Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. keine Abrechnung einer weiteren ambulanten Operation innerhalb eines Zeitraums von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag. kein Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG
Leitsatz (amtlich)
Ein Vertragsarzt kann nach einer ambulanten Operation innerhalb eines Zeitraums von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, eine weitere ambulante Operation bei demselben Patienten selbst dann nicht abrechnen, wenn sie an einem anderen Körperteil oder Organsystem erfolgt.
Orientierungssatz
Soweit Vertragsärzte durch die in Nr 8 der Präambel 31.2.1 EBM-Ä (juris: EBM-Ä 2008) geregelte "Sperrfrist" indirekt gehindert werden, ambulante Operationen an unmittelbar aufeinander folgenden Tagen oder nur mit einem Tag Unterbrechung auszuführen, beschränkt sie das zwar in ihrer grundrechtlich über Art 12 Abs 1 GG geschützten Berufsfreiheit, stellt aber lediglich eine Berufsausübungsregelung dar.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1; SGB V § 106d Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Fassung: 2015-07-16, § 87 Abs. 1-2; EBM-Ä Anh 2 Präambel 2.1; EBM-Ä 2008 Anh 2 Präambel 2.1; EBM-Ä Präambel 31.2.1 Nr. 8; EBM-Ä 2008 Präambel 31.2.1 Nr. 8; EBM-Ä Präambel 31.2.1 Nr. 5; EBM-Ä 2008 Präambel 31.2.1 Nr. 5; EBM-Ä Nr. 31202; EBM-Ä 2008 Nr. 31202; EBM-Ä Nr. 31204; EBM-Ä 2008 Nr. 31204; EBM-Ä Nr. 33072; EBM-Ä 2008 Nr. 33072; EBM-Ä Nr. 33075; EBM-Ä 2008 Nr. 33075
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Juni 2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Leistungen, die die Klägerin im Quartal 1/2017 innerhalb von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, nach einer ambulanten Operation erbrachte.
Die Klägerin ist eine aus acht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Fachärzten für Angiologie, Gefäßchirurgie oder Anästhesiologie bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) strich mit Honorarbescheid vom 18.7.2017 für das Quartal 1/2017 ua Gebührenordnungspositionen (GOP) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) für Ultraschalluntersuchungen und ambulante Operationen (GOP 31202 EBM-Ä: Eingriff am Gefäßsystem der Kategorie K2; GOP 31204 EBM Eingriff am Gefäßsystem der Kategorie K4; GOP 33072 EBM-Ä: Sonographische Untersuchung der extremitätenver- und/oder entsorgenden Gefäße mittels Duplex-Verfahren; GOP 33075 EBM-Ä: Zuschlag zu den GOP 33070 bis 33074 für die Durchführung der Untersuchung als farbcodierte Untersuchung; Kürzungsbetrag 12 355,66 Euro), soweit sie bei einem Patienten innerhalb eines Zeitraums von drei Tagen nach einer ersten ambulanten Operation, beginnend mit dem Operationstag, erfolgten. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 6.11.2017). Zur Begründung führte sie aus, dass in einem Zeitraum von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, neben der ambulanten Operation nur die in Nr 8 der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä genannten Leistungen abgerechnet werden können. Die gestrichenen GOP seien nicht bei den abrechnungsfähigen Leistungen aufgeführt.
Das SG hat die Klage abgewiesen. Ein Operateur könne neben einer ambulanten Operation in einem Zeitraum von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, die GOP 31202, 31204, 33072 und 33075 EBM-Ä nicht abrechnen. Dies folge aus dem Wortlaut des EBM-Ä, der für die Auslegung vertragsärztlicher Vertragsbestimmungen in erster Linie maßgeblich sei. Raum für eine systematische Interpretation sei nur dann, wenn der Wortlaut - anders als hier - zweifelhaft sei (Urteil vom 27.6.2018).
