 1996 war diese Bewertung nach dem zu jenem Zeitpunkt maßgebenden Recht vorzunehmen, nämlich nach § 70 Abs 3 SGB VI idF des RÜG, nicht aber nach § 58 Abs 1 Nr 4a SGB VI in der zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Fassung durch das WFG (vgl Art 1 Nr 11 Buchst a, Art 12 Abs 1 WFG). Nach § 70 Abs 3 SGB VI gelten als „Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung” stets die ersten 48 mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate. Sie erhalten für jeden Kalendermonat 0,075 EP (jährlich 0,9), sofern nicht die EP höher sind, die aufgrund der in diesen Pflichtbeitragszeiten versicherten Entgelte bewertet worden sind (vgl Vorlagebeschluß in der Rechtssache „Glasmacher” - B 4 RA 11/99 R -).
Demgegenüber hat die Beklagte im Rentenbescheid nicht monatlich 0,075 EP, sondern 0,0625 EP (jährlich 0,75) zugrunde gelegt. Insoweit hat sie – ohne dies im Rentenbescheid deutlich zu machen – offensichtlich die gesetzlichen Mindest-EP gemäß § 22 Abs 3 FRG auf 5/6 ihres Wertes gekürzt, da diese Zeiten nur glaubhaft gemacht waren. Eine solche Kürzung war bei Zugrundelegung der im Herstellungsbescheid „fiktiv” zuerkannten Entgelte nicht erlaubt. Denn die dortigen bindenden Feststellungen erfolgten noch auf der Grundlage des § 19 Abs 2 FRG aF. Diese Norm sah bei Glaubhaftmachung von Beitragszeiten keine Kürzung der EP (bzw der damaligen Werteinheiten) vor, sondern eine Kürzung der Beitragszeiten. Dies führte zB dazu, daß in einem solchen Kalenderjahr nicht zwölf, sondern nur zehn Beitragsmonate berücksichtigt wurden. Bei der Klägerin erfolgte eine solche zeitliche Kürzung für die Beitragszeiten von Juli 1955 bis April 1958. Da diese Feststellungen, so wie sie im Herstellungsbescheid bindend getroffen worden waren, zu übernehmen waren, durften die daraus resultierenden EP über die dort vorgenommenen zeitlichen Kürzungen von Beitragszeiten hinaus nicht auch noch zusätzlich – unter Anwendung des neuen Rechts – nochmals gekürzt werden. Die Lücken, die sich aus der Kürzung der Beitragszeiten nach § 19 Abs 2 FRG aF ergaben, führten somit lediglich dazu, daß die ersten zu berücksichtigenden 48 Berufsmonate sich um fünf Monate über den Vier-Jahres-Zeitraum hinaus ausdehnten (vgl Anlage 3 zu dieser Entscheidung). Im übrigen waren die Entgelte, so wie sie bindend im Herstellungsbescheid zuerkannt waren, zu übernehmen, allerdings dem jeweiligen Beitragsmonat die günstigeren 0,075 EP gemäß § 70 Abs 3 SGB VI zugrunde zu legen (vgl wiederum Anlage 3 zu dieser Entscheidung).
Schließlich folgen aus der Zugrundelegung ungekürzter höherer Entgelte aus dem Herstellungsbescheid Abweichungen zugunsten der Klägerin bei der Bewertung beitragsfreier und sogenannter beitragsgeminderter Zeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung (vgl hierzu im einzelnen die Berechnungen in der Vergleichsberechnung der Anlage 9).
Aus den höheren EP ergibt sich eine monatliche Rente ab 1. Dezember 1996 in Höhe von 1.675,34 DM, die den im Rentenbescheid ermittelten Rentenwert von 1.489,38 DM um monatlich 185,96 DM übersteigt (insoweit Anlage 9, dort insbesondere auf Ziff V). Soweit die Probeberechnung der Beklagten in der Anlage zu ihrer Stellungnahme vom 6. Dezember 1999 (Bl 101 ff bzw Bl 163 ff der Revisionsakte) insgesamt 32,0977 EP ermittelt hat (Bl 177 der Revisionsakte), hat sie dieser Berechnung die im Rentenbescheid eingestellten Entgelte für FRG-Zeiten ohne eine 0,6-Kürzung zugrunde gelegt (vgl hierzu auch Anlage 6 zu dieser Entscheidung).
Die nur geringe Wertabweichung in der Proberechnung der Beklagten gegenüber der Wertermittlung im Rentenbescheid beruht im wesentlichen darauf, daß die Nachteile der „0,6-Kürzung” weitgehend durch die Zuerkennung zusätzlicher EP bei geringem Arbeitsentgelt (§ 262 SGB VI) aufgefangen wurden. Dies macht zugleich deutlich, daß die Auswirkungen der 0,6-Kürzung bei Versicherten mit mindestens 35 Jahren an rentenrechtlichen Zeiten um so geringer ausfallen, je niedriger das „Ausgangsarbeitsentgelt” ist, dh je niedriger das Arbeitsentgelt bzw die daraus ermittelten EP, desto wichtiger die Aufstockung auf höchstens 0,75 EP nach § 262 SGB VI. Dagegen wirkt sich die „0,6-Kürzung” in vollem Umfang aus, wenn den ermittelten EP je Kalenderjahr so hohe Arbeitsentgelte zugrunde liegen, daß auch die entsprechenden gekürzten EP über 0,75 EP liegen. Ferner schlägt die „0,6-Kürzung” voll durch, wenn bereits die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anwendung des § 262 SGB VI nicht vorliegen (Mindestentgeltpunkte von höchstens 0,75 EP nur nach 35 Jahren mit rentenrechtlichen Zeiten).
Maßgebend für die Vergleichsberechnungen sind jedoch die Arbeitsentgelte aus dem Herstellungsbescheid. Dagegen würde sich der monatliche Rentenwert zum 1. Dezember 1996 nicht erhöhen, wenn die EP aus den im Herstellungsbescheid zugewiesenen Arbeitsentgelten einer 0,6-Kürzung unterworfen werden. In diesem Fall würden sich Gesamt-EP nur in Höhe von 31,7872 errechnen, also 0,1258 EP weniger als im Rentenbescheid von der Beklagten zugrunde gelegt. Ein danach sich errechnender monatlicher Rentenwert von 1.483,51 DM würde den im Rentenbescheid zuerkannten Rentenwert von 1.489,38 DM um 5,87 DM unterschreiten. Wegen der Wertermittlung im einzelnen und der Gründe, auf die die Differenz zurückzuführen ist, wird auf die Vergleichsberechnung in der Anlage 8 (dort IV; in bezug genommen in Anlage 10 V) zu dieser Entscheidung verwiesen. Im Tenor des (unselbständigen) Teilurteils wurde dieser Möglichkeit Rechnung getragen, indem die Beklagte verurteilt worden ist, die Rente „mindestens” unter Zugrundelegung der im Herstellungsbescheid vorgenommenen und bindend gebliebenen Bewertung zu zahlen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
C. Beschluß
Im übrigen ist der Rechtsstreit gemäß Art 100 Abs 1 Satz 1 GG (iVm §§ 13 Nr 11, 80 des Gesetzes über das BVerfG) auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 22 Abs 4 FRG idF des WFG iVm Art 6 § 4c FANG mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG vereinbar ist, soweit diese Neuregelung in die Anwartschaftsrechte der Versicherten eingegriffen hat. Die gesetzliche Regelung ist nach Überzeugung des Senats insoweit verfassungswidrig; sie kann auch nicht verfassungskonform ausgelegt werden.
1. Ob § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG gültig ist, ist entscheidungserheblich.
Sollte die Erstreckung der 0,6-Kürzung auf Inhaber eines Anwartschaftsrechts verfassungskonform sein, hat das LSG insoweit zurecht die Berufung gegen das Urteil des SG und mithin die Klage gegen den Bescheid vom 27. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 1997 ab- bzw zurückgewiesen. In diesem Fall hätte die Klägerin kein Vollrecht auf Altersrente mit einem monatlich höheren Rentenwert erworben als ihr die Beklagte ab 1. Dezember 1996 zuerkannt hat. Denn die Neuregelung des § 22 Abs 4 FRG hätte bereits den (in EP bemessenen) Wert ihres Anwartschaftsrechts vor Eintritt des Versicherungsfalles gesetzesunmittelbar herabgesetzt.
Der Wert eines Vollrechts auf Altersrente aus der bundesrechtlichen gesetzlichen Altersversicherung ergab sich seit Jahrzehnten – auch soweit das sogenannte Fremdrentenrecht einschlägig war – aus dem nach Bundesrecht erlangten und bewerteten Rangverhältnis des Rentners im Vergleich zu den anderen zeitgleich im Bundesgebiet in der Altersrentenversicherung Versicherten. Dieses Rangverhältnis bestimmte zugleich, in welchem Ausmaß der Berechtigte ab „Rentenbeginn” an den Einnahmen seines Rentenversicherungsträgers teilhaben sollte. Denn es legte im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen der aktuell erwerbstätig Versicherten (heute konkretisiert im sogenannten aktuellen Rentenwert) die Höhe seines „Alterslohns” fest. Dieser ging und geht in den Gesamtbetrag der vom Leistungsträger zu erfüllenden Rentenansprüche ein, der seinerseits (im wesentlichen) die Höhe der erforderlichen Einnahmen iS des § 153 SGB VI bestimmt. Die persönliche Rangstelle ergab und ergibt also die Berechtigung, relativ zur eigenen früheren Leistung für die damaligen Rentner nun selbst im Alter an der Entwicklung der Durchschnittsarbeitsverdienste der heute Versicherten und an den demgemäß dem Rentenversicherungsträger zufließenden Einnahmen teilzuhaben, somit Altersrente als „Alterslohn” zu erhalten (Alterslohnprinzip, nicht: Lebensstandardsicherungsprinzip). Die individuelle Rangstelle im Verhältnis zu den zeitgleich versichert Gewesenen ergab und ergibt sich primär aus den durch Beitragszeiten (Bundesgebietszeiten und gleichgestellte Zeiten) versicherten Arbeitsverdiensten im Vergleich zum Durchschnittsentgelt; bei beitragsfreien Zeiten handelt es sich um „Arbeitsverdienste”, die gesetzlich als versichert zuerkannt wurden/werden oder um Rangstellenwerte (EP), die für solche Zeiten direkt zugewiesen wurden. Seit 1992 werden die Relationswerte für beitragsfreie Zeiten durch eine an die relative Bewertung der Beitragszeiten gebundene Gesamtleistungsbewertung ermittelt. Hingegen sind sogenannte beitragsgeminderte Zeiten, also Kalendermonate, in denen Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten liegen, rechtlich keine besondere Art von Zeiten, sondern nur ein für bestimmte Zwecke taugliches verwaltungstechnisches Konstrukt. Entscheidend für die (relative) Höhe der persönlichen Rangstelle ist also der individuell durch Beitragszeiten versicherte Arbeitsverdienst.
1.1. Auch bei Versicherten mit nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten richtet sich der Wert des Rechts auf Rente nach den iS des SGB VI als „versichert” bewerteten Arbeitsverdiensten.
Immer schon gewährte das FRG eine Entschädigung für den Verlust an „Ansprüchen und Anwartschaften” im Bereich der Invaliditäts- und Altersvorsorge, die die Vertriebenen im Herkunftsgebiet in Systemen erworben hatten, die den Anwartschaften und Rechten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung funktionell vergleichbar und die wegen der Vertreibung erloschen waren. Welche fiktiven Bruttoarbeitsentgelte den nach dem FRG den Bundesgebietszeiten gleichgestellten Beitrags- und Beschäftigungszeiten als versichert geltend zuzuordnen sind, ist seit jeher in § 22 FRG geregelt.
Leitidee des § 22 Abs 1 FRG idF vor dem Rentenreformgesetz (RRG) 1992 war, „die Vertriebenen untereinander und den einheimischen Versicherten so weitgehend wie möglich gleichzustellen”, dh „als ob sie im Bundesgebiet beschäftigt und versichert gewesen wären” (so die Begründung zu § 22 FRG idF des FANG vom 25. Februar 1960, BT-Drucks III/1109 S 42). § 22 FRG aF war deshalb eine Ausprägung des dem FRG von 1960 bis 1991 zugrundeliegenden Eingliederungsprinzips.
§ 22 Abs 1 FRG wurde seitdem grundlegend durch Art 14 Nr 20 Buchst b RÜG geändert. Die Bewertung der nach §§ 15, 16 FRG gleichgestellten Beitrags- und Beschäftigungszeiten erfolgte nunmehr für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 schon im Ansatz nicht mehr nach dem Maßstab der „West-Eingliederung”, sondern auf der Grundlage der niedrigen Durchschnittsverdienste der Anlage 14 zum SGB VI, welche die Lohnstruktur im Beitrittsgebiet (also in der DDR) wiedergibt (so die Begründung zu § 22 Abs 1 FRG idF des RÜG, BT-Drucks 12/405 S 163). Diese Absenkung wird – wie im Teilurteil ausgeurteilt – hier nicht relevant, soweit die Beklagte die im Herstellungsbescheid bindend anerkannten Arbeitsentgelte zugrunde zu legen hat. Auch die in § 22 Abs 4 FRG idF des RÜG vorgesehene Vervielfältigung der ermittelten EP mit dem Faktor 0,7 (also eine 30 %-ige Kürzung der EP) fand gemäß dem bis zum 6. Mai 1996 geltenden Art 6 § 4 Abs 5 Buchst a FANG idF des RÜG keine Anwendung auf Berechtigte, die – wie die Klägerin – vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik ohne das Beitrittsgebiet genommen hatten (erfaßte also im wesentlichen nur Neuzuzügler).
Durch eine weitere Änderung des § 22 Abs 4 FRG (durch Art 3 Nr 4 Buchst b WFG) wurde der Kürzungs-Faktor 0,7 durch 0,6 ersetzt, also eine Kürzung um 40 vH der EP verfügt. Diese Regelung trat gemäß Art 12 Abs 2 WFG rückwirkend zum 7. Mai 1996 in Kraft. Allerdings wirkt sie sich aufgrund der durch Art 4 Nr 4 WFG in Art 6 FANG eingefügten Übergangsvorschrift des § 4c nunmehr auch zu Lasten der Inhaber von Anwartschaftsrechten aus, die bereits vor dem 1. Januar 1991 im Bundesgebiet wohnten. Nach Art 6 § 4c FANG idF des WFG sind die bis zum 6. Mai 1996 geltenden Regelungen des FRG und FANG für die Rechtsverhältnisse der Berechtigten zu ihrem Leistungsträger ab 7. Mai 1996 nur noch maßgeblich, wenn die Berechtigten vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet genommen haben und ihre Rente vor dem 1. Oktober 1996 beginnt. Die Klägerin hat zwar bereits 1983 ihren Aufenthalt im Bundesgebiet genommen, ihre Rente beginnt aber erst ab 1. Dezember 1996. Damit ergreift § 22 Abs 4 FRG idF des WFG das Anwartschaftsrecht der Klägerin.
Dem steht nicht entgegen, daß – wie im Teilurteil entschieden – nicht die Arbeitsverdienste (und auf ihrer Grundlage errechnete EP) zugrunde zu legen sind, die sich aus der Neufassung des § 22 Abs 1 bis 3 FRG durch das RÜG (also unter Anwendung der Anlagen 13 und 14 zum SGB VI) ergeben, sondern die aus dem Herstellungsbescheid (also aus den Anlagen 1b und 11 zu § 22 FRG aF). Auch diese sind iS von Abs 4 aaO nach § 22 Abs 1 FRG festgestellt worden, wenn auch nach der bis Ende 1991 gültigen Fassung. Der Wortlaut des § 22 Abs 4 FRG unterscheidet nicht danach, nach welcher Gesetzesfassung der Abs 1 bis 3 die EP ermittelt worden sind. Auch der Zweck der Vorschrift, den Wert nach dem FRG gleichgestellter Beitragszeiten zu kürzen, verlangt die Einbeziehung der „Alt-Werte” in diese Kürzung. § 22 Abs 3 FRG nF ist ferner im Zusammenhang mit dem im Teilurteil erörterten Art 38 RÜG zu verstehen. Dieser sollte sicherstellen, daß derartige „Alt-Werte” in das Kürzungsprogramm fallen können. Eine Ausnahme von der 0,6-Kürzung ist im Gesetz auch für den Fall nicht vorgesehen oder zugelassen, daß der Rentenversicherungsträger die nach altem Recht ergangenen „Herstellungsbescheide” nicht aufgehoben hat.
Im übrigen gebietet § 22 Abs 4 FRG – entgegen der im Rentenbescheid ausgewiesenen Berechnung -, eine „0,6-Kürzung” der (kalenderjährlich) maßgeblichen EP-Werte, nicht aber der zugrundeliegenden Arbeitsentgelte. Für das rechnerische Ergebnis ist dies aber nicht erheblich (zur Vergleichbarkeit wurden in den Anlagen zu dieser Entscheidung daher ggf ebenfalls die als versichert geltenden Arbeitsverdienste gekürzt).
1.2 Durch die Neuregelung des § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG ist auch in das von der Klägerin erworbene Anwartschaftsrecht wertmindernd eingegriffen worden.
Deswegen ist der Wert ihres zum 1. Dezember 1996 zuerkannten Vollrechts auf Altersrente niedriger; ohne den Eingriff wäre es mit einem monatlich um 185,96 DM höheren Wert als zuerkannt entstanden. Um das Ausmaß des Eingriffs in die Werte der Anwartschaftsrechte festzustellen, ist es tunlich, auf den 30. September 1996 abzustellen. Denn jedes Vollrecht mit Rentenbeginn ab 1. Oktober 1996 erhält seinen Wert nach neuem Recht. Demgegenüber bewirkt die Übergangsvorschrift des Art 12 Abs 2 WFG (rückwirkendes Inkrafttreten zum 7. Mai 1996) wegen Art 6 § 4c FANG nF die Möglichkeit, daß in der Zwischenzeit je nach den Umständen des Einzelfalles noch altes Recht (keine Kürzung oder 0,7 Kürzung) maßgeblich bleiben kann.
Die Klägerin hatte bis zum 30. September 1996 insgesamt 35,7711 EP erworben (siehe Anlage 11). Die 0,6-Kürzung führt dazu, daß sich die Gesamt-EP auf 31,6754, also um 4,0957 EP vermindern (vgl hierzu Anlage 12). Damit greift die Neuregelung in erheblichem Maße in den Wert des Anwartschaftsrechts der Klägerin ein. Demgegenüber hätte die Einbuße auf der Basis der Arbeitsverdienste im Rentenbescheid per 30. September 1996 nur 0,1841 EP betragen (vgl Anlage 13).
Auf den monatlichen Wert des Vollrechts zum 1. Dezember 1996 bezogen, vergrößert sich die Einbuße von 4,0957 EP um weitere 0,0146 EP auf 4,1103 EP. Dies folgt daraus, daß bei der Rentenberechnung die weiteren beitragsgeminderten Monate Oktober und November 1996 unter Zugrundelegung ungekürzter Entgelte jeweils mit einem um 0,073 höheren Durchschnittswert zu bewerten sind (siehe hierzu Anlage 12 ≪Ziff V≫). Im folgenden wird auf die Entziehung von 4,0957 EP abgestellt.
1.3 § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG erlauben keine andere, also auch keine verfassungskonforme Auslegung.
Der Faktor 0,6 in § 22 Abs 4 FRG läßt sich nicht in einen Faktor 1,0 uminterpretieren. Wenn Art 6 § 4c FANG die Anwendung des alten Rechts ua von einem Rentenbeginn vor dem 1. Oktober 1996 abhängig macht, ist zwingend gesagt, daß bei einem späteren Rentenbeginn das neue Recht anzuwenden ist.
2. Der Senat ist davon überzeugt (iS von Art 100 Abs 1 GG), daß § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG wegen Verstoßes gegen Art 14 Abs 1 GG verfassungswidrig ist.
Die Klägerin hatte ein vermögenswertes subjektiv-öffentliches Recht nach der Art eines Anwartschaftsrechts auf eine Altersrente erlangt, das dem Schutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG unterlag. In diese Rechtsposition hat das Gesetz durch die Absenkung der EP für nach dem FRG gleichgestellte Beitragszeiten um 40 vH eingegriffen. Diese Kürzung der EP stellt für die betroffenen Anwartschaftsrechtsinhaber eine unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Beeinträchtigung ihrer Eigentümerposition dar.
2.1 Der Grundrechtsschutz durch Art 14 Abs 1 GG ergibt sich aus dem durch den Gesetzgeber – einfach-gesetzlich – im SGB VI ausgestalteten Inhalt der Anwartschaftsrechte auf Altersrente als vermögenswerte subjektive Rechte.
Gemäß Art 14 werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet (Abs 1 Satz 1). Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt (Abs 1 Satz 2). Eigentum verpflichtet (Abs 2 Satz 1). Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen (Abs 2 Satz 2). Das GG verzichtet auf eine eigene „Definition” des Eigentumsbegriffs; insoweit macht Art 14 Abs 1 Satz 2 GG deutlich, daß der individual-grundrechtliche Schutz an die einfach-gesetzliche Ausgestaltung der vermögenswerten Rechte anknüpft. Das BVerfG hat den Inhalt der Institutsgarantie des Eigentums in Art 14 GG sowie den Umfang der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Ausprägung individual-grundrechtlichen Schutzes (einschließlich ihrer Schranken) zunächst für die subjektiven Rechte des Privatrechts aufgezeigt. An diese Rechtsprechung anknüpfend ist der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz von subjektiven Rechten des öffentlichen Rechts einschließlich „des Sozialversicherungsrechts” entwickelt worden. Dessen Bedeutung für Anwartschaftsrechte auf Altersrente erschließt sich, wenn die Rechtsprechung zum Eigentumsschutz privatrechtlich erworbener Rechtspositionen im Auge behalten wird.
