Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausabrechnung. Anspruch auf Vergütung einer ambulanten Operation. keine fachfremde Leistungserbringung. keine Auffälligkeitsprüfungen durch den MDK
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Krankenhaus hat Anspruch auf Vergütung seiner ambulanten Operationen Versicherter, wenn es zu den erbrachten, dem vertraglichen Leistungskatalog des AOP-Vertrags unterfallenden Leistungen zugelassen ist, sie sachlich-rechnerisch richtig abrechnet sowie wirtschaftlich und qualitätsgerecht erbracht hat.
2. Ein Krankenhaus darf wie ein Vertragsarzt bei ambulanten Operationen Versicherter keine fachfremden Leistungen erbringen.
3. Das spezielle Prüfregime der Vergütung ambulanter Operationen im Krankenhaus schließt es aus, hierauf die Anforderungen für Auffälligkeitsprüfungen von Krankenhausabrechnungen zu übertragen.
Orientierungssatz
Die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen, weil der Rechtsweg nicht erschöpft ist (BVerfG 1. Senat 2. Kammer vom 15.10.2014 - 1 BvR 2597/14).
Normenkette
SGB 5 § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, § 12 Abs. 1, § 39 Abs. 1 S. 1, § 82 Abs. 1, §§ 87, 109 Abs. 4 S. 3 Fassung: 2002-04-23, § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 2007-03-26, Nr. 2 Fassung: 2007-03-26, Abs. 2 S. 1 Fassung: 1999-12-22, S. 2 Fassung: 2007-03-26, Sätze 4, 5 Hs. 1, § 275 Abs. 1c S. 1; KHEntgG § 1 Abs. 3 S. 2; EBM-Ä Nr. 01436; EBM-Ä 2008 Nr. 01436; EBM-Ä Nr. 08211; EBM-Ä 2008 Nr. 08211; BMV-Ä § 24 Abs. 7 S. 2 Nr. 1; EKV-Ä § 27 Abs. 7 S. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 69,32 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung von im Krankenhaus ambulant durchgeführter Krankenbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, das zu ambulanten Operationen sowie stationsersetzenden Eingriffen (§ 115b SGB V) zugelassen ist. Die behandelnde Gynäkologin überwies die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 1975 geborene Nicole S. (im Folgenden: Versicherte) zu einer ambulanten therapeutischen Kürettage (Abort mit Ausschabung der Gebärmutterschleimhaut). Das Krankenhaus der Klägerin sonographierte die Genitalorgane, erhob mehrere Laborparameter (präoperative Laborleistungen), klärte die Versicherte über den ambulanten Eingriff auf und untersuchte sie präanästhesiologisch (10.3.2009). Am folgenden Tag erfolgte der ambulante Eingriff. Die Klägerin berechnete der Beklagten hierfür 356,58 Euro (ua fachspezifische gynäkologische Grundpauschale EBM 08211, präoperative Laboruntersuchungen EBM 32083, 32541, 32545 und 32540; 2.4.2009). Die Beklagte bezahlte lediglich 287,26 Euro. Sie vergütete die präoperativen Laboruntersuchungen nicht und setzte statt der Grundpauschale (EBM 08211) die gynäkologische Konsultationspauschale (EBM 01436) an (Differenz 69,32 Euro). Das SG hat die Beklagte bis auf die Zinshöhe (5 vH über dem Basiszinssatz) antragsgemäß zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 18.6.2010). Das LSG hat die zugelassene Berufung zurückgewiesen: Die Beklagte sei gemäß § 275 Abs 1c S 2 SGB V mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung der Klägerin ausgeschlossen, da sie keine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eingeholt habe (Urteil vom 27.11.2012).
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 115b und § 275 Abs 1c S 2 SGB V, des AOP-Vertrags, des § 24 Abs 7 Nr 1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) und des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM).
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 und des Sozialgerichts Hannover vom 18. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2012 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist.
1. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene echte Leistungsklage ist zulässig (vgl entsprechend zB BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Der Senat kann jedoch wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht in der Sache abschließend über den Erfolg der Berufung der Beklagten gegen das SG-Urteil entscheiden. Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen des streitigen Vergütungsanspruchs der Klägerin erfüllt sind.
