Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Revision. Mängel in der Begründung. Bezugnahme auf Entscheidung des SG. fehlende Auseinandersetzung mit der Argumentation des LSG
Orientierungssatz
Eine Revisionsbegründung, die sich in der Wiedergabe der vom LSG abweichenden Rechtsauffassung des Klägers unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG erschöpft, ohne sich mit der Begründung im angefochtenen Urteil des LSG in der gebotenen Weise auseinanderzusetzen, genügt nicht den an sie zu stellenden Zulässigkeitsanforderungen.
Normenkette
SGG § 164 Abs. 2 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. April 2017 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt V, C, beizuordnen, wird abgelehnt.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die von der Klägerin fristgerecht eingelegte und begründete Revision ist nach § 169 Satz 2 und 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil die Revisionsbegründung vom 13.6.2017 die an sie zu stellenden Zulässigkeitsanforderungen nicht wahrt.
Nach § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG ist die Revision nicht nur fristgerecht, sondern unter Einhaltung bestimmter Mindesterfordernisse zu begründen. Die Begründung muss "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Diese gesetzlich festgelegten Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert. Danach muss, wenn mit der Revision - wie hier - die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, in der Begründung dargelegt werden, weshalb eine Vorschrift des materiellen Rechts im angefochtenen Urteil nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. Die Angabe der verletzten Rechtsnorm ist notwendig, aber allein noch nicht ausreichend. Vielmehr ist - im Sinne einer erkennbaren und notwendigen Befassung des Revisionsführers mit der angefochtenen Entscheidung - auszuführen, warum die Rechtsansicht der Vorinstanz nicht geteilt wird. Die Revisionsbegründung muss sich deshalb - zumindest kurz - auch mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzen und erkennen lassen, dass und warum das LSG die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Rechts nicht oder nicht richtig angewandt hat. Das erfordert auch eine zumindest kurze Darstellung des entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalts, weil die Rechtsverletzung das Ergebnis der Anwendung einer fehlerhaft ausgelegten Norm auf den zugrunde liegenden Sachverhalt ist; denn erst das Ergebnis eines Subsumtionsschlusses kann Rechte des in der Vorinstanz unterlegenen Beteiligten "verletzen" (vgl nur BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 25/15 R - juris, mwN; vgl auch aus der Rechtsprechung des Senats BSG vom 23.1.2017 - B 14 AS 5/16 R - juris).
Hieran gemessen ist die Revision der Klägerin unzulässig. Die Revisionsbegründung vom 13.6.2017 bezeichnet zwar eine verletzte Rechtsnorm und enthält Darstellungen zu dem der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalt und zu den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die Revisionsbegründung erschöpft sich im Übrigen indes in der Wiedergabe der vom LSG abweichenden Rechtsauffassung der Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG, ohne sich mit der Begründung im angefochtenen Urteil des LSG in der gebotenen Weise auseinanderzusetzen. Nachdem die Klägerin in der Darstellung des Sachverhalts die für sie positive Entscheidung des SG wiedergegeben hat, die vom LSG aufgehoben wurde, beschränkt sich ihre Auseinandersetzung mit dem Urteil des LSG auf die Aussage: "Die Klägerin ist hingegen weiterhin der Auffassung, dass bei kürzeren SGB III-Sperrzeiten aus verfassungsrechtlichen Gründen auch die Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB III entsprechend zu reduzieren ist. Auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung des Sozialgerichts Lüneburg, die die Klägerin für richtig befindet, wird zur Vermeidung von Wiederholungen inhaltlich Bezug genommen." Diesen Ausführungen lässt sich das gebotene "Mindestmaß an Auseinandersetzung" mit der angefochtenen Entscheidung des LSG (zu diesem Erfordernis vgl BSG vom 30.1.2017 - B 14 AS 20/16 R - juris, RdNr 3) nicht entnehmen.
An der Unzulässigkeit der Revision ändert es nichts, dass auf das gerichtliche Hinweisschreiben vom 18.9.2017 durch die Klägerin mit Schreiben vom 20.10.2017 zur Revisionsbegründung ergänzend Stellung genommen worden ist. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 19.6.2017 ist für eine den aufgezeigten Erfordernissen Rechnung tragende Ergänzung der Begründung kein Raum. Auch hierauf hat das Gericht die Klägerin mit Schreiben vom 18.9.2017 hingewiesen.
PKH ist der Klägerin nicht zu bewilligen, da ihre Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Da die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch ihr Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 11371845 |
NZS 2018, 77 |