2.1.1 Zur Rechtsprechung des BVerfG zum eigentumsgrundrechtlichen Schutz von vermögenswerten subjektiven Rechten des Privatrechts.
Der verfassungsrechtliche Begriff des Privateigentums umfaßt nicht nur das Sacheigentum, wie es einfach-gesetzlich ua in § 903 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gewährleistet wird. In seiner ersten Entscheidung zu diesem Problembereich hat das BVerfG betont, daß Art 14 GG das Rechtsinstitut des Rechtseigentums schütze, so wie es das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geformt hätten; es entspreche der – damaligen – allgemein herrschenden gesellschaftlichen Auffassung, daß das, was der einzelne sich durch eigene Leistung und eigenen Kapitalaufwand erworben habe, im besonderen Sinne als sein Eigentum anzuerkennen und gegenüber Eingriffen als schutzwürdig anzusehen ist (Urteil vom 30. April 1952, BVerfGE 1, 264, 277 f). In nachfolgenden Entscheidungen stellte das BVerfG, da ein absoluter Eigentumsbegriff fehlte, auf einen „Grundtatbestand von Normen” ab, der gegeben sein müsse, um das Recht als Privateigentum zu bezeichnen; Inhalt und Funktion des Eigentums seien dabei der Anpassung an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fähig und bedürftig; wie das Sacheigentum bedürften auch Forderungsrechte der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung (Urteil vom 18. Dezember 1968, BVerfGE 24, 367, 389 f; Beschluß vom 7. Juli 1971, BVerfGE 31, 229, 240 f). Anknüpfend an die Elemente des § 903 BGB (Privatnützigkeit, ausschließliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers) ließen sich grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte des Privatrechts einschließlich schuldrechtlicher Forderungsrechte unter den Eigentumsbegriff des Art 14 GG subsumieren (Beschluß vom 9. Januar 1991, BVerfGE 83, 201, 209; Beschluß vom 26. Mai 1993, BVerfGE 89, 1, 6; Beschluß vom 22. November 1994, BVerfGE 91, 294, 307). Hierbei gelte die der Gewährleistung des Eigentums zukommende „sichernde und abwehrende Bedeutung” auch für schuldrechtliche Ansprüche, denen keine Eigenleistung zugrunde liegt, also zB für Schadensersatzansprüche (Urteil vom 8. Juli 1976, BVerfGE 42, 263, 292 ff).
Kennzeichnend für Wesen und Bedeutung des Eigentumsgrundrechts ist, daß ihm die Aufgabe zukommt, seinem Träger einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sicherzustellen und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen (Urteil vom 18. Dezember 1968, BVerfGE 24, 389). Die Gewährleistung des Eigentums ergänzt insoweit die Handlungs- und Gestaltungsfreiheit, indem sie dem einzelnen vor allem den durch eigene Arbeit und Leistung erworbenen Bestand an vermögensrechtlichen Gütern anerkennt. Mit dieser „objektbezogenen” Gewährleistungsfunktion schützt Art 14 GG nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, also das Erworbene, dh das Ergebnis der Betätigung, dagegen nicht – bloße – Chancen, Aussichten und/oder Verdienstmöglichkeiten (Beschluß vom 31. August 1984, BVerfGE 68, 193, 222; Beschluß vom 14. Januar 1987, BVerfGE 74, 129, 148).
Da es keinen „absoluten” Begriff des Eigentums gibt, ist es Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Beschluß vom 17. November 1966, BVerfGE 20, 351, 355; vom 7. Juli 1971, BVerfGE 31, 229, 240). Gegenstand der individual-grundrechtlichen Garantie des Art 14 Abs 1 GG, die von der dort enthaltenen Institutsgarantie zu unterscheiden ist, bildet somit das durch die verfassungsgemäßen Gesetze ausgeformte Eigentum. Gesetz in diesem Sinne ist jede (wirksame) Rechtsnorm (Beschluß vom 10. Juli 1958, BVerfGE 8, 71, 79).
Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers scheint nach dem Wortlaut des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG nicht begrenzt zu sein. Es ist jedoch selbstverständlich, daß jede Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht nur die in der Verfassungsnorm selbst gesetzten Begrenzungen zu beachten hat, sondern auch im Einklang mit allen übrigen Verfassungsnormen stehen muß, und zwar insbesondere mit dem Gleichheitssatz, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und den Prinzipien des Sozial- und Rechtsstaats (Beschluß vom 7. August 1962, BVerfGE 14, 263, 277 f; Beschluß vom 23. November 1999, 1 BvF 1/94, NJW 2000, 413).
Bei der Erfüllung des in Art 14 Abs 1 Satz 2 GG erteilten Regelungsauftrages steht der Gesetzgeber vor der Aufgabe, das Sozialmodell des Eigentums zu verwirklichen; dessen normative Elemente ergeben sich in der Verfassungsnorm selbst zum einen aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums, nämlich aus der Institutsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG, mit der zugleich über Art 19 Abs 2 GG eine Bestandsgarantie verknüpft ist. Das anerkannte Privateigentum zeichnet sich in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit, dh durch die Zuordnung zu einem Rechtsträger aus, in dessen Hand es als Grundlage privater Initiativen und im eigenverantwortlichen Interesse „von Nutzen” sein soll, und ferner durch die von dieser Nutzung nicht immer deutlich abgrenzbare grundsätzliche Verfügungsbefugnis (Urteil vom 1. März 1979, BVerfGE 50, 290, 339). Zum andern ist prägend für das Sozialmodell des Eigentums seine Sozialbindung, also die verbindliche Richtschnur des Art 14 Abs 2 GG. Neben dem Aspekt der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit muß der Gesetzgeber zugleich dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung Rechnung tragen (Beschluß vom 22. Juni 1971, BVerfGE 31, 229, 240 f; vom 23. April 1974, BVerfGE 37, 132, 140 f; vom 12. Juni 1979, 52, 1, 29 f). Mit Blick auf das im GG angelegte Verhältnis der genannten beiden Elemente hat der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen aller Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Ebensowenig wie die Eigentumsgarantie eine Nutzung schützt, die die soziale Funktion des Eigentumsobjekts mißachtet, kann Art 14 Abs 2 GG eine übermäßige Begrenzung privatrechtlicher Befugnisse rechtfertigen, die nicht durch die soziale Funktion geboten ist (BVerfG, aaO).
Die Gewährleistung einer unter Beachtung dieser Kriterien zuerkannten Eigentümerposition bedeutet noch nicht deren Unantastbarkeit, dh sie besagt nicht, daß jede inhaltliche Veränderung unzulässig wäre. Art 14 Abs 1 Satz 2 GG ermächtigt den Gesetzgeber nicht nur, verfassungsrechtlich geschützte Eigentümerpositionen – erstmalig – zu begründen; vielmehr räumt er ihm auch die Befugnis ein, in bereits begründete Rechte – unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen – einzugreifen und diesen einen neuen Inhalt zu geben (Beschluß vom 8. Juli 1976, BVerfGE 42, 263, 294). Die Instituts- und Bestandsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG, die Sozialbindung des Eigentums nach Art 14 Abs 2 GG und der Regelungsauftrag in Art 14 Abs 1 Satz 2 GG stehen in einem unauflöslichen Zusammenhang (Urteil vom 1. März 1979, BVerfGE 50, 290, 340).
Zum einen erfordert die Instituts- und Bestandsgarantie die Erhaltung des Zuordnungsverhältnisses und die Gewährleistung der Substanz des Rechts; der Gesetzgeber darf also nicht unter dem Etikett einer Inhaltsbestimmung in Wahrheit eine Enteignung durchführen (Beschluß vom 8. Juli 1976, aaO, S 295). Zum anderen genießt das Eigentum einen besonders ausgeprägten Schutz, soweit es um seine Funktion als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht; deshalb ist ua die eigene Leistung als besonderer Schutzgrund für die Eigentümerposition anerkannt worden. Dagegen ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Maßgebend ist hierfür der in Art 14 Abs 2 GG zum Ausdruck kommende Gesichtspunkt, daß Nutzung und Verfügung in diesem Fall nicht lediglich in der Sphäre des Eigentümers bleiben, sondern Belange anderer berühren (Beschluß vom 1. März 1979, aaO; vom 8. Juli 1976, aaO, S 294 f; vom 9. Oktober 1991, BVerfGE 84, 382, 385).
Diesen Grundsätzen entspricht es, wenn Eigentumsbindungen stets verhältnismäßig, also vom geregelten Sachbereich her gerechtfertigt („bereichsspezifisch”) sein müssen; sie dürfen in keinem Fall weiter gehen als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient (BVerfG, aaO; vgl ferner Beschluß vom 11. September 1997, 1 BvR 392/89, NJW-RR 1998, 520).
Eine weitere Begrenzung ergibt sich aus der Funktion, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützten Position zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch verfassungsgemäße Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Insoweit hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für die vermögenswerten Güter im Eigentumsrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren (Beschluß vom 8. Juli 1977, BVerfGE 45, 142, 168).
Darüber hinaus können sich Begrenzungen der Gestaltungsfreiheit aus dem Gleichheitssatz des Art 3 GG ergeben, insbesondere im Rahmen einer – neuen – Inhaltsbestimmung iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG.
2.1.2 Zur modifizierten Übertragung des Eigentumsschutzes von subjektiven Rechten des Privatrechts auf solche des öffentlichen Rechts.
Hinsichtlich der Frage, ob vermögenswerte subjektive öffentliche Rechte den gleichen Schutz des Art 14 GG genießen wie privatrechtlich erworbene, hat das BVerfG bei „sozialversicherungsrechtlichen Positionen” zunächst eine größere Zurückhaltung gezeigt, als bei der Einbeziehung sonstiger subjektiver öffentlicher Rechte. Da jedoch die letztlich erfolgte Anerkennung der Eigentumsqualität auch für verschiedene subjektive Rechte aus den unterschiedlichen Bereichen des Sozialversicherungsrechts und auch des Arbeitsförderungsrechts an die Rechtsprechung bezüglich sonstiger subjektiver öffentlicher Rechte anknüpft, ist zunächst auf die Entwicklung zum Eigentumsschutz der sonstigen subjektiven Rechte des öffentlichen Rechts einzugehen.
Bereits in seiner ersten Entscheidung zu diesem Problembereich (Urteil vom 30. April 1952, BVerfGE 1, 264, 277 f) hat das BVerfG ein wesentliches Merkmal aufgezeigt, das eine Gleichstellung von subjektiven öffentlichen Rechten und privaten Vermögensrechten erlaubt. Danach ist alles, was der einzelne sich durch eigene Leistung und eigenen Kapitalaufwand erworben hat (in der dortigen Entscheidung bezogen auf den Gewerbebetrieb), im besonderen Maße als Eigentum anzuerkennen und gegenüber Eingriffen als schutzwürdig anzusehen. Des weiteren wurde angedeutet, daß eine solche Rechtsstellung nicht als Eigentum iS des Art 14 GG anzusehen sei, wenn die privatrechtlichen Wesenszüge zurückträten und die öffentlich-rechtlichen Elemente in der Ausgestaltung sowohl des Eigentumserwerbs als auch der Ausübung des Rechts überwögen.
Im Urteil vom 1. Juli 1953 (BVerfGE 2, 380, 399 f) hat das BVerfG darauf hingewiesen, daß das Eigentum iS des Art 14 GG grundsätzlich nicht vermögenswerte Rechte des öffentlichen Rechts umfasse, jedenfalls dann nicht, wenn der Staat solche Rechte erst selbst geschaffen habe (auch insoweit anknüpfend an BVerfGE 1, 264) und sie den Bürgern – zB – in Erfüllung seiner „Fürsorgepflicht” (vgl Art 74 Nr 7 GG) einräume. Allerdings wurde ausdrücklich offengelassen, ob öffentlich-rechtliche Ansprüche denkbar seien, die so starke privatrechtliche Elemente enthielten, daß sie dem verfassungsrechtlichen Begriff des Eigentums zugerechnet werden müßten (BVerfGE, aaO, S 402). Im Urteil vom 21. Juli 1955 (BVerfGE 4, 219, 240 f) hielt das BVerfG daran fest, daß Art 14 GG nicht auf alle subjektiv-öffentlichen Rechte zu erstrecken sei; jedoch gab es zu erkennen, daß eine Einbeziehung erfolgen könne, wenn dem Inhaber des subjektiven Rechts eine Rechtsposition verschafft worden sei, die derjenigen des Eigentümers so nahe komme, daß Art 14 GG Anwendung finden müsse.
An diesen Kriterien hat das BVerfG nachfolgend weitgehend festgehalten, allerdings mit der Einschränkung, daß es anscheinend nicht mehr darauf ankommt, ob die subjektiven Rechte des öffentlichen Rechts so starke „privatrechtliche Elemente” enthielten, daß sie dem verfassungsrechtlichen Begriff des Eigentums zugerechnet werden müßten. Insoweit wird nur noch wiederholt, daß dem Rechtsinhaber eine solche Position verschafft worden sein müsse, daß sie derjenigen des Privateigentümers so nahe komme, daß Art 14 GG anzuwenden sei. Diese Position müsse so stark sein, daß es nach dem rechtstaatlichen Gehalt des GG ausgeschlossen erscheine, daß der Staat sie ersatzlos entziehen könne; dann könne es aber nicht entscheidend sein, ob sie im privaten oder im öffentlichen Recht wurzele. Weiterhin wurde daran festgehalten, den Eigentumsschutz für solche Rechte zu versagen, die der Staat seinen Bürgern in Erfüllung seiner „Fürsorgepflicht” einräume; dies sei gerechtfertigt, weil in solchen Fällen zu der einseitigen Gewährung des Staates keine dem Eigentumsschutz rechtfertigende Leistung des Einzelnen hinzutrete (Beschluß vom 7. Mai 1963, BVerfGE 16, 94, 111 ff). Mit diesen Entscheidungen sind bereits die maßgeblichen Kriterien angesprochen, die in der früheren Rechtsprechung des BVerfG zur Einbeziehung subjektiver öffentlicher Rechte in den Schutzbereich des Art 14 GG geführt haben (vgl zB Beschluß vom 11. Dezember 1962, BVerfGE 15, 167, 200; vom 3. März 1965, BVerfGE 18, 392, 397; vom 8. Juli 1976, BVerfGE 42, 263, 292 ff; vom 8. Juni 1977, BVerfGE 45, 142, 170). Jedoch soll Eigentumsschutz auch für Ansprüche gelten, die den Charakter eines Äquivalents für Einbußen an Lebenstüchtigkeit besitzen und für die weitere Lebensplanung der Betroffenen von hervorragender Bedeutung sind (BVerfGE 42, 263, 292 ff - „Contergan”).
2.1.3 Zur modifizierten Übertragung des Eigentumsschutzes von subjektiven Rechten des Privatrechts und öffentlichen Rechts auf solche der Rentenversicherung.
In der sozialrechtlichen Literatur wurde ein verfassungsrechtlicher Schutz dieser Rechte schon sehr früh diskutiert (vgl hierzu den Überblick in: BVerfG, Beschluß vom 9. Juni 1975, BVerfGE 40, 65, 82 f). Das BVerfG brauchte zunächst nicht abschließend zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Dennoch gab es von Anfang an zu erkennen, daß insoweit die gleichen Kriterien wie bei sonstigen subjektiven öffentlichen Rechten maßgebend sein müßten. So ist im Beschluß vom 21. Juni 1960 (BVerfGE 11, 221, 226) darauf hingewiesen worden, daß der Anspruch auf die Versicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalls und die als Anwartschaft bis zu diesem Zeitpunkt bezeichnete Position zu den öffentlich-rechtlichen Vermögenspositionen gehörten, die vom Schutz des Art 14 GG dann erfaßt würden, wenn sie die konstituierenden Merkmale des Eigentumsbegriffs trügen. Hierbei zeigt die ausdrückliche Bezugnahme auf die damalige Rechtsprechung zu den „sonstigen” subjektiven Rechten, daß insoweit keine grundsätzliche Differenzierung zwischen „dem Sozialversicherungsrecht” und dem sonstigen öffentlichen Recht erfolgen sollte.
Demzufolge wurde auch in der nachfolgenden Rechtsprechung darauf abgestellt, daß die Bewertung der beeinträchtigten Rechtsposition als Eigentum davon abhänge, inwieweit sie sich als Äquivalent eigener Leistungen erweise oder auf staatlicher Gewährung beruhe (Beschluß vom 1. Oktober 1962, BVerfGE 14, 288, 293 ff; vom 19. Juli 1967, BVerfGE 22, 241, 253; vom 16. Oktober 1968, BVerfGE 24, 220, 225 ff; vom 20. Oktober 1971, BVerfGE 32, 111, 128; in einem „dissenting vote” der Verfassungsrichterin Rupp-von-Brünneck ≪BVerfGE 32, 129, 141 ff≫ wird die Trennung der Bereiche des privaten und öffentlichen Rechts im Eigentumsschutz für überholt angesehen).
Erstmals im Urteil vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257, 289 ff) hat das BVerfG den Eigentumsschutz für Versichertenrenten und Rentenanwartschafen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) anerkannt. An den dort aufgezeigten Voraussetzungen für die Anerkennung des Eigentumsschutzes für rentenrechtliche Rechtspositionen hat das BVerfG nachfolgend festgehalten und sie teilweise präzisiert (vgl hierzu Beschluß vom 1. Juli 1981, BVerfGE 8, 81, 109 f; Urteil vom 16. Juli 1985, BVerfGE 69, 272, 298 ff; Beschluß vom 4. Juni 1985, BVerfGE 70, 101, 110 f; vom 13. Mai 1986, BVerfGE 72, 141, 152 f; vom 8. April 1987, BVerfGE 75, 78, 96 ff; vom 12. November 1996; BVerfGE 95, 143, 191; vom 18. Februar 1998, BVerfGE 97, 271, 283 f; Urteil vom 28. April 1999, BVerfGE 100, 1, 31 ff). Welche weiteren sozialrechtlichen Rechtspositionen darüber hinaus verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz genießen, ist hier nicht weiter zu erörtern (vgl zB zum Arbeitslosengeld: BVerfG, Beschluß vom 12. Februar 1986, BVerfGE 72, 9, 18 ff; vom 10. Februar 1987, BVerfGE 74, 203, 213 f; vom 23. März 1994, BVerfGE 90, 226, 236; vgl ferner hierzu auch: Katzenstein, Die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen, in Festschrift für Simon, 1987, 847, 849 ff; ders, Aspekte einer zukünftigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen, in Festschrift für Zeitler, 1987, 645, 657 ff; ders, Das Sozialrecht in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von 1982-1987, SGb 1988, 177, 184 f; Stober, Eigentumsschutz im Sozialrecht, SGb 1989, 53, 54 ff).
Zusammenfassend lassen sich der Rechtsprechung des BVerfG folgende Merkmale entnehmen, die konstituierend für die Begründung eigentumsgeschützter Rechtspositionen in der gesetzlichen RV sind:
- Gegenstand des Eigentumsschutzes ist das subjektive Recht auf eine Versichertenrente, so wie es sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt;
- dieses Recht muß durch eine nicht unerhebliche Eigenleistung erworben sein und
- eine existenzsichernde Funktion haben;
- in das so begründete Recht darf der Gesetzgeber nur bei Vorliegen ausreichend legitimierender bereichsspezifischer Gründe verhältnismäßig sowie gleichheits- und vertrauenswahrend eingreifen.
Mit diesen Merkmalen hat das BVerfG seine Rechtsprechung zum Eigentumsschutz subjektiver Rechte des Privatrechts und „sonstiger” subjektiver Rechte des öffentlichen Rechts im wesentlichen übernommen und diese nur in einem Punkt ergänzt. Mit dem unter (1) benannten Merkmal überträgt das BVerfG seine Rechtsprechung zum Wesen und zur Bedeutung des in Art 14 GG anerkannten Privateigentums sowie zum Erwerbstatbestand und zur Ausformung durch den sog „einfachen” Gesetzgeber auf Rechtspositionen in der gesetzlichen RV. Ebenso uneingeschränkt ist die Rechtsprechung zum Privateigentum bezüglich der Schranken für den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, also bezüglich der Frage übernommen worden, unter welchen Voraussetzungen dieser in ein so begründetes Recht eingreifen darf, also zu dem unter Ziff (4) genannten Merkmal. Der Rechtsprechung zum Schutz „sonstiger” subjektiver öffentlicher Rechte entspricht das unter Ziff (2) genannte Merkmal der von der „Fürsorge” abgrenzenden nicht unerheblichen Eigenleistung. Dagegen ist das Ziff (3) genannte Merkmal wichtig für das gesetzliche allgemeine Sicherungsprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung, nämlich den aus Anlaß des Versicherungsfalles entstandenen Bedarf nach Erwerbsersatzeinkommen („Alters”- oder „Invalidenlohn” - nicht Lohnersatz) zu befriedigen.
2.1.4 Nach diesen Kriterien ist das Anwartschaftsrecht auf Altersrente aus der gesetzlichen Altersversicherung eigentumsgrundrechtlich geschützt.
Dieser Schutz umfaßt zum einen das subjektive Recht auf eine derartige Rente iS eines Vollrechts auf Altersrente (sog Stammrecht), zum anderen die aus dem Stammrecht als dessen Rechtsfrüchte (§ 99 Abs 2 BGB) monatlich entstehenden eigenständigen (Einzel-)Ansprüche (vgl zur Unterscheidung ua BSG, Urteil vom 23. Juni 1994, SozR 3-2600 § 300 Nr 3). Eng verknüpft mit dem subjektiven Vollrecht auf Rente ist in der Altersrentenversicherung aber auch eine bestimmte Vorstufe des Vollrechts, nämlich das Anwartschaftsrecht. Dieses ist von weiteren Vorstufen (Anwartschaften und Anrechte) gesetzlich unterschieden.
