Beteiligte
Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) wies den Kläger, einen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Urologen, mit Schreiben vom 17. März 1993 darauf hin, daß nach Einholung einer Stellungnahme von Prof. Dr. U, Direktor des Instituts für medizinische Mikrobiologie und Virologie des Klinikums der Universität zu K, bzw nach Beratung in der Laborkommission und im Vorstand grundsätzlich nur die mit 200 Punkten bewertete Leistung Nr 4480 Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen/Ersatzkassen-Gebührenordnung ≪BMÄ/E-GO≫ (Empfindlichkeitsprüfungen von in Reinkultur gezüchteten, äthiologisch relevanten Bakterien in standardisierten Agar-Diffusionstest oder mittels Breakpoint-Methode gegen mindestens vier Chemotherapeutika, je Erreger) abgerechnet werden könne. Lediglich in besonders zu begründenden Einzelfällen sei die mit 300 Punkten bewertete Leistung Nr 4481 BMÄ/E-GO (Empfindlichkeitsprüfungen … gegen mindestens acht Chemotherapeutika, je Erreger) abrechenbar.
Im Quartal IV/93 rechnete der Kläger in 34 Behandlungsfällen 37 mal die Leistung Nr 4480 und in 38 Fällen 44 mal die Nr 4481 BMÄ/E-GO ab, ohne bei der Leistung Nr 4481 eine weitergehende Begründung im jeweiligen Behandlungsfall zu geben. Die Beklagte wandelte, wie schon in Quartalen zuvor, mit Bescheid vom 16. März 1994 (Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 1994) alle Leistungen nach Nr 4481 in Leistungen nach Nr 4480 um und berichtigte die Honoraranforderung des Klägers entsprechend. Zur Begründung führte sie aus, nach § 2 Abs 4, § 12, §70 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) dürfe der behandelnde Vertragsarzt das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Dagegen verstoße die gehäufte Abrechnung der Leistung Nr 4481. Zudem habe der Kläger nach § 9 Abs 2 Satz 2 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) die zur Begründung der Honorarforderungen erheblichen Angaben (Diagnosen, Art der Untersuchung bei bestimmten Laborleistungen) zu machen. Spätestens seit dem auf die gutachterliche Äußerung von Prof. Dr. U vom 2. Februar 1993 gestützten Hinweisschreiben vom 17. März 1993 sei dem Kläger bekannt gewesen, daß er die Nr 4481 nur in besonders zu begründenden Einzelfällen abrechnen dürfe. Es bestehe keine Berechtigung, diese Gebührenziffer in erheblichem Umfang abzurechnen, ohne dies zu begründen, wenn die Nr 4480 eine ausreichende Diagnostik ermögliche. Nur sofern die Abrechnung der Nr 4481 in einem zahlenmäßig ganz geringen Verhältnis zu den nach der Nr 4480 abgerechneten Leistungen stehe, erscheine eine Einzelfallbegründung entbehrlich.
Mit weiteren Bescheiden vom 10. März und 4. April 1995 (Quartal IV/1994), 15. Juni 1995 (Quartal I/1995), 13. September 1995 (Quartal II/1995), 6. Dezember 1995 (Quartal III/1995) und 6. März 1996 (Quartal IV/1995) ging die Beklagte in gleicher Weise vor.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, in die alle Bescheide einbezogen worden waren, abgewiesen (Urteil vom 17. April 1996). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 18. Februar 1997 die erstinstanzliche Entscheidung und die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die auf § 40 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) aF sowie § 27 Abs 7 Arzt-/Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä) aF im Wege sog sachlich-rechnerischer Berichtigung gestützte Honorarberichtigung sei rechtswidrig. Sie sei weder wegen fachfremder Leistungen noch wegen mangelhaft erfüllter Qualifikationsanforderungen erfolgt. Vielmehr gehe die Beklagte davon aus, daß der Kläger die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß erbracht habe. Die Umwandlung der Leistungen nach Nr 4481 (ab 1. Oktober 1994: 4736) in die nach Nr 4480 (ab 1. Oktober 1994: 4734) sei auch nicht deswegen gerechtfertigt, weil der Kläger die jeweilige