Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht. für mehrere Auftraggeber tätiger selbstständiger Lehrer. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Art 3 Abs 1 GG gebietet nicht, die einschränkende Voraussetzung des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB 6 in den Versicherungspflichttatbestand des § 2 S 1 Nr 1 SGB 6 zu “übernehmen” und die Versicherungspflicht selbstständiger Lehrer auf solche einzugrenzen, die auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.
Normenkette
SGB 6 § 2 S. 1 Nrn. 1, 9 Buchst. b; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung als Lehrerin versicherungspflichtig ist und Beiträge zu zahlen hat.
Die Klägerin ist spanische Staatsangehörige und teilweise seit vielen Jahren als selbstständige freiberufliche Spanischlehrerin für eine Volkshochschule, eine Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie sowie einen Bildungsverein aufgrund von Honorarverträgen tätig. Sie beschäftigt keinen Arbeitnehmer. In ihrer Tätigkeit als Lehrerin war die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum wegen Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungsfrei.
Aufgrund einer beim Träger der Volkshochschule durchgeführten Betriebsprüfung prüfte der beklagte Rentenversicherungsträger zunächst eine Befreiung der Klägerin von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs 6 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), lehnte diese aber bestandskräftig ab, weil die Klägerin keine vergleichbare Altersvorsorge betrieben habe. Mit Bescheid vom 30. Januar 2002 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin ab dem 1. Januar 1996 nach § 2 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB VI der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege, und forderte für die Zeit bis zum 30. Januar 2002 einkommensgerechte Beiträge in Höhe von 11.642,60 Euro nach. Den hiergegen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, dass sie für mehrere Auftraggeber tätig und deshalb nicht rentenversicherungspflichtig sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2002 zurück.
Die Klägerin hat Klage erhoben. Mit Urteil vom 8. Oktober 2004 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 23. Juni 2005 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei in ihrer selbstständigen Tätigkeit als Lehrerin nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI auch unter Beachtung des Umstandes rentenversicherungspflichtig, dass sie für mehrere Auftraggeber arbeite. § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI sei nicht verfassungswidrig bzw verfassungskonform dahin auszulegen, dass die in § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI enthaltene einschränkende Voraussetzung auf den Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI zu übertragen sei. Zwar treffe es zu, dass für mehrere Auftraggeber selbstständig tätige Lehrer und für mehrere Auftraggeber tätige sonstige Selbstständige auf diese Weise ungleich behandelt würden. Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) sei jedoch nicht verletzt, weil für diese Benachteiligung selbstständiger Lehrer sachliche Gründe beständen. Für die Einbeziehung selbstständiger Lehrer in die Rentenversicherungspflicht knüpfe das Gesetz traditionell an die Verwertung der persönlichen Arbeitskraft und deshalb an berufsgruppenspezifische Merkmale an. Demgegenüber unterlägen Selbstständige nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI der Rentenversicherungspflicht, weil sie aufgrund einer von einem Auftraggeber abhängigen Unternehmensstellung schutzwürdig erschienen. Der Gesetzgeber habe sich im Rahmen der ihm zustehenden Möglichkeiten zur Typisierung oder Pauschalierung gehalten, weil eine Systemwidrigkeit nicht erkennbar sei. Denn der ältere Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI gehe dem Auffangtatbestand des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI vor.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI und von Verfassungsrecht. Für die Benachteiligung selbstständig tätiger Lehrer mit mehreren Auftraggebern gegenüber sonstigen Selbstständigen mit mehreren Auftraggebern sei ein sachlicher Grund nicht erkennbar. Das LSG habe übersehen, dass es sich bei den beiden Personengruppen nicht um solche handele, die nebeneinander ständen. Vielmehr umfasse die Definition der Selbstständigen mit mehreren Auftraggebern in § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI die Gruppe selbstständig tätiger Lehrer mit mehreren Auftraggebern mit. Insoweit werde aus einer Gesamtgruppe nicht versicherungspflichtiger Personen eine kleine Teilgruppe herausgebrochen und der Rentenversicherungspflicht unterworfen. Die Vorinstanzen hätten keine Erwägungen dazu angestellt, wie eine solche Differenzierung angesichts der strengen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts in solchen Fällen gerechtfertigt werden könnte. Die Grenzen der Typisierungsbefugnis seien überschritten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Juni 2005 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 8. Oktober 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Eine teleologische Reduktion des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI komme nicht in Betracht. Hiergegen spreche auch, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI den Kreis der Versicherungspflichtigen gerade habe erweitern und nicht habe einengen wollen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin, die auf die Versicherungspflicht und die Beitragspflicht beschränkt ist, soweit letztere als Folge der Versicherungspflicht besteht, ist unbegründet. Das LSG hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 30. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2002 zutreffend festgestellt, dass die Klägerin, für die wegen ihres Tätigkeitsortes in der Bundesrepublik Deutschland deutsches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung gelangt (§ 3 Nr 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, Art 13 Abs 2 Buchst b EWGV 1408/71), ab 1. Januar 1996 als selbstständig tätige Lehrerin der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten- versicherung unterliegt.