2.1.4.1 Zu den Merkmalen des Anwartschaftsrechts auf Altersrente.
Die Vorstufen der Entstehung des subjektiven Vollrechts auf Altersrente werden häufig ohne Differenzierung als „Anwartschaften” bezeichnet. Ganz allgemein versteht man hierunter die „Aussicht” auf Erwerb eines subjektiven Rechts, wobei einzelne Elemente des Erwerbstatbestandes bereits verwirklicht sind, während andere oder mindestens ein letztes von denen, die der volle Tatbestand erfordert, noch ausstehen. Die Funktion subjektiver Rechte ist nur solchen Vorstufen zuzugestehen, die hinsichtlich des künftigen Rechtserwerbs einen gewissen Grad von Sicherheit bieten (Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, 2. Aufl, 1996, RdNr 560 und 1150; Pikart, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Anwartschaft, WPM 1962, 1230; vgl näher dazu Vorlagebeschluß des Senats vom heutigen Tage in der Sache „Barzu” - B 4 RA 49/98 R -).
Dem Vollrecht auf Altersrente kommt die Qualität eines subjektiv-öffentlichen Rechts unangefochten zu; dem Rechtsinhaber ist gesetzlich die Rechtsmacht verliehen, Eingriffe abzuwehren, die Begünstigung geltend zu machen und gegen den Verpflichteten durchzusetzen. Hingegen sind bloße Chancen, Aussichten oder Möglichkeiten des (bereits) Versicherten keine subjektiven Rechte. In der Altersrentenversicherung bilden die unterste Stufe subjektiver Berechtigungen die „Anrechte” auf eine Anwartschaft (Versicherte vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren). Sie geben dem Versicherten die rechtlich gegen den Rentenversicherungsträger geschützte „Aussicht” auf Erwerb einer Anwartschaft; schlägt dies endgültig fehl, gibt es einen Anspruch auf anteilige Beitragserstattung. „Anrechte” können aber noch nicht zu einem Vollrecht auf Altersrente erstarken, sogar dann nicht, wenn der Versicherungsfall des Alters eintritt. Dies ist erst nach Erwerb einer „Anwartschaft” auf Altersrente möglich, wenn der Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (fünf Jahre mit Beitrags- oder Ersatzzeiten). Eine „vorzeitige” Wartezeiterfüllung gibt es nur in der Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherung, nicht aber in der Altersrentenversicherung, eine „fiktive” Wartezeiterfüllung nur bei Rentenbezug (§ 50 Abs 1 Satz 2 SGB VI) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres.
Innerhalb der Bandbreite zwischen „Anrecht” und „Vollrecht” vollzieht sich der Erwerb – je nach gesetzlichem Tatbestand – in weiteren Schritten. Insoweit wäre die Verwendung des Ausdrucks „Anwartschaft” noch ohne eigenen rechtlichen Inhalt. Anders liegt es, soweit Rechtssätze schon einer Vorstufe selbständige rechtliche Bedeutung zusprechen (Raiser, Dingliche Anwartschaften, 1961, S 6). Dies ist dann anzunehmen, wenn von einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, daß der Vollrechtserwerb durch den Berechtigten nicht mehr von einem anderen (im Zivilrecht zB durch den Vorberechtigten, in der gesetzlichen RV durch den verpflichteten Rentenversicherungsträger) rechtmäßig verhindert werden kann (BGHZ 45, 186, 188 f; BGHZ 49, 197, 200; Schwerdtner, Anwartschaftsrechte, Jura 1980, 609, 613; Hübner aaO) und bei normalem Ablauf der Dinge als sicher zu erwarten ist.
Um die weiteren rechtlichen Zwischenstufen auf dem Weg vom Anrecht zur Vollrechtsentstehung, die das Gesetz vorgibt, zu verdeutlichen, eignen sich die Bezeichnungen „Anwartschaft” und „Anwartschaftsrecht” (vgl Raiser aaO, S 10; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl, 1997, § 15 VII RdNr 123 f ≪S 317≫). Eine Anwartschaft auf Altersrente ist über das Anrecht hinaus eine wegen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit rechtlich gesicherte Aussicht auf den Erwerb eines subjektiven Vollrechts. Die rechtliche Sicherung der Erwerbsaussicht beruht darauf, daß der Erwerbstatbestand eines Vollrechts schon soweit verwirklicht ist, daß seine Vollendung allein noch vom Eintritt des Versicherungsfalles des Alters abhängt. Indes ist nicht jede derartige Anwartschaft schon ein Anwartschaftsrecht (vgl Larenz/Wolf, aaO, RdNr 123). Von einem „Anwartschaftsrecht” läßt sich erst dort sprechen, wo die rechtliche Sicherung der „Aussicht” einen solchen Grad von Festigkeit erlangt hat, daß sie im Rechtsverkehr bereits als eine gegenwärtige Vermögensposition angesehen wird (Larenz/Wolf, aaO, RdNr 124), wenn sie also Grundlage für (nicht notwendig Gegenstand von) Vermögensdispositionen sein kann.
Die rechtlichen Maßstäbe für die Abgrenzungen lassen sich nur der jeweiligen Gesetzeslage (hier: dem SGB VI) entnehmen. Da „Anwartschaft” und „Anwartschaftsrecht” Vorstufen zum Erwerb des Vollrechts sind, bestimmen die hierfür maßgeblichen Rechtssätze, ab wann eine Vorstufe eine Gleichstellung mit dem Vollrecht erlaubt. Entscheidend ist somit die Ausformung durch die Gesetze, dh der Regelungsgehalt, den der Gesetzgeber dem jeweiligen subjektiven Recht zuweist. Dieser Zuweisungsgehalt legt zugleich fest, ab wann ein Anwartschaftsrecht innerhalb der Vorstufen erworben werden kann (so im Ergebnis auch Larenz/Wolf, aaO, RdNr 126). Wenn die Struktur des Vollrechts und der Rechtsträger erkennbar sind, hängt es vom Gewicht der – bei vermögenswerten Positionen meist wirtschaftlichen – Bedürfnisse, die das Vollrecht vom Gesetzeszweck her befriedigen soll, ab, wann der Erwerbstatbestand als so rechtlich verfestigt anzusehen ist, daß die „Anwartschaft” als „Anwartschaftsrecht” rechtliches „Eigenleben” gewinnt (Bundesarbeitsgericht ≪BAG≫ Urteil vom 10. März 1973, BAGE 24, 127, 185; Baur/Stürmer, Sachenrecht, 17. Aufl, 1999, I § 3 B III RdNr 46). Daraus folgt, daß es keinen Einheitstyp der Anwartschaft und des Anwartschaftsrechts gibt (Raiser, aaO, S 8; Lehmann/Hübner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 15. Aufl, 1966, § 12 II 4 Buchst d ≪S 93≫). Das Gesetz kennt keinen „allgemeinen Begriff” des Anwartschaftsrechts (Larenz/Wolf, aaO, RdNr 124; Baur/Stürmer, aaO).
2.1.4.2 Das Gesetz hat die Vorstufen des subjektiven Vollrechts auf Altersrente so ausgeformt, daß in jedem Fall mit Vollendung des 55. Lebensjahres ein Anwartschaftsrecht des Versicherten nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit entsteht.
Mit der durch § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG geschaffenen Neuregelung hat der Gesetzgeber nicht in das erst ab dem 2. November 1996 entstandene Vollrecht, sondern in das Anwartschaftsrecht der Klägerin auf Altersrente eingegriffen.
Die §§ 35 bis 40 SGB VI regeln nicht ausdrücklich, wann Versicherte eine gesicherte Rechtsposition iS eines Anwartschaftsrechts auf Altersrente erwerben. Dasselbe gilt für die sonstigen Regelungen des SGB VI. Zwar verwendet das SGB VI die Ausdrücke „Versorgungs- oder Rentenanwartschaften” bzw „Anwartschaften” auf Versorgung oder Rente in verschiedenen Vorschriften; dies geschieht jedoch – jeweils ohne „Definition” – im Zusammenhang mit Regelungen über die Befreiung von der Versicherungspflicht, über den Versorgungsausgleich, über die Erhaltung von Leistungsrechten etc; aus diesen läßt sich nicht herleiten, wann im Blick auf ein Vollrecht auf Altersrente eine Vorstufe erreicht ist, die vom Gesetz als annähernd ähnlich rechtlich gesichert bewertet wird wie das Vollrecht (vgl hierzu auch die Parallelentscheidung des Senats in der Rechtssache „Barzu”, B 4 RA 49/98 R).
Auch die vom BVerfG im Urteil vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257, 289 f) skizzierte Kennzeichnung der Rentenanwartschaft bestimmt das Anwartschaftsrecht in seinem Verhältnis zum Vollrecht und zur bloßen Anwartschaft nicht näher. Jene Entscheidung ist zum Recht der geschiedenen Ehegatten auf Versorgungsausgleich ergangen. Gemäß § 1587 Abs 1 Satz 1 BGB findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Versorgungsausgleich statt, soweit für sie oder einen von ihnen in der Ehezeit „Anwartschaften oder Aussichten” auf Versorgung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit der in § 1587a Abs 2 BGB genannten Art begründet oder aufrecht erhalten worden sind. Entsprechend diesem Zuweisungsgehalt konnte das BVerfG (aaO) von einem weiten Begriff der Rentenanwartschaft iS eines Anwartschaftsrechts ausgehen und – da schon „Aussichten” vom Range eines bloßen Anrechts eine Ausgleichspflicht begründen – grundsätzlich alle Rechtspositionen nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, die in die Ehezeit fallen, einbeziehen, also auch schon solche, die vor Ablauf der Wartezeit entstanden sind. Dies gründet auf verschiedenen Fiktionen, die es ermöglichen, so zu tun, als ob ein beziffertes Vollrecht auf Altersrente entstanden wäre. Hierbei wird zu Lasten der beitragsrelevant versicherten Mitglieder des Rentenversicherungsträgers (also gerade ohne „Kostenneutralität”) ggf nicht nur die Erfüllung der Wartezeit und der Eintritt des Versicherungsfalles beim Ausgleichspflichtigen fingiert, sondern durch Begründung und/oder Wertsteigerung eines Versicherungsverhältnisses des Ausgleichsberechtigten eine zusätzliche Wagnislast und Beitragslast geschaffen. Dies entspricht aber dem gesetzlichen Zweck des Versorgungsausgleichs.
Die Vorschriften des SGB VI über die Altersrentenversicherung geben rechtsgrundsätzlich die Unterscheidung zwischen dem Anwartschaftsrecht und der Anwartschaft auf Altersrente vor. Demgegenüber ist hier nicht zu entscheiden, wann Anwartschaftsrechte auf sonstige Renten der RV, also auf Renten wegen Erwerbsunfähigkeit, wegen Berufsunfähigkeit, Erziehungs- oder Hinterbliebenenrenten oder ggf Anwartschaftsrechte auf Rehabilitation entstehen; erst recht geht es hier nicht um subjektive Rechte aus anderen Zweigen der „Sozialversicherung” (§ 1 SGB IV) oder der „Arbeitsförderung” (SGB III).
Hier hatte die Klägerin vor Vollendung des 55. Lebensjahres die allgemeine Wartezeit erfüllt und ab diesem Zeitpunkt im Ergebnis nicht nur eine Anwartschaft auf Altersrente, sondern – nach der gesetzlichen Bewertung ua in § 109 SGG – ein Anwartschaftsrecht erlangt. Allerdings tritt der Versicherungsfall des Alters „kraft Gesetzes” nur mit Vollendung des 65. Lebensjahres ein. Vorher kann Versicherten aber die Rechtsmacht (ein Gestaltungsrecht) zuwachsen, den Eintritt des Versicherungsfalles des Alters selbst zu bestimmen und durch eine Willenserklärung herbeizuführen, falls sie zu einer der in den §§ 36 bis 40 SGB VI genannten Gruppen von Versicherten gehören und die – jeweils unterschiedlichen – weiteren Voraussetzungen erfüllen. Die Klägerin hatte im November 1991 bei Vollendung des 55. Lebensjahres die Voraussetzungen auch für das in § 39 SGB VI für versicherte Frauen mit Doppelbelastung in Haushalt und Erwerbstätigkeit vorgesehene Gestaltungsrecht mit Ausnahme des Alters erfüllt. Sie hatte daher auch schon ein Anwartschaftsrecht auf dieses Gestaltungsrecht, das im November 1996 als Vollrecht entstand. Sie hat es ausgeübt, dadurch den Eintritt des Versicherungsfalles des Alters auf den 2. November 1996 festgelegt, woraus der Rentenbeginn am 1. Dezember 1996 (kraft Gesetzes) folgte.
Hierzu im einzelnen wie folgt:
Der Versicherte erwirbt das subjektive Vollrecht (Stammrecht) auf eine Regelaltersrente, wenn er die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt und das 65. Lebensjahr vollendet hat (§§ 35, 50 Abs 1 Nr 1 SGB VI). Dieser „letzten” Stufe auf dem Weg zum Erwerb des Vollrechts sind drei Vorstufen vorgeschaltet. Der Versicherte hat – wie ausgeführt – ein Anrecht auf eine Anwartschaft, solange er die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt hat.
Sobald die allgemeine Wartezeit erfüllt ist, hat der Versicherte eine Anwartschaft auf eine Regelaltersrente erworben. Denn nunmehr hängt das Entstehen des Vollrechts nur noch vom Eintritt des Versicherungsfalles ab, also allein vom weiteren Zeitablauf, von der Vollendung des 65. Lebensjahres. Diese Rechtsposition des Versicherten ist auch rechtlich garantiert; ohne spezielle gesetzliche Ermächtigung (Gesetzesvorbehalt) kann sie ihm vom verpflichteten Rentenversicherungsträger nicht mehr entzogen werden. Von diesem Zeitpunkt an ist gesetzlich gesichert, daß der Versicherte – wenn er nicht vorher verstirbt – mit Vollendung des 65. Lebensjahres kraft Gesetzes ein Vollrecht auf eine (Regel-)Altersrente erwerben wird. Zudem liegt schon eine in EP aus Beitragszeiten (oder Ersatzzeiten) bemessene Rangstelle vor, die einen Mindestwert an Teilhabeberechtigung bei Entstehung des Vollrechts gibt.
Diese Anwartschaft ist jedoch noch kein Anwartschaftsrecht. Ein solches Recht erfordert einen Grad der Verfestigung und Konkretisierung, daß es Grundlage von Vermögensdispositionen des Berechtigten sein kann.
Die gesetzliche Zuerkennung eines Anwartschaftsrechts hängt gerade bei vermögenswerten Rechten auch von den wirtschaftlichen Bedürfnissen ab, die das Vollrecht nach dem Gesetzeszweck befriedigen soll. Spätestens mit der großen Rentenreform 1957 erfuhren die Altersrenten der gesetzlichen RV einen grundlegenden Wandel in Rechtsgrund und rechtlicher (wie auch sozialpolitischer) Funktion. Ursprünglich (1889) als Zuschuß zum anderweitig (Familie) als gesichert erachteten (Mindest-)Lebensunterhalt gedacht, zwischenzeitlich allmählich zum Erwerbseinkommensersatz umgestaltet, wurden die Rechte auf Altersrenten jetzt auch auf der Leistungsseite konsequent nach dem Alterslohnprinzip ausgestaltet. Sie waren nun nicht nur im Erwerbsgrund – wie seit 1891- wohlerworbene Rechte, keine geschenkte „Fürsorge”, sondern auch auf der Leistungsseite nicht mehr auf die Befriedigung minimaler Grundbedürfnisse zugeschnitten, sondern „Alterslohn” nach Maßgabe der eigenen früheren Leistungen für die damaligen Rentner im Vergleich zu den zeitgleich versichert Gewesenen. So wurden die Rentner aus der Nähe des „Fürsorgeempfängers” in die Nachbarschaft des Lohnempfängers gerückt („verdienter Alterslohn”).
Das Vollrecht auf Altersrente ist ein durch Beitragszeiten wohlerworbenes subjektives öffentliches Recht. Das Gesetz garantiert dem Vollrechtsinhaber die Erfüllung der hieraus monatlich entstehenden Zahlungsansprüche; dies wird durch die Beiträge anderer Versicherter (sog Generationenvertrag) und zu etwa einem Fünftel aus Steuern finanziert. Der proportionale Wert des staatlich garantierten subjektiven Rechts hängt vor allem von den vom Versicherten während seines Versicherungslebens durch Beitragszeiten (§ 55 SGB VI) versicherten Arbeitsentgelten und -einkommen ab, die in Relation zu den Durchschnittsentgelten der jeweiligen Kalenderjahre gesetzt werden (§ 63 Abs 1 und 2 SGB VI). Dadurch wird der aus Anlaß des Versicherungsfalles entstandene Bedarf nach Ersatzerwerbseinkommen (nicht Lohnersatz) befriedigt. Das sozialpolitische Ziel der RV ist dabei – jedenfalls noch bis zum Inkrafttreten des RRG 1999 – ein Netto-Standardrentenniveau von ca 70 vH des verfügbaren Durchschnittseinkommens eines Arbeitnehmers, bezogen auf den sog „Eckrentner”, zu gewährleisten (vgl BSG, Urteil vom 31. März 1998, BSGE 82, 83, 94 ff; Urteil vom 10. November 1998, BSGE 83, 104, 108 ff; Urteil vom 10. November 1998, B 4 RA 32/98 R). Bei der Bestimmung des konkreten Inhalts der für das Alterslohnprinzip (unabdingbar) notwendigen Orientierung am Durchschnittsentgelt der aktuell erwerbstätigen Altersrentenversicherten hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum (Bruttolohnprinzip, Nettolohnprinzip, standardisierter Brutto- oder Nettolohn, Mischformen hierzu). Dieser ermöglicht ihm, unter strikter Wahrung formeller und proportionaler Gleichheit als unvermeidbar erachtete Begrenzungen der Aufwendungen für Renten auch Rentnern und Anwartschaftsrechtsinhabern aufzulasten. Diesen Weg ist das WFG nicht gegangen.
Generalisierend und typisierend betrachtet, dh abstellend auf ein „normales” Versicherungsleben, können Versicherte, die früher mit dem 14. Lebensjahr (heute mit dem 17. Lebensjahr, vgl § 72 Abs 2 SGB VI) ins versicherte Erwerbsleben eintraten, mit Vollendung des 19./22. Lebensjahres die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Aufgrund der in diesen fünf Jahren kalenderjährlich erworbenen Rangstelle („Entgeltpunkte”) kann zu diesem Zeitpunkt der Vermögenswert in Geld nicht einmal grob geschätzt werden, der dieser Anwartschaft auf Altersrente bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zuwachsen wird. Erst in einem erheblich späteren Lebensalter – immer noch generalisierend und typisierend gesehen – wird eine Position erreicht, die von ihrem abschätzbaren wirtschaftlichen Gewicht her Schlüsse auf das Maß der mit dem Erwerb des Vollrechts verbundenen Alterssicherung zuläßt und auf diese Weise selbst schon als Vorstufe hierzu einen Vermögenswert gibt, der Grundlage (nicht notwendig Objekt) für weitere Vermögensdispositionen gerade im Blick auf Alterssicherung sein kann.
Allein dieser, wenn auch wichtige, wirtschaftliche Aspekt erlaubt aber noch nicht die genaue Konkretisierung, wann der Erwerbstatbestand eines Anwartschaftsrechts auf eine (Regel-)Altersrente erfüllt ist. Das Gesetz gibt an verschiedenen Stellen zwar Hinweise darauf, daß dies typischerweise bei kontinuierlichem Versichertsein etwa um das 50. Lebensjahr eintritt. Für Zeiten vor Vollendung des 55. Lebensjahres ist jedoch durch Auslegung kein bestimmter Zeitpunkt zu ermitteln, an dem während des fließenden Erwerbsvorgangs konkret der wirtschaftliche Wert erworben wird, der – wie für ein Anwartschaftsrecht kennzeichnend – Dispositionsgrundlage sein kann.
Wie ein vermögenswertes Vollrecht soll auch das ihm vorausgehende Anwartschaftsrecht seinem Inhaber bereits einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sichern und eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglichen. Dieselbe Funktion kommt ebenfalls – allerdings mit Bindung auch der gesetzgebenden Gewalt (Art 1 Abs 3 GG) – dem grundrechtlichen Eigentumsschutz solcher Rechte zu. Diesen Kerngedanken des insoweit übereinstimmenden Schutzzweckes subjektiv-öffentlicher Rechte und des Eigentumsschutzes hat das BVerfG im Urteil vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257, 290) für die RV aufgegriffen und betont, daß in der heutigen Gesellschaft die große Mehrheit der Staatsbürger ihre wirtschaftliche Existenzsicherung weniger durch privates Sachvermögen als durch den Arbeitsertrag und die daran anknüpfende solidarisch getragene Daseinsvorsorge erlangt.
An diesen tragenden Gedanken knüpft auf einfach-gesetzlicher Ebene § 109 SGB VI (vgl auch § 270a SGB VI) an. Nach Abs 1 Satz 1 dieser Norm erhalten Versicherte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, von Amts wegen Auskunft über die Höhe der „Anwartschaft”, die ihnen ohne weitere rentenrechtliche Zeiten als Regelaltersrente zustehen würde. Die Vorschrift regelt (ergänzend zu § 14 SGB I und § 149 SGB VI) den Anspruch 55-jähriger und älterer Versicherter auf Erteilung einer Auskunft über den fiktiven Geldwert eines Rechts auf Altersrente anhand der vom Versicherten bisher erlangten „Anwartschaft”. Mehrfach hypothetisch wird davon ausgegangen, der Versicherungsfall (Vollendung des 65. Lebensjahres) sei eingetreten, das Versicherungsleben abgeschlossen, rechtsrelevante Tatsachen könnten nicht mehr eintreten; ferner seien Rechtsänderungen in den nächsten (zehn) Jahren nicht erheblich. Auf dieser Grundlage wird die bislang erlangte Rangstelle des Versicherten (Rentenartfaktor und Zugangsfaktor sind 1,0, also unbeachtlich) mit dem derzeitigen aktuellen Rentenwert vervielfältigt.
