Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger von Zuzahlungen zu den Kosten einer stationären Rehabilitationsmaßnahme vollständig zu befreien ist.
Dem 1923 geborenen Kläger wurde in der Zeit vom 30. August bis zum 11. Oktober 1989 von der Beklagten in einem Sanatorium in Rottach-Egern eine stationäre Rehabilitationskur gewährt. Zu dieser Zeit bezog er ein Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.661, 92 DM und eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H. in Höhe von 1.421, 90 DM einschließlich einer Kinderzulage von 152, 90 DM. In seinem Haushalt lebt seine Ehefrau und ein Kind, die beide keine eigenen Einkünfte haben.
Der Antrag des Klägers vom 16. Oktober 1989, ihn von Zuzahlungen zu den Sanatoriumskosten (10,-- DM täglich) und Fahrkosten (für An- und Abreise je 20,-- DM) zu befreien, wurde mit der Begründung abgelehnt, daß seine Einnahmen zum Lebensunterhalt die sog Härtefallgrenze überschritten (Bescheid vom 17. Oktober 1989; Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 1989). Klage und Berufung hiergegen hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Hamburg vom 16. November 1990; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Hamburg vom 14. November 1991).
Das LSG hat im wesentlichen ausgeführt, das Einkommen des Klägers überschreite die Einkommensgrenze, bis zu der nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) eine unzumutbare Belastung angenommen werde. Diese Grenze liege 1989 bei 2.047, 50 DM. Demgegenüber müsse sich der Kläger von seinem Gesamteinkommen von 3.083, 82 DM als Einnahme zum Lebensunterhalt 2.213, 92 DM anrechnen lassen. Dabei sei die allein streitige Frage, inwieweit die Verletztenrente als Einkommen zu berücksichtigen sei, nach Maßgabe des Urteils des Bundessozialgerichts (≪BSG≫ vom 19. Juni 1986, SozR 2200 § 180 Nr. 31) zu beantworten gewesen. Danach sei die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nur insoweit zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt zu rechnen, wie sie nicht dem Ausgleich eines unfallbedingten Mehrbedarfs diene. Dieser Anteil werde durch einen Vergleich mit der nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei gleichhohem Integritätsverlust gezahlten Grundrente ermittelt, weil die Grundrente ausschließlich dazu bestimmt sei, den Mehrbedarf des Beschädigten auszugleichen. Der in Höhe der Grundrente unberücksichtigt zu lassende Betrag der Verletztenrente betrage im Falle des Klägers 682,-- DM + 35,-- DM = 717,-- DM. Der darüber hinausgehende Rentenbetrag sei im Rahmen des § 61 Abs. 2 und 3 SGB V zu berücksichtigen, so daß das verbleibende Einkommen des Klägers mit 2.213, 92 DM den Grenzwert immer noch überschreite.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung des § 61 SGB V. Die Verletztenrente sei keine Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt i.S. von §§ 61, 62 SGB V und dürfe daher nicht bei der Anwendung der Härtefallregelung berücksichtigt werden. Entgegen der Ansicht von LSG und BSG lasse sich eine Aufspaltung der Verletztenrente in einen zweckgebundenen, den Mehrbedarf ausgleichenden Teil und einen den Einkommensverlust ausgleichenden Teil entsprechend dem System des Kriegsopferrechts wegen der Inkongruenz beider Systeme nicht durchführen. Die Verletztenrente gleiche Verdienstminderungen ebenso wie unfallbedingten Mehraufwand, erhöhte Anstrengungen des Unfallgeschädigten und Einbußen in seiner Lebensfreude aus, ohne daß sich diese Bestandteile exakt voneinander abgrenzen ließen. Die Reichsversicherungsordnung (RVO) biete