1. Nach § 2 Nr 1 SGB VI (seit 1. Januar 1999: § 2 Satz 1 Nr 1; im Folgenden einheitlich § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI) sind selbstständig tätige Lehrer und Erzieher versicherungspflichtig, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin, die an verschiedenen Bildungsinstituten Spanischunterricht erteilt, ist nach den Feststellungen des LSG als selbstständige Lehrerin in diesem Sinne tätig. Sie ist nicht ausnahmsweise von der Rentenversicherungspflicht ausgenommen, weil sie im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat oder beschäftigt. Sie ist auch nicht ausnahmsweise versicherungsfrei, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Voraussetzungen einer geringfügigen Tätigkeit nicht vorliegen.
2. Der Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI ist nicht von Verfassungs wegen dahin einzugrenzen, dass er nur solche selbstständig tätigen Lehrer erfasst, die auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung gebietet Art 3 Abs 1 GG nicht, die die Versicherungspflicht ohne versicherungspflichtige Arbeitnehmer tätiger sog arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger einschränkende Voraussetzung des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI in den Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI zu “übernehmen”.
Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass gegen die Einbeziehung selbstständiger Lehrer als Pflichtversicherte in die gesetzliche Rentenversicherung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 RA 2/99 R, SozR 3-2600 § 2 Nr 5; zuletzt Urteil vom 22. Juni 2005, B 12 RA 6/04 R, SozR 4-2600 § 2 Nr 1, und Urteil vom 23. November 2005, B 12 RA 9/04 R, juris Nr KSRE021281514). Danach verstößt ihre Einbeziehung insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, soweit sie mit sonstigen Gruppen von Selbstständigen ungleich behandelt werden, die bei typisierender Betrachtung nicht weniger schutzbedürftig als selbstständige Lehrer erscheinen, gleichwohl aber nach § 2 SGB VI nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegen (BSG, aaO, SozR 3-2600 § 2 Nr 5 S 33 f; BSG, aaO, SozR 4-2600 § 2 Nr 1 RdNr 16). Der Senat hat die Anordnung der Rentenversicherungspflicht für selbstständig tätige Lehrer deshalb als sachlich gerechtfertigt angesehen, weil diese Berufsgruppe aus der Verwertung der eigenen Arbeitskraft durch persönliche Dienstleistung Einkünfte erzielt und ihre Stellung im Erwerbsleben damit derjenigen von Arbeitnehmern vergleichbar ist. Darüber hinaus hat es der Senat am Maßstab des Art 3 Abs 1 GG für zulässig gehalten, dass das Gesetz für die Einbeziehung in den versicherten Personenkreis neben der Berufsgruppenzugehörigkeit verlangt, dass die selbstständige Tätigkeit ohne die Beschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern ausgeübt wird. So hat er zunächst für selbstständig tätige Pflegepersonen, für die in § 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI Rentenversicherungspflicht unter der gleichen Voraussetzung angeordnet ist, und sodann für selbstständige Lehrer entschieden, dass der Gesetzgeber die soziale Schutzbedürftigkeit dieser Selbstständigen in einer generalisierenden, typisierenden und verwaltungsmäßig leicht feststellbaren Weise davon abhängig machen durfte, dass im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt wird, weil diese Voraussetzung sachgerecht ist (Urteil vom 30. Januar 1997, 12 RK 31/96, SozR 3-2600 § 2 Nr 2 S 10; Urteil vom 23. November 2005, B 12 RA 5/04 R, juris Nr KSRE021241514 RdNr 16). In gleicher Weise hat der Senat für den nicht an die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen, sondern an typische Tätigkeitsmerkmale anknüpfenden Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI entschieden, dass die Erfüllung der unter Buchst a und Buchst b geregelten Voraussetzungen die Zugehörigkeit eines Selbstständigen zum versicherten Personenkreis und seine vom Gesetz angenommene soziale Schutzbedürftigkeit ohne Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz begründet, so dass weitere Gesichtspunkte nicht zu prüfen sind (Urteil vom 24. November 2005, B 12 RA 1/04 R, SozR 4-2600 § 2 Nr 7 RdNr 24 ff; ferner Urteil vom 10. Mai 2006, B 12 RA 2/05 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, Umdruck S 11). An dieser Rechtsprechung, aus der sich für den Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI wie für denjenigen des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI – gerade – auch ergibt, dass Art 3 Abs 1 GG jeweils feinere, den Typisierungsspielraum des Gesetzgebers stärker einschränkende Differenzierungen nicht gebietet, hält der Senat fest.