Dieser mehrfach fiktive Geldwert eines fingierten Vollrechts auf Regelaltersrente bietet aber gleichwohl eine Grundlage, den Vermögenswert der bisherigen Anwartschaft – nach dem Gesetz erstmalig – insoweit abschätzbar zu machen, daß künftige tatsächliche und rechtliche Entwicklungen in ihren in Geld bestimmbaren Auswirkungen für den einzelnen erkennbar werden. Darüber hinaus liegt der in „Entgeltpunkten” aus Beitragszeiten bestimmte Mindestwert der persönlichen Rangstelle in kalenderjährlich abgeschlossener gesetzlicher Bewertung vor. Diese Rangstelle läßt – unbeschadet durch beitragsfreie Zeiten und Gesamtleistungsbewertung – zu jedem Zeitpunkt die Bestimmung eines nur noch von der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes abhängigen (und nur noch insoweit fiktiven) Geldwertes des Vollrechts auf Rente zu. Deshalb kann dieser auf solche Arten abschätzbare und in seiner weiteren Entwicklung jeweils konkret berechenbare Vermögenswert vom Gesetz selbst (§ 109 Abs 1 Satz 3 SGB VI) rechtsgrundsätzlich als Grundlage für Vermögensdispositionen anerkannt werden.
Die Vorschrift dient also nur vordergründig allein der Information des Versicherten. Sie erleichtert aber nicht nur die spätere Geltendmachung von Leistungsrechten, sondern ermöglicht dem einzelnen, die weitere Vorsorge für sein Alter für sich und seine Familie berechenbar gestalten zu können (vgl von Einem in: SGB-SozVers-GesKomm, Band 3b, Stand März 1996, § 109 SGB XI Anm 2). Nach der Wertentscheidung, die in dieser Ausgestaltung der „Rentenauskünfte” als deren Grundlage gesetzlichen Ausdruck gefunden hat, soll der Versicherte planen und kalkulieren können, ob es in seiner Situation zweckmäßig ist, weitere – zusätzliche – Vorsorge (zB evtl durch freiwillige Beiträge oder durch Abschluß privater Versicherungen) fürs Alter zu treffen oder ob der bisher abschätzbare Rentenwert und/oder eine zu erwartende weitere Erhöhung (zB aufgrund zusätzlicher Beitragszeiten) ihm eine ausreichende Alterssicherung bei Eintritt des Versicherungsfalls zu gewährleisten verspricht. Ferner soll ihm die Auskunft nach § 109 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm mit der weiteren Auskunft nach Satz 3 (aaO) ermöglichen, zu planen und zu kalkulieren, ob er eine vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen will und ob es in diesem Fall opportun sein könnte, Rentenminderungen durch Zahlung weiterer Beiträge auszugleichen (§§ 77, 187a SGB VI). § 109 SGB VI eröffnet dem Versicherten somit Planungsperspektiven und ermöglicht ihm die Abwägung von Kalkulationsinteressen; Normzweck ist, eine eigenverantwortliche Gestaltung im vermögensrechtlichen Bereich der Altersvorsorge zu ermöglichen. § 109 SGB VI setzt rechtlich und logisch notwendig die gesetzliche Wertentscheidung voraus, daß die Anwartschaft auf Altersrente jedenfalls ab Vollendung des 55. Lebensjahres zum Anwartschaftsrecht erstarkt ist. Die mit Vollendung des 55. Lebensjahr erteilte „Rentenberechnung” bietet Grundlage für die auf die Altersversorgung gerichtete Lebensplanung. Eine solche Planung kann nicht kurzfristig erfolgen. Sachgerecht gibt das Gesetz deshalb den Versicherten mit Vollendung des 55. Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Auskunft über den hypothetischen Geldwert eines unterstellten Vollrechts, damit er für ggf weitere zehn Jahre die erforderliche Planung treffen kann. Hierzu müssen – nach dem Gesetz – die ihm mitgeteilten Daten eine hinreichend verläßliche Berechnungsgrundlage bieten. Mit dieser vom Gesetz bezweckten Vertrauens- und Kalkulationsgrundlage kann rechtsstaatlich eine im wesentlichen uneingeschränkte nachträgliche Abänderungsbefugnis des Gesetzgebers ohne Selbst- und Wertungswiderspruch nicht vereinbart werden. Dies gilt erst recht für nachträgliche Veränderungen des durch Beitragszeiten in der Vergangenheit erworbenen Rangverhältnisses des Versicherten im Vergleich zu den zeitgleich versichert Gewesenen.
Nach der § 109 SGB VI zugrundeliegenden Wertentscheidung ist also der Zeitpunkt, in dem eine Anwartschaft sich in ein Anwartschaftsrecht auf eine (Regel-)Altersrente umwandelt, spätestens auf die Vollendung des 55. Lebensjahres zu fixieren. Offen bleibt – weil hier nicht entscheidungserheblich –, ob sich aus § 109 Abs 1 Satz 2 SGB VI, aus einer Sichtung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für „vorgezogene Altersrenten” (§§ 36 bis 40 SGB VI), aus dem Prognosezeitraum des Rentenversicherungsberichts (§ 154 SGB VI) und aus anderen gesetzlichen Vorschriften nicht auch ein früherer Zeitpunkt – etwa das 50. Lebensjahr – rechtsfortbildend festsetzen läßt.
Demzufolge kennzeichnen den Erwerb des subjektiven Rechts auf eine Regelaltersrente und den „Aufbau” seines Vermögenswertes folgende Stufen:
- Vor Eintritt in die Altersrentenversicherung (§§ 1 bis 8 SGB VI), bei potentiellen FRG-Berechtigten vor Zugang in den räumlichen Geltungsbereich des FRG, besteht keinerlei subjektives Recht;
- Bis zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit besteht nur ein Anrecht auf eine Anwartschaft, dh die rechtlich geschützte Aussicht, bei weiterem Erwerb von Beitragszeiten eine Anwartschaft auf Altersrente zu erlangen;
- Nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres besteht eine Anwartschaft auf Altersrente, dh das subjektiv-öffentliche Recht darauf, bei Eintritt des Versicherungsfalles ein Vollrecht zu erhalten;
- Ab Vollendung des 55. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles (Vollendung des 65. Lebensjahres) besteht ein Anwartschaftsrecht, das wie das Vollrecht geschützt ist; es kann bei bestimmten Gruppen von Versicherten (§§ 36 bis 40 SGB VI) verbunden sein mit einem Gestaltungsrecht (oder einem Anwartschaftsrecht hierauf), den Versicherungsfall des Alters selbst „gewillkürt” zu bestimmen und vorzuziehen;
- Mit Eintritt des Versicherungsfalls erstarkt das Anwartschaftsrecht zum Vollrecht; unerheblich ist, ob der Versicherte dieses Recht geltend macht (durch Antrag binnen drei Monaten ab „Rentenbeginn”, § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI) oder es „nicht in Anspruch nimmt” (§ 77 Abs 2 Nr 2 SGB VI), weil er die einzelnen Zahlungsansprüche durch spätere Antragstellung untergehen läßt (§§ 99 Abs 1 Satz 2 SGB VI); der Versicherungsfall tritt kraft Gesetzes ein; die Geltendmachung (Antrag) hat nur Einfluß auf die aus dem Stammrecht fließenden Einzelansprüche.
Ebenso tritt der „gewillkürte” Versicherungsfall und damit die Erstarkung zum Vollrecht ein, wenn ein Versicherter, der – wie die Klägerin – ein Gestaltungsrecht nach den §§ 36 bis 40 SGB VI erlangt hat, dieses – nach freier Wahl – ausübt. Gemäß § 39 SGB VI haben Frauen „Anspruch” auf Altersrente, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet (Nr 1), nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (Nr 2) und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben (Nr 3). Auf die besondere Regelung des § 39 Satz 2 SGB VI zu Pflichtbeiträgen ist hier nicht weiter einzugehen. Der Versicherungsfall des Alters tritt hier nicht kraft Gesetzes ein. Die Inhaberin des Anwartschaftsrechts kann ihr aus § 39 SGB VI erwachsenes Gestaltungsrecht ausüben, muß es aber nicht. Steht ihr zB ein Recht auf EU- und BU-Rente zu, kann sie dieses anders als der 65-jährige Versicherte behalten. Durch die Nichtausübung des Gestaltungsrechts kann sie den Zugangsfaktor nicht auf 0,005 monatlich erhöhen etc. Das typisierende Regelungskonzept des SGB VI geht für alle Versicherten unwiderlegbar und endgültig davon aus, daß eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr zugemutet werden kann. Die Versichertengemeinschaft stellt sie deshalb allein aufgrund ihres Alters nach Maßgabe der erworbenen Teilhabeberechtigungen und in dem von ihnen gewählten Umfang (Voll- oder Teilrente) von der Sorge um den Lebensunterhalt frei. Demgegenüber können sich auf eine derartige allgemeine gesetzliche Vermutung, ihnen sei allein wegen des erreichten Lebensalters eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit nicht mehr zuzumuten, nicht auch diejenigen berufen, die schon vor Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersrente in Anspruch nehmen wollen und dürfen. Ihnen ist vielmehr jeweils die individuelle Rechtsmacht eingeräumt worden, zu beurteilen und zu entscheiden, ob – und innerhalb der Wahlmöglichkeiten des § 42 Abs 2 SGB VI inwieweit – sie sich weiterhin eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit zumuten oder eine durch die Altersrente auszugleichende Einkommensbuße hinnehmen wollen.
Demzufolge wird das Vollrecht auf eine Altersrente (für Frauen) iS von § 39 SGB VI nicht schon durch Erfüllung der Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift erworben, den Versicherten wird dort vielmehr ein Gestaltungsrecht eingeräumt. Der Senat hält dafür, daß ein Anwartschaftsrecht auf Altersrente, das mit einem besonderen Gestaltungsrecht nach den §§ 36 bis 40 SGB VI verbunden ist, bei dem also der Erwerb des Vollrechts nur noch von der Ausübung eines solchen Gestaltungsrechts abhängt, in gleicher Weise dem grundrechtlichen Eigentumsschutz untersteht wie ein Vollrecht. Hierauf ist im folgenden nicht weiter einzugehen, weil die Klägerin am 1. Oktober 1996 eine derartige Rechtsposition noch nicht erworben hatte (das 60. Lebensjahr vollendete sie erst am 2. November 1996).
2.1.5 Das Anwartschaftsrecht auf Altersrente verkörpert eine vermögenswerte Rechtsposition.
Das Anwartschaftsrecht beinhaltet eine vermögenswerte Rechtsposition, auch wenn ein Geldwert für dieses Recht noch nicht rechtlich verbindlich bezifferbar ist. Der Vermögenswert des Rechts stellt sich als Wert einer Teilhabeberechtigung (als sog prozentuale „Rangstelle”) und damit nur als relativer Vermögenswert dar, der in „Entgeltpunkten” aus Beitragszeiten in seinem Mindestwert bemessen ist.
Die Renten der RV zielen nicht darauf ab, das vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret erzielte Arbeitsentgelt zu ersetzen. Sie haben keine „Lohnersatzfunktion”, sondern die Funktion, den aus Anlaß des Versicherungsfalls entstandenen Bedarf an Ersatzerwerbseinkommen entsprechend den während des Versicherungslebens durch Beitragszeiten versicherten Arbeitsverdiensten zu befriedigen. Dies findet seinen verwaltungstechnischen Ausdruck in der sog Rentenformel (§ 64 SGB VI). Der Wert des Rechts auf Rente wird als Produkt aus den Faktoren „EP, Zugangsfaktor, Rentenartfaktor und aktueller Rentenwert” ermittelt. Eine Analyse dieser Faktoren zeigt, daß die Rente nicht ein konkretes Entgelt ersetzt oder dem Rentner eine Rendite aus angeblich eingezahltem Kapital zukommen läßt (vgl zum Folgenden insbesondere die Urteile des Senats vom 31. März 1998, BSGE 82, 83, 95 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7; Urteil vom 10. November 1998, BSGE 83, 104, 109 f = SozR 3-2600 § 256a Nr 3; Urteil vom 10. November 1998, B 4 RA 32/98 R).
Versicherungsgegenstand ist das durch Beiträge – bis zur Beitragsbemessungsgrenze – versicherte Arbeitsentgelt oder -einkommen im gesamten zurückliegenden versicherten Arbeitsleben. Dessen Beeinträchtigung durch den eingetretenen Versicherungsfall soll durch die jeweils zustehende Rente ausgeglichen werden, und zwar im Umfang des gesetzlich versprochenen Sicherungszieles. Letzteres wird durch den Rentenartfaktor (§§ 63 Abs 4, 67, 82 SGB VI) ausgedrückt, und zwar bei Renten wegen Alters durch den Faktor 1,0 (§ 67 Nr 1 SGB VI), bei einer Knappschaftsrente wegen Alters 1,3333 (§ 82 Nr 1 SGB VI). Das versicherte Arbeitsentgelt oder -einkommen ist zwar bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach Maßgabe des jeweiligen Beitragssatzes Ausgangspunkt der Beitragserhebung (§§ 157, 161 SGB VI), also aus Sicht des Beitragsrechts „beitragspflichtige” Einnahme des Versicherten, in leistungsrechtlicher Hinsicht ist es aber nicht bei jeder Rentenart (§ 33 SGB VI) in gleicher Höhe rentenwirksam versichert iS von § 63 SGB VI: Je nach dem, ob der Rentenartfaktor unter 1,0 oder darüber liegt (§§ 67, 82 SGB VI) und wie sich ggf der Zugangsfaktor (§ 77 SGB VI) auswirkt, ergibt sich gemäß dem Sicherungsziel ein unterschiedlicher Versicherungsgegenstand. In der Altersrentenversicherung wird stets ein voller Ausgleich (Faktor 1,0) des nach der individuell erlangten Rangstelle bemessenen, wegen des Versicherungsfalls entgangenen Arbeitsverdienstes vorgeschrieben.
Der Sachbezug zwischen dem individuell festgestellten Versicherungsgegenstand (entgangenes „versichertes” Arbeitsentgelt oder -einkommen) und dem monatlichen Wert des Rechts auf Rente wird vor allem durch die individuell im Vergleich mit den zeitlich versichert Gewesenen erlangte Rangstelle und daher technisch dadurch hergestellt, daß der in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsverdienst zu den kalenderjährlichen Durchschnittsentgelten aller Versicherten ins Verhältnis gesetzt wird (§ 63 Abs 2 Satz 1 SGB VI). Der Quotient hieraus ist der im Kalenderjahr durch Beitragszeiten erworbene Entgeltpunkt; die Summe dieser Entgeltpunkte aus Beitragszeit bildet den kalenderjährlich abgeschlossen bewerteten Mindestwert des Rangverhältnisses. Auch für die „Selbstzahler”, die etwa ein Sechstel der beitragsrelevant versicherten Mitglieder der Rentenversicherungsträger ausmachen, gilt: Durch Zahlung von Beiträgen wird kein (vor Entstehen des subjektiven Rechts auf Rente) bestimmter oder sicher bestimmbarer „Monatsbetrag der Rente” erworben, sondern eine prozentuale „Rangstelle” im Vergleich zu anderen zeitgleich Versicherten. Diese „Rangstelle”, ausgedrückt in EP, gibt im Grundsatz für jedes Kalenderjahr an, in welchem Verhältnis der Versicherte im Vergleich zum Durchschnitt aller Versicherten zur Finanzierung der damaligen Altersrenten beigetragen hat. In demselben Verhältnis wird er später, wenn bei ihm selbst der Versicherungsfall eintritt, an den Mitteln teilhaben, die dann – zu vier Fünfteln durch Beiträge anderer – der RV zur Verfügung gestellt werden, nämlich nach dem individuell erworbenen Prozentanteil.
Diese prozentuale „Rangstelle” drückt somit keinen konkreten Zahlbetrag aus, sondern die konkret erworbene Teilhabeberechtigung. Dabei hat die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder -einkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (Anlage 1 zum SGB VI) den Wert eines vollen EP (zur Bewertung beitragsfreier Zeiten vgl §§ 63 Abs 3, 71 Abs 1 SGB VI). Diese individuelle Komponente der Wertfestsetzung wird in der Rentenformel – nach Vervielfältigung mit dem gleichfalls individuell festgelegten Zugangsfaktor – durch „persönliche EP” ausgedrückt (§ 64 Nr 1 SGB VI). Diese spiegeln gewissermaßen das Versicherungsleben des Versicherten im Vergleich mit den anderen zeitgleich versichert Gewesenen wieder; die persönlichen EP (§ 66 SGB VI) sind die Summe aller EP, die der Versicherte in seinem gesamten Versicherungsleben durch Beitragszeiten oder durch beitragsfreie Zeiten erlangt hat.
Gesetzlich versprochen ist bei Altersrenten, daß sich der Wert der Rente (sog Rentenhöhe) bei Eintritt des Versicherungsfalls und Rentenbeginn ergibt, indem der Wert der prozentualen Rangstelle an das aktuelle Durchschnittsentgelt der Versicherten, verwaltungstechnisch konkretisiert im aktuellen Rentenwert (§ 68 SGB VI), angelegt wird (insoweit Produkt von EP und aktuellem Rentenwert). Dieses Durchschnittsentgelt und damit auch der bezifferbare Wert des Rechts auf Rente steht erst bei Rentenbeginn fest; bis dahin kann – je nach Lohnentwicklung – der aktuelle Rentenwert und damit der Geldwert der Rente steigen oder fallen.
Darüber hinaus läßt sich vor Abschluß des Versicherungslebens der Wert der Rente auch deshalb nicht in Geldbeträgen verbindlich festlegen, weil sich EP für beitragsfreie (und sogenannte beitragsgeminderte) Zeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung (§§ 71 bis 74 SGB VI) nur ermitteln lassen, wenn der belegungsfähige Gesamtzeitraum (§ 72 Abs 2 SGB VI) durch den „Rentenbeginn” feststeht.
Hieraus folgt, daß der Geldwert eines Anwartschaftsrechts auf eine Rente nicht vorab betragsmäßig rechtsverbindlich festgesetzt werden kann. Vor Rentenbeginn steht nicht fest, „was die Rente konkret bringen wird”, sondern nur, „daß sie Alterslohn nach Maßgabe der erlangten Rangstelle bringen wird”. Bezifferbar ist immer nur der relative Wert in EP, soweit er auf durch Beitragszeiten versicherten Arbeitsverdiensten beruht. Das gilt auch für den Wert des Anwartschaftsrechts der Klägerin. Obwohl ihre Rente schon am 1. Dezember 1996 begann und damit der anzuwendende aktuelle Rentenwert feststand, ließ sich für den 30. September 1996 der Geldwert ihres Anwartschaftsrechts nicht beziffern, weil sie anschließend noch zwei sogenannte beitragsgeminderte Monate zurückgelegt hat; am 30. September 1996 war keine abschließende verbindliche Bewertung der beitragsfreien und der sogenannten beitragsgeminderten Zeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung möglich.
Zur Qualifikation des Anwartschaftsrechts der Klägerin auf eine Rente als vermögenswerte Rechtsposition reicht es jedoch aus, daß dieses Recht einen relativen Vermögenswert besaß, der sich insgesamt in 35,7711 EP ausdrückte (vgl Anlage 11 zu dieser Entscheidung). Damit war durch Gesetz grundsätzlich sichergestellt, daß dieser Wert bei Rentenbeginn in einen auch im Geldbetrag bezifferbaren Vermögenswert übergehen würde.
2.1.6 Das Anwartschaftsrecht auf Altersrente erfüllt die das Eigentum iS des Art 14 GG konstituierenden Merkmale.
2.1.6.1 Privatnützigkeit und ausschließliche Verfügungsbefugnis.
Die Privatnützigkeit ergibt sich vor allem daraus, daß das Anwartschaftsrecht ausschließlich dem Berechtigten (hier der Klägerin) zugeordnet ist, in deren Hand es nach dem Zweck des Gesetzes als Vorstufe zum Erwerb des Vollrechts „von Nutzen” sein soll. Auch die ausschließliche Verfügungsbefugnis über dieses Recht ist zu bejahen. Hierbei kann dahinstehen, inwieweit das rentenrechtliche Anwartschaftsrecht übertragbar, pfänd- bzw verpfändbar ist. Die Verfügungsbefugnis dokumentiert sich schon in der Abwehrfunktion, dh kein anderer als der Gesetzgeber, kein Dritter, auch nicht der Rentenversicherungsträger, kann die von der Klägerin erworbene prozentuale Rangstelle abändern oder Rechtsmacht zu ihrer Änderung verleihen. Der Berechtigte kann und soll es als Grundlage seiner Vermögensdisposition für seine Altersvorsorge nutzen.