hierfür keine Maßstäbe. § 31 Abs. 1 BVG sei als Aufteilungsmaßstab ungeeignet. Denn er führe letztlich auch zu einer Ungleichbehandlung der Rentenberechtigten mit einer höheren MdE. Da die Verletztenrente bis zu einer MdE-Stufe von 50 v.H. ausschließlich unfallbedingten Mehraufwand ausgleiche, müßten Renten in diesem Bereich i.S. von § 61 SGB V anrechnungsfrei bleiben. Unfallrentner mit einer höheren MdE müßten sich hingegen den Teil der Verletztenrente anrechnen lassen, der über den Betrag der gleichstufigen Kriegsopferrente hinausgehe. Dieses Ergebnis sei gleichheitswidrig. Die Verletztenrente dürfe daher insgesamt nicht als Einnahme zum Lebensunterhalt berücksichtigt werden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 14. November 1991 und des Sozialgerichts Hamburg vom 16. November 1990 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 1989 zu verurteilen, den Kläger von der Zuzahlung zu den Kosten für die in der Zeit vom 30. August bis 11. Oktober 1989 gewährte Rehabilitationsmaßnahme zu befreien.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Die Vorinstanzen haben den Befreiungsanspruch des Klägers nach § 61 SGB V zu Recht verneint. Danach haben die Krankenkassen Versicherte von Zuzahlungen u.a. zu stationären Rehabilitationsleistungen nach § 40 Abs. 2 SGB V (10,-- DM pro Tag gemäß § 40 Abs. 5 Satz 1 SGB V) und von den dazu notwendigen Fahrkosten (je 20,-- DM für Hin- und Rückfahrt, die gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom Versicherten selbst zu tragen sind), vollständig zu befreien, wenn die Versicherten unzumutbar belastet würden (Abs 1 Nr. 1 und Nr. 3). Das Einkommen des Klägers überschreitet jedoch die Einkommensgrenze, bis zu der nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 SGB V eine unzumutbare Belastung angenommen wird. Diese Grenze lag 1989 im Falle des Klägers - bei Berücksichtigung der im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen (Abs 4) - bei 2.047, 50 DM.
Die allein streitige Frage, ob und inwieweit die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu den "monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt" i.S. des § 61 Abs. 2 Nr. 1 SGB V gehört, die bei der Feststellung der unzumutbaren Belastung des Versicherten zu berücksichtigen sind, ist vom LSG zutreffend beantwortet worden. Es bleibt nur der Teil der Verletztenrente unberücksichtigt, der zweckgebunden ist und der Abdeckung des unfallbedingten Mehrbedarfs dient.
Der Gesetzgeber hat den Begriff "Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt" in § 61 SGB V selbst nicht näher erläutert oder definiert. Auch der frühere § 180 Abs. 4 RVO, der den gleichen Begriff verwendet hat, enthält keine einschlägige Begriffsbestimmung. In der Begründung zu § 69 des Entwurfs des Gesundheits-Reformgesetzes ≪GRG≫ (dessen Abs. 2 dem heutigen § 61 Abs. 2 SGB V entspricht), ist jedoch zur Umschreibung des Begriffs ausgeführt: "Einnahmen zum Lebensunterhalt sind - wie schon im geltenden Recht (§ 180 Abs. 4 RVO) - die persönlichen Einnahmen, die dem tatsächlichen Lebensunterhalt dienen, also die Einnahmen, die der typischen Funktion des Arbeitsentgelts beim Pflichtversicherten entsprechen. Dazu gehören nicht zweckgebundene Zuwendungen (z.B. zur Abdeckung eines Mehrbedarfs wie Pflegegeld, Blindenzulage oder Kindergeld). Auf die dazu entwickelte Rechtsprechung und Praxis kann zurückgegriffen werden" (vgl. BT-Drucks 11/2237, S. 187 zu § 69 Abs. 2 und 3; ähnlich auch der Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 11/3480 S. 57 zu § 69 Abs. 2 und 3).