2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser ≪Fallpauschalengesetz - FPG≫ vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 1 Abs 3 S 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412), § 115b Abs 2 S 4 SGB V (vgl insgesamt § 115b SGB V idF durch Art 1 Nr 84 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.4.2007) und § 7 Abs 1 S 1 AOP-Vertrag. Nach § 109 Abs 4 S 1 SGB V wird das Krankenhaus mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs 1 SGB V für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Krankenhausbehandlung wird ua ambulant (§ 115b SGB V) erbracht (§ 39 Abs 1 S 1 letzter Fall SGB V). Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung zu führen (vgl § 109 Abs 4 S 3 SGB V). Die ambulante Durchführung von Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe wird für die gesetzlich versicherten Patienten nach § 115b SGB V vergütet (§ 1 Abs 3 S 2 KHEntgG). Gemäß § 115b Abs 1 S 1 Nr 1 und 2 SGB V vereinbaren der Spitzenverband Bund der KKn, die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe und einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte. Die Leistungen werden unmittelbar von den KKn vergütet (§ 115b Abs 2 S 4 SGB V). Die im Katalog nach § 3 AOP-Vertrag aufgeführten ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Eingriffe und die nach den §§ 4, 5 und 6 AOP-Vertrag erbrachten Leistungen des Krankenhauses und der Vertragsärzte werden auf der Grundlage des EBM, seiner Abrechnungsbestimmungen und ggf des Bewertungsmaßstabs für kassenärztliche Leistungen und der Ersatzkassen-Gebührenordnung nach einem festen Punktwert außerhalb der budgetierten und pauschalierten Gesamtvergütungen vergütet (§ 7 Abs 1 S 1 AOP-Vertrag). Der zitierte AOP-Vertrag ist rechtswirksam. Da eine Katalog-Vereinbarung (§ 115b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V) nicht zu Stande kam, setzte das Bundesschiedsamt ihren Inhalt fest (vgl § 115b Abs 3 S 1 SGB V; AOP-Vertragsfestsetzung vom 17.8.2006).
Der Vergütungsanspruch umfasst die Leistungen, zu denen - soweit hier von Interesse - das sie erbringende Krankenhaus zugelassen ist (dazu a), die dem Leistungskatalog des § 115b SGB V unterfallen (dazu b), die das Krankenhaus sachlich und rechnerisch richtig abrechnet (dazu c) sowie die es wirtschaftlich und qualitätsgerecht erbracht hat (dazu d).
a) Es steht nach den Feststellungen des LSG schon nicht fest, dass die abgerechneten zu den Leistungen gehören, für welche das Krankenhaus der Klägerin zugelassen ist. Nach § 115b Abs 2 S 1 SGB V sind die Krankenhäuser zur ambulanten Durchführung der in dem Katalog genannten Operationen und stationsersetzenden Eingriffe zugelassen. Es entspricht dem eingangs aufgezeigten Regelungssystem, dass diese Zusatzzulassung nur den im Rechtssinne für Versicherte zugelassenen Krankenhäusern (§ 108 SGB V) offensteht. Für die Zusatzzulassung bedarf es einer Mitteilung des Krankenhauses an die Landesverbände der KKn und die Ersatzkassen, die Kassenärztliche Vereinigung und den Zulassungsausschuss (§ 96 SGB V); die Kassenärztliche Vereinigung unterrichtet die Landeskrankenhausgesellschaft über den Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung (vgl § 115b Abs 2 S 2 SGB V). Die Mitteilung legt den Umfang der zulässigen Leistungen im Einzelnen fest (vgl zutreffend Sächsisches LSG Urteil vom 30.4.2008 - L 1 KR 103/07 - MedR 2009, 114; Kuhla/Bedau in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 2. Aufl 2014, § 25 RdNr 161). Sie kann sich wirksam jedoch nur auf solche Leistungen erstrecken, die Bezug zum Fachgebiet haben, für das das Krankenhaus zur stationären Versorgung zugelassen ist. Dementsprechend sieht § 1 Abs 2 AOP-Vertrag die Mitteilung der abteilungsbezogenen Leistungsbereiche vor. Das LSG hat nicht festgestellt, welche Leistungen von der Zulassungsmitteilung des Krankenhauses der Klägerin umfasst sind. Es wird dies nachzuholen haben.