Gegen die Einbeziehung von selbstständigen Lehrern in die Rentenversicherungspflicht selbst wendet sich die Revision nicht. Jedoch vertritt sie die Auffassung, dass die von der Klägerin repräsentierte Personengruppe gegenüber sog arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen gleichheitswidrig benachteiligt wird, weil das Gesetz die typisierende Annahme sozialer Schutzbedürftigkeit bei dieser nicht wie bei jenen unter Rückgriff auf ihre (Außen)Beziehung zu einem anderen Rechtssubjekt (“Auftraggeber”) bestimmt. Sie meint, dass die Anknüpfung des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI allein an die Berufsgruppenzugehörigkeit und die fehlende Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht genüge, weil ohne versicherungspflichtige Arbeitnehmer selbstständig tätige Lehrer mit mehreren Auftraggebern “von der in § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI gegebenen Definition ohne versicherungspflichtige Arbeitnehmer tätiger Selbstständiger mit mehreren Auftraggebern vollständig umfasst” würden und die benachteiligende Behandlung einer kleinen “Teilgruppe” gegenüber der “Gesamtgruppe” nicht mit den gleichen Argumenten gerechtfertigt werden könne wie die ungleiche Behandlung zweier “nebeneinanderstehender” Personengruppen. – Schon der der Annahme eines Gleichheitsverstoßes zu Grunde liegenden Prämisse der Revision, dass die in § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI genannte Gruppe selbstständiger Lehrer als Untergruppe gleichzeitig der von § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI erfassten Personengruppe zugehört, folgt der Senat nicht.
Dass der Gesetzgeber aus der Gruppe versicherungspflichtiger Selbstständiger einzelne Gruppen versicherungspflichtiger Selbstständiger herausgelöst und diese eigenständig strukturiert hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit ist seine Befugnis nach Art 3 Abs 1 GG nicht eingeschränkt, an bestimmte Gruppenmerkmale anzuknüpfen. Soweit der Gesetzgeber bei der Einführung des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI an dem für selbstständige Lehrer geltenden speziellen Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI festgehalten hat, liegt hierin also kein Verstoß gegen das Willkürverbot. In einem Rechtsstreit um die Befreiung einer selbstständigen Lehrerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, die diese als sog arbeitnehmerähnliche Selbstständige begehrte, hat der Senat außerdem ausgeführt, dass die Neuregelung des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI nicht zu Problemen der sog Versicherungskonkurrenz, dh der gleichzeitigen Erfüllung mehrerer Rentenversicherungstatbestände für ein und dieselbe Tätigkeit, geführt hat (Urteil vom 23. November 2005, B 12 RA 5/03 R, SozR 4-2600 § 231 Nr 1 RdNr 16). § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI habe Grundlage und Bestand bei seinem Inkrafttreten bereits nach § 2 Satz 1 Nr 1 bis 8 SGB VI begründeter Versicherungsverhältnisse unangetastet gelassen, bereits vorbestehende Systemzugehörigkeiten nicht im Wege des Paradigmenwechsels von einer durch Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe zu einer durch Erfüllung typischer Tätigkeitsmerkmale begründeten Versicherungspflicht neu begründet (BSG, aaO, RdNr 16; vgl insofern bereits Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 RA 2/99 R, SozR 3-2600 § 2 Nr 5 S 36). Der Senat hat zur Begründung seiner Auffassung auf das Fehlen von Konkurrenzregeln sowie das Ziel des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI, der gesetzlichen Rentenversicherung eine neue Gruppe von Versicherungspflichtigen zu erschließen, hingewiesen, das es gebiete, den Anwendungsbereich der Norm auf bei ihrem Inkrafttreten noch nicht Versicherungspflicht begründende Sachverhalte zu begrenzen. Für das Verhältnis der Versicherungspflichttatbestände des § 2 Satz 1 Nr 1 und des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI hat er aus diesem Befund den Schluss gezogen, dass Probleme der gleichzeitigen Zugehörigkeit zu den dort genannten Personengruppen bereits einfachrechtlich nicht existieren und deshalb von vornherein auch nicht zu einer verfassungsrechtlichen Lösung anstehen.
