Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage. grundsätzliche Bedeutung
Leitsatz (amtlich)
Die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit einer Rechtsfrage erfordert Ausführungen zu allen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 16.09.2003; Aktenzeichen L 15 U 16/01) |
SG Duisburg (Entscheidung vom 27.12.2000; Aktenzeichen S 26 U 48/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. September 2003 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) gerichtete, auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützte Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, dass der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl, 2002, IX, RdNr 177 und 179 mwN). Diesen Anforderungen an die Begründung hat die Klägerin nicht hinreichend Rechnung getragen.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert zunächst die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage. Außerdem muss dargestellt werden, dass die Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung hat, klärungsbedürftig, die Antwort auf sie also zweifelhaft, und im vorliegenden Einzelfall klärungsfähig, mithin für die Entscheidung rechtserheblich, ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1, SozR § 160a Nr 16). Zur Klärungsfähigkeit gehört auch, dass die Rechtsfrage in einem nach erfolgter Zulassung durchgeführten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist (BSG Beschluss vom 11. September 1998 – B 2 U 188/98 B –).
Entscheidungserheblichkeit bedeutet, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Daran mangelt es zB, wenn die Entscheidung der Berufungsinstanz auf verschiedene Begründungen gestützt wird, die nicht alle von der aufgeworfenen Rechtsfrage betroffen sind (BSG Beschluss vom 6. April 2004 – B 2 U 376/03 B –, Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 69 f; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 168). Ebenso muss bei einem geltend gemachten Anspruch, der mehrere Voraussetzungen hat und der vom Berufungsgericht verneint wurde, weil eine dieser Voraussetzungen nicht vorliegt, dargelegt werden, dass auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Denn andernfalls ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, dass die Entscheidung über die aufgeworfene Rechtsfrage Konsequenzen für den Ausgang des Rechtsstreits hat. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren, bisher unbeachtet gebliebenen Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).
Diesen Voraussetzungen hat die Klägerin nicht Rechnung getragen, denn sie hat nicht dargelegt, dass die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Beklagte die für Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung die zuständige Berufsgenossenschaft ist, entscheidungserheblich ist. Für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Überweisung nach § 136 Abs 1 Satz 4 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) kommt es nicht nur allgemein auf die Frage der Zuständigkeit der Beklagten für Unternehmen wie das der Klägerin an, sondern auch darauf, ob die behauptete unrichtige Zuständigkeit den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an ihr zu schweren Unzuträglichkeiten führen würde (§ 136 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Zu diesen weiteren, zueinander alternativen Voraussetzungen für die von der Klägerin begehrte Überweisung enthält ihre Beschwerdebegründung keine Ausführungen. Sie hat damit nicht dargelegt, dass, selbst wenn die aufgeworfene Rechtsfrage in ihrem Sinne bejaht wird, dies überhaupt zu einer anderen Entscheidung führen würde und damit entscheidungserheblich ist. Denn ein Erfolg ihres Überweisungsantrags kann auch bei Beantwortung der Rechtsfrage in ihrem Sinne an dem Fehlen eines eindeutigen Widerspruchs zu den Zuständigkeitsregelungen oder von schweren Unzuträglichkeiten scheitern.
Die Beschwerde der Klägerin ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 iVm § 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1218008 |
SozR 4-1500 § 160a, Nr. 5 |
www.judicialis.de 2004 |