Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütung von Rettungsfahrten eines privaten Rettungsdienstes bei vertragslosem Zustand. Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität
Leitsatz (amtlich)
Soweit eine Krankenkasse für Rettungsfahrten eines privaten Rettungsdienstes bei vertragslosem Zustand Wertersatz nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu leisten hat, richtet sich dieser nicht nach den auf landesrechtlicher Grundlage hoheitlich erhobenen Gebühren des öffentlichen Rettungsdienstes.
Orientierungssatz
Diesem Ergebnis stehen Grundrechte ebenso wenig entgegen wie die Vorschriften der Art 81ff EGV (juris: EG)
Normenkette
SGB 5 § 133 Abs. 1; BGB §§ 677, § 677ff, §§ 812, § 812ff; RettDG NW; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 S. 1; EG Art. 81, 81ff
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Vergütung für Rettungstransporte.
Die Klägerin betreibt einen privaten Kranken- und Rettungstransportdienst mit Niederlassungen ua in R. und anderen Städten in Nordrhein-Westfalen. Für den Versorgungsbereich der Stadt R. dort treten neben ihr und der Feuerwehr keine weiteren Anbieter von Kranken- und Rettungstransporten auf - besteht mit der Beklagten keine Vergütungsvereinbarung nach § 133 Abs 1 Satz 1 SGB V, weil eine Verständigung über die Höhe der Vergütung nicht gelungen ist. Die Klägerin beansprucht Vergütungen, wie sie auf Grund der Gebührensatzung der Stadt R. bei entsprechenden Fahrten an die Feuerwehr zu zahlen sind. Sie hat deshalb für 54 Notfalltransportfahrten vom 4.1.2003 bis zum 29.7.2004 jeweils 309 Euro pro Einsatz in Rechnung gestellt. Dagegen ist die Beklagte der Auffassung, dass Vergütungsvereinbarungen nach § 133 SGB V und satzungsrechtlich festgelegte Gebühren nicht vergleichbar seien, und hatte zunächst eine Pauschalvergütung von 58,80 Euro je Fahrt angeboten.
Die Klägerin hatte zunächst Klage auf Zahlung von 16.686 Euro (54 Notfalltransporte x 309 Euro) nebst Zinsen erhoben. Bei vertragslosem Zustand habe die Beklagte die Transporte auf bereicherungsrechtlicher Grundlage so zu vergüten wie Fahrten der Feuerwehr. Die Beklagte ist dem entgegen getreten, hat der Klägerin jedoch auf der Grundlage der Sätze, die sie mit ihr im Bereich der Stadt W. abrechnet, eine Vergütung in Höhe von 15.433,37 Euro gezahlt. Streitig ist jetzt nur noch der Differenzbetrag in Höhe von 1.252,63 Euro, der sich ergibt, wenn sich die Vergütung nach der Gebührensatzung der Stadt R. für Rettungstransporte der Feuerwehr richten würde.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen: Ein vertraglicher Anspruch scheide aus, da die Beteiligten keine Einigung über die Vergütungshöhe erzielt hätten. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) oder nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen (§§ 812 ff BGB) seien im Verhältnis zwischen Krankentransportunternehmen und gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen. Das Vertragsmodell des § 133 SGB V würde tangiert, wenn dem Träger eines Rettungsdienstes bei Fehlen eines Vertrages ein Anspruch auf anderweitigen Aufwendungsersatz zugebilligt würde. Der Leistungserbringer könne seinen Vergütungsanspruch allenfalls gegen den Versicherten selbst geltend machen; das sei Folge des Sachleistungsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Mit der Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der Auffassung des SG stehe ihr ein Vergütungsanspruch unmittelbar aus § 133 SGB V zu. Die Beklagte sei verpflichtet, ihrem - der Klägerin - Angebot folgend einen Vertrag mit einer Vergütungshöhe von 309 Euro je Einsatz zu schließen und die Fahrten entsprechend zu vergüten. Es bestehe eine Ermessensreduzierung auf Null, wenn ein geeigneter und abschlussbereiter Anbieter ein Preisangebot unterbreite, das nicht über anderen Gebührensätzen liege. Unabhängig davon bestehe ein Anspruch entweder nach den Regeln der GoA oder nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen, weil diese auf das Rechtsverhältnis zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer entsprechend anzuwenden seien. Das gelte umso mehr, als eine Schiedsstelle in diesen Fällen nicht angerufen werden könne. Deshalb müsse die angemessene Vergütung unter Berücksichtigung von Art 3 Abs 1 GG und Art 81 ff EG-Vertrag (EGV) von den Gerichten festgesetzt werden. Ansonsten sei die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 GG verletzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 4.5.2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.252,63 Euro nebst 11,25 % Zinsen seit Fälligkeit zu zahlen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.252,63 Euro hat (dazu 2. bis 4.). Grundrechte der Klägerin sind dadurch ebenso wenig verletzt wie die Vorschriften der Art 81 ff EGV (dazu 5.). Über weitergehende Ansprüche der Klägerin war nicht zu befinden (dazu 1.).
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich der vor dem SG zuletzt geltend gemachte Zahlungsanspruch von weiteren 1.252,63 Euro für die Rettungstransportfahrten der Klägerin. Nicht zu befinden ist hingegen darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zu einem Satz von 309 Euro je Fahrt haben könnte. Einen solchen Anspruch hat die Klägerin erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundessozialgericht (BSG) vorgetragen. Dies erweist sich gegenüber dem ursprünglich verfolgten Zahlungsanspruch als eine Klageänderung iS von § 99 Abs 1 SGG ( vgl BSGE 37, 245, 247 = SozR 2600 § 2 Nr 1 ), die in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig ist ( § 168 Satz 1 SGG ).
2. Rechtsgrundlage der Leistungsbeziehungen zwischen Klägerin und beklagter Krankenkasse ist die bundesrechtliche Norm des § 133 Abs 1 SGB V. Vorgehende landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen iS von § 133 Abs 1 Satz 1 SGB V bestehen nicht. Danach wird Bundesrecht verdrängt, soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt worden sind. Ein solcher Vorrang des Landes- oder Kommunalrechts besteht nach dem nordrhein-westfälischen Gesetz über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (RettG NRW) vom 24.11.1992 (GV NRW 1992 S 458, hier anzuwenden idF der Änderungen durch Art 17 1. ModernG NRW vom 15.6.1999 [GV NRW S 386] sowie von Art 35 EuroAnpG NRW vom 25.9.2001 [GV NRW S 708]) für Leistungen privater Rettungsunternehmer nicht. Nach diesem Gesetz - dessen Inhalt hat das SG, nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig, nicht festgestellt; deshalb kann es vom Senat selbst ausgelegt werden ( vglBSGE 7, 122, 125; 53, 242, 245 = SozR 2200 § 1248 Nr 36 S 87; BSGE 62, 131, 133 = SozR 4100 § 141b Nr 40 S 151; SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 12 - stRspr; vgl auch Lüdtke, Handkommentar zum SGG, 2. Aufl 2006, § 162 RdNr 13, und Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl 2005, IX. Kap RdNr 301 mwN ) - gelten in Nordrhein-Westfalen landesrechtliche Vergütungsregelungen nur für den öffentlichen Rettungsdienst. Die in den §§ 14 und 15 RettG NRW getroffenen Vorgaben zur Beteiligung der Krankenkassen bei der Festsetzung von Benutzungsgebühren sowie zur Kostentragung und Umlegung von Kosten sind im zweiten Abschnitt des RettG NRW angeordnet, der ausschließlich den öffentlichen Rettungsdienst zum Gegenstand hat. Die Vorschriften über die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer sind im dritten Abschnitt des RettG NRW zusammengefasst, der ausschließlich Regelungen über den Marktzugang privater Unternehmer und deren Verantwortlichkeit, nicht aber Bestimmungen über die Vergütung von Unternehmen außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes enthält und insoweit auch nicht auf die Vorschriften des 2. Abschnitts verweist. Danach scheiden die Vorschriften des RettG NRW als Rechtsgrundlage für die Vergütung von Unternehmen außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes aus ( ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.8.2004 - L 16 KR 81/03 -, juris ).
3. Soweit vorgehende landes- oder kommunalrechtliche Bestimmungen nicht entgegenstehen, ist die Festlegung der Vergütung für Rettungs- und Krankentransportfahrten grundsätzlich Verhandlungssache der Beteiligten. § 133 Abs 1 SGB V bestimmt dazu ua: Soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt werden, schließen die Krankenkassen oder ihre Verbände Verträge über die Vergütung dieser Leistungen mit dafür geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen unter Beachtung des § 71 Abs 1 bis 3 SGB V. Sie haben dabei die Sicherstellung der flächendeckenden rettungsdienstlichen Versorgung und die Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen zu berücksichtigen. Die vereinbarten Preise sind Höchstpreise. Die Preisvereinbarungen haben sich an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten (§ 133 Abs 1 Satz 1 und 3 bis 5 SGB V) . Bei dieser Regelung hat sich der Gesetzgeber von der Erwartung leiten lassen, dass durch Wettbewerb unter den Leistungserbringern auch im Bereich des Krankentransports Wirtschaftlichkeitsreserven ausgeschöpft werden können. Die Sicherstellung der Versorgung der Versicherten durch vertragliche Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern zwingt diese dazu, ihre Leistungen marktgerecht anzubieten, und versetzt die Krankenkassen in die Lage, die Vergütungen nach Maßgabe des Wirtschaftlichkeitsgebots auszuhandeln und eine preisgünstige Versorgung sicherzustellen (vgl zu den Motiven für das Marktmodell im Rahmen des SGB V allgemein BT-Drucks 11/2237 S 147).
4. Auf der Grundlage dieses Vertragsmodells nach § 133 Abs 1 SGB V steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 1.252,63 Euro nicht zu.
a) Vertragliche Grundlagen für einen Anspruch auf weitere Zahlung bestehen nicht; die Vertragsverhandlungen der Beteiligten sind gescheitert.
b) Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher GoA in entsprechender Anwendung der §§ 677 ff BGB bestehen ebenfalls nicht. Zwar hat die Klägerin mit den durchgeführten Rettungstransporten nicht nur eigene Rechtspflichten nach dem RettG NW erfüllt, sondern zugleich objektiv fremde Geschäfte insoweit geführt, als die Beklagte ihren Versicherten Rettungs- und Krankentransporte als Sachleistung der GKV zur Verfügung zu stellen hat. Der erkennende Senat hat jedoch bereits entschieden, dass der Rückgriff auf Aufwendungsersatzansprüche nach den Vorschriften über die GoA im Bereich des Kranken- und Rettungstransportes durch § 133 SGB V ausgeschlossen ist. Das dem gesetzlichen Vertragsmodell immanente Prinzip der Verhandlungsparität der Vertragspartner würde nachhaltig beeinträchtigt, wenn dem Träger eines Rettungsdienstes bei Fehlen eines solchen Vertrags auf Dauer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe der satzungsgemäßen Gebühren nach den Rechtsfolgen der GoA zugebilligt würde. Der Träger könnte auf diese Weise seine Preisvorstellungen einseitig und ohne ernstliche Gefahr der Beeinträchtigung seiner Marktposition durchsetzen, solange ihm das Preisangebot der Krankenkassen als zu niedrig erscheint. Unter diesen Umständen würde das Vertragsmodell in der Regel daran scheitern, dass auf Seiten des Trägers eines Rettungsdienstes wenig wirtschaftliches Interesse daran besteht, zu einer vertraglichen Einigung zu kommen (Urteil des Senats vom 3.11.1999, BSGE 85, 110, 114 f = SozR 3-2500 § 60 Nr 4 S 23 ff; vgl auch die Senatsurteile vom 25.9.2001, SozR 3-2500 § 132a Nr 1 und vom 13.5.2004, SozR 4-2500 § 132a Nr 1) .