Aus den gleichen Gründen, aus denen selbstständig tätige Lehrer danach am Maßstab des Art 3 Abs 1 GG sog arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen reservierte – weitergehende – Befreiungsrechte nicht beanspruchen können (Urteil vom 23. November 2005, B 12 RA 5/03 R, SozR 4-2600 § 231 Nr 1 RdNr 13 ff), kommt ihnen auch das die Versicherungspflicht sog arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger einschränkende Abgrenzungskriterium des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI nicht zu Gute. Ein Gebot, diese die Versicherungspflicht sog arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger – zusätzlich – einschränkende Voraussetzung in den Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI zu “übernehmen”, lässt sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz deshalb nicht entnehmen, weil die jeweils betroffenen Personengruppen bereits, wie der Senat entschieden hat, nicht vergleichbar sind. Dass mit der Gruppe sog arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger schon keine – verfassungsrechtlich relevante – Vergleichsgruppe vorliegt, wird von der Revision, aber auch vom Berufungsgericht übersehen, das in eine Gleichheitsprüfung eingetreten ist, eine Ungleichbehandlung des von der Klägerin repräsentierten Personenkreises angenommen, diese jedoch im Hinblick auf die “anderen gesetzgeberischen Erwägungen” und die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers als gerechtfertigt angesehen hat.
Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass die von der Revision für geboten erachtete verfassungskonforme Einschränkung des Versicherungspflichttatbestandes des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI in der Konsequenz dazu führen würde, dass die Rentenversicherungspflicht für einen nicht unerheblichen Teil der von dieser Vorschrift erfassten selbstständig tätigen Lehrer entfiele. Denn ein Teil der selbstständigen Lehrer wird – wie die Klägerin – nicht auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sein. Dass die Tätigkeit selbstständiger Lehrer für mehrere Auftraggeber jedenfalls keine Ausnahme darstellt, zeigen die den bisherigen Entscheidungen des Senats zu § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI zu Grunde liegenden Sachverhalte, in denen die Kläger auf Grund von Lehrverträgen mit verschiedenen Unternehmen und Einrichtungen Unterricht erteilten bzw für mehrere Sportzentren tätig waren (Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 RA 2/99 R, SozR 3-2600 § 2 Nr 5; Urteil vom 22. Juni 2005, B 12 RA 6/04 R, SozR 4-2600 § 2 Nr 1). Nach der vom Senat vertretenen Auffassung entfällt die Versicherungspflicht damit insbesondere auch nicht bei Lehrern, die – ohne Zwischenschaltung von Institutionen – für einzelne Schüler oder Gruppen von Schülern selbstständig tätig sind (zB bei Einzelunterricht erteilenden Musiklehrern). Dieser Befund der Tätigkeit für mehrere Auftraggeber dürfte in besonderem Maße auch für alle anderen Gruppen Selbstständiger zu erheben sein, die in Anknüpfung an berufsgruppenspezifische Merkmale nach § 2 Satz 1 Nr 2 bis 8 SGB VI der Rentenversicherungspflicht unterliegen. Der Eintritt von Versicherungsfreiheit für einen nicht unerheblichen Teil Selbstständiger als Folge einer “Übernahme” der einschränkenden Voraussetzung des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI in den jeweiligen Versicherungspflichttatbestand würde den Kreis Versicherungspflichtiger verkleinern statt ihn – durch Hereinnahme einer neuen Gruppe von Versicherungspflichtigen – zu erweitern, was mit der Einfügung des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI beabsichtigt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 1568795 |
NWB 2006, 3005 |
NZA 2006, 1264 |
NZS 2007, 212 |
SGb 2006, 527 |
BBKM 2006, 274 |