Die Klägerin rügt mit ihrer Sprungrevision die fehlerhafte Anwendung der Nr 8 der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä. Deren Wortlaut zeige, dass sich der Positivkatalog der GOP des EBM-Ä auf Leistungen beziehe, die im Zusammenhang mit der ambulanten Operation stünden ("neben"). Dies werde durch die Nutzung des Singulars deutlich. Mit der in der Präambel gewählten Formulierung werde dagegen gerade keine Einschränkung im Hinblick auf eine andere ambulante Operation gemacht. Der Abrechnungsausschluss könne sich folglich nur auf Leistungen beziehen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausgangsoperation stünden, wie etwa eine notwendige Revisions-Operation. Die Sperrfrist stehe jedoch der Abrechnung weiterer ambulanter Eingriffe an anderen Extremitäten oder in anderen anatomischen Regionen nicht entgegen. Maßgebliches Unterscheidungskriterium sei der OPS-Code, der nach unterschiedlichen Operationsbereichen differenziere. Anderenfalls hätte es auch keiner speziellen Regelung zu einem Simultaneingriff gemäß Nr 3 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 zum EBM-Ä bedurft. Entsprechendes gelte für Ultraschall-/Duplexuntersuchungen der GOP 33072 und 33075 EBM-Ä. Diese Leistungen seien medizinisch erforderlich. Viele Eingriffe am Gefäßsystem könnten ohne Durchführung eines intraoperativen Ultraschalls nicht lege artis erbracht werden oder seien gar nicht möglich. Dieser sei aber gerade nicht Bestandteil der ambulanten Operationen des Kapitels 31.2 EBM-Ä.
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Die Klägerin beantragt, |
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das Urteil des SG Düsseldorf vom 27. Juni 2018 aufzuheben, den Honorarbescheid vom 18. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2017 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal 1/2017 erneut zu entscheiden. |
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Die Beklagte beantragt, |
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die Revision zurückzuweisen. |
Das angefochtene Urteil sei zutreffend. Der Wortlaut der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä bestimme klar und eindeutig, dass vom Operateur in dem Zeitraum von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, neben der ambulanten Operation nur die ausdrücklich benannten GOP berechnet werden können. Hätte der Normgeber im Sinne der Klägerin regeln wollen, dass sich der Positivkatalog nur auf Leistungen beziehe, die im Zusammenhang mit einer (von mehreren unterschiedlichen) ambulanten Operationen stehen, hätte er den unbestimmten Artikel verwenden können. Auch hätte er - wie beim Simultaneingriff, Nr 3 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 zum EBM-Ä - eine differenzierte Regelung unter Berücksichtigung von Diagnosen, OPS-Codes und Zugangswegen treffen können. Dies habe er nicht getan. Vielmehr gehe der Normgeber davon aus, dass Operationen als Simultaneingriff durchgeführt und abgerechnet werden können, soweit es angezeigt sei, mehrere Operationen gleichzeitig durchzuführen. Medizinische Gründe, die gefäßchirurgische Eingriffe im Tagesrhythmus erforderlich machten, seien weder ersichtlich, noch von der Klägerin vorgetragen. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Ultraschallleistungen am Operationstag sei ebenfalls korrekt. Die Formulierung in der Präambel "beginnend mit dem Operationstag, neben der ambulanten Operation" sei weder auslegungsbedürftig, noch -fähig. "Neben" der Operation bedeute nicht "nach" der Operation. Nicht jede intraoperativ notwendige Leistung müsse im EBM-Ä gesondert ausgewiesen sein. Der Bewertungsausschuss (BewA), dem als Normgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme, habe sich bei den Ultraschallleistungen dafür entschieden, intraoperativ notwendige Sonographien unmittelbar in der Kalkulation der operativen Leistung zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der klagenden BAG hat keinen Erfolg. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung, gegen die sich die Klägerin wendet, ist nicht zu beanstanden. Das hat das SG zutreffend gesehen.
A. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Insbesondere war es nicht erforderlich, die an der Vereinbarung des EBM-Ä Beteiligten beizuladen, da die inzidente Verwerfung einer für die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen verbindlichen Regelung des Bewertungsmaßstabs nicht unmittelbar in deren Rechtssphäre eingreift (BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 42/15 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 33 RdNr 13 mwN¸ zur notwendigen Beiladung als von Amts wegen - und damit auch im Rahmen einer Sprungrevision - zu berücksichtigender Verfahrensmangel vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 161 RdNr 10b, § 163 RdNr 5b; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 75 RdNr 13a). Zwar ist es im Regelfall sachgerecht, die am Zustandekommen des Bewertungsmaßstabs beteiligten Organisationen in einem Prozess, in dem die Gültigkeit des Bewertungsmaßstabs unmittelbar entscheidungserheblich ist, beizuladen, weil hierdurch deren rechtliche Interessen berührt werden. Indessen handelt es sich dabei lediglich um eine sogenannte einfache Beiladung. Eine fehlende einfache Beiladung kann weder vom Revisionsgericht nachgeholt werden noch begründet dies einen sachentscheidungshindernden Verfahrensmangel (BSG Urteil vom 28.9.2005 - B 6 KA 71/04 R - BSGE 95, 141 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2, RdNr 14; BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 6 KA 2/10 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 25 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 26.6.2019 - B 6 KA 8/18 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 36 RdNr 12). Eine Beiladung des BewA anstelle der ihn tragenden Organisationen ist hingegen weder notwendig noch sachgerecht (BSG Urteil vom 17.2.2016 - B 6 KA 47/14 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 32 RdNr 15 mwN).