c) Auch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage der §§ 812 ff BGB besteht kein Anspruch auf weitere Zahlung von 1.252,63 Euro. Dabei lässt der Senat offen, ob Bereicherungsrecht hier dem Grunde nach Anwendung findet oder - wovon das SG ausgegangen ist - seine Geltung schon im Ansatz ausgeschlossen ist. Der erkennende Senat hat zwar entschieden, dass Krankentransportunternehmen und -einrichtungen nach § 133 Abs 1 SGB V einen Anspruch auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung haben können, wenn ihre Preisangebote nicht über den Sätzen in bereits bestehenden Vereinbarungen liegen (Urteil vom 29.11.1995, BSGE 77, 119, 122 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1 S 4). Auf dieser Grundlage hat der Senat bei Streitigkeiten um die Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege die entsprechende Geltung des Bereicherungsrechts in Fällen angenommen, in denen die Krankenkasse die Leistungserbringung durch Zahlung von Teilbeträgen jedenfalls dem Grunde nach anerkannt hatte (vgl Urteile vom 25.9.2001, aaO, S 5 f und vom 13.5.2004, aaO, RdNr 13). Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Vergütung für Rettungs- und Krankentransportleistungen nach dem Vertragsmodell des § 133 Abs 1 SGB V im Verhandlungswege bestimmt werden soll und dies ein Interesse beider Seiten an der Preisfindung voraussetzt. An diesem Interesse könnte es fehlen, wenn einer der Vertragspartner - wie hier die Klägerin - Zahlungsansprüche ohne vertragliche Grundlage durch schlichte Leistungserbringung in entsprechender Anwendung bereicherungsrechtlicher Vorschriften erwerben kann. Dies könnte der entsprechenden Anwendung des Bereicherungsrechts jedenfalls dann entgegenstehen, wenn die beklagte Krankenkasse weitere Leistungserbringer benennen kann, mit denen sie in dem streitigen Zeitraum ebenfalls Vergütungsvereinbarungen zu niedrigeren Sätzen abgeschlossen hat; eine Bereicherung bräuchte sich die Beklagte in solchen Fällen nicht "aufdrängen" zu lassen ( § 814 BGB - vgl Urteil vom 13.5.2004, aaO, RdNr 15 ).
Das kann jedoch hier dahinstehen. Denn auch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage stünde der Klägerin kein weiterer Anspruch auf Zahlung von 1.252,63 Euro zu. Da das Erlangte seiner Natur nach nicht mehr herausgegeben werden kann, wäre entsprechend § 818 Abs 2 BGB der Wert der Rettungstransporte zu ersetzen. Maßgeblich dafür ist der objektive Verkehrswert des Erlangten, nämlich die bei ordnungsgemäßer Inanspruchnahme übliche oder - in Ermangelung einer solchen - angemessene Vergütung des in Rede stehenden Rechtsguts ( stRspr der obersten Gerichtshöfe des Bundes,vgl Urteil des erkennenden Senats vom 13.5.2004, aaO, RdNr 14; ebenso BGHZ 82, 299, 307; 99, 244, 248; 117, 29, 31; 132, 198, 207 und BAGE 69, 324, 330 ). Daran ausgerichtet hat die Beklagte ihrer Zahlung die Sätze zu Grunde gelegt, die sie mit der Klägerin für den Bereich der Stadt W. vereinbart hat. Anhaltspunkte dafür, dass darin der Wert privater Rettungstransportleistungen für das hier betroffene Versorgungsgebiet von R. nicht angemessen ausgedrückt ist, sind nicht ersichtlich und macht auch die Klägerin selbst nicht geltend. Die Klägerin meint vielmehr, dass der objektive Wert von Rettungstransportleistungen auch für private Unternehmer in den auf landesrechtlicher Grundlage ergangenen Gebührensatzungen für das öffentliche Rettungswesen Niederschlag gefunden hat. Dies ist jedoch nicht zutreffend.