Das LSG durfte daher auf die Rechtsprechung des BSG zu § 180 Abs. 4 RVO zurückgreifen, in der wiederholt entschieden worden ist, daß mit "Einnahmen zum Lebensunterhalt" alle Einnahmen gemeint sind, die für den allgemeinen Lebensunterhalt bestimmt sind, nicht dagegen solche zweckgebundenen Sozialleistungen, die einen besonderen schädigungs- oder behinderungsbedingten Mehrbedarf abdecken sollen (vgl. BSG SozR 2200 § 180 Nrn 5, 7, 8, 9, 10, 15 und 18). Speziell zur Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist entschieden worden, daß diese Rente nur teilweise - abzüglich eines Anteils in Höhe der bei gleicher MdE zu gewährenden Grundrente nach dem BVG - als Einnahme zum Lebensunterhalt berücksichtigt werden darf (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 31). Die Verletztenrente bestehe in der Regel aus einem Anteil, der dem pauschalen Ausgleich eines durch die Körperschäden bedingten Mehrbedarfs diene, und einem Anteil, der den Einkommensverlust ausgleichen solle. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der Grundrente nach dem BVG, die zweckgebunden dem pauschalen Ausgleich eines bei Körperbehinderungen dieses Umfangs regelmäßig bestehenden Mehrbedarfs diene (Hinweis auf BSGE 50, 243 = SozR 2200 § 180 Nr. 5). Da die Verletztenrente jedenfalls teilweise die gleiche Funktion wie die Kriegsopfergrundrente habe, nämlich ebenfalls nach einem am Umfang des Integritätsverlustes orientierten Prozentsatz gezahlt werde und ferner das Unfallopfer bei gleicher Schädigung die gleichen Bedürfnisse und die gleichen Erschwernisse zu ertragen habe, wäre es eine willkürliche und verfassungsrechtlich nicht haltbare Ungleichbehandlung, die Unfallrente im Gegensatz zur Kriegsopferrente voll als Einnahme zum Lebensunterhalt anzusehen. Andererseits ergebe sich aus den Berechnungsvorschriften des § 581 i.V.m. §§ 570ff. RVO und der Ruhensbestimmung des § 1278 RVO, daß die Unfallrente teilweise auch Einkommensersatzfunktion habe und deshalb insoweit zu den Einkünften zum Lebensunterhalt zu rechnen sei. Für die Abgrenzung des Teils der Unfallrente, die für den Mehrbedarf zweckgebunden sei, biete sich mangels anderer Anhaltspunkte ein Vergleich mit den Beträgen an, die in § 31 Abs. 1 BVG für die Kriegsopferrenten vorgesehen seien. Denn sie seien Ausdruck der Vorstellungen des Gesetzgebers über den Mehrbedarf von Verletzten, von denen abzuweichen regelmäßig kein Anlaß bestehe.
Dem schließt sich der erkennende Senat auch für die hier zu entscheidende Frage an, ob und inwieweit die Verletztenrente im Rahmen des § 61 Abs. 2 Nr. 1 SGB V als Einkommen zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen ist. Auch hier gilt die Verletztenrente als "Einnahme zum Lebensunterhalt" insoweit nicht, als sie bei gleicher MdE in der Kriegsopferversorgung als Beschädigtengrundrente zu gewähren wäre. Beim Kläger bleibt daher von seiner Verletztenrente in Höhe von 1.421, 90 DM ein Betrag von 682,-- DM zuzüglich 35,-- DM unberücksichtigt, weil in dieser Höhe bei einer MdE von 80 v.H. eine Grundrente zuzüglich des Erhöhungsbetrages wegen Vollendung des 65. Lebensjahres zu zahlen wäre. Ob auch die in der Verletztenrente enthaltene Kinderzulage von 152, 90 DM unberücksichtigt bleibt - wie das LSG angenommen hat -, kann der Senat offenlassen. Denn auch wenn dies bejaht würde, überschreitet der Kläger mit dem ihm dann verbleibenden Gesamteinkommen von 2.213, 92 DM immer noch die maßgebliche Einkommensgrenze.
Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, daß sich die verschiedenen Bestandteile der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung nicht exakt voneinander abgrenzen ließen und daß das Recht der RVO hierfür keine Maßstäbe enthalte. Das allein ist kein sachgerechter Grund dafür, die Verletztenrente insgesamt nicht als Einnahme zum Lebensunterhalt anzusehen. Fehlt es an einem gesetzlich vorgesehenen Maßstab, um zweckgebundene und einkommensersetzende Anteile einer einheitlichen Leistung voneinander abzugrenzen, ist diese Abgrenzung aber geboten, um verfassungswidrige Ungleichbehandlungen gegenüber Beziehern ähnlicher Einnahmen zu vermeiden, so ist es Aufgabe des Gerichts, diese Abgrenzung durch Auslegung festzulegen. Ebenso wie es im Hinblick auf Art 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungswidrig wäre, die Unfallrente im Gegensatz zur Kriegsopferrente in vollem Umfang als Einnahme zum Lebensunterhalt anzusehen, bedeutete es aber - im Vergleich zu den Kriegsopfern - in gleicher Weise eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, die Verletztenrente völlig unberücksichtigt zu lassen, obwohl darin - was sich ohne weiteres aus den Berechnungsvorschriften der §§ 570f., 581 RVO ergibt und was auch vom Kläger nicht bestritten wird -Anteile zum Ausgleich von Einkommensverlust enthalten sind.
Die Abgrenzung nach dem Maßstab des § 31 Abs. 1 BVG entspricht dem Plan des Gesetzgebers, wie er einerseits in der Begründung zu § 61 Abs. 2 und 3 SGB V durch den Hinweis auf die Rechtsprechung zu § 180 Abs. 4 RVO, andererseits aber auch in § 61 Abs. 3 Satz 2 SGB V selbst zum Ausdruck kommt. Dort ist nunmehr ausdrücklich geregelt, daß zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt nicht die Grundrenten gehören, die Beschädigte nach dem BVG oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des BVG erhalten, sowie Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schäden an Körper und Gesundheit gezahlt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrenten nach dem BVG. Diese Ausnahmeregelung hat u.a. auch klarstellen sollen, daß die Beschädigten-Grundrente nach dem BVG nicht zur Deckung des Lebensunterhalts dient, sondern insgesamt schädigungsbedingte Mehraufwendungen abdecken soll (zu der Frage, ob der Mehraufwand tatsächlich die ganze Grundrente in Anspruch nimmt vgl. BSG SozR 2200 § 182a Nr. 4), die von der Krankheit unabhängig sind (vgl. BT-Drucks 11/2237, S. 188 zu § 69 Abs. 3 des GRG-Entwurfs). Damit hat der Gesetzgeber zugleich hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die in § 31 Abs. 1 BVG vorgesehenen Grundrenten-Beträge (einschließlich der Aufstokungsbeträge für ältere Schwerbeschädigte) dem - pauschalierten - Mehrbedarf entsprechen, der einem an Körper und Gesundheit Verletzten bei entsprechender MdE regelmäßig entsteht. Der erkennende Senat sieht deshalb keinen überzeugenden Grund, diese Bewertung nicht auch auf die Verletztenrente der Unfallversicherung zu übertragen, zumal dies der bisherigen Rechtsprechung des BSG zu § 180 Abs. 4 RVO entspricht, auf die der Gesetzgeber ausdrücklich Bezug genommen hat. Hätte er die Verletztenrente insgesamt nicht als Einnahme zum Lebensunterhalt ansehen wollen, hätte es mindestens in der Gesetzesbegründung eines entsprechenden Hinweises bedurft.
Die Abgrenzung des unfallbedingten Mehraufwandes nach dem Maßstab des § 31 Abs. 1 BVG wird im übrigen auch in anderen Bereichen als sachgerecht angesehen. So hat der Verordnungsgeber in § 11 Nr. 4 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO; hier i.d.F. der 2. ÄndVO vom 20. Dezember 1988, BGBl. I, 2598) aufgrund des § 138 Abs. 4 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) für die Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi die Nichtberücksichtigung von Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe der bei der gleichen MdE zu gewährenden Grundrente nach dem BVG vorgesehen. Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß das BVG (§ 31 Abs. 1) mangels anderer Maßstäbe der geeignete Maßstab zur Abgrenzung der zweckgebundenen Anteile der Unfallrente ist und daß deshalb der Teil der Unfallrente, der der Grundrente nach dem BVG bei vergleichbarer MdE entspricht, bei der Bemessung der Betriebsrente anrechnungsfrei bleiben muß (vgl. u.a. BAGE 43, 173, 178ff. = AP Nr. 8 zu § 5 BetrAVG mit zustimmender Anmerkung von Gitter; 43, 161, 170 = AP Nr. 9 zu § 5 BetrAVG; AP Nrn 11, 12, 25, 26 und Nr. 30 zu § 5 BetrAVG).