B. Die zulässige Sprungrevision der Klägerin ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in der Form einer Neubescheidungsklage (§ 54 Abs 1, § 131 Abs 3 SGG) statthaft (vgl auch BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 26; BSG Urteil vom 26.6.2019 - B 6 KA 1/18 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 20 RdNr 11). Jedoch hat das SG zutreffend entschieden, dass die beklagte KÄV die Ausschlussregelung in Nr 8 der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä richtig angewandt hat (dazu 1.) und diese mit höherrangigem Recht vereinbar ist (dazu 2.).
1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung, deren Rechtmäßigkeit hier im Streit steht, ist § 106d Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V (idF des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ≪GKV-Versorgungsstärkungsgesetz- GKV-VSG≫ vom 16.7.2015, BGBl I 1211, mWv 1.1.2017; früher § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - erbracht und abgerechnet worden sind (vgl BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 6 KA 20/13 R - SozR 4-2500 § 117 Nr 6 RdNr 13 mwN; BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 19 RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist insbesondere dann angezeigt, wenn die abgerechneten Leistungen nicht die Vorgaben des EBM-Ä erfüllen (BSG Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 16/17 R - SozR 4-5531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 22/18 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-5531 Nr 01210 Nr 1 vorgesehen).
Die Beklagte hat die Honorarabrechnung der Klägerin zu Recht um die streitigen Leistungen nach GOP 31202, 31204, 33072 und 33075 EBM-Ä berichtigt. Nach dem maßgeblichen Wortlaut (dazu a) des EBM-Ä sind ua diese GOP neben einer ambulanten Operation in einem Zeitraum von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, nicht abrechnungsfähig (dazu b). Nr 8 der Präambel 31.2.1 greift, ohne dass es darauf ankäme, ob die weiteren Leistungen ein anderes Operationsgebiet betreffen. Der Wortlaut des EBM-Ä ist insofern weder unklar oder mehrdeutig (dazu c), noch rechtfertigt ein Rückgriff auf dessen Systematik ein anderes Ergebnis (dazu e). Soweit das SG keine Feststellungen dazu getroffen hat, welcher der zur BAG gehörenden Fachärzte die erste ambulante Operation bzw die weiteren (operativen oder sonographischen) Leistungen erbracht hat, ist dies unschädlich. "Operateur" im Sinne der Nr 8 der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä ist die BAG, nicht der einzelne Facharzt (dazu f). Für intraoperativ durchgeführte Ultraschall-/Duplexuntersuchungen (GOP 33072 und 33075) folgt der Ausschluss zudem bereits aus Nr 5 der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä (dazu d).
a) Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf (BSG Urteil vom 16.5.2001 - B 6 KA 20/00 R - BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 14/13 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 16/17 R - SozR 4-5531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 19; BSG Urteil vom 15.5.2019 - B 6 KA 63/17 R - juris RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 22/18 R - juris RdNr 13, beide zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (stRspr, vgl BSG Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 16/17 R - SozR 4-5531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 19; BSG Urteil vom 13.2.2019 - B 6 KA 56/17 R - SozR 4-5531 Nr 30790 Nr 1 RdNr 27, jeweils mwN). Diese Grundsätze gelten auch für die den Vergütungsbestimmungen vorangestellten Allgemeinen Bestimmungen (BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 16/15 R - SozR 4-5532 Allg Nr 2 RdNr 23 mwN; BSG Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 16/17 R - SozR 4-5531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 19; BSG Urteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 22/18 R - RdNr 13, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Die Anmerkung zu einer Position des EBM-Ä hat dabei denselben Rang wie die Leistungslegende (vgl BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 39/15 R - SozR 4-5531 Nr 40100 Nr 1 RdNr 25 mwN).