Abrechnung der Leistung Nr 4481 nicht begründet habe, dies aber hätte tun müssen. Die Leistungsbeschränkung der Nr 4481 schreibe eine derartige Begründung nicht vor. Die Begründungspflicht ergebe sich auch nicht aus § 9 Abs 2 Satz 2 HVM, der lediglich laute, daß die Behandlungsausweise die zur Begründung der Honorarforderung erforderlichen Angaben enthalten müßten (Diagnose, Art der Untersuchung bei bestimmten Laborleistungen) und der damit im wesentlichen den Wortlaut der §§ 294, 295 SGB V wiedergebe. Soweit die Beklagte die von ihr geforderte Begründung der Abrechnung der Nr 4481 im Einzelfall aus dem Gebot der wirtschaftlichen Leistungserbringung herleite, handele es sich um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, für die sie nach § 106 SGB V nicht zuständig sei.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, die von ihr vorgenommenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen seien rechtmäßig. Es gehe nicht um die Frage, ob der Kläger iS von § 106 SGB V wirtschaftlich gehandelt habe, sondern ob pauschal und ohne weitere Begründung die Leistung Nr 4481 BMÄ/E-GO abgerechnet werden könne. Eine entsprechende Begründungspflicht des Vertragsarztes folge aus § 12 Abs 1 SGB V, wonach die den Versicherten gewährten Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müßten. Das bedeute, daß der Kläger die Nr 4481 in einem Behandlungsfall nur dann abrechnen dürfe, wenn der Leistungszweck des § 12 SGB V nicht auch in ausreichendem Maß durch eine Leistung nach Nr 4480 erreicht werden könne. In seinem Urteil vom 20. September 1988 (- 6 RKa 22/87 - USK 88203) habe das Bundessozialgericht (BSG) herausgestellt, daß ein Vertragsarzt verpflichtet sei, seine Honorarforderung und insbesondere einen außergewöhnlichen Mehraufwand zu begründen und zu belegen. Im Zweifelsfall obliege dem Vertragsarzt die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung der von ihm erbrachten ärztlichen Leistung iS der Notwendigkeit. Habe der Kläger routinemäßig ausschließlich die Leistung Nr 4481 anstelle der auch möglichen Abrechnung der Nr 4480 angesetzt, trage er hierfür in jedem Einzelfall die Darlegungs- und Beweislast. In die gleiche Richtung gehe auch das Urteil des erkennenden Senats vom 4. Mai 1994 (- 6 RKa 37/92 - SozR 3-2500 § 295 Nr 1). Aus diesem Urteil folge zugleich, daß die Angabe der Diagnose unerläßlich sei, um konkrete ärztliche Leistungen darauf überprüfen zu können, ob eine Leistungspflicht der Krankenkassen bestehe. So habe der Senat die Angabe allein der Gebührenordnungsposition oder der Leistungsbeschreibungen der Gebührenordnungen dazu nicht als ausreichend angesehen, weil mit solchen Angaben nur aufgezeigt werde, daß eine Behandlung der bezeichneten Art überhaupt stattgefunden habe, nicht aber zugleich auch, ob die ergriffenen Maßnahmen auch den gesetzlichen Vorgaben für eine vorschriftsmäßige ärztliche Versorgung genügt habe. Aus dem Senatsurteil vom 12. Oktober 1994 (- 6 RKa 18/93 - USK 94165) ergebe sich, daß nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Begründungspflicht für die Notwendigkeit erbrachter ärztlicher Leistungen zu Lasten des Vertragsarztes gehe. Da der Kläger ausschließlich die Nr 4481 abgerechnet habe, habe er die Berechtigung für diese Abrechnung darzulegen gehabt. Um im jeweiligen Behandlungsfall eine am Wirtschaftlichkeitsgebot orientierte Behandlung durchzuführen, müsse im Wege der Stufendiagnostik vorgegangen werden. Daran fehle es bei den Quartalsabrechnungen des Klägers. Insoweit sei auch darauf hinzuweisen, daß sie – die KÄV – nach § 46 BMV-Ä und § 42 EKV-Ä berechtigt sei, Plausibilitätskontrollen insbesondere dann durchzuführen, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung eines Vertragsarztes habe. Vorliegend habe eine absolute Unplausibilität der Rechnungslegung des Klägers bestanden, weil er trotz der Wahlmöglichkeit zwischen zwei Gebührenordnungspositionen ausschließlich die Nr 4481 abgerechnet habe. Schließlich biete entgegen der Auffassung des LSG auch die Vorschrift des § 9 Abs 2 Satz 2 HVM eine ausreichende Rechtsgrundlage für ihr Verlangen gegenüber Vertragsärzten, die zur Begründung der Honorarforderung erforderlichen Angaben auf den Behandlungsausweisen anzubringen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 1997 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. April 1996 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil des LSG und weist darauf hin, daß außer Streit stehe, daß er die von ihm abgerechneten Leistungen auch tatsächlich erbracht habe und daß die streitigen Empfindlichkeitsprüfungen zum Fachgebiet des niedergelassenen Urologen gehörten. Für eine sachlich-rechnerische Berichtigung habe daher kein Raum bestanden. Für das Verlangen der Beklagten, jeweils im Einzelfall die Erbringung der Leistung der Nr 4481 (4736) anstelle der Nr 4480 (4734) zu begründen, gebe es keine Rechtsgrundlage. Insbesondere enthalte die Leistungsziffer selbst eine Begründungspflicht dieser Art nicht. Zudem habe er auf den Behandlungsscheinen jeweils die Diagnose angegeben. Somit unternehme die Beklagte den Versuch, die Prüfung der Frage, ob er – der Kläger – durch die Erbringung der Leistung Nr 4481 anstelle der Leistung Nr 4480 BMÄ/E-GO gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen habe, in den Bereich der sachlich-rechnerischen Berechtigung hineinzuziehen. Wenn die Beklagte aber die Auffassung vertrete, er habe insoweit unwirtschaftlich gehandelt, hätte sie einen entsprechenden Antrag an den Prüfungsausschuß stellen müssen. Es sei die Entscheidung des Arztes, welches diagnostische Mittel er wähle, und Sache der Beklagten, die Übereinstimmung der erbrachten Leistung mit der Leistungslegende der abgerechneten Gebührenziffer zu überprüfen. Die Prüfung hingegen, ob das vom Vertragsarzt gewählte diagnostische Mittel notwendig war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen habe, falle in die Zuständigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfungsgremien.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Zu Recht hat das LSG das klageabweisende Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Diese waren rechtswidrig.
Die Beklagte war nicht befugt, die vom Kläger abgerechneten Leistungen Nr 4481 (4736) BMÄ/E-GO im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung in solche nach Nr 4480 (4734) BMÄ/E-GO umzuwandeln, dh die Honoraranforderung hinsichtlich der geltend gemachten punktzahlmäßig höher bewerteten Leistungen zu korrigieren. Die KÄVen sind berechtigt, die Honorarabrechnungen ihrer Mitglieder, der Vertragsärzte, auf sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen und ggf die Honorarabrechnungen zu berichtigen. Dies ergibt sich aus den gemäß § 82 Abs 1 SGB V geschlossenen Bundesmantelverträgen. Im Primärkassenbereich bestimmt § 40 Abs 1 BMV-Ä vom 28. September 1990 bzw § 45 Abs 1 BMV-Ä vom 19. Dezember 1994, daß den KÄVen die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer kassenärztlichen Leistungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit übertragen wird. Dies gilt gemäß § 45 Abs 1 Satz 1 BMV-Ä vom 19. Dezember 1994 insbesondere für die Anwendung des Regelwerks. Die KÄVen berichtigen ggf die Honoraranforderung des Kassen- bzw Vertragsarztes (§ 40 Abs 1 Satz 2 BMV-Ä vom 28. September 1990, § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä vom 19. Dezember 1994). Entsprechende Regelungen finden sich im Ersatzkassenbereich (§ 21 Abs 7 EKV-Ä vom 29. Juli 1990; § 34 Abs 4 EKV-Ä vom 18. Juli 1994).
Diese vertraglich vereinbarten Befugnisse zur Prüfung und Richtigstellung der Honorarabrechnungen tragen der gesetzlichen Verpflichtung der KÄVen aus § 75 Abs 1 SGB V Rechnung, die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht.