2.1.6.2 Nicht unerhebliche „eigene Leistungen”.
Das BVerfG hat wiederholt ausgesprochen, daß der besondere Schutzgrund für die Eigentümerfreiheit auf den erbrachten eigenen Leistungen beruht. Je höher der Anteil der eigenen Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Freiheitsbezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor. Ausgenommen sind Rechte, die der Staat im wesentlichen in Erfüllung seiner „Fürsorgepflicht” durch Gesetz einräumt (vgl ua Urteil vom 28. Februar 1980, BVerfGE 53, 257, 291 f; Beschluß vom 1. Juli 1981, BVerfGE 58, 81, 112; Urteil vom 16. Juli 1985, BVerfGE 69, 272, 301 f). Gemeint sind damit nicht nur Rechtsansprüche aus dem Bundessozialhilfegesetz, sondern alle in sozialstaatlicher Gesetzgebung begründeten und aus Steuern finanzierten Ansprüche auf Zahlungen eines Hoheitsträgers, welche die Begünstigung des Berechtigten vorrangig im öffentlichen Interesse bezwecken, bestimmtes Verhalten zu fördern, die Bewältigung bestimmter Lebensabschnitte zu erleichtern oder umgrenzten Bedarfslagen abzuhelfen (Sozialhilfe, Ausbildungsförderung, soziales Kindergeld, Erziehungsgeld, Wohngeld, Jugendhilfe, Kriegsopferfürsorge). Ausgleichsansprüche aus sozialer Entschädigung beruhen auch nicht auf „eigener Leistung”, sondern darauf, daß der Staat für die Folgen eines besonderen Gesundheitsopfers mit Steuermitteln einsteht (§§ 5, 24 SGB I). Hingegen beruht der sogenannte soziale Ausgleich im Leistungsrecht der Altersrentenversicherung nicht auf „staatlicher Fürsorge” (zu Lasten Dritter), sondern auf dem durch die solidarische Finanzierung (im Beitragsrecht) ermöglichten Prinzip der Solidarität zwischen den beitragsrelevant versicherten Mitgliedern der Rentenversicherungsträger, in das durch staatliches Gesetz auch Versicherte einbezogen wurden, die aus anderen Gründen als einer (fehlenden) Beitragsrelevanz den Versicherten gleichgestellt wurden, welche die Beitragslast mittragen.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG tritt in den Fällen, in denen der Staat dem Bürger die Rechtsposition allein in Erfüllung seiner „Fürsorgepflicht” durch Gesetz einräumt, zu dieser einseitigen Gewährung keine Leistung des Einzelnen hinzu. Zwar beruhen auch die subjektiven Rechte des Privatrechts auf inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzen. Sie geben aber keine Rechte gegen Hoheitsträger, die auf Sonderrecht des Staates beruhen und aus Steuermitteln oder – wie hier: im wesentlichen – aus Zwangsbeiträgen einer Minderheit der Bevölkerung zu finanzieren wären; sie sind nur gegen Private (einschließlich Fiskus) gerichtet; insoweit stellt sich dort nicht die Frage eines „Eigenleistungsanteils” im Rahmen eines staatlichen Gewährungsaktes. Darüber hinaus könnte die Begründung einer Eigentümerposition bei subjektiven Rechten, die der Staat sozialstaatlich oder subventionsrechtlich einseitig einräumt, dazu führen, diesen zu einer äußersten Zurückhaltung bei sozialer und wirtschaftsfördernder Gestaltung zu veranlassen. Im übrigen unterliegt privatrechtliches Eigentum auch dann dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG, wenn es überhaupt nicht auf eigener Leistung gerade des Berechtigten beruht (zB Schenkung, Lotterie etc).
Die Gleichstellung von Zeiten einer Arbeitsleistung in fremden Sicherungssystemen in Vertreibungsgebieten mit im Bundesgebiet erworbenen Beitragszeiten durch das FRG ist schon bei ihrer ersten Ausgestaltung im Februar 1960 nicht nur einseitige „staatliche Fürsorge” zu Lasten der Beitragszahler gewesen, die auch etwa vier Fünftel dieser Kosten bezahlen. Zwar war der Bundesgesetzgeber frei, Vertriebene, DDR-Flüchtlinge, vertriebene NS-Verfolgte, heimatlose Ausländer etc für Alter, Invalidität und Tod auch wesentlich anders zu sichern als durch ihre (oben beschriebene) Integration in die Solidargemeinschaft der Rentenversicherten. Er hat diese Lösung aber in Orientierung an Art 3 Abs 3 GG und Art 116 GG gewählt (Lastenausgleich bei verlorener Alterssicherung) und gerade nach diesem Integrationsprinzip ausgestaltet. Das Gesetz hat diesen Versicherten seit Jahrzehnten garantiert, sie würden bei Eintritt eines Versicherungsfalles (und „Inlandswohnsitz”) von ihrem Rentenversicherungsträger genauso behandelt wie die im jeweiligen Bundesgebiet beitragsrelevant versichert Gewesenen. Hierauf durften sie vertrauen. Hierdurch hat der Bundesgesetzgeber sich in gleichem Maße gebunden wie gegenüber den hier beitragsrelevant Versicherten. Auf dieser gesetzlichen Grundlage mußten auch diese Anwartschaftsrechtsinhaber (seit 1986) ihre Vorsorge für das Alter gestalten. Das FRG war somit ein inhaltsbestimmendes Gesetz iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG, durch das „Eigentum” geschaffen wurde (näher hierzu Vorlagebeschluß in der Rechtssache „Barzu”, B 4 RA 49/98 R).
Diese bis hierher wegen der außerhalb des Bundesgebiets verwirklichten Sachverhalte und auf der Rechtsgrundlage des FRG entstandene Berechtigung geht beim Zusammentreffen mit originären Bundesgebiets-Beitragszeiten kraft Gesetzes in einer Gesamtrechtsposition auf. Renten und Rentenanwartschaftsrechte beruhen auf verschiedenen rechtsbegründenden und wertbestimmenden Sachverhalten, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken die einheitliche Gesamtrechtsposition (Vollrecht, Anwartschaftsrecht) ergeben. Die einzelnen rechtlichen Elemente können nicht – unter Aberkennung dieser Funktion – losgelöst voneinander bewertet werden, als seien sie selbständige Rechte oder Ansprüche. Einfachgesetzlich und im Hinblick auf Art 14 GG ist das rentenversicherungsrechtliche Vollrecht/Anwartschaftsrecht insgesamt Ziel der gesetzlichen Regelungen und Schutzobjekt. Deshalb ist für die Einbeziehung des Anwartschaftsrechts in den individual-grundrechtlichen Eigentumsschutz nicht notwendig, aber hinreichend, daß ein Versicherter (wie die Klägerin) das Anwartschaftsrecht auch allein aus (Pflicht-)Beitragszeiten im Bundesgebiet erworben hat. Die rechtliche Untrennbarkeit der durch Gesetz zuerkannten und bewerteten Rangstellen im Einzelfall zeigt sich ua daran, daß auf der Ebene des Gesamtsystems der Altersrentenversicherung auch keine klare Trennung der Bundesgebiets-Beitragszeiten und der diesen (hier nach dem FRG) gleichgestellten Beitragszeiten vorgenommen wird. Weder die BfA noch der VDR sahen sich auf Anfrage des Senats in der Lage, die Selbstfinanzierungsquote des Kernsystems der Altersversicherung oder auch nur die statistischen Daten anzugeben, aus denen sich die Kosten berechnen lassen, die sich aus den Systemen (wie zB dem FRG) ergeben, welche vom Gesetzgeber einer im Bundesgebiet beitragsrelevanten Versicherung gleichgestellt wurden.
Das Anwartschaftsrecht der Klägerin beruhte nicht ausschließlich auf der Zuerkennung von durch nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten. Vielmehr hatte sie seit dem 17. Februar 1986 bis zum Rentenbeginn im Dezember 1996 aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigungen Bundesgebiets-Beitragszeiten (vgl § 113 Abs 1 Satz 2 SGB VI).
In der Zeit vom 17. Februar 1986 bis 30. September 1996 hat die Klägerin insgesamt 123 Beitragsmonate im Bundesgebiet erworben (bis zum 30. November 1996 insgesamt 125 Monate abzüglich der Monate Oktober und November 1996, vgl Anlage 5 zu dieser Entscheidung). Ihr Anwartschaftsrecht beruhte damit auf nicht unerheblicher eigener Leistung. Daß hierzu im Vergleich die nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten überwiegen, stünde der Anerkennung einer nicht unerheblichen Eigenleistung sogar dann nicht entgegen, wenn der Wert der gleichgestellten Zeiten – entgegen dem einfachen Gesetz verfassungsrechtlich – als „Fürsorge” des Staates (auf Kosten Dritter) zu qualifizieren wäre. Denn „Eigentum” liegt auch vor, wenn die Rechtsposition auch oder überwiegend „auf staatlicher Gewährung” beruht (BVerfG, Beschluß vom 16. Juli 1985, aaO, S 302).
2.1.6.3 Existenzsichernde Funktion.
Das von der Klägerin bis zum 30. September 1996 erworbene Anwartschaftsrecht erfüllt auch das dritte Merkmal, das vom BVerfG als konstituierend für die Eigentumsqualität eines subjektiven Rechts der RV angesehen wird. Hierbei handelt es sich im Vergleich zu den erforderlichen Eigentumsmerkmalen bei subjektiven Rechten des Privatrechts und „sonstigen” Rechten des öffentlichen Rechts um ein zusätzliches Merkmal, das der Abgrenzung zu den og anderen öffentlich-rechtlichen Leistungsrechten dienen kann, die in sozialer Gesetzgebung begründet, steuerfinanziert und auf einen begrenzten sozialen Zweck ausgerichtet sind, nicht aber – wie Altersrenten – Grundlage für die private Lebensgestaltung im Vermögensbereich sein sollen. Rechte auf Altersrenten (und Anwartschaftsrechte hierauf) dienen aber gerade dazu, eine freie Lebensgestaltung im Alter nach Maßgabe des früher selbst für die damaligen Rentner Geleisteten zu ermöglichen. Sie zielen darauf, den durch Eintritt des Versicherungsfalles entstandenen Bedarf an Erwerbseinkommensersatz zu befriedigen. Diese Rechte haben somit eine existenzsichernde Funktion.
2.2. In das eigentumsgeschützte Anwartschaftsrecht hat das Gesetz eingegriffen.
Aus der Sicht des Art 14 GG bestehen gegen (im übrigen verfassungsgemäße und die Institutionsgarantie des Eigentums sowie die Freiheit der beitragsrelevant Zwangsversicherten ausreichend beachtende) Gesetzesänderungen nur für künftig entstehende Versicherungsverhältnisse von vornherein keine Bedenken (vgl BVerfG, Beschluß vom 1. Juli 1981, BVerfGE 58, 81, 110), also in der vorliegenden Konstellation für Personen, die jedenfalls erst nach Verkündung der Neuregelung des § 22 FRG durch das WFG im BGBl am 25. September 1996 ins Bundesgebiet gezogen sind bzw ziehen und damit erstmals mit ihrem Zuzug eine vermögenswerte Rechtsposition erhalten. Da in solchen Fällen das Gesetz erst gewährt, was von Art 14 GG individual-grundrechtlich geschützt werden soll, kann dieses Gesetz selbst nicht dieses Grundrecht verletzen (vgl BVerfG, Beschluß vom 23. Juni 1970, BVerfGE 29, 22, 33 f). Dagegen bedarf eine belastende Umformung bereits begründeten Eigentums gemäß Art 14 GG einer ausreichenden verfassungsrechtlichen Legitimation. Die Zuerkennung eines Eigentumsschutzes macht das geschützte subjektive Recht allerdings nicht „immun” gegen – aus Sicht des Rechtsinhabers – negative Umgestaltungen. Das Eigentumsrecht ist – soweit sein Sozialbezug reicht – keine „Status-quo-Garantie” (vgl Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot und GG, 1986, S 159).
Das WFG hat in die hier betroffenen Anwartschaftsrechte, die als Ausdruck der Gesamtheit der einschlägigen Gesetzeslage eigentumsgrundrechtlich geschützt waren (vgl zum Maßstab exemplarisch Böhmer, Grundfragen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums in der Rechsprechung des BVerfG, NJW 1988, 2562, 2572), durch die wertmindernde Absenkung der EP für die zurückgelegten und bereits abschließend bewerteten gleichgestellten Beitragszeiten auf 60 vH ihres bisherigen Wertes unzulässig durch eine neue Inhaltsbestimmung eingegriffen. Demgegenüber liegt keine Enteignung iS von Art 14 Abs 3 GG vor. Ein derartiger Zugriff auf die konkrete Rechtsposition der Klägerin zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben war nämlich ersichtlich nicht intendiert (vgl BVerfGE 52, 1, 27; 79, 174, 191; 100, 226, 239). Die bloße Neugestaltung von subjektiven Rechten im Zuge der abstrakten und generellen Neuordnung eines Rechtsgebiets ist demgegenüber an Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zu messen (BVerfGE 31, 215, 292; 58, 137, 144; 83, 201, 212 f); überschreitet sie – wie hier – ihre sich aus der Verfassung ergebenden Grenzen, ist die gesetzliche Neuregelung insoweit unwirksam und weder in eine Enteignung umzudeuten noch durch Zubilligung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Entschädigung heilbar (BVerfGE 52, 1, 28).
Die Neuregelung hat auch das Anwartschaftsrecht der Klägerin umgeformt. Aus der verbindlichen Zuweisung von (den nach Bundesrecht zurückgelegten ausdrücklich gleichgestellten) Beitragszeiten vom 15. Juli 1955 bis 25. August 1983 (vgl Anlage 3 und 4 zu dieser Entscheidung) folgte zwangsläufig die für jedes Kalenderjahr abschließende Zuerkennung entsprechender Werteinheiten (seit 1992 EP). Unter weiterer Berücksichtigung des EP aus Bundesgebietszeiten, die ungekürzt blieben, hatte die Klägerin insgesamt 35,7711 EP erzielt (vgl Anlage 11 zu dieser Entscheidung). Die dadurch konkret erworbene Teilhabeberechtigung hat der Gesetzgeber durch die nunmehr eingeführte Kürzung der EP für gleichgestellte Beitragszeiten auf 0,6 ihres Wertes um 40 vH entwertet; durch diese Kürzung verminderte sich die Gesamt-Summe der EP auf 31,6754 EP (vgl Anlage 12). Die Einbuße von 4,0957 EP entspricht einer durchschnittlich versicherten Arbeitsleistung von vier Jahren und rund zwei Monaten. Das Ausmaß dieser Einbuße wird dadurch verdeutlicht, daß ein nicht unerheblicher Beitragsaufwand erforderlich wäre, um sie auszugleichen. Stellt man, um dies nur überschlägig zu illustrieren, auf das Durchschnittsentgelt von etwa 51.678,00 DM und den Beitragssatz von 19,2 vH für das Jahr 1996 ab, entspricht der Verlust von 4,0957 EP einem Beitragsaufwand von fast 40.650,00 DM. Bezogen auf den monatlichen Rentenwert ergäbe sich bei Annahme eines fiktiven Versicherungsfalles aus der Einbuße (ungeachtet sonstiger Regelungen) ein betragsmäßiger Verlust von 191,15 DM (4,0957 EP × aktueller Rentenwert von 46,67 DM).
Indessen stellt nicht jeder Grundrechtseingriff eine Grundrechtsverletzung dar. Eigentumspositionen sind demgemäß nicht etwa deshalb schlechthin unantastbar oder keiner inhaltlichen Veränderung mehr zugänglich, weil sie grundrechtsgeschützt sind (Badura, aaO S 360). Vielmehr ergibt sich aus Art 14 Abs 1 Satz 2 GG gerade, daß Inhalt und Schranken des Eigentums einer gesetzlichen Konkretisierung bedürftig und zugänglich sind. Erst aus der damit vorgenommenen Bestimmung ergibt sich der konkrete Schutz durch die Eigentumsgarantie, zumal deren Besonderheit gerade darin besteht, daß der (jeweils nach dem GG berufene) Gesetzgeber den Inhalt des Eigentums bestimmen muß (vgl im einzelnen Urteil des Senats in BSGE 82, 83, 87 f mwN). Dabei sind unter inhaltsbestimmenden Normen iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG, zumindest soweit es wie vorliegend um subjektiv-öffentliche Rechte (hier: Rentenansprüche, -vollrechte und -anwartschaftsrechte) geht, (nur) solche Bestimmungen zu verstehen, die allgemein und abstrakt die Voraussetzungen für die Entstehung und den Erwerb des Rechts, seinen rechtlichen Inhalt, seine Übertragung und seinen Verlust im gesetzlichen Normalfall regeln. Dies ist durch die Neugestaltung des Zuweisungsgehalts des FRG geschehen, der das Integrationsprinzip aufgegeben und das Prinzip der Grundsicherung eingeführt hat. Besonders drastische Einbußen erleiden dadurch die typischerweise im Ausland wohnenden ns-verfolgten Vertriebenen (vgl Presse-Vorbericht und Presse-Mitteilung des BSG Nr 89/99, jeweils Fall 2).
So kann insbesondere das Vorgehen des Gesetzgebers in den Fällen der vorliegenden Art vor Art 14 GG nicht etwa von vornherein stets durch pauschale Hinweise auf angeblich besondere Verhältnisse im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung gerechtfertigt werden; das führt nämlich ua rechtlich zu einer Konfusion der Prüfungsebenen und faktisch im Kern zu einer Aufhebung des vorweg ausdrücklich zuerkannten Eigentumsschutzes im Gewand seiner angeblich notwendigen Relativierung „im Einzelfall”. Auch ist es rechtsdogmatisch widersprüchlich, gesetzliche Eingriffe in rentenrechtliche Eigentumspositionen durch den Hinweis auf die zuvor erfolgte großzügige Bestimmung des Schutzbereichs zu rechtfertigen, die nachfolgend durch eine erleichterte Veränderbarkeit kompensiert werden müsse.
Ebenso ist insofern unerheblich, daß sich die Wertbestimmung rentenrechtlicher Ansprüche und Anwartschaften im Einzelfall auch auf Elemente stützt, denen eine eigene (systemnützige) Leistung des Inhabers nicht zugrunde liegt. Andernfalls würde auf der Ebene der Rechtfertigung des Eingriffs im nachhinein als dessen gesondertes Eingriffsobjekt behandelt, was zuvor bei der Bestimmung des grundrechtlichen Schutzbereichs zutreffend gerade als nur in seinem funktionalen Zusammenwirken einer in ihrer Gesamtheit geschützten Position betrachtet wurde. Das nimmt selbstwidersprüchlich den zunächst zuerkannten Grundrechtsschutz zur Rechtfertigung des Eingriffs gerade dort partiell und zielgerichtet zurück, wo dieser nach dem eigenen Ausgangspunkt eigentlich erst ansetzt (vgl zutreffend Badura, Handbuch des Verfassungsrechts, Bd 2, S 343). Ein so vorgespiegelter „Schutz” kann indessen von vornherein keine Wirkung in Gestalt einer Abwehrmöglichkeit ungerechtfertigter gesetzlicher Eingriffe entfalten. Er verfehlt damit schon die Grundidee der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung (vgl hierzu Böhmer, NJW 1988, 2562, 2563) und bleibt notwendig dauerhaft dem Bereich bloßer Rechtssymbolik verhaftet.
Auch wohnt Vollrechten und Anwartschaftsrechten der gesetzlichen Altersrentenversicherung nicht schon allein aufgrund ihrer abstrakten Zugehörigkeit zur „Sozialversicherung”, die ihrerseits auf dem Prinzip der von Solidarität und sozialem Ausgleich modifizierten Versicherung beruht, stets eine Veränderbarkeit „in gewissen Grenzen” inne (vgl in diesem Sinne etwa BVerfGE 22, 241, 253; 58, 81, 110; 70, 101, 111). Gäbe es bei den subjektiven Rechten der Altersrentenversicherung, die sich wesentlich von den anders ausgestalteten Rechten (schon) in der EU- oder BU- oder Rehabilitationsversicherung, erst recht aber von denen in der Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung unterscheiden (das Arbeitsförderungsrecht ist kein Teil der Sozialversicherung - § 1 SGB IV), eine derart umfassende und untrennbare Verwobenheit mit den Belangen der Rentenversicherungsträger, Arbeitgeber, beitragsrelevant Versicherten, Steuerzahler etc, würde sie sich notwendig als von vornherein bestehende „Beschränkung” jedes auf dieser Grundlage zustehenden Individualrechts darstellen. Dieser „Sozialbezug” müßte demgemäß schon der Entstehung eigentumsgrundrechtlich geschützter Positionen umfassend und durchgreifend entgegenstehen. Was in seiner Gesamtheit aufgrund seiner Sozialbezogenheit stets veränderungsoffen bleiben muß, kann nicht ohne evidenten Selbstwiderspruch gleichzeitig einem einzelnen Mitglied dieser Gemeinschaft endgültig als ihm zu eigen zugeordnet sein. Seine Eigentümerposition wäre unter diesen Umständen bloßer Name, deren scheinbare Schranke in Wahrheit ein generelles Entstehungshindernis für das Eigentumsgrundrecht.
Inwieweit darüber hinaus ihrer Art nach Art 14 Abs 1 GG unterfallende Positionen „von vornherein” auf Veränderung angelegt sind, kann sich nur aus ihrer „von vornherein” vorgenommenen einfach-gesetzlichen Ausgestaltung und nicht aus der nachträglichen Notwendigkeit der generellen Rechtfertigung von Eingriffen ergeben. Auch die gesetzliche Rentenversicherung unterliegt im übrigen nicht etwa allein im Blick auf den Eigentumsschutz individualisierter Rechte einer verfassungsrechtlichen Versteinerung und bleibt demgemäß auch trotz der Anwendbarkeit von Art 14 GG generell offen für Veränderungen, um den kontinuierlichen Veränderungsbedürfnissen des Systems in seiner Gesamtheit Rechnung zu tragen (vgl zu diesem Gesichtspunkt etwa Degenhard, Rentenreform, „Generationenvertrag” und Bestandsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen, BayVBl 1984, 65, 66). Ohne weiteres bleiben verhältnismäßige, willkürfreie und eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen vermeidende Umgestaltungen der Leistungsregelungen, die den Wert des Rechts auf Rente – und damit die Höhe der erforderlichen Einnahmen der RV – bestimmen, insofern insbesondere möglich, wenn
- Regelungen nur für künftige Versicherungsverhältnisse bzw Neuzugänge (Neuzuzügler) nach dem FRG getroffen werden (vgl etwa BVerfGE 72, 9, 22),
- Eingriffe auf noch nicht verfestigte Positionen beschränkt werden, oder
- systembezogene Eingriffe auf Elemente begrenzt werden, deren Veränderbarkeit – wie etwa bei den das Alterslohnprinzip konkretisierenden Komponenten des aktuellen Rentenwerts – gerade aus diesem Grunde einfachgesetzlich bestimmt und individuell bis zum Rentenbeginn offen gehalten ist.