b) Nach Nr 8 der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä (ambulante Operationen) können in einem Zeitraum von drei Tagen, beginnend mit dem Operationstag, vom Operateur neben der ambulanten Operation nur bestimmte, konkret benannte GOP - die hier von den Berichtigungsbescheiden nicht erfasst werden - berechnet werden. GOP für ambulante Operationen nach Abschnitt 31.1 sowie für Ultraschalldiagnostik nach Abschnitt 33, unter die die von der Beklagten gestrichenen GOP fallen, werden ausdrücklich nicht genannt und sind daher grundsätzlich von dem Ausschluss erfasst. Speziellere Abrechnungsausschlüsse (vgl bei kleinchirurgischen Eingriffen etwa die Anmerkung zu GOP 02300 bis 02302: Die in der Präambel 31.2.1 Nr 8 benannten Einschränkungen entfallen bei Eingriffen, die nicht im Katalog zum Vertrag nach § 115b SGB V genannt sind; es gelten die Abrechnungsausschlüsse der GOP 02300 bis 02302 entsprechend) sind nicht einschlägig. Die Anmerkungen zu den GOP 31202 und 31204 enthalten lediglich Regelungen für die postoperative Überwachung (Abrechenbarkeit der GOP 31503 bzw 31505) und postoperative Behandlung (Abrechenbarkeit der GOP 31632 oder 31633 bzw 31634 oder 31635).
Auch besondere Rückausnahmen greifen nicht. So trifft die Präambel 2.1 zum Anhang 2 zum EBM-Ä (Zuordnung der operativen Prozeduren nach § 295 SGB V ≪OPS≫ zu den Leistungen der Kapitel 31 und 36) Sonderregelungen für den Fall, dass mehrere operative Prozeduren erfolgen: Werden mehrere operative Prozeduren unter einer Diagnose und/oder über einen gemeinsamen operativen Zugangsweg durchgeführt, kann nur der am höchsten bewertete Eingriff berechnet werden (Nr 2 der Präambel 2.1). Abweichend hiervon kann bei Simultaneingriffen (zusätzliche, vom Haupteingriff unterschiedliche Diagnose und gesonderter operativer Zugangsweg) die durch das OP- und/oder das Narkoseprotokoll nachgewiesene Überschreitung der Schnitt-Naht-Zeit des Haupteingriffes durch die zusätzliche Berechnung der entsprechenden Zuschlagspositionen berechnet werden (Nr 3 der Präambel 2.1 zum Anhang 2; vgl insoweit auch GOP 31208: Zuschlag zu den GOP 31201 bis 31206 bei Simultaneingriffen und zu der GOP 31207). Diese Regelung betrifft nur gleichzeitig, in einer einzigen Operation durchgeführte Eingriffe, wie sich schon aus dem Wortlaut der Nr 2 und 3 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 ("gemeinsamer Zugangsweg", "Simultaneingriff") ergibt (vgl auch Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Band 2, Stand 1.1.2019, D2 Anhänge, S 56 zu Nr 2). Sie gilt auch dann, wenn unterschiedliche operative Eingriffe gleichzeitig durch zwei Operateure einer BAG bzw eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) erfolgen (vgl Nr 13 der Präambel 2.1 zum Anhang 2).
Abweichend von Nr 8 der Präambel 31.2 sind Revisionen und Zweiteingriffe wegen Wundinfektionen und postoperativen Komplikationen (vgl Nr 5 Satz 1 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 zum EBM-Ä) sowie eine erforderliche Zweitoperation bei einer Tumorerkrankung (Erweiterung des Eingriffs, Nachresektion) berechnungsfähig (Nr 5 Satz 2 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 zum EBM-Ä). Für geburtshilfliche Eingriffe trifft zudem Nr 6 der Präambel 2.1 eine Sonderregelung: Die GOP zu den OP-Codes 5-757, 5-758.1, 5-758.5 bis 5-758.8 können am Operationstag neben den GOP des Abschnitts 8.4 (Geburtshilfe) sowie neben der GOP 08231 (Zuschlag zur Grundpauschale im Rahmen der Geburtshilfe) abgerechnet werden (vgl hierzu Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Band 2, Stand 1.1.2019, Kapitel 31, S 17 und D2 Anhänge, S 58 zu Nr 5 und 6). Keiner dieser Fälle liegt hier vor.