b) In der Anlage 1 AOP-Vertrag sind abschließend die Leistungen aufgeführt, die Operationen und stationsersetzende Eingriffe gemäß § 115b SGB V darstellen (vgl § 3 Abs 1 AOP-Vertrag). Die ambulante therapeutische Kürettage ist in der Anlage 1 AOP-Vertrag aufgeführt.
c) Es steht nach den Feststellungen des LSG nicht fest, dass die Klägerin die betroffenen Leistungen sachlich und rechnerisch richtig abrechnete. Die Pflicht der KKn, die Leistungen den Krankenhäusern unmittelbar zu vergüten (§ 115b Abs 2 S 4 SGB V), beschränkt sich nach Regelungssystem und -zweck auf rechtmäßig erbrachte, sachlich und rechnerisch richtig abgerechnete Leistungen. Die KKn haben nicht etwa alles von Krankenhäusern Geforderte ungeprüft zu zahlen. Die Zahlungspflicht erwächst vielmehr nach der Gesetzeskonzeption daraus, dass die Krankenhäuser mit ihren Leistungen die Leistungspflicht der KKn gegenüber den Versicherten erfüllen. Der Vergütungsanspruch korrespondiert hiermit (vgl Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 10) und ist der Höhe nach auf das rechtmäßig Vereinbarte beschränkt. Auch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität erfolgt durch die KKn; die Krankenhäuser übermitteln den KKn die Daten nach § 301 SGB V, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben der KKn erforderlich ist (vgl § 115b Abs 2 S 5 SGB V). Der erkennende Senat kann aufgrund der Feststellungen des LSG weder entscheiden, ob die Klägerin für die Versicherte die präoperativen Laboruntersuchungen EBM 32083, 32541, 32545 und 32540 erbringen und abrechnen durfte (dazu aa), noch ob die Klägerin die Grundpauschale (EBM 08211) abrechnen durfte (dazu bb).
aa) Das LSG hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass das Krankenhaus der Klägerin für die Erbringung der abgerechneten präoperativen Laboruntersuchungen (EBM 32083, 32541, 32545 und 32540) zugelassen ist. Sollte dies nach den nachzuholenden Ermittlungen des LSG zu bejahen sein, wird das LSG der Frage nachzugehen haben, ob die abgerechneten Laboruntersuchungen fachgebietsbezogene Leistungen betreffen oder nicht.
Krankenhäuser sind bei Vergütung ambulanter Leistungen wie niedergelassene Fachärzte der entsprechenden Fachrichtung einzustufen (§ 7 Abs 4 S 1 AOP-Vertrag). Krankenhäuser dürfen die Öffnung ihres Leistungsspektrums durch § 115b SGB V nämlich nicht dazu nutzen, weitere ambulante Leistungen abzurechnen, die mit ihnen vergleichbare konkurrierende niedergelassene Fachärzte unter Beachtung ihrer Fachgebietsgrenzen nicht erbringen dürften. Die gesetzliche Regelungskonzeption des § 115b SGB V stimmt hiermit überein: Sie will - wie dargelegt - zugelassenen Krankenhäusern ermöglichen, zusätzlich in einem Bereich als Krankenhaus ambulant tätig zu sein, in dem auch vertragsärztliche Leistungen erbracht werden. Die Krankenhäuser stehen insoweit vertragsärztlichen Leistungserbringern lediglich gleich. Der vertragliche Leistungskatalog (vgl § 115b Abs 1 SGB V) umfasst ambulant durchführbare Operationen und stationsersetzende Eingriffe. Er sieht einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte vor (vgl § 115b Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V). Dementsprechend können in der Vereinbarung nach § 115b Abs 1 SGB V Regelungen über ein gemeinsames Budget zur Vergütung der ambulanten Operationsleistungen der Krankenhäuser und der Vertragsärzte getroffen werden. Die Mittel sind aus der Gesamtvergütung und den Budgets der zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäuser aufzubringen (vgl § 115b Abs 5 SGB V). Für präoperative Leistungen bestimmt - systemgerecht - § 4 Abs 3 AOP-Vertrag, dass der den Eingriff nach § 115b SGB V durchführende Krankenhausarzt/Anästhesist berechtigt ist, die gegebenenfalls zusätzlich erforderlichen, auf das eigene Fachgebiet bezogenen diagnostischen Leistungen im Krankenhaus durchführen zu lassen, soweit das Krankenhaus über die hierfür erforderlichen Einrichtungen verfügt. Diese Leistungen sind mit den KKn nach Maßgabe der Abrechnungsbestimmungen des EBM und des § 7 AOP-Vertrag abzurechnen. Soweit es sich um notwendige, nicht fachgebietsbezogene Leistungen handelt, hat der Krankenhausarzt den Patienten an einen niedergelassenen Vertragsarzt dieses anderen Fachgebietes, einen ermächtigten Krankenhausarzt, eine ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung oder eine zugelassene Einrichtung mittels Definitionsauftrag durch Verwendung des entsprechenden Vordrucks gemäß § 13 AOP-Vertrag zu überweisen (vgl § 4 Abs 5 AOP-Vertrag). Ein vertragsärztlicher Leistungserbringer müsste sinngemäß entsprechend verfahren.