Erneut erweist sich das System ua auch dadurch als veränderbar, daß eigentumsgeschützte Individualrechte im Rahmen von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG eine verfassungsrechtlich zulässige (vgl hierzu zusammenfassend etwa BVerfGE 58, 137, 148; 72, 9, 23) Neubestimmung von Inhalt (und Schranken) erfahren. Grundsätzlich bedeutet Art 14 Abs 1 Satz 2 GG nicht die Unantastbarkeit einer Rechtsposition für alle Zeiten und besagt auch nicht, daß jede inhaltliche Änderung einer geschützten Rechtsstellung unzulässig wäre; erweisen sich Reformen als notwendig, bildet die Eigentumsgarantie keine unüberwindliche Schranke für die gesetzgebende Gewalt, die sich allerdings ihrerseits formell und materiell im Rahmen der Verfassung halten muß (BVerfGE 31, 275, 285).
2.3 Die Ziele des WFG und die Art der Maßnahmen sind verfassungsrechtlich im wesentlichen vertretbar.
Insofern getroffene Regelungen haben folglich nicht schon deshalb vor der Verfassung Bestand, weil sie als formelles Gesetz ergangen sind. Dem Gesetzgeber sind vielmehr in mehrfacher Richtung Grenzen gezogen. Im Falle einer derartigen Änderung der Rechtsordnung muß er daher zunächst den grundlegenden Gehalt der Eigentumsgarantie wahren, sich aber auch mit allen übrigen Verfassungsnormen in Einklang halten (BVerfGE 37, 132, 140 mH auf BVerfGE 34, 139, 146 mwN). Insbesondere muß er für Eingriffe in durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützte subjektive Rechte legitimierende Gründe haben (vgl BVerfGE 31, 275, 291; 58, 81, 121). Regelungen im Sinne des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG, die zu solchen Eingriffen führen, sind nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind (vgl BVerfGE 31, 275, 290; 36, 281, 293; 58, 81, 121). Eigentumsbindungen müssen zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein, sie dürfen insbesondere den Betroffenen nicht übermäßig belasten und deswegen unzumutbar sein (vgl BVerfGE 21, 150, 155; 50, 290, 340 f, 351; 52, 1, 29 f, 32; 53, 257, 292; 58, 137 148). Darüber hinaus muß jede neue Regelung nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dem das GG beherrschenden Prinzip der Rechtsstaatlichkeit entsprechen. Das bedeutet ua, daß der allgemeine Gleichheitssatz als allgemeines rechtsstaatliches Prinzip (BVerfGE 34, 139, 146 mwN; 52, 1, 29 f mwN) auch bei der inhaltlichen Festlegung der Eigentümerbefugnisse und -pflichten zu beachten ist.
Der Senat hält unter Beachtung des dem Gesetzgeber insofern zustehenden weiten Beurteilungsspielraums zwar gleichermaßen die Zwecke, denen die vorgelegten Regelungen dienen sollen, wie auch die eingesetzten Mittel ihrer Art nach zukunftsgerichtet für verfassungsrechtlich vertretbar.
Die allgemein mit dem WFG verfolgten Ziele waren die Stärkung der Wirtschaftsdynamik, die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und dadurch die Sicherung der wirtschaftlichen Fundamente des Sozialstaates (BT-Drucks 13/4610 S 1 u 18). Um diese Ziele zu erreichen, sollten Anpassungen und Einschränkungen in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung zur Begrenzung der sogenannten Lohnzusatzkosten erfolgen. In der Rentenversicherung sollte eine Ausgabenbegrenzung erfolgen ua mit dem Ziel einer „Stärkung des Versicherungsprinzips” und des „Prinzips der Lohn- und Beitragsbezogenheit” der Renten, indem Leistungen, die nicht oder nur teilweise durch Beiträge gedeckt werden, zurückgeführt werden sollten (vgl BT-Drucks 13/4610 S 1 u 18).
In dem Gesetzentwurf zum WFG (aaO S 18) heißt es zur aktuellen Finanzlage in der Rentenversicherung:
„Die seit dem 2. Halbjahr ungünstig verlaufende wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere die negative Entwicklung des Arbeitsmarktes, führt zu Mehrausgaben und Mindereinnahmen in der Rentenversicherung, die zwar im Jahre 1996 durch Entnahmen aus der zum Ausgleich konjunktureller Risiken von den Rentenversicherungsträgern vorzuhaltenden Schwankungsreserven ausgeglichen werden können, für das Jahr 1997 und die folgenden Jahre jedoch zur Wiederauffüllung der Schwankungsreserve und zur Sicherstellung der erforderlichen Einnahmen ohne gegensteuernde Maßnahmen Beitragserhöhungen in erheblichem Umfang erforderlich machen würden.”
Um das Ziel einer Ausgabenbegrenzung in der Rentenversicherung zu erreichen, sollten ua auch die Leistungen nach dem FRG eingeschränkt werden und hier „insbesondere für Berechtigte, die künftig in die Bundesrepublik Deutschland zuziehen” (aaO S 1).
In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10. Juni 1996 zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (BT-Drucks 13/4814), dessen Änderungsvorschläge im Fremdrentenrecht denen des WFG inhaltlich entsprechen (vgl zum Hintergrund dieses Gesetzesentwurfes Heller, aaO, DAngVers 1997, S 1), ist als eine Zielsetzung formuliert „Stärkung des Versicherungsprinzips in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Ziele der Begrenzung der Lohnzusatzkosten” (aaO S 1). Um diese Zielsetzung zu erreichen, wurde die „Einschränkung der Leistungen nach dem FRG, insbesondere für Berechtigte, die künftig in die Bundesrepublik Deutschland zuziehen” als „Lösung” angesehen (aaO S 1).
Zur Begründung der Änderungen im Fremdrentenrecht heißt es in dem Gesetzentwurf zum WFG (aaO S 19) und in dem zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (aaO S 7):
„Das mit der Fremdrentengesetzgebung verfolgte Ziel, die Vertriebenen und Spätaussiedler, die infolge der Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges ihre soziale Sicherung in den Herkunftsgebieten verloren haben, in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern, ist weitgehend erreicht. Über 50 Jahre nach Kriegsende und wegen der Überwindung der deutschen und europäischen Teilung ist eine unveränderte Beibehaltung der für einen Übergangszeitraum konzipierten, ein hohes Rentenniveau sichernden Regelungen sachlich nicht mehr zu rechtfertigen. Einschränkende Regelungen sind zur Erhaltung der Akzeptanz der Leistungen nach dem Fremdrentengesetz erforderlich.
Deshalb sollen bei allen künftigen Rentenzugängen unabhängig vom Zeitpunkt des Zuzugs die für den einzelnen Berechtigten maßgeblichen Tabellenwerte des FRG um 40 Prozent abgesenkt werden. Im Gegensatz zum bisherigen Recht, nach dem die Höhe der Rente vom Zeitpunkt des Zuzugs abhängt, sollen künftig alle Rentenzugänge gleich behandelt werden. Außerdem soll die Rente nach dem Fremdrentengesetz für Personen, die erst künftig in die Bundesrepublik Deutschland zuziehen, höchstens in Orientierung an die Höhe der Eingliederungshilfe geleistet werden.”
In dem Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (aaO S 9) heißt es unter der Überschrift „Vertrauensschutz” weiter:
„Innerhalb der Neuregelungen zum Fremdrentenrecht wird dem Vertrauensschutz dadurch Rechnung getragen, daß bei Berechtigten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt vor dem 7. Mai 1996 in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, der Rentenanteil aus Zeiten nach dem Fremdrentengesetz nicht an der Höhe der Eingliederungshilfe bzw am 1,6fachen der Eingliederungshilfe orientiert wird.”
Zu der Vorschrift des Art 6 § 4c FANG wird in dem Gesetzentwurf zum WFG (aaO S 28) und in dem zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (aaO S 9) ausgeführt:
„Die Regelung in (Art 6) § 4c sichert den Vertrauensschutz für Personen, die sich bereits in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und deren Rentenbeginn unmittelbar bevorsteht.”
Weiter heißt es „zur Neuordnung des Fremdrentenrechts” in dem Gesetzentwurf zum WFG (aaO S 31) und in dem zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (aaO S 9):
„Es wird davon ausgegangen, daß mittelfristig von den knapp 200.000 zuziehenden Spätaussiedlern rd 11 vH 60 Jahre alt sind und daß von den unter 60jährigen mit FRG-Anspruch ein geringer Anteil ein Anspruch auf BU/EU-Rente hat.
Vom Gesamtbestand der vorhandenen Aussiedler werden rd 100.000 Personen jährlich in Rente gehen und von der Abschlagsregelung betroffen.”
Die finanziellen Auswirkungen der Neuordnung des Fremdrentenrechts werden in dem Gesetzentwurf zum WFG (aaO S 30) und in dem Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (aaO S 9) für 1997 mit einer Entlastung in Höhe von 0,3 Mrd DM, für 1998 in Höhe von 0,4 Mrd DM, für 1999 in Höhe von 0,7 Mrd DM und für das Jahr 2000 in Höhe von 1 Mrd DM prognostiziert.
Durch die im Gesetzentwurf zum WFG insgesamt vorgesehenen Maßnahmen wird (aufgrund eines geringeren Anstieges der Gesamtkosten) eine Entlastung der Rentenversicherung im Zeitraum bis zum Jahr 2000 in Höhe von ca 27 Mrd DM erwartet. Die Entlastung des Bundes in diesem Zeitraum durch (zwar nominell steigende, im Verhältnis zu den prognostizierten Werten aber) niedrigere Bundeszuschüsse wird mit ca 5,5 Mrd DM angenommen (aaO S 3). Durch die im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vorgesehenen Maßnahmen wird im Zeitraum bis zum Jahre 2000 mit einer Entlastung der Rentenversicherung in Höhe von ca 6,5 Mrd DM gerechnet. Die „Entlastung” des Bundes in diesem Zeitraum durch (vergleichsweise - s oben) niedrigere Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung wird auf ca 1,4 Mrd DM geschätzt (aaO S 1).
Die Neuregelungen des § 22 Abs 4 FRG im WFG, die Absenkung der EP um 40 vH, sind unbedenklich, soweit sie neu zuziehende Vertriebene und sogenannte Spätaussiedler betreffen, dh solche Personen, die jedenfalls nach Verkündung der Neuregelungen am 29. September 1996 im Bundesgesetzblatt ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet genommen haben. Für den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis ist jedoch allein maßgebend, daß nach verfassungsgemäßen Gesetzen ein Anwartschaftsrecht eingeräumt worden war, das den Eigentumsschutz des Art 14 GG in gleicher Weise genießt, wie ihn Versicherte im bundesdeutschen Kernsystem beanspruchen können (Ob Versicherte, die kein Anwartschaftsrecht, sondern nur eine „Anwartschaft” erworben hatten, ebenfalls gegen eine Entwertung ihrer Rechtsposition geschützt sind, ist hier nicht zu entscheiden).
Den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber auch bei der jeder Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art 14 Abs 1 Satz 2 GG) zu beachten. Er besagt, daß eine Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und erforderlich sein muß; sie ist geeignet, wenn der angestrebte und verfassungsgemäße Zweck mit ihrer Hilfe gefördert werden kann, und erforderlich, wenn der Gesetzgeber kein anderes, das betreffende Grundrecht nicht oder doch weniger fühlbar einschränkendes Mittel hätte wählen können (vgl BVerfGE 70, 278, 286 mH auf BVerfGE 30, 292, 316 und 63, 88, 115; 90, 145, 172 mwN). Im Blick auf den ausgeprägten sozialen Bezug rentenversicherungsrechtlicher Positionen gesteht das BVerfG dem Gesetzgeber hier bei neuen Inhaltsbestimmungen trotz des Grundrechtsschutzes für bereits erworbene Rechte sogar eine grundsätzlich weite Gestaltungsfreiheit zu (BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4; BVerfGE 58, 81, 110 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 11; Urteile des Senats vom 31. März 1998 - B 4 RA 49/96 R - aaO - und vom 18. April 1996 - 4 RA 36/94 - BSGE 78, 138, 143 = SozR 2-2600 § 71 Nr 1 S 7). Dies gilt insbesondere für Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfGE 58, 81, 110). Die „Eignung” vorgesehener Maßnahmen (Mittel) ist demgemäß auch bei einer hiermit verbundenen Neuregelung rentenrechtlicher Rechte bereits dann gegeben, wenn aufgrund einer prognostischen Einschätzung des Gesetzgebers die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, daß der angestrebte Erfolg eintritt (Sachs in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, München 1996, Art 20 GG Rn 98 f mwN). Ebenso ist auch die „Erforderlichkeit des eingesetzten Mittels” erst dann nicht gegeben, wenn es evident ungeeignet ist. Grundsätzlich obliegt es demgemäß auch insofern der Einschätzung des Gesetzgebers, zu beurteilen, ob es gerade der gewählten Maßnahme bedarf und ob diese gegenüber eventuellen Alternativen zu bevorzugen sind (BVerfGE 72, 9, 23).
Die dem WFG zugrundeliegende Einschätzung ist jedenfalls nicht offensichtlich unzutreffend. Die (den sog Materialien zu entnehmenden und im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht erkennbar in Frage gestellten) allgemeinen Ziele des WFG (Stärkung der Wirtschaftsdynamik, Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und dadurch Sicherung der wirtschaftlichen Fundamente des Sozialstaates) sind an sich verfassungsrechtlich unbedenklich und können eine zukunftsgerichtete Neubestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentumsgrundrechts rechtfertigen. Sie sind aber auch verfassungsrechtlich vertretbar, soweit sie auf die Einschränkung bereits bestehender grundrechtlich geschützter Anwartschaftsrechte gerichtet sind. Zwar erscheinen die in den Materialien genannten Zwecke in sich wenig schlüssig und zum Teil recht spekulativ. Sie halten sich aber in den weiten Grenzen gesetzgeberischer Gestaltungskompetenz. Denn es ist nicht evident ausgeschlossen, daß das Regelungskonzept dazu beitragen kann, die finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung zu verbessern (näher dazu Vorlagebeschluß in der Rechtssache „Glasmacher”, B 4 RA 11/99 R). Durch eine Minderung des Anstiegs der Leistungsausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung kann ein verlangsamter Beitragsanstieg und damit auch eine geringere Anhebung des vom erforderlichen Beitragsaufkommen abhängigen Bundeszuschusses erreicht werden.
Kein bereichsspezifischer Sachgrund für Grundrechtseingriffe in (Voll-) oder Anwartschaftsrechte auf Altersrente ist hingegen der politische Wunsch, durch Rechtsentzug (besondere Opfer dieser Rechtsinhaber) frei werdende Mittel statt dessen im Rahmen einer aktiven Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik außerhalb der Rentenversicherung zugunsten anderer Personen einzusetzen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlich vertretbaren genannten Ziele des WFG ist einschränkend zu beachten, daß sie alle Mitglieder der Rentenversicherungsträger (aus dem Kernsystem und aus den angegliederten Systemen) und insbesondere alle Vollrechts- und Anwartschaftsrechtsinhaber in gleicher Weise angehen. Deshalb bedarf jedenfalls bei Eingriffen in bereits zuerkannte Rechtspositionen, die in gleicher Weise von der Eigentumsgarantie des Art 14 GG erfaßt werden, eine belastende Ungleichbehandlung einer ausgewählten Gruppe von Versicherten einer besonderen Rechtfertigung. Insoweit erlauben die mit dem WFG verfolgten allgemeinen Ziele aus sich heraus gerade keine Differenzierung. Diese Ungleichbehandlung hätte der Gesetzgeber ua dadurch vermeiden können, daß er – wie bei der durch das RÜG zum 1. Januar 1992 angeordneten Kürzung der EP auf 0,7 ihres Vollwertes – eine dem Art 6 Abs 5 FANG idF des RÜG entsprechende Übergangsregelung eingeführt, dh die Berechtigten, die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet genommen und schon ein Anwartschaftsrecht – hier auf eine Altersrente – erworben hatten, von der Anwendung der Neuregelung ausgeschlossen hätte.
2.4 Verletzung des Übermaßverbotes.
Die nach Ziel und Konzept im wesentlichen verfassungsgemäße neue Inhaltsbestimmung greift jedoch in die Anwartschaftsrechte der betroffenen Versichertengruppe (und so auch in das der Klägerin) unverhältnismäßig ein.
Den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG jedenfalls deshalb nicht, weil er die Betroffenen übermäßig und in unzumutbarer Weise belastet. Auch wenn davon auszugehen ist, daß auch durch den Eingriff in die Anwartschaftsrechte eine – wenn auch mangels statistischer Unterlagen in ihrer Gänze nicht begründet prognostizierbare und nicht bezifferbare – Einsparung erzielt wird, verletzten diese Eingriffe das Übermaßverbot. Anhand der Gesetzesmaterialien läßt sich schon keine ausreichende Abwägung zwischen den in Betracht kommenden Mitteln feststellen. Insoweit fehlt es an nachvollziehbaren Angaben, welche Alternativen geprüft wurden. Das Gebot, das mildeste Mittel zu wählen, ist verletzt, wenn evident ist, daß die Einsparung mit weniger eingreifenden Mitteln hätte erreicht werden können. Zwar ist grundsätzlich durch die rechtsprechende Gewalt nicht zu prüfen, ob Einsparungen durch Kürzungen in anderen Leistungsbereichen besser und sachgerechter bewirkt werden können, da solche Prioritätsentscheidungen in der Gestaltungsfreiheit der gesetzgebenden Gewalt liegen (BVerfG, Beschluß vom 15. Juli 1987, aaO). Das WFG hat aber allgemeine Einsparungen bei den Leistungsangaben der Rentenversicherungsträger angestrebt und diese Kürzungen im jeweils selben Leistungsbereich nur einigen wenigen ausgewählten Gruppen unter den Leistungsberechtigten auferlegt.
Der Gesetzgeber hat bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums neben der Ausgestaltung der konstituierenden Merkmale Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis auch das Gebot der am Gemeinwohl orientierten Nutzung zu beachten und gegeneinander abzuwägen. Ebenso wie die Eigentumsordnung keine die soziale Funktion des Eigentumsobjekts mißachtende Nutzung schützt, kann Art 14 Abs 2 GG eine übermäßige, durch die soziale Funktion nicht gebotene Begrenzung der eigentumsgrundrechtlichen Befugnisse des Einzelnen rechtfertigen (BVerfGE 37, 132, 140 f). Das Kriterium der Verhältnismäßigkeit führt in diesem Zusammenhang zu der Frage, ob der Gesetzgeber seinem Auftrag zum Ausgleich der Privatinteressen mit dem Gemeinwohlbelang in einer Weise Rechnung getragen hat, die die Begrenzung der ersten zugunsten des letzten angemessen berücksichtigt (vgl BVerfGE 26, 215, 222). Eine einseitige Bevorzugung von Gemeinwohlinteressen ist demgemäß unzulässig. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze der dem Eigentümer auferlegten Beschränkungen (BVerfGE 52, 1, 30). Diese dürfen daher gemessen am sozialen Bezug und an der sozialen Bedeutung des Eigentumsobjekts sowie im Blick auf den Regelungszweck insbesondere nicht zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer im vermögensrechtlichen Bereich unzumutbar treffen (BVerfGE 27, 344, 352 f; 58, 137, 148 mwN; 65, 1, 54); sie dürfen außerdem über den Schutzzweck der getroffenen Regelung nicht hinausgehen und müssen in jedem Fall die Substanz des Eigentums unberührt lassen (BVerfGE 52, 1, 30).
Das verfassungsrechtliche Postulat einer am Gemeinwohl orientierten Nutzung des Privateigentums umfaßt das Gebot der Rücksichtnahme auf die Belange derjenigen Mitbürger, die auf die Nutzung des Eigentumsgegenstandes angewiesen sind. Das Maß und der Umfang der dem Eigentümer von Verfassungs wegen zugemuteten und vom Gesetzgeber zu realisierenden Bindung hängt hiernach zunächst davon ab, ob und in welchem Ausmaß das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht (BVerfGE 37, 132 ≪140≫; 38, 348 ≪370≫; 42, 263 ≪294≫). Je stärker der Einzelne auf die Nutzung fremden Eigentums angewiesen ist, um so weiter ist der Gestaltungsbereich des Gesetzgebers; er verengt sich, wenn dies nicht oder nur in begrenztem Umfang der Fall ist (BVerfGE 42, 263, 294). Art 14 Abs 2 GG rechtfertigt somit nicht eine übermäßige, durch die sozialen Belange nicht gebotene Begrenzung privater Befugnisse (BVerfGE 37, 132, 141; vgl insgesamt BVerfGE 52, 1, 32). Im Zusammenhang des Übermaßverbots prüft die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung schließlich auch den Schutz des Vertrauens der Betroffenen in das Fortbestehen einer früheren Rechtslage (BVerfGE 72, 9, 23 = SozR 4100 § 104 Nr 13).