c) Dem Wortlaut der Nr 8 der Präambel 31.2 kann - anders als die Klägerin meint - ein Ausschluss lediglich solcher Leistungen, die einen unmittelbaren Bezug zur Ausgangsoperation haben, nicht entnommen werden. Die Klägerin ist im Ausgangspunkt zutreffend der Auffassung, dass Nr 8 der Präambel 31.1.2 zunächst von einer ambulanten Operation ausgeht, wie sich aus dem bestimmten Artikel ergibt ("neben der ambulanten Operation"). Unzutreffend ist jedoch der Schluss, dass sich der Abrechnungsausschluss daher nur auf Leistungen bezieht, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Operation stehen. Hierfür gibt der Wortlaut der Vorschrift nichts her. Die erste Operation ist lediglich Ausgangspunkt des zeitlichen Rahmens, in dem nur die aufgezählten GOP abgerechnet werden können. Etwas anderes kann auch nicht der Formulierung "neben der ambulanten Operation" entnommen werden. Die Wendungen "neben" oder "nebeneinander" werden im EBM-Ä regelmäßig im Sinne eines Ausschlusses der Berechnungsfähigkeit verschiedener Positionen der Gebührenordnung gebraucht (BSG Urteil vom 26.1.2000 - B 6 KA 13/99 R - SozR 3-5533 Nr 100 Nr 1 = juris RdNr 22; BSG Urteil vom 12.12.2001 - B 6 KA 88/00 R - SozR 3-5533 Nr 443 Nr 1 = juris RdNr 21). Sie sind rein abrechnungstechnisch zu verstehen und treffen keine Aussage zur zeitlichen Abfolge der Leistungen oder zu deren sachlichem Zusammenhang. Die ausgeschlossene Leistung muss nicht "neben" der ambulanten Operation erbracht worden sein. Nr 8 der Präambel 31.2.1 differenziert auch nicht danach, an welchem Körperteil die Leistungen erbracht werden oder ob sie im Zusammenhang mit der Ausgangsoperation stehen, sondern schließt kategorisch alle Leistungen aus, die dort nicht aufgezählt sind (vgl SG München Urteil vom 8.11.2013 - S 49 KA 405/10 - juris RdNr 2).
d) Soweit die von der Beklagten gestrichenen Leistungen der GOP 33072 und 33075 intraoperativ oder am Tag der ersten ambulanten Operation stattfanden, schließt zudem bereits Nr 5 der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä deren Abrechenbarkeit aus. Danach umfassen die GOP des Abschnittes 31.2 ua sämtliche durch den Operateur erbrachten ärztlichen Leistungen und Untersuchungen am Operationstag. Schon hieraus ergibt sich zwingend, dass eine während der Operation ("am Operationstag") durchgeführte sonographische Untersuchung nicht gesondert in Rechnung gestellt werden kann. Die GOP 33072 und 33075 für sonographische Leistungen sind im Übrigen nach den einschlägigen Anmerkungen am Behandlungstag nicht neben den die postoperative Behandlung betreffenden GOP 31630 bis 31637, 31682 bis 31689 und 31695 bis 31702 berechnungsfähig. Die GOP 33072 ist zudem im Zeitraum von 21 Tagen nach Erbringung einer Leistung des Abschnitts 31.2 nicht neben den GOP 31630 bis 31637 berechnungsfähig.
Auf die von der Klägerin in den Vordergrund gestellte Frage, ob der abgerechnete Eingriff am Gefäßsystem ohne Durchführung eines intraoperativen Ultraschalls nicht oder nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht werden kann, kommt es dagegen nicht an. Die am Operationstag erbrachten Leistungen sind, einschließlich sonographischer Leistungen, von den GOP der ambulanten Operation mitumfasst und können nicht gesondert berechnet werden, es sei denn, sie werden in Nr 8 der Präambel 31.2.1 gelistet, was hier nicht der Fall ist (vgl hierzu oben RdNr 14; vgl auch Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Band 2, Stand 1.1.2019, Kapitel 31, S 14, 17; Nr 8 ist insofern eine Rückausnahme zu Nr 5 der Präambel). Soweit die dort vereinbarten Punktwerte den typischen Aufwand für die ambulante Operation einschließlich notwendiger Ultraschallleistungen nicht sachgerecht wiedergeben, ist es Sache des paritätisch mit Vertretern der Ärzte und Krankenkassen besetzten BewA (§ 87 Abs 3 SGB V) die Vergütungsvorschriften entsprechend weiterzuentwickeln und für die Zukunft zu korrigieren (vgl auch BSG Urteil vom 28.6.2017 - B 6 KA 29/17 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 88 RdNr 46).