Der erkennende Senat kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht entscheiden, ob die abgerechneten Laboruntersuchungen fachgebietsbezogene Leistungen betreffen. Sollte das zulässige, in den AOP-Vertrag einbezogene Fachgebiet des Krankenhauses sich im Zeitpunkt der betroffenen Leistungserbringung lediglich auf Frauenheilkunde und Geburtshilfe erstreckt haben, sprächen der Inhalt der seinerzeit in Niedersachsen geltenden Weiterbildungsordnung nebst den sie erläuternden Richtlinien dafür, dass es sich bei den abgerechneten Laboruntersuchungen um nicht fachgebietsbezogene Leistungen handelte. Denn die Weiterbildungsinhalte betrafen insoweit lediglich Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Indikationsstellung, sachgerechten Probengewinnung und -behandlung für Laboruntersuchungen einschließlich den Grundlagen zytodiagnostischer Verfahren sowie Einordnung der Ergebnisse in das jeweilige Krankheitsbild, nicht aber in der Durchführung der Laboruntersuchungen selbst. Das LSG wird das hierzu Erforderliche aufzuklären haben.
bb) Der erkennende Senat vermag mangels hinreichender Feststellungen des LSG auch nicht zu entscheiden, ob als Vergütung der erbrachten Leistungen die abgerechnete Grundpauschale (EBM 08211) und nicht lediglich die gynäkologische Konsultationspauschale (EBM 01436) anzusetzen war. So liegt es, wenn - wie die Klägerin geltend macht - die Voraussetzungen für die Abrechnung der Grundpauschale (EBM 08211) neben (dazu ≪2≫) der (von der Klägerin nicht in Rechnung gestellten) gynäkologischen Konsultationspauschale (EBM 01436; dazu ≪1≫) erfüllt waren. Hierfür bedarf es entsprechend der Regelung im EBM (vgl 4.1 Abs 3 und Abs 4 EBM) der Feststellung, dass der Konsultationspauschale (EBM 01436) keine Auftragsüberweisung zugrunde lag, sondern eine Überweisung zur Mitbehandlung, und dass aufgrund dieser Überweisung ein weiterer persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt erfolgte - über das von der Konsultationspauschale Erfasste hinaus.
(1) Die Konsultationspauschale (EBM 01436) setzt voraus einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt, einen Definitions- oder Indikationsauftrag und/oder eine Überweisung ua zur Mit- oder Weiterbehandlung zur präoperativen Abklärung nach den Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 31.1 und/oder eine fachgleiche Überweisung zur Durchführung von ambulanten Operationen und anästhesiologischen Leistungen der Abschnitte 31.2 und 31.5 und 31.4 (postoperative Behandlung). Nach dem Vorbringen der Klägerin in den ersten beiden Instanzen war Letzteres (Überweisung ua zur Mit- oder Weiterbehandlung), nach dem Vorbringen der Beklagten in den ersten beiden Instanzen dagegen Ersteres (Auftragsüberweisung) der Fall, ohne dass es hierzu tragfähige Feststellungen für eine revisionsgerichtliche Entscheidung gibt. Das LSG wird das hierzu Erforderliche aufzuklären haben.