Hätte der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der vorgelegten Bestimmungen auf zukünftig entstehende Versicherungsverhältnisse (Neuzuzügler) bzw noch nicht verfestigte rentenrechtliche Positionen beschränkt, bestünden – wie gesagt – im Blick darauf, daß die jeweiligen Normen des Fremdrentenrechts für solche Betroffenen erstmals grundrechtlich geschütztes Eigentum ausgestalten, keine grundsätzlichen Bedenken aus Art 14 Abs 1 GG. Die in Frage stehenden Regelungen lassen eine derartige Begrenzung ihres zeitlichen Anwendungsbereichs indessen nicht erkennen. Zwar scheint das von der Klägerin erworbene Anwartschaftsrecht durch die vorgelegten Bestimmungen nicht auf einen Zeitpunkt vor ihrem Inkrafttreten rückwirkend in seinem rechtlichen Wert verändert worden zu sein (Rückbewirkung von Rechtsfolgen), doch werden hierdurch jedenfalls in der Vergangenheit bereits kalenderjährlich vollständig verwirklichte und gesetzlich abschließend bewertete Sachverhalte neu bewertet und um 40 vH entwertet; die Rangstelle der Betroffenen wird im Vergleich zu den anderen Versicherten abgesenkt und ihre Teilhabeberechtigung nachträglich einschneidend reduziert. Die konkreten Auswirkungen dieser generellen – für alle aus der betroffenen Versichertengruppe arithmetisch ungleichen, proportional gleichen – Formel zur Kürzung der Verhältniswerte (je um 40 vH) ergeben sich – auch rechtlich notwendig – nach dem reinen Zufallsprinzip, nämlich aus den jeweiligen Besonderheiten des früheren Lebenslaufs (bei der Klägerin: Verlust des Wertes von etwa vier Arbeitsjahren). Maßstab für die verfassungsrechtliche Beurteilung derartiger Fälle einer tatbestandlichen Rückanknüpfung sind vorrangig „die mit der Tatbestandsverwirklichung ins Werk gesetzten Grundrechte” (BVerfGE 72, 201, 242, 245; 92, 277, 344; Beschluß vom 3. Dezember 1997, 2 BvR 882/97, NJW 1998, 1547), dh im vorliegenden Zusammenhang Art 14 GG.
Insofern kann für den vorliegenden Zusammenhang unerörtert bleiben, ob tatsächlich bereits der Bruch einer langen Tradition bezüglich einer bestimmten Ausgestaltung die übermäßige Belastung der Betroffenen zu begründen vermag und ob diese Voraussetzung hier erfüllt wäre (vgl in diesem Sinne BVerfGE 72, 9, 23 = SozR 4100 § 104 Nr 13; kritisch hierzu etwa Ossenbühl, Der Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Festschrift für Wolfgang Zeidler, 625, 642). Gerade Fälle der vorliegenden Art sind nämlich zusätzlich dadurch gekennzeichnet, daß das Gesetz selbst in einer grundsätzlichen Wertentscheidung den Betroffenen mit Erreichen des 55. Lebensjahres jeweils individualisiert zu erkennen gibt, von welcher Dispositionsgrundlage sie nach der derzeit erreichten (und hinsichtlich ihres Mindestwerts endgültig zuerkannten) Rangstelle hinsichtlich ihrer Alterssicherung ausgehen können; damit wird ein bereits vorher bestehendes Vertrauen in das Fortbestehen des objektiven Rechts jeweils auch konkret-individuell bestätigt. Jedenfalls unter diesen Umständen dürfen die Betroffenen – erst recht soweit sie wie (die Klägerin) von der vorangegangenen Kürzung auf 70 vH gerade ausgenommen worden waren – auch im Rentenversicherungsrecht darauf vertrauen, daß die bisherige Rechtslage jedenfalls nicht ohne eine auch die Grundrechte der Anwartschaftsrechtsinhaber sachlich und zeitlich ausreichend berücksichtigende Übergangsregelung entfallen wird.
Dies gilt erst recht im Blick auf die nachhaltig ins Gewicht fallende konkrete Betroffenheit, auf die das BVerfG im Zusammenhang des Übermaßverbotes grundsätzlich und ausdrücklich abstellt (BVerfGE 58, 137, 148, 149). Die Rangstelle zB der Klägerin ist mit dem Inkrafttreten der vorgelegten Normen unvermittelt um einen Relationswert von mehr als 4 EP gemindert worden. Dies entspricht – wie gesagt – unter (zur Verdeutlichung fiktiver) Zugrundelegung des ab 1. Juli 1996 maßgeblichen aktuellen Rentenwerts von 46,67 DM (alte Bundesländer) für Altersrenten dem Verlust eines dynamisierbaren monatlichen Betrages von über 190,00 DM (zu den Auswirkungen des § 262 SGB VI siehe oben). Auf diese Weise kommen mehr als vier Kalenderjahre mit Durchschnittsentgelten rechnerisch nicht zum Tragen, deren Zuweisung als „versichert geltender Arbeitsverdienst” und als Versicherungsgegenstand der Gesetzgeber nach altem wie nach neuem Recht zur Erreichung der Ziele des FRG vorweg ausdrücklich für erforderlich hält. Ob die Betroffenen, wie die Klägerin, auf den entzogenen Wert mehr oder weniger individuell angewiesen sind, ist demgegenüber ohne Belang (BVerfGE 72, 9, 21). Bei der Klägerin wird dasselbe Ergebnis erzielt, als würden ihr vier Jahre mit Bundesgebiets-Beitragszeiten (seit 1986) und mit versichertem Durchschnittsentgelt nachträglich ersatzlos aberkannt.
Insbesondere führt die vom BMA vorgeschlagene Höherversicherung (vgl § 269 SGB VI) schon ihrer Natur nach nicht zu einem dynamisierbaren Betrag und kann bei der maximal in Betracht kommenden Dauer der Beitragszahlung der über 55-jährigen (bei der Klägerin von einigen Monaten) ersichtlich auch nicht entfernt zu einem finanziellen Ausgleich der geminderten Rangstelle führen: Dies ergibt sich schon aus der zugrunde gelegten Modellrechnung, die bei Zahlung eines Höchstbeitrages von 19.975,20 DM für das Kalenderjahr 1997 zu der Annahme eines statischen monatlichen Zahlbetrags von 166,45 DM gelangt; indessen hat das BVerfG an anderer Stelle bereits ausdrücklich betont (BVerfGE 58, 137, 151), daß die freiheitsgewährende verfassungsrechtliche Funktion der Eigentumsgewährleistung verfehlt würde, wenn der Staat Eigentümerpflichten begründen und das Ausmaß der Beschränkung mit einer mehr oder weniger spekulativen wirtschaftlichen Betrachtung legitimieren könnte.
Gründe des Gemeinwohls, die bei dieser Sachlage gerade einen Eingriff von derartiger genereller Nachhaltigkeit rechtfertigen könnten, sind jedoch nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr deshalb, als eine Position innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen ist, die zwar notwendig auch auf das System bezogen ist, jedoch innerhalb dieses Rahmens gerade allein den hieraus aufgrund von gleichgestellten Beitragszeiten individuell zustehenden Anteil repräsentiert. Damit ist gerade der geringstmögliche Grad an Sozialbindung bzw aus der Sicht des Einzelnen umgekehrt die am stärksten ausgeprägte Möglichkeit, einen Eingriff mangels Wahrung der Verhältnismäßigkeit abzuwehren, erreicht. Die Verbundenheit der Mitglieder in den Chancen und Risiken der Versicherung findet demgegenüber insbesondere im jeweiligen aktuellen Rentenwert ihren Ausdruck, der mittelbar gleichermaßen die gesamtwirtschaftliche Lage wie die Einnahmesituation der Rentenversicherung wiedergibt. Diese Größe ist demgemäß auch das dem Gesetzgeber bevorzugt zur Verfügung stehende Mittel, um hier wurzelnden generellen Problemlagen mit Wirkung für alle Mitglieder der Gemeinschaft entsprechend den Werten ihrer individuellen Teilhabeberechtigungen Rechnung zu tragen.
Der Senat geht nicht davon aus, daß (gerade) im Bereich des Rechts der gesetzlichen Altersrentenversicherung die Intensität des Grundrechtseingriffs nur nach der Betroffenheit „typischer” Fallgruppen und mit der Folge einer verminderten Prüfungsdichte zu bestimmen wäre (vgl aber etwa BVerfGE 71, 1, 13). Ein derartiges Vorgehen stößt ua auf die Schwierigkeit, daß eine Typenbildung in Ermangelung besonderer „FRG-Renten” oder gerade auf „FRG-Zeiten” beruhender abgrenzbarer Teilrechte gleichermaßen auf normativer wie auf faktischer Ebene ausscheidet. Vielmehr ist der Anteil entsprechender Elemente im Versicherungsverlauf der einzelnen Betroffenen so individuell verschieden wie deren jeweilige Biographie. Im übrigen verfügen weder die BfA noch der VDR noch die Bundesregierung über empirische Daten, die Grundlage einer „Typenbildung” für Betroffenheitsgrade (sowie für begründete Prognosen über „Einsparungen”) sein könnten, wie die Anfragen des Senats ergeben haben.
2.5 Die neue Inhaltsbestimmung benachteiligt die Anwartschaftsrechtsinhaber gleichheitswidrig.
Darüber hinaus widersprechen die beanstandeten Regelungen dem im Rahmen von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zu beachtenden Gleichheitssatz (BVerfGE 58, 137, 150 mH auf BVerfGE 52, 1, 29 f mwN). Dieser ist jedenfalls dann verletzt, wenn die Vorgehensweise des Gesetzgebers mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unvereinbar erscheint (BVerfGE 21, 73, 84). Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 87, 1, 36; 92, 53, 68; stRspr): Entsprechendes gilt für eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (vgl BVerfGE 72, 141, 150). Geht es um die Ungleichbehandlung von Personengruppen, unterliegt die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers regelmäßig einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse und wird nicht nur durch das Willkürverbot begrenzt (BVerfGE 88, 87, 96; stRspr). Dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum sind (gegenüber der Kontrolle durch die rechtsprechende Gewalt) umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen und Sachverhalten auf die Ausübung grundgesetzlich geschützter Freiheiten negativ auswirkt (BVerfG, aaO).
Der Gesetzgeber hat durch verfassungsrechtlich im wesentlichen vertretbare Ausübung seiner Einschätzungsprärogative die Ziele des WFG festgelegt, die zu ihrer Umsetzung „gewählten” Mittel aber ohne erkennbare Prüfung des Gebots festgesetzt, das mildeste Mittel zu wählen, und damit gleichzeitig den Bezugsrahmen bestimmt („vor dem Gesetz”), auf den hin Gleich- bzw Ungleichbehandlung zu bestimmen sind. Hiervon – bei unterstellter Verfassungsmäßigkeit der „Mittelwahl”- ausgehend gebietet Art 3 Abs 1 GG die folgerichtige normative Umsetzung iS der Belastungsgleichheit ebenso wie der – ihrerseits verfahrensrechtlich sicherzustellenden – Rechtsanwendungsgleichheit (vgl BVerfGE 84, 239, 271). Im rechtlichen Ausgangspunkt müssen damit alle in der gesetzlichen Rentenversicherung jetzt oder zukünftig Berechtigten nach gleichem Maßstab belastet werden. Wo der Gesetzgeber von diesem Grundprinzip gegenüber dem selbst gesteckten Rahmen abweicht, bedarf es sachgerechter Differenzierungsgründe. Was insofern im einzelnen als sachlich vertretbar oder sachfremd und daher willkürlich angesehen werden kann, läßt sich nicht abstrakt und generell bestimmen, sondern erfährt seine Präzisierung jeweils nach der Eigenart des konkret betroffenen Bereichs (BVerfGE 75, 108, 157; 76, 256, 329; 78, 249, 287). Gleichermaßen die fehlende Einbeziehung von Versicherten in den persönlichen Geltungsbereich einer Norm, von der sie nach dem Gesetzgebungskonzept an sich betroffen sein müßten, wie auch die unterschiedslose Gleichbehandlung von verschiedenen Personengruppen bedarf damit jeweils eines sachbereichsbezogen verhältnismäßigen und einleuchtenden Grundes (vgl BVerfGE 42, 347, 388).
An einem in diesem Sinne einleuchtenden Grund fehlt es in Fällen der vorliegenden Art in mehrfacher Hinsicht:
Vor dem Hintergrund der oben dargestellten gesetzlichen Stufung der subjektiven Berechtigungen in der Altersrentenversicherung („Anrecht, Anwartschaft, Anwartschaftsrecht, Vollrecht, Einzelanspruch”) lassen sich nach dem Maß der vom WFG intendierten Betroffenheit durch das den vorgelegten Bestimmungen zugrunde liegende Normkonzept die nachfolgend dargestellten Gruppen unterscheiden:
1. Versicherte mit FRG-Zeiten |
1.1 Bislang nicht versicherte Neuzugänge |
1.2 Versicherte ohne rechtlich gesicherte Erwerbsaussicht bis zur Erfüllung der Wartezeit |
1.3 Inhaber von Anwartschaften nach Erfüllung der Wartezeit bis zum 55. Lebensjahr |
1.4 Inhaber von Anwartschaftsrechten auf Regelaltersrente nach Erfüllung der Wartezeit und Vollendung des 55. Lebensjahres |
1.5 Mitglieder von 1.4 mit einem zusätzlichen Anwartschaftsrecht auf ein Gestaltungsrecht zur Herbeiführung des Versicherungsfalls |
1.6 Anwartschaftsrechtsinhaber mit Gestaltungsrecht auf Herbeiführung des Versicherungsfalls |
1.7 Rentennahe Anwartschafts- und Gestaltungsrechtsinhaber; 7.5.96 bis 30.9.96 |
1.8 Vollrechtsinhaber |
2. Inhaber von Rechten im Kernsystem und in den angegliederten Systemen ohne FRG |
Als Zugehörige von 1.5 der Tabelle wird die Klägerin zunächst hinsichtlich der Ermittlung ihrer persönlichen Rangstelle und hierauf basierend der Wertbestimmung ihres subjektiven Rechts auf Altersrente anders behandelt als die unter 2. der Tabelle erfaßten Inhaber von Anwartschaftsrechten aufgrund einer Beitragsleistung im Kernsystem oder einer Begünstigung im Rahmen anderer zugeordneter Systeme (außerhalb des FRG). Dies gilt gleichermaßen hinsichtlich der Tatsache, daß Inhabern von Anwartschaftsrechten eine Wertminderung ihrer Position zugemutet wird, wie auch bezüglich der Art und Weise des gesetzgeberischen Vorgehens.
2.5.1 Ungleichbehandlung der Anwartschaftsrechtsinhaber untereinander.
Die Anwartschaftsrechtsinhaber mit „FRG-Zeiten” werden im Vergleich mit allen anderen Anwartschaftsrechtsinhabern ungerechtfertigt ungleich behandelt.
Die neue Inhaltsbestimmung enthält einen Wertungswiderspruch und ist schon deshalb mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht vereinbar.
Eine (angebliche, aber im gegebenen System nicht mögliche) zielgenaue Kürzung „nicht beitragsgedeckter Leistungen” (so § 213 Abs 3 Satz 1 SGB VI) des Rentenversicherungssystems, die als solche im Umlageverfahren nicht feststellbar sind und für deren genaue Feststellung die erforderlichen Daten bei der BfA und beim VDR – wie dem Senat von dort mitgeteilt – nicht vorliegen, mag bei oberflächlicher Betrachtung zunächst als taugliches Mittel erscheinen, um durch die Begrenzung des vom Beitragsaufkommen abhängigen Bundeszuschusses in diesem Bereich die allgemeinen Zielsetzungen des WFG zu fördern. Allerdings verkennt eine derartige Betrachtungsweise vor allem, daß der eigentumsgewährende und -gestaltende Gesetzgeber des einschlägigen einfachen (Renten-)Rechts selbst es war, der ihr durch sein ursprünglich gewähltes Konzept bereits vorweg die Grundlage entzogen hat; er verhält sich durch die vorgelegten Bestimmungen den eigenen Vorgaben gegenüber erkennbar selbstwidersprüchlich. Er hat nämlich durch die Gesamtheit der bis zum Inkrafttreten des WFG geltenden einschlägigen inländischen Rechtsnormen
Er hat auf diese Weise die Herkunft und Andersartigkeit ursprünglicher Fremdelemente zugunsten einer vollständigen Integration in den neuen Zusammenhang ersatzlos entfallen lassen. Jeder nach vollzogener Integration vorgenommene Eingriff in rechtlich gefestigte Individualpositionen nach dem SGB VI kann sich demgemäß nur noch nach den für alle derartigen Positionen einheitlich geltenden Regeln vollziehen. Demgegenüber stehen – wie dargelegt – weder gesonderte „FRG-Rechte” als Eingriffsobjekt zur Verfügung, noch können die nach Art, Inhalt und Voraussetzungen für alle hiernach Begünstigten einheitlichen subjektiven Rechte nach dem SGB VI nachträglich noch sachgerecht danach differenziert werden, welche Teilelemente ihnen im Einzelfall zugrunde gelegen haben.
Der Mindestwert der in Anwartschaftsrechten verkörperten Teilhabeposition, die zu seiner Bemessung verwaltungstechnisch eingeführten EP und der während des Arbeitslebens (durch Beiträge) versicherte Arbeitsverdienst als das „vor allem” wertbestimmende Element gesetzlicher Renten (§ 63 Abs 1 SGB VI) sind durch das SGB VI zu einer einheitlichen Gesamtposition ausgestaltet. Sie werden zwar sukzessive und hinsichtlich ihrer Einzelelemente auf unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen aufgebaut, werden dann aber gesetzlich jeweils nur noch als einheitliche und ungespaltene Gesamtrechtsposition behandelt. Die neue Inhaltsbestimmung durchbricht dieses gemeinsame System der Wertermittlung für alle rentenrechtlichen Positionen, weil sie gerade Anwartschaftsrechte, die allein oder ua auf nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten beruhen, nachträglich und gerade in Anknüpfung an diesen Entstehensgrund insoweit um 40 vH teilentwertet, hingegen zB Anwartschaftsrechte, soweit sie auf Beitragszeiten beruhen, die aus anderen Gründen als denen des FRG Bundesgebiets-Beitragszeiten – gleichfalls „beitragslos” – gleichgestellt waren, unangetastet läßt.
Zwar sind auch die nach dem FRG zuerkannten beitragslosen Beitragszeiten dadurch geprägt, daß sie den nach diesem Gesetz Berechtigten ohne Beitragszahlung an die bundesdeutschen Rentenversicherungsträger und ohne beitragsrelevante Erwerbsarbeit im Bundesgebiet zugute kommen. Dies ist eine Folge des – jedenfalls für die Klägerin und für den von ihr repräsentierten Personenkreis vor Inkrafttreten des WFG noch ohne weiteres maßgeblichen – Eingliederungsprinzips (vgl dazu Urteile des Senats vom 29. Juli 1997 - 4 RA 56/95 - Sozialgerichtsbarkeit ≪SGb≫ 1997, 518 – insoweit nicht abgedruckt – und vom 12. Juli 1988 - 4/11a RA 36/87 - BSGE 63, 282, 287 = SozR 2200 § 1251a Nr 2 S 6 f; BSG - GrS - BSGE 60, 100, 107 = SozR 5050 § 15 Nr 32 S 103; BSG - GrS - BSGE 62, 255, 261 = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 120; vgl auch Moser, Das Fremdrentenrecht, in DRV 1988, S 455, 456). Nach diesem Prinzip sollten alle in der Bundesrepublik Deutschland – insbesondere wegen des Vertreibungsgeschehens oder infolge anderer Kriegsauswirkungen – zugewanderten Personen, die ihren im Herkunftsgebiet erworbenen Versicherungsschutz verloren haben, rentenrechtlich grundsätzlich so gestellt werden, als hätten sie ihn in der Bundesrepublik Deutschland erworben, obgleich sie entsprechende Beiträge zu einem bundesdeutschen Rentenversicherungsträger nicht erbracht haben; sie sollten also so behandelt werden, als ob sie ihre bisherigen Tätigkeiten unter der Wirksamkeit bundesdeutscher Rechtsnormen zurückgelegt hätten (vgl BVerfG SozR 5050 § 22 Nr 16 S 48; Urteile des Senats vom 29. Juli 1997 - 4 RA 56/95 - SGb 1997, 518 – insoweit nicht abgedruckt – und vom 12. Juli 1988 - 4/11a RA 36/87 - BSGE 63, 282, 287 = SozR 2200 § 1251a Nr 2 S 6 f; BSG - GrS - BSGE 60, 100, 107 = SozR 5050 § 15 Nr 32 S 103; BSG - GrS - BSGE 62, 255, 261 = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 120; Jantz/Zweng/Eicher, Das neue Fremdrenten- und Auslandsrentenrecht, 1960, Einführung XIV). Die Anerkennung als nach Bundesrecht gleichgestellte Beitragszeiten, die die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten in § 15 Abs 1 Satz 1 FRG erfahren, läßt sogar noch einen Rest jenes Entschädigungsgedankens erkennen, der das vor dem Inkrafttreten des FRG mit Wirkung vom 1. April 1952 geltende FAG vom 7. August 1953 (BGBl I S 848) beherrschte (vgl BSG - GrS - BSGE 60, 100, 106 = SozR 5050 § 15 Nr 32 S 104; Jantz/Zweng/Eicher, aaO, § 15 Anm 2 S 37). Die Eingliederung der Vertriebenen (und der DDR-Flüchtlinge und vertriebenen NS-Verfolgten) in das Rentenversicherungssystem nach Maßgabe des Fremdrentenrechts zählt als solche mithin zu den Kriegsfolgelasten. Die Rechte in der bundesdeutschen Rentenversicherung, die das FRG vermittelt (das selbst keine gesonderten Leistungsansprüche vorsieht), sind damit nur im gesetzgeberischen Motiv Ausfluß einer an Art 3 Abs 3, 116 GG orientierten staatlichen Entschädigung und allein in diesem, dem positiven Recht vorgelagerten, Sinn als Ausdruck staatlicher „Fürsorge” zu werten (vgl BVerfGE 29, 22, 33 = SozR Nr 83 zu Art 3 GG; Polster, aaO, in DRV 1997, S 63).