e) Die Systematik der Vergütungsvorschriften bestätigt die Wortlautauslegung. Dass der Normgeber des EBM-Ä Abrechnungsausschlüsse nicht nur für nachfolgende ambulante Operationen mit einem Bezug zur Ausgangsoperation regeln wollte, folgt bereits daraus, dass er gerade für die wichtigsten Anwendungsfälle dieser Konstellation - Revisionen und Zweiteingriffe wegen Wundinfektionen und postoperativen Komplikationen sowie erforderliche Zweitoperationen bei einer Tumorerkrankung - Ausnahmen postuliert (vgl Nr 5 Satz 1 und 2 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 zum EBM-Ä). Zudem sieht er ausdrücklich Regelungen zu Operationen an verschiedenen Organen oder Körperregionen vor und zwar dergestalt, dass diese innerhalb des Drei-Tages-Zeitraums nur im Rahmen eines Simultaneingriffs als Zuschlag zur (Haupt-)Operation abrechnungsfähig sind. Denn die von Nr 3 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 des EBM-Ä verlangte "zusätzliche, vom Haupteingriff unterschiedliche Diagnose" liegt regelmäßig schon bei seiten- oder etagendifferenter Lokalisation vor (Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Band 2, Stand 1.1.2019, D2 Anhänge, S 56 zu Nr 3 und S 60 zu Nr 13; Wezel/Liebold, Kommentar zu EBM-Ä und GOÄ, Stand 1.1.2018, Teil 9, S 31-15; vgl auch zur Anwendung der Nr 3 bei beidseitigen Eingriffen an paarigen Organen oder Körperteilen: Nr 16 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 des EBM-Ä).
Bezüglich des Ausschlusses von Leistungen der Ultraschalldiagnostik bei ambulanten Operationen in Nr 8 der Präambel 31.2.1 zeigt ein Vergleich mit den Vergütungsregelungen bei belegärztlichen Leistungen (§ 121 SGB V), dass der Normgeber diese nicht etwa übersehen, sondern bewusst von der Abrechnung innerhalb von drei Tagen ausgeschlossen hat. So sieht Nr 4 der Präambel 36.2.1 (Belegärztliche Operationen), anders als Nr 8 der Präambel 31.2.1, ausdrücklich vor, dass sonographische Leistungen nach dem Kapitel 33 berechnungsfähig sind. Dies erschließt sich vor dem Hintergrund, dass zwar die Leistungsdefinitionen des Abschnitts 36.2 für belegärztliche Operationen in ihrer Definition ihrer jeweils korrespondierenden GOP aus dem Abschnitt 31.2 entsprechen (vgl etwa die Leistungsdefinitionen in GOP 31202/36202 und GOP 31204/36204). In die Bewertung der Leistungen des Abschnitts 36.2 wurde jedoch lediglich der ärztliche Leistungsanteil (AL-Anteil) der jeweils korrespondierenden GOP aus dem Abschnitt 31.2 in identischer Höhe übernommen - vermindert um den AL-Anteil für den ersten postoperativen Arzt-Patienten-Kontakt (stattdessen ist die GOP 01414 ≪belegärztliche Visite≫ neben der GOP des Abschnitts 36.2 abrechenbar). Anstelle des technischen Leistungsanteils (TL) der Leistungsbewertung der Leistungen des Abschnitts 31.2 tritt bei den belegärztlichen Leistungen eine anders bemessene Strukturkomponente, die ua die Vorhaltung bestimmter technischer Leistungsanteile durch den Träger des Belegkrankenhauses berücksichtigt (vgl Wezel/Liebold, Kommentar zu EBM-Ä und GOÄ, Stand 1.1.2018, Teil 9, S 36 -5 f; zu den unterschiedlichen Punktwerten bei ambulanten und belegärztlichen Operationen vgl etwa im Quartal 1/2017 die Bewertung der GOP 36202, 36204 mit 1001 Punkten bzw 2242 Punkten gegenüber der Bewertung der GOP 31202, 31204 mit 1788 Punkten bzw 3001 Punkten).
Soweit die Klägerin auf die Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz vom 24.5.2018 - L 5 KA 36/17 - verweist, betrifft diese den Abrechnungsausschluss in dem Zeitraum vom 1. bis zum 21. postoperativen Tag nach einer ambulanten Operation nach Nr 2 der Präambel 31.4.1 (Postoperative Behandlungskomplexe). In diesem Zeitraum kann nur einmalig eine GOP des Abschnittes 31.4 abgerechnet werden oder eine Überweisung zur Weiterbehandlung durch einen anderen Vertragsarzt erfolgen. Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Auffassung des LSG, der Abrechnungsausschluss gelte dann nicht, wenn in diesem Zeitraum eine weitere ambulante Operation durchgeführt wird, zutrifft. Rückschlüsse für die Auslegung der Nr 8 der Präambel 31.2.1, die einen ganz anderen Regelungshintergrund hat, lassen sich hieraus jedenfalls nicht ziehen.
f) Ohne Belang für den Abrechnungsausschluss ist, ob die gestrichenen weiteren ambulanten Operationen im Dreitageszeitraum jeweils von dem gleichen (Vertrags-)Arzt erbracht wurden, der bereits die erste ambulante Operation durchgeführt hat. Das LSG hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Operateur im Sinne der Nr 8 der Präambel 31.2.1 des EBM-Ä ist jedoch nicht die konkret handelnde natürliche Person, sondern die abrechnende Einheit, hier somit die klägerische BAG.