Ob eine Auftragsüberweisung oder eine Überweisung zur Mit- oder Weiterbehandlung vorliegt, richtet sich nach dem Inhalt der Überweisung auf dem genutzten Vordruck. Rechtsirrig ist hierbei die Vorstellung der Klägerin, im Bereich der Leistungen des § 115b SGB V könnten keine Auftragsüberweisungen stattfinden. Soweit Vordrucke erforderlich sind, werden die für die vertragsärztliche Versorgung vereinbarten Formulare verwendet. Sie werden den Krankenhäusern von den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Verfügung gestellt (vgl § 13 AOP-Vertrag "Vordrucke"). Das gilt auch für die Diagnostik und/oder Behandlung einer/von Erkrankung(en) eines Patienten im Rahmen einer Überweisung zur Durchführung von Auftragsleistungen (Indikations- oder Definitionsauftrag gemäß § 24 Abs 7 Nr 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte ≪BMV-Ä≫ und § 27 Abs 7 Nr 1 Arzt-/Ersatzkassenvertrag ≪EKV≫) an nicht ausschließlich auf Überweisung tätige Ärzte gemäß § 13 Abs 4 BMV-Ä und § 7 Abs 4 EKV. Die Ausgestaltung der Auftragsleistungen schließt ihre Anwendung im Rahmen des AOP-Vertrags nicht aus. Auftragsleistungen entbinden den Beauftragten nicht völlig von seiner ärztlichen Verantwortung, sondern schränken diese nur nach Maßgabe der gesamtvertraglichen Regelungen (§ 24 Abs 7 BMV-Ä; § 27 Abs 7 EKV) auf das vom Beauftragten Überschaubare ein.
Der Inhalt dieser Vertragsbestimmungen steht mit höherrangigem Recht in Einklang, denn er entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Nach § 2 Abs 4 SGB V haben nämlich auch Leistungserbringer - neben KKn und Versicherten - darauf zu achten, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Die Regelung trifft keine Ausnahme für beauftragte Vertragsärzte oder Krankenhäuser im Rahmen der Leistungserbringung nach § 115b SGB V. Sie erweitert vielmehr den Adressatenkreis des Wirtschaftlichkeitsgebots, das sich nach dem Inhalt des § 2 Abs 1 S 1 SGB V unmittelbar nur an die KK richtet, auf alle Leistungserbringer und Versicherte (vgl BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7, RdNr 15 mwN). Auch § 12 Abs 1 S 2 SGB V bestimmt, dass Leistungserbringer Leistungen nicht bewirken dürfen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind. Diese Bestimmungen begründen eine eigenständige Verantwortung auch für beauftragte Vertragsärzte oder Krankenhäuser im Rahmen der Leistungserbringung nach § 115b SGB V, für die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit ihrer Leistungen zu sorgen.
(2) Es fehlen die - wie oben dargelegt - hieran anknüpfenden, gebotenen Feststellungen des LSG dazu, dass die Klägerin zusätzlich zu den Voraussetzungen für die Abrechnung der gynäkologischen Konsultationspauschale (EBM 01436) die Voraussetzungen für die Abrechnung der Grundpauschale (EBM 08211) erfüllte. Die Klägerin verkennt insoweit nicht, dass diese zusätzliche Abrechnung ausgeschlossen ist, wenn sie aufgrund einer Auftragsüberweisung leistete. Denn nach 4.1 Abs 4 EBM ist bei Überweisungen zur Durchführung von Auftragsleistungen, die nicht im Anhang 1 (Spalten VP und/oder GP) aufgeführt sind (s Allgemeine Bestimmung 2.1.6), an nicht ausschließlich auf Überweisung tätige Ärzte gemäß § 13 Abs 4 BMV-Ä bzw § 7 Abs 4 EKV nicht die Versicherten- oder Grundpauschale, sondern die Konsultationspauschale entsprechend der Gebührenordnungsposition 01436 zu berechnen. Das LSG wird insoweit festzustellen haben, dass die Klägerin aufgrund einer Auftragsüberweisung leistete. Soweit dies nicht der Fall war, sondern der Behandlung eine Überweisung zur Mit- oder Weiterbehandlung zugrunde lag, wird das LSG festzustellen haben, dass die Klägerin mit der Versicherten neben den von der Konsultationspauschale (EBM 01436) erfassten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakten in demselben Behandlungsfall mindestens einen weiteren persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt hatte (vgl 4.1 Abs 3 EBM). Dazu hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Zwar sind diese Voraussetzungen nach dem bisherigen Vorbringen der Klägerin in den ersten beiden Instanzen nicht erfüllt. Denn sie hat vorgetragen, es sei lediglich im Rahmen einer Mitbehandlung der Versicherten am 10. und 11.3.2009 zu insgesamt zwei persönlichen Arzt-Patienten-Kontakten gekommen. Sollte dies zutreffen, erfüllte sie damit lediglich den dargelegten Leistungsinhalt der Konsultationspauschale (EBM 01436). Das LSG wird aber auch insoweit die notwendigen Feststellungen nachzuholen haben.
d) Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass der Vergütungsanspruch zusätzlich erfordert, dass die Klägerin die Leistungen wirtschaftlich und qualitätsgerecht erbrachte. Die Beklagte hat dies zu prüfen (vgl § 115b Abs 2 S 5 Halbs 1 SGB V), hier aber nicht in Zweifel gezogen.
3. Die Einwendungen der Klägerin dagegen, dass es der gerichtlichen Feststellungen zur sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung nicht bedarf, greifen nicht durch. § 275 Abs 1c SGB V ist auf die Prüfung von Leistungen nach § 115b SGB V nicht anwendbar. Das SGB V regelt vielmehr speziell in § 115b SGB V selbst, wie solche Leistungen zu überprüfen sind (vgl hierzu auch Hencke in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 3, 19. Aufl, Stand: 1.1.2013, § 115b SGB V RdNr 5): Nach § 115b Abs 2 S 4 SGB V werden - wie oben dargelegt - lediglich die zulässig erbrachten und rechtmäßig abgerechneten Leistungen unmittelbar von den KKn vergütet. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität erfolgt durch die KKn; die Krankenhäuser übermitteln den KKn die Daten nach § 301 SGB V, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben der KKn erforderlich ist (vgl nach § 115b Abs 2 S 5 SGB V). Die Bestimmungen zur Prüfung der Leistungserbringung und Abrechnung (§ 115b Abs 2 S 4 und 5 SGB V) verweisen dagegen nicht auf die Regelung des § 275 Abs 1c SGB V (hier anzuwenden in der Einfügung durch Art 1 Nr 185 Buchst a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.4.2007, später - hier nicht mehr anwendbar - geändert durch Art 3 Nr 8a KHRG vom 17.3.2009, BGBl I 534 mWv 25.3.2009). Nach der Regelung des § 275 Abs 1c SGB V ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach S 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der KK einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die KK dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu entrichten.
Der Gesetzgeber hat bei der zeitgleich mit der Einfügung von Abs 1c in § 275 SGB V erfolgten Änderung des § 115b SGB V durch das GKV-WSG (vgl oben) offensichtlich bewusst davon abgesehen, eine Verweisung innerhalb der speziellen Regelung (§ 115b Abs 2 S 4 und 5 SGB V) auf § 275 Abs 1c SGB V vorzunehmen. Dessen Anwendung widerspräche auch der oben aufgezeigten Zielsetzung der gesetzlichen Regelung des § 115b SGB V, Vertragsärzte und Krankenhäuser hinsichtlich der Erbringung und Vergütung von Leistungen nach § 115b SGB V möglichst gleich zu behandeln. Auch die Entwicklungsgeschichte verdeutlicht, dass § 115b SGB V eine eigenständige Regelung zu den Prüfungen trifft. Ursprünglich sah § 115b Abs 1 Nr 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 71 GSG vom 21.12.1992, BGBl I 2266 mWv 1.1.1993) als Gegenstand der normenvertraglichen Vereinbarung ausdrücklich "Maßnahmen zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit" vor. Die Streichung dieser Regelung durch Art 1 Nr 84 Buchst a GKV-WSG (vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.4.2007) erfolgte lediglich vor dem Hintergrund, dass der Gemeinsame Bundesausschuss zukünftig auch für das ambulante Operieren die Qualitätsanforderungen festlegt (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG BT-Drucks 16/3100 S 139 Zu Nr 84 Buchst a). Dies ließ die Vertragskompetenz der Vertragspartner nach § 115b Abs 1 SGB V zur Regelung von Maßnahmen zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit nicht entfallen, wie die gebotene weite Auslegung unter Berücksichtigung von § 115b Abs 1 S 3 SGB V und § 115b Abs 2 S 5 Halbs 1 SGB V verdeutlicht.
4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 7215369 |
BSGE 2015, 146 |
NZS 2014, 777 |
SGb 2014, 498 |
AMK 2014, 2 |