Die Gebührenansätze des öffentlichen Rettungswesens bilden keinen tauglichen Maßstab für die Bemessung der üblichen oder angemessenen Vergütung privater Rettungstransportunternehmer nach § 133 Abs 1 SGB V. Nach dem Regelungskonzept der Vorschrift kann die Vergütung des öffentlichen Rettungsdienstes und die der anderen Leistungserbringer auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen. Deshalb richtet sich die Vergütung des öffentlichen Rettungsdienstes nach Landesrecht - wie hier nach dem RettG NRW - und die der übrigen Leistungserbringer mangels landesrechtlicher oder kommunalrechtlicher Bestimmungen nach Bundesrecht. Damit sind auch unterschiedliche materiell-rechtliche Maßstäbe für die Vergütung von Rettungstransporten verbunden. Denn während das Gebührenrecht der Länder die Refinanzierung des öffentlichen Rettungsdienstes mit seinem öffentlichen Versorgungsauftrag bezweckt, zielt das Vertragsmodell des § 133 SGB V darauf, dass der weitere Versorgungsbedarf mit rettungsdienstlichen Leistungen im Marktwettbewerb von möglichst preisgünstigen Leistungserbringern gedeckt wird und dadurch Wirtschaftlichkeitsreserven erschlossen werden. Dabei ist gemäß § 133 Abs 1 Satz 1 SGB V auch der Grundsatz der Beitragsstabilität ( § 71 Abs 1 bis 3 SGB V ) zu berücksichtigen, der für Gebührensatzungen nach Landesrecht aber gerade nicht gilt (BVerwG, Beschluss vom 21.5.1996 - 3 N 1/94 - BVerwGE 101, 177 = Buchholz 418.15 Rettungswesen Nr 6) . Zudem sind die Krankenkassen nach § 133 Abs 2 SGB V ausdrücklich ermächtigt, eine auf Landesrecht beruhende Leistungspflicht auf Festbeträge in Höhe vergleichbarer wirtschaftlich erbrachter Leistungen zu beschränken, wenn ua bei der Entgeltbemessung Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung berücksichtigt worden sind, die durch eine über die Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe der Einrichtungen bedingt sind ( § 133 Abs 2 Nr 2 SGB V ), oder die Leistungserbringung gemessen an den rechtlich vorgegebenen Sicherstellungsverpflichtungen unwirtschaftlich ist ( § 133 Abs 2 Nr 3 SGB V ). Insgesamt ergibt sich daraus, dass das bundesrechtliche Vergütungsregime selbstständige und vom Landesrecht ausdrücklich unabhängige materielle Kriterien für die Vereinbarung der Vergütung von Leistungen des Rettungs- und Krankentransports enthält, die einer Übertragung der Gebührensätze des öffentlichen Rettungsdienstes auf die Leistungen privater Unternehmer entgegensteht. Dem entsprechend kann bei der Wertbestimmung von Rettungstransportleistungen privater Unternehmer nicht auf in landesrechtlichen Gebührensatzungen für das öffentliche Rettungswesen niedergelegte Sätze zurückgegriffen werden, weil es insoweit an der notwendigen objektiven Vergleichbarkeit fehlt.
5. Grundrechte der Klägerin stehen diesem Ergebnis ebenso wenig entgegen wie die Vorschriften der Art 81 ff EGV.
a) Insbesondere ist Art 3 Abs 1 GG nicht verletzt. Selbst wenn die Feuerwehr in R. nach der städtischen Gebührensatzung höhere Gebühren als die Klägerin geltend machen kann - dies hat das SG nicht ausdrücklich festgestellt -, dann beruht das auf den unterschiedlichen Maßgaben des landesrechtlichen Gebührenrechts einerseits und der bundesrechtlichen Norm des § 133 Abs 1 SGB V andererseits. Darin liegt keine Ungleichbehandlung iS von Art 3 Abs 1 GG. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung steht dem Einzelnen nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt zu. Hingegen ist der Gleichheitssatz nicht verletzt, wenn Bundesgesetzgeber und Landesgesetzgeber im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz abweichende Regelungen treffen ( stRspr des BVerfG, vgl BVerfGE 10, 354, 371; 16, 6, 24; 106, 225, 241; 114, 371, 383 ).
b) Auch Art 19 Abs 4 Satz 1 GG ist nicht verletzt. Danach ist der Rechtsweg eröffnet, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Die Regelung ist auf die "vollziehende öffentlichen Gewalt" beschränkt; hierzu zählt jedoch nicht die Rechtsprechung, denn Art 19 Abs 4 Satz 1 GG garantiert den Schutz durch den Richter, nicht gegen ihn ( BVerGE 76, 93, 98; 112, 185, 207 ). Die Abweisung der Klage auf Zahlung von 1.252,63 Euro bedeutet auch keine Rechtsschutzverweigerung. Damit ist nur entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Wertersatz nach den Gebühren des öffentlichen Rettungsdienstes hat. Ob sie möglicherweise einen Anspruch auf Abschluss einer weitergehenden Vergütungsvereinbarung haben kann, war in diesem Verfahren nicht zu entscheiden (vgl oben 1).
c) Die Anwendung europäischen Gemeinschaftsrechts scheidet schon deshalb aus, weil im vorliegenden Fall kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmen durch das Verhalten der Beklagten im Rahmen der Vergütung von Kranken- und Rettungstransporten betroffen sein könnten.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 2024445 |
NZS 2009, 323 |
SGb 2008, 350 |