Die Frage, ob mit dem Operateur der die Operation durchführende Arzt als natürliche Person oder die abrechnende BAG (bzw das abrechnende MVZ) gemeint ist, kann allerdings nicht allein anhand des Wortlauts der Nr 8 der Präambel 31.2.1 entschieden werden. Dieser ist mit dem Begriff "Operateur" nicht eindeutig. Jedoch ergibt sich dies aus einer Zusammenschau der Nr 8 der Präambel 31.2.1 mit den Allgemeinen Bestimmungen zum EBM-Ä. Nach Nr 5.3 Satz 1 und 2 der Allgemeinen Bestimmungen beziehen sich die "Nebeneinanderberechnungsausschlüsse" der GOP des Abschnitts 31.2 neben den GOP des Abschnitts 31.5.3 (Anästhesien im Zusammenhang mit der Erbringung von Leistungen des Abschnittes 31.2) nur auf die Erbringung der operativen Leistungen und der Anästhesie durch denselben an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt (vgl insofern auch Anmerkung Nr 1 zu Abschnitt 31.5.3). Bei Erbringung der GOP durch Vertragsärzte verschiedener Fachgruppen findet dieser Ausschluss, auch in (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaften, Arztpraxen mit angestellten Ärzten und MVZ von Anästhesiologen mit operativ tätigen Vertragsärzten, keine Anwendung. Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass es in allen anderen Fällen bei dem Ausschluss im Dreitageszeitraum verbleibt und dieser auch dann gilt, wenn die zweite ambulante Operation von einem anderen (Vertrags-)Arzt der gleichen Fachgruppe innerhalb einer BAG oder eines MVZ erbracht wird. Der Begriff Operateur in Nr 8 der Präambel 31.2.1 kann sich daher nur auf die abrechnende Stelle beziehen (vgl Bayerisches LSG Urteil vom 8.7.2015 - L 12 KA 9/14 - juris RdNr 39; SG München Urteil vom 8.11.2013 - S 49 KA 405/10 - juris RdNr 2; vgl auch Nr 1 der Präambel 31.5.1, der in Bezug auf die Leistungen entsprechend den GOP des Abschnittes 31.5.2 von "dem die GOP des Abschnittes 31.2 abrechnenden Operateur" spricht). Unschädlich ist, dass mit dem Begriff Operateur an anderer Stelle - wenn es nicht um die Abrechnung, sondern die eigentliche Operationstätigkeit geht - der behandelnde Arzt bezeichnet wird (vgl etwa Nr 13 der Präambel 2.1 zum Anhang 2 zum Simultaneingriff durch zwei Operateure einer BAG).
Diese Auslegung wird im Übrigen bestätigt durch die weitere Entwicklung des EBM-Ä. Nr 8 der Präambel 31.2.1 (und ebenso Nr 4 der Präambel 36.2.1 für belegärztliche Leistungen) idF des Beschlusses des BewA vom 11.12.2019 (455. Sitzung) zur Neufassung des EBM sieht mWv 1.4.2020 anstelle der Formulierung "Operateur" nunmehr die Formulierung "die Praxis (des Operateurs)" vor, da sich die Regelung auf die Praxis beziehe, in der die Operation durchgeführt wird, und nicht auf die Person des Operateurs (vgl Entscheidungserhebliche Gründe TEIL A und TEIL E zum Beschluss des BewA vom 11.12.2019, S 21, abrufbar unter www.institut-ba.de/ba/beschluesse).
2. Die Ausschlussregelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die gerichtliche Überprüfung der auf der Grundlage des § 87 SGB V vom BewA vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe ist im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 18/91 - SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86 mwN; BSG Urteil vom 3.4.2019 - B 6 KA 67/17 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 21 RdNr 21 mwN). Hierfür ist nichts ersichtlich, insbesondere ist der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Arztes gerechtfertigt (dazu a). Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden (dazu b). Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes greifen nicht (dazu c).
a) Soweit die Ärzte der Klägerin durch die in Nr 8 der Präambel 31.2.1 EBM-Ä geregelte "Sperrfrist" indirekt gehindert werden, ambulante Operationen an unmittelbar aufeinander folgenden Tagen oder nur mit einem Tag Unterbrechung auszuführen, beschränkt sie das zwar in ihrer grundrechtlich über Art 12 Abs 1 GG geschützten Berufsfreiheit, stellt aber lediglich eine Berufsausübungsregelung dar. Wegen der hier gegebenen geringen Eingriffstiefe zu Lasten der Ärzte reichen sachlich nachvollziehbare Erwägungen der Normgeber im Hinblick auf deren Gestaltungsfreiheit aus (zum Prüfmaßstab vgl BVerfG Beschluss vom 16.7.2004 - 1 BvR 1127/01 - SozR 4-2500 § 135 Nr 2 RdNr 21 ff; BSG Urteil vom 12.2.2020 - B 6 KA 25/18 R - juris RdNr 33 f mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen; vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.10.2004 - 1 BvR 528/04 ua - SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 13 speziell zu den Leistungsbeschreibungen des EBM).
Die Ausschlussregelung zielt in Verbindung mit dem Zuschlag für Simultanoperationen darauf, dass entweder mehrere ambulante Operationen (etwa an beiden Beinen im Hinblick auf Krampfadern) gleichzeitig vorgenommen werden oder - wenn das medizinisch nicht möglich oder vom Patienten nicht gewollt ist - der Patient zwischen den Eingriffen zumindest zwei Tage der Erholung hat. Das ist sinnvoll und schränkt die Berufsausübungsfreiheit des Arztes nur minimal ein. Der Arzt kennt die Abrechnungsvorgaben des EBM-Ä und kann seine Therapieplanung hinsichtlich der ambulanten Operation darauf einstellen. Die Rechtmäßigkeit der Ausschlussregelung hängt dagegen nicht davon ab, dass das Intervall von drei Tagen medizinisch zwingend ist. Dies gilt umso mehr, als die "Sperrfrist" einen Anreiz setzt, soweit möglich mehrere Eingriffe als Simultanoperation durchzuführen und so dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V) zu genügen. Der dem BewA in § 87 Abs 2 SGB V übertragene Gestaltungsauftrag erschöpft sich nicht in der Aufstellung eines reinen Leistungs- und Bewertungskataloges unter medizinischen, betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Gesichtspunkten, sondern schließt die Befugnis ein, über die Beschreibung und Bewertung der (zahn-)ärztlichen Verrichtungen das Leistungsverhalten der (Zahn-)Ärzte steuernd zu beeinflussen (vgl BSG Urteil vom 16.5.2001 - B 6 KA 20/00 R - BSGE 88, 126, 129 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 147 f mwN; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 19; BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 37).
b) Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des hier eingreifenden Abrechnungsausschlusses nach Nr 8 der Präambel 31.2.1 bestehen auch im Übrigen nicht. Der Abrechnungsausschluss in Nr 8 der Präambel 31.2.1 führt insbesondere nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden (vgl hierzu BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 39/15 R - SozR 4-5531 Nr 40100 Nr 1 RdNr 39 mwN), ist nicht erkennbar.
c) Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen. Selbst eine vor dem streitbefangenen Quartal über einen längeren Zeitraum hinweg praktizierte abweichende Honorierung der Leistungen durch die Beklagte wäre nicht geeignet, zugunsten der Klägerin einen Vertrauensschutz zu begründen (vgl BSG Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 16/17 R - SozR 4-5531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 28 mwN). Vorliegend räumt die Klägerin selbst ein, dass sie die bereits in der Vergangenheit automatisch vorgenommenen Kürzungen aufgrund des sogenannten Regelwerkprotokolls lediglich nicht wahrgenommen habe. Weshalb die Klägerin die Kürzung "nur durch Zufall" entdeckt haben will (Seite 6 der Revisionsbegründung) ist nicht nachvollziehbar, da die vorgenommenen Kürzungen einschließlich Begründung ("nicht im B3T neben …") in der Anlage zum Honorarbescheid im Einzelnen aufgeführt sind. Anlass für eine Beratung durch die beklagte KÄV ohne konkrete Nachfrage der Klägerin bestand daher nicht.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.
Fundstellen
Haufe-Index 13890887 |
ArztR 2020, 276 |
MedR 2021, 66 |
NZS 2020, 761 |
SGb 2020, 419 |
GesR 2020, 648 |
Breith. 2021, 291 |