Dem Kläger kann schließlich auch nicht darin gefolgt werden, daß die Aufteilung der Verletztenrente nach Maßgabe des § 31 BVG wegen der Unterschiede in den Systemen der Kriegsopferversorgung und Unfallversicherung unzulässig sei und letztlich zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung derjenigen Verletzten führe, deren MdE über 50 v.H. liege. Es trifft zwar zu, daß das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 34, 118, 133ff.) davon ausgeht, in der Unfallversicherung habe die tatsächliche Entwicklung dazu geführt, daß Lohneinbußen auch bei mittelschweren Fällen (MdE von 30 bis 50 vH) regelmäßig nicht ins Gewicht fielen, so daß in diesem Bereich der Verletztenrente wirtschaftlich die Funktion eines Ersatzes von Einkommensausfall kaum zukomme. Wegen dieser Abweichung der tatsächlichen Lage von der gesetzlichen Typisierung sei die Verletztenrente bei einer MdE unter 50 v.H. - in Wandlung ihrer eigentlichen Funktion - Ausgleich für Nichtvermögensschaden. Aus diesem - auf tatsächlichem Gebiet liegenden - wirtschaftlichen Funktionswandel der Verletztenrente kann der Kläger indessen nicht herleiten, daß Verletztenrenten nach einer MdE unter 50 v.H. überhaupt nicht mehr angerechnet werden dürften und deshalb die Verletztenrenten insgesamt nicht als Einnahmen zum Lebensunterhalt angesehen werden könnten, weil anderenfalls Verletzte mit einer MdE über 50 v.H. benachteiligt würden. Der Kläger verkennt insoweit, daß die unfallbedingte MdE nach wie vor nach der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit des Verletzten im gesamten Erwerbsleben zu beurteilen ist (vgl. dazu u.a. BSG SozR 2200 § 581 Nrn 27 und 28) und daß der Gesetzgeber davon ausgeht, daß der derart abstrakt bestimmten MdE typischerweise ein Schaden in Form eines Verdienstausfalls gegenübersteht. Im Hinblick hierauf ist es sachgerecht, zur Abgrenzung des Anteils der Verletztenrente, der nicht typischerweise dem Ausgleich des Einkommensverlustes, sondern dem Ausgleich des Mehraufwandes dient, auf einen eben solchen typisierenden Maßstab abzustellen, wie ihn § 31 BVG bietet. Dieser Maßstab ist ungeachtet des Umstandes, daß er aus einem anderen Ordnungssystem stammt, besonders deshalb geeignet, weil die Grundrente - anders als die Verletztenrente - nicht auf das entgangene Jahresarbeitsentgelt bezogen ist, sondern einen bestimmten Betrag ausweist, der - nach MdE-Stufen gestaffelt - in pauschaler Weise zum Ausdruck bringt, wie hoch der Mehraufwand bei einem körperlich Versehrten jeweils eingeschätzt wird. Wird demzufolge der Betrag der Grundrente von der Verletztenrente abgezogen, der jeweils der MdE des Verletzten entspricht, so wird - entgegen der Meinung des Klägers - eine Ungleichbehandlung der Verletzten mit einer MdE von mehr als 50 v.H. gerade vermieden; vielmehr werden alle Verletzten nach den gleichen Maßstäben behandelt.
Nach allem konnte der Revision des Klägers nicht stattgegeben werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 518157 |
BSGE, 299 |