Bis auf die Hinweise auf die – richtige – Anwendung des Regelwerks enthalten die genannten bundesmantelvertraglichen Bestimmungen allerdings eine Festlegung des Umfangs der sachlich-rechnerischen Prüfung nicht. Lediglich § 23 Abs 5 EKV-Ä idF vom 29. Juli 1990, der den Abrechnungsverkehr zwischen den KÄVen und den Krankenkassen betraf, gab hierzu eine inhaltliche Festlegung. Danach umfaßt die sachlich-rechnerische Berichtigung im Verhältnis der KÄVen zu den Krankenkassen die Berichtigung von Rechenfehlern, von Fehlern bei der Anwendung der Gebührenordnung und sonstiger derartiger Fehler. Die Vorschrift zeigt die generelle Zielrichtung der sachlich-rechnerischen Richtigstellung auf. Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt, erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß – also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes – erbracht worden sind (vgl hierzu BSG Urteile des Senats vom 31. Juli 1991 - 6 RKa 20/90 - BSGE 69, 154, 156 = SozR 3-2500 § 106 Nr 8 S 40 - und 20. September 1995 - 6 RKa 56/94 - SozR 3-2500 § 106 Nr 29 S 162; Clemens in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, Krankenversicherungsrecht, 1994, § 34 RdNr 1). Solche Verstöße können zum Beispiel darin liegen, daß die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl zum Ganzen Spellbrink, Wirtschaftlichkeitsprüfung im Kassenarztrecht, 1994, RdNr 368 ff).
Die aufgezeigten Voraussetzungen für eine Richtigstellung sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte stützt ihre Berichtigungsbescheide zunächst darauf, daß der Kläger die von ihm erbrachten Leistungen der Nr 4481 (4736) BMÄ/E-GO ohne eine entsprechende Einzelfallbegründung abgerechnet habe. In Betracht kommt insoweit ein Verstoß gegen das „Regelwerk” (§ 45 Abs 1 Satz 2 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 1 EKV-Ä). Er liegt jedoch nicht vor; denn eine Pflicht des Klägers, die Abrechnung der Nr 4481 BMÄ/E-GO in jedem Einzelfall zu begründen, bestand nicht. Sie ist weder aus den Vertragsgebührenordnungen BMÄ und E-GO noch aus sonstigen normativen Regelungen herzuleiten. Nach der Regelungstechnik der Vertragsgebührenordnungen enthalten entweder die Legenden der jeweiligen Leistungen die Bestimmung, daß die Leistung nur bei Angabe einer Begründung bzw einer besonderen Begründung abgerechnet werden kann. Entsprechende Formulierungen finden sich beispielsweise bei den Leistungen Nr 10, 60, 61, 63, 162 BMÄ/E-GO (Stand: 1. Oktober 1994). Oder die zusätzlichen Abrechnungsvorschriften der Vertragsgebührenordnungen fordern die Angabe einer Begründung, wie das für die „Nebeneinander-Abrechnung” bestimmter weiterer Leistungen neben den Leistungen nach den Nrn 143 bis 149 BMÄ/E-GO der Fall ist. Die Berechnung der Leistung Nr 4481 (4736) BMÄ/E-GO wird jedoch weder nach ihrer Leistungslegende noch nach den Abrechnungsvorschriften von der Abgabe einer Begründung abhängig gemacht. Mithin ergibt sich daraus eine Verpflichtung des Klägers, für die Abrechnung der Leistung eine Begründung abzugeben, nicht.
Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, daß sich eine entsprechende Verpflichtung auch nicht den Vorschriften der §§ 294, 295 SGB V bzw der im wesentlichen gleichlautenden Regelung des § 9 Abs 2 Satz 2 HVM entnehmen läßt. Die Vorschriften verpflichten den Vertragsarzt, in den Abrechnungsunterlagen die von ihm erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, ggf mit Diagnosen, anzugeben. Aus ihnen läßt sich nicht ernsthaft ableiten, daß eine Verpflichtung zur Begründung bei jeder Abrechnung einer Leistung zu geben ist, die, wenn man der Auffassung der Beklagten folgen würde, nicht auf die Abrechnung der Leistung Nr 4481 beschränkt werden könnte. Die Begründungspflicht müßte danach für alle Leistungen gelten. Im übrigen bedürfte es auch dann keiner Begründungsanforderungen in den Vertragsgebührenordnungen mehr. Dies zeigt bereits, daß eine derartig weite Auslegung der genannten Vorschriften mit ihrem Sinn und Zweck nicht zu vereinbaren ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten läßt sich vorliegend eine Berechtigung zur Richtigstellung der Honorarforderung des Klägers auch nicht aus der Regelung des § 83 Abs 2 SGB V herleiten. Danach sind in den auf regionaler Ebene zu schließenden Gesamtverträgen auch Verfahren zu vereinbaren, die die Prüfung der Abrechnung auf Rechtmäßigkeit durch Plausibilitätskontrollen der KÄVen, insbesondere auf der Grundlage von Stichproben, ermöglichen. Entsprechende Regelungen enthalten die bundesmantelvertraglichen Vorschriften der § 41 BMV-Ä bzw § 21 Abs 7 EKV-Ä, die gem § 82 Abs 1 Satz 2 SGB V Bestandteil der Gesamtverträge sind. Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, was im einzelnen Inhalt einer Plausibilitätsprüfung iS des § 83 Abs 2 SGB V sein kann. Die Beklagte hat nämlich eine Implausibilität der Abrechnung des Klägers nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Sie geht davon aus, daß der Kläger routinemäßig allein die Leistung Nr 4481 anstelle der auch möglichen Abrechnung der Nr 4480 angesetzt habe. Diese Annahme hält einer Prüfung nicht stand. Aus den von der Beklagten in den Berichtigungsbescheiden mitgeteilten Zahlen ergibt sich gerade kein entsprechendes Ungleichgewicht der Abrechnungen der Leistungen Nr 4480 bzw 4481 BMÄ/E-GO, so daß es schon von vornherein an der Grundlage für die Annahme fehlt, die Abrechnung der Leistungen durch den Kläger sei implausibel.
Sowohl die Begründung der angefochtenen Bescheide als auch das Vorbringen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren bestätigen, daß sie die Erbringung der Leistung Nr 4481 BMÄ/E-GO der Menge nach als ungerechtfertigt und damit im Ergebnis als unwirtschaftlich ansieht. Die beklagte KÄV ist hingegen nicht berechtigt, die Honoraranforderung des Klägers wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise zu berichtigen. Die Prüfung der Honoraranforderung wegen Unwirtschaftlichkeit und die Festsetzung von Honorarkürzungen aus diesem Grunde fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfungsgremien des § 106 SGB V (Urteil des Senats vom 20. September 1995 = SozR 3-2500 § 106 Nr 29 S 162; Urteil vom 20. März 1996 = SozR 3-5533 Nr 3512 Nr 1 S 3). Eine „Randzuständigkeit” der KÄV, im Rahmen sachlich-rechnerischer Richtigstellungen auch die Abrechnung unwirtschaftlicher Behandlungen zu berichtigen, besteht nicht. Wie der Senat im einzelnen dargelegt hat, enthält § 106 SGB V eine verbindliche, abweichender Vereinbarung bzw Handhabung nicht zugängliche Kompetenzzuweisung insofern, als die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung besonderen, paritätisch besetzten und personell wie organisatorisch unabhängigen Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen übertragen und damit der Zuständigkeit der KÄV entzogen ist. Zwar kann im Hinblick darauf, daß das SGB V im Grundsatz von einer gemeinsamen Erfüllung der bei der Durchführung und Überwachung der vertragsärztlichen Versorgung anfallenden Aufgaben durch Krankenkassen und KÄVen ausgeht, die Zuständigkeit der paritätisch besetzten Prüfungseinrichtungen durch gesamtvertragliche Vereinbarungen in bestimmtem Umfang erweitert werden. Umgekehrt gilt dies aber aus den aufgezeigten Gründen nicht. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die KÄV nicht berechtigt war, die Honoraranforderungen des Klägers wegen vermeintlicher Unwirtschaftlichkeit zu berichtigen.
Nach alledem war die Revision der Beklagten gegen das Urteil des LSG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 542967 |
ArztR 1999, 78 |
MedR 2000, 27 |
SGb 1998, 469 |
AusR 2000, 62 |
Breith. 1999, 659 |
SozSi 1999, 226 |