Der Gesetzgeber ist damit zwar (abgesehen von Grundrechtsschutz aus Art 2 Abs 1 GG für die beitragsrelevant Pflichtversicherten, welche auch diese Kosten zu etwa vier Fünfteln bezahlen müssen) im Rahmen der ursprünglichen Wahl eines Vorgehens frei gewesen zu bestimmen, ob er den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung überhaupt die Verwaltung von derartigen Kriegsfolgelasten auferlegen will (vgl entsprechend zur gesetzlichen Unfallversicherung BVerfGE 14, 221, 237 = SozR Nr 1 zu Art 120 GG); ebenso stand ihm zunächst frei festzulegen, nach welchen – ihrerseits insbesondere Art 3 Abs 1 GG genügenden – Grundsätzen und in welchem Ausmaß er die Betroffenen den beitragsrelvant versicherten Mitgliedern im Kernsystem gleichstellen wollte; ein Verfassungsgebot, dies zu tun, gab es nicht. Insofern ist er im Blick darauf, daß auf der Grundlage des FRG erstmals durch bundesdeutsche Normen Eigentum begründet und ausgestaltet wird – und nicht etwa in fremden Rechtsordnungen entstandene Rentenberechtigungen „nur” ins Bundesrecht übernommen werden – auch weder durch Art 116 GG verpflichtet noch durch Art 14 GG gehindert. Nach Art 116 Abs 1 GG ist – vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung – Deutscher iS des GG, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Oktober 1937 Aufnahme gefunden hat. Abgesehen von dem darin enthaltenen ausdrücklichen Regelungsvorbehalt begründet diese Grundrechtsnorm lediglich einen Status als Deutscher; aus ihr läßt sich mithin keine wie auch immer geartete Fiktion von Leistungen mit Beitragsrelevanz für die bundesdeutschen Rentenversicherungsträger herleiten oder die Verfassungspflicht des Bundesgesetzgebers, Rechte gegen diese zu schaffen.
Bei neuen Inhaltsbestimmungen verstößt es (soweit sie neu entstehende Versicherungsverhältnisse erfassen) damit nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, daß (nach dem FRG) gleichgestellte Beitragszeiten im Vergleich zu entsprechenden Beitragszeiten, die in der Bundesrepublik Deutschland (ohne das Beitrittsgebiet) mit Beitragsrelevanz zurückgelegt worden sind, ungünstiger bewertet werden (vgl hierzu auch BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 5/98 R - SozR 3-5050 § 22 Nr 6). Eine derartige ungünstigere Bewertung findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, daß für diese (beitragslosen) Beitragszeiten von niemanden Beiträge zu einem bundesdeutschen Rentenversicherungsträger entrichtet worden sind (vgl BSG, aaO). Da die gesetzliche Rentenversicherung als ein auf Beiträgen beruhendes Sicherungssystem konzipiert ist, darf bei der Ermittlung von Entgeltpunkten danach differenziert werden, in welchem Umfang dem System Beiträge für die Versicherten zugute kommen. Soweit die (erstmalige oder neue inhaltsbestimmende) Regelung nur zukunftsgerichtet zuziehende oder noch anwartschaftslose Vertriebene, frühere DDR-Flüchtlinge, vertriebene NS-Verfolgte, Aussiedler oder heimatlose Ausländer etc erfaßt und soweit diese keine Bundesgebiets-Beitragszeiten im Inland erworben haben, ist der Gesetzgeber – auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips (Art 20 Abs 1 GG) – grundsätzlich nicht gehindert, die Rente als „Alterslohn” auf die Sicherung eines von ihm für angemessen gehaltenen Lebensstandards auszurichten und dazu den Wert der Teilhabeberechtigung entsprechend niedrig festzusetzen (vgl BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 5/98 R - aaO). Aus „dem Eingliederungsprinzip” iS von Art 3 Abs 3, 116 GG läßt sich ein Recht gegen den Gesetzgeber auf eine volle rentenversicherungsrechtliche Gleichstellung nicht ableiten (vgl BVerfG SozR Nr 83 zu Art 3 GG, BSG SozR 3-2200 § 1291 Nr 4 S 20 f mwN; Podlech/Azzola/Dieners, aaO, S 177, 190, 203, 205). Etwas anderes ergibt sich nicht etwa aus Art 116 Abs 1 GG. Abgesehen von dem dort enthaltenen Regelungsvorbehalt begründet diese Bestimmung lediglich einen Status als Deutscher; aus ihr läßt sich mithin kein Verfassungsrang des fremdrentenrechtlichen Eingliederungsprinzips und erst recht kein Anspruch auf eine bestimmte Bewertung von gleichgestellten Beitragszeiten herleiten (vgl BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 5/98 R - aaO).
Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG. Das BVerfG hat zum Eingliederungsprinzip ausgeführt, daß seine Einführung im Fremdrentenrecht mit dem Ziel einer Gleichstellung von Versicherten, die ihr Arbeitsleben unter den verschiedensten Bedingungen in Herkunftsländern sehr verschiedener Wirtschafts- und Sozialstruktur verbracht hätten, zwar in hohem Maße das Sozialstaatsprinzip verwirklicht habe, verfassungsrechtlich aber nicht unbedingt geboten gewesen sei und dieses Ziel ohnehin nur durch Typisierungen und durch – auf dem Gebiet der Sozialversicherung grundsätzlich zulässige – verhältnismäßig grobe Pauschalierungen hätte erreicht werden können (so BVerfGE 43, 213, 227 = SozR 5050 § 22 Nr 5 S 11). Die Frage, ob den „Fremdrentenempfängern” bei ihrer sozialen Eingliederung von Verfassungs wegen die gleiche Rechtstellung zu gewähren sei wie den in der Bundesrepublik Deutschland Rentenversicherten, hat das BVerfG verneint, und zwar mit dem Hinweis, daß diese keine Beiträge an bundesdeutsche Rentenversicherungsträger erbracht hätten (vgl BVerfGE 29, 22, 33 = SozR Nr 83 zu Art 3 GG Ab 80). Daß im übrigen das FAG und das FANG/FRG keinen allgemeinen Grundsatz enthielten bzw enthalten, wonach die nach diesen Gesetzen Berechtigten in allen versicherungsrechtlich bedeutsamen Beziehungen schlechthin so behandelt werden, als ob sie immer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelebt hätten, ist bereits in früheren Entscheidungen des BSG im einzelnen dargelegt worden (vgl BSGE 19, 97, 99 = SozR Nr 6 zu § 1291 RVO; BSG SozR 3-2200 § 1291 Nr 4 S 20 f). Daher ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, daß die nach dem FRG gleichgestellten Beitragszeiten ungünstiger bewertet werden als die entsprechenden Beitragszeiten, die in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt und für die Beiträge zur (bundesdeutschen) gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind (vgl BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 5/98 R - aaO; vgl im Ergebnis auch Podlech/Azzola/Dieners, aaO, in rv 1998, S 177, 188, 190, 203, 205).
Ohne weiteres hätte demgemäß die ursprüngliche gesetzgeberische Leitentscheidung unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips (Art 20 GG) und des Art 3 Abs 3 GG auch in einer Alterssicherung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer Zuweisung von vornherein niedriger als versichert geltenden Arbeitsverdienste bestehen können (vgl in diesem Sinne auch BSG, Urteil vom 9. September 1998, B 13 RJ 5/98 R). Ebenso hätte im Rahmen einer späteren Änderung des Gesetzgebungskonzepts auch noch – beschränkt auf Neuzugänge nach Inkrafttreten des WFG (siehe Tabelle unter 1.1) bzw auf solche Versicherte mit FRG-Zeiten, die innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung noch keine gesicherte Position erlangt hatten (siehe Tabelle unter 1.2) – niedrigerer Arbeitsverdienst zugewiesen werden können. Bis zu diesem Zeitpunkt steht nämlich die Unterschiedlichkeit von originärer und aufgrund der angestrebten Integration spezialgesetzlich fiktiv zugewiesener „Beitragsbemessungsgrundlage” noch im Vordergrund. Umgekehrt ergibt sich damit bis dahin aus dem Gesichtspunkt von Art 3 Abs 1 GG auch noch keine Verpflichtung, das als vergleichbare Größe erst Auszugestaltende der Höhe nach bereits vorweg in eine bestimmte Relation zu ursprünglich innerhalb des Systems beitragsversichertem Erwerbseinkommen zu setzen. Hat aber das FRG bereits zur rechtsbeständigen Individualzuweisung einer durch das SGB VI für alle hiernach Versicherten in gleicher Weise ausgestalteten leistungsrechtlichen Berechtigung geführt und insbesondere deren nach allgemeinen Grundsätzen bestimmten relativen Mindestwert (mit-)gestaltet, ist der Integrationszweck des FRG vollständig erreicht. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt verliert damit der (ohnehin von vornherein allein im Blick auf das SGB VI) „fiktiv” zugewiesene Arbeitsverdienst seinen besonderen Herkunftsbezug und geht vollständig in seiner Funktion als wertbildendes Element subjektiver Rentenrechte auf. Gegenstand gesetzgeberischen Eingreifens können von da an solche Rechte nur noch in ihrer Gesamtheit sein, soweit der spezifische Eingriffszweck ihre Beeinträchtigung rechtfertigt. Denn die früher rechtliche Unterschiedlichkeit ihrer Elemente wurde durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung gerade „eingeebnet”. Gesetzgeberische Handlungsalternativen bestehen gegenüber Vollrechts- und Anwartschaftsrechtsinhabern wegen des Grundrechtsschutzes grundsätzlich nur noch auf der Grundlage des durch frühere Inhaltsbestimmungen festgelegten Konzepts und im Bezug auf die hieraus erwachsenen subjektiven Rechte nur unter Beachtung der gesetzlich verwirklichten Gleichartigkeit mit allen anderen Rechten auf Altersrente nach dem SGB VI.
Geht es demgemäß im Zusammenhang mit politisch gewollten Aufhebungen gesetzlicher Leistungsversprechungen in der Altersrentenversicherung um Änderungen des Gesamtsystems, gebietet dies grundsätzlich die gleichmäßige Heranziehung aller Inhaber subjektiver Leistungsrechte unter Beachtung ihrer unterschiedlich gesicherten Rangstufen. Der Gleichheitssatz gebietet dann im Sinne eines gerechten Ausgleichs innerhalb der Betroffenen, die Elemente der inhaltsbestimmenden Regelung nach einem gleichen Maßstab so zu ordnen, daß eine entsprechend unterschiedliche Inanspruchnahme der Eigentümer erfolgt. Nur so kann dem unterschiedlichen Gewicht ihrer Belange gegenüber den Belangen der Allgemeinheit hinreichend differenzierend Rechnung getragen und eine einseitige Belastung vermieden werden (vgl BVerfGE 58,137,150 f). Demgegenüber ist von einer durch den Grund des Eingriffs nicht geforderten Sonderbelastung einzelner Gruppen oder Personen abzusehen. Das WFG hat jedoch den Wert der Anwartschaftsrechte aus allen anderen „beitragslosen” Beitragszeiten nicht infrage gestellt.
2.5.2 Ungleichbehandlung der „FRG-Berechtigten” untereinander.
Ebenfalls mit Art 3 Abs 1 nicht vereinbar ist die Ungleichbehandlung der „FRG-Berechtigten” untereinander. Zu Unrecht wird die Klägerin hier rechtlich anders behandelt, als derjenige Personenkreis, der (wie sie) vor dem 7. Mai 1996 zugezogen ist, dessen Rente aber (anders als in ihrem Fall) vor dem 1. Oktober 1996 beginnt (Tabelle 1.7). Ungleichbehandlung erfolgt auch gegenüber all denjenigen, die bei Inkrafttreten des WFG bereits Vollrechtsinhaber gewesen waren (Tabelle 1.8). Ein weiterer Gleichheitsverstoß liegt darin, daß sie unter Mißachtung wesentlicher Unterschiede gleichbehandelt wird mit Versicherten ohne rechtlich gefestigte Position (Tabelle 1.2) sowie mit allen Neuzugängen (Tabelle 1.1).
Hinsichtlich der besonders „Rentennahen” (Tabelle 1.7) und der Vollrechtsinhaber (Tabelle 1.8) hat das Gesetz von einer Eigentumsbeschränkung zugunsten der mit dem WFG verfolgten Ziele abgesehen, weil sich die Betroffenen in ihrer Lebensführung bereits konkret auf Ansprüche und Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung eingestellt hatten oder zumindest unmittelbar vor diesem Lebensabschnitt standen. Es hat jedoch den Kreis derjenigen, die damit durch Art 6 § 4c FANG von der Anwendung des § 22 Abs 4 FRG (jeweils idF des WFG) aus sachgerechten Gründen ausgenommen wurden, zu eng gezogen. Auch wer noch bei Inkrafttreten des WFG (als wenigstens 55-jähriger) Inhaber eines Anwartschaftsrechts war, unterschied sich in seinem schutzwürdigen Vertrauen auf und in seinem Bedürfnis nach Sicherung im bereits konkret und individuell erreichten Grad seiner Rangstelle nicht nachhaltig von Vollrechtsinhabern. Die unterschiedliche Behandlung ist durch keine im Gesetzgebungsverfahren benannten oder sonst erkennbaren Sachgründe gerechtfertigt. Vielmehr steht der Anwartschaftsrechtsinhaber aufgrund der vom Gesetzgeber selbst vorgenommenen Ausgestaltung dem Vollrechtsinhaber hinsichtlich der Beständigkeit des ihm zuerkannten Mindestwertes seiner Rangstelle grundsätzlich gleich (BVerfGE 72, 9, 21 f).
Infolgedessen hätte es besonderer – indessen weder erwogener und benannter noch sonst erkennbarer – Gründe bedurft, gerade den Personenkreis der Anwartschaftsrechtsinhaber anders als Vollrechtsinhaber (und als den – aus der zeitlichen Sicht des WFG – besonders rentennahen Personenkreis) in die Minderung der jeweils individuell erlangten Rangstelle um 40 vH einzubeziehen. Zur Rechtfertigung genügt auch nicht, den Anwendungsbereich der vorgelegten Bestimmungen nach einem anhand ihres Inkrafttretens festgelegten Stichtag zu bestimmen. Zwar ist es dem Gesetzgeber trotz hiermit unvermeidlich verbundener Härten durch Art 3 Abs 1 GG nicht grundsätzlich verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtagsregelungen einzuführen (vgl zur entsprechenden Vorgehensweise in § 259a SGB VI bereits Urteil des Senats vom 29. Juli 1997, 4 RA 56/95, SGb 1997, 518 = D-spezial 1997, Nr 37, 8 = ZfS 1998, 19). Allerdings muß ein derartiges Vorgehen überhaupt und die Wahl des konkreten Zeitpunkts im besonderen stets am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar sein (exemplarisch BVerfGE 3, 58, 148; 3, 288, 337; 13, 31, 38; 44, 1, 20; 71, 364, 397; 75, 78, 106; 80, 279, 311).
In diesem Sinne hat der Senat Stichtagsregelungen insbesondere dann für sachlich vertretbar erachtet, wenn bei einer grundlegenden systemimmanenten Reform des gesamten Wertermittlungsverfahrens für Rentenrechte hiermit verbundene konkret-individuelle oder gruppenspezifische Vor- oder Nachteile noch nicht von vornherein erkennbar waren (vgl zur Bewertung beitragsfreier Zeiten im Rahmen der sog Gesamtleistungsbewertung BSGE 78, 138 = SozR 3-2600 § 71 Nr 1; zur unterschiedlichen Behandlung in der Sozialpflichtversicherung bzw der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR versicherter Bestands- gegenüber Zugangsrentnern BSGE 82, 64, 75 f = SozR 3-2600 § 307a Nr 11; zur Anwendung des FRG auf bis zum 18. Mai 1990 übergesiedelte Bewohner der DDR, Urteil des Senats vom 29. Juli 1997, 4 RA 56/95, SGb 1997, 518 = D-spezial 1997, Nr 37, 8). Handelt es sich demgegenüber um eine Teiländerung des Leistungsrechts für ausgewählte Gruppen von Versicherten, bedarf es auch speziell an den unterschiedlichen Rechtsstellungen orientierter und ggf – wie hier – die Grundrechtspositionen der Betroffenen beachtender Übergangsregelungen.
Umgekehrt durfte die Klägerin – in konsequenter Fortführung einer auch den notwendigen Schutz von Anwartschaftsrechtsinhabern ausreichend in Rechnung stellenden Betrachtungsweise – nicht mit denjenigen gleichbehandelt werden, die bei Inkrafttreten der beanstandeten Bestimmungen innerhalb der Versicherung noch nicht Inhaber einer bereits (eigentumsgrund-) rechtlich gesicherten Position waren (Tabelle 1.2) oder sogar erst nach diesem Zeitpunkt neu zugezogen sind (Tabelle 1.1). Diese Gruppen repräsentieren vielmehr gerade idealtypisch den Kreis, bei dem mangels bereits verfestigter subjektiver Rechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung „Kürzungen” auch bezüglich des Erwerbs und der Bewertung der erst noch zu begründenden Rangstelle vor Art 14 GG grundsätzlich zulässig sind. Es bedarf insbesondere noch keiner strikten Gleichbehandlung mit originär im Bundesgebiet Beitragsversicherten. Unterläßt der Gesetzgeber eine abgrenzende Unterscheidung der Grundrechtsträger gerade gegenüber diesen Gruppen, liegt in der verabsäumten Differenzierung gleichzeitig die Verkennung des Schutzbereichs von Art 14 GG.
2.6 Verletzung des Vertrauensschutzes.
Die durch das WFG geschaffene Neuregelung des § 22 Abs 4 FRG verletzt das durch Art 14 Abs 1 GG in besonderem Maße verfassungsrechtlich geschützte Vertrauen der Anwartschaftsinhaber auf den Fortbestand des bis zum 6. Mai 1996 geltenden Rechts.
Die Neuregelung (§ 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG) enthält jedenfalls für das Vollrecht keine Rückbewirkung von Rechtsfolgen auf Zeiten vor dem Inkrafttreten, also keine echte, sondern eine unechte Rückwirkung (sog tatbestandliche Rückanknüpfung). Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für vermögenswerte Güter hat in Art 14 Abs 1 GG seine besondere Ausprägung erfahren (BVerfG, Beschluß vom 1. Juli 1981, BVerfGE 58, 81, 120 f). Gerade im Hinblick auf die bis zum 6. Mai 1996 bestehende Gesetzeslage, die den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis von der durch das RÜG zum 1. Januar 1992 angeordneten Kürzung der EP auf 0,7 ihres Vollwertes ausgenommen hatte, konnte die Klägerin darauf vertrauen, daß Personen, die wie sie vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet genommen hatten, von Kürzungen ihrer erworbenen Rangstelle weiterhin ausgenommen würden. Eine Änderung des bisherigen Rechts, dem offenkundig die Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland ein wesentliches Merkmal war, um schonende Übergangsregelungen zu schaffen, war frühestens vom Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses durch die Bundesregierung am 7. Mai 1996 in der Öffentlichkeit bekannt. Auf die Frage, ob in jedem Fall schon eine solche Bekanntgabe eines Beschlusses der Bundesregierung, sie wolle ein Gesetzgebungsgesuch an den Deutschen Bundestag richten, schutzwürdiges Vertrauen von Grundrechtsinhabern auf den Bestand der grundrechtlich geschützten gesetzlichen Berechtigungen entfallen läßt, oder ob insoweit letztlich und im Regelfall der Gesetzesbeschluß des Bundestages – hier 25. September 1996 – maßgebend sein muß, kann hier offenbleiben. Der Klägerin verblieb in jedem Fall kein ausreichender Zeitraum bis zum Beginn ihrer Altersrente am 1. Dezember 1996, um – wenn ihr überhaupt möglich – durch Vorsorgemaßnahmen die Auswirkungen der geänderten Rechtslage noch abmildern zu können. Auch aus diesem Grunde war ihr Vertrauen in die bisherige Rechtslage schutzwürdig. Mit dem von dem Gesetzgeber verfügten Eingriff in ihr eigentumsgeschütztes Anwartschaftsrecht kurz vor Rentenbeginn brauchte sie nicht zu rechnen.
3. Gebot der Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG.
Eine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung ist – wie bereits gesagt – nicht möglich (vgl hierzu etwa BVerfGE 83, 201, 214 f; 88, 145, 166). Ein die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WFG bereits entstandenen eigentumsgeschützten Anwartschaftsrechte unberührt lassendes Verständnis der vorgelegten Normen ist schon mit deren Wortlaut unvereinbar. Auch Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen lassen eine andere als die aufgezeigte Deutung nicht zu; es ist also keine Auslegung ersichtlich, die zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt und der demgemäß der Vorzug zu geben wäre (vgl BVerfGE 69, 1 ≪55≫ mwN). Soweit erkennbar ist auch in Literatur und Rechtsprechung bisher nicht andeutungsweise der Versuch einer verfassungskonformen Auslegung unternommen worden. Nur bei einer verfassungskonformen Auslegungsalternative wäre jedoch für eine Vorlage mangels Entscheidungserheblichkeit kein Raum geblieben (vgl BVerfGE 90, 145, 170).
Fundstellen