Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer als Direktversicherung vor 2004 abgeschlossenen Lebensversicherung. Verfassungsmäßigkeit. Beitragspflicht von Zahlungen aus einer als Direktversicherung vor 2004 abgeschlossenen Lebensversicherung. Bedeutung von Ausschüttungen der Versicherung vor ursprünglich vereinbarter Fälligkeit
Leitsatz (amtlich)
Eine ab dem Jahr 2004 fällig werdende Leistung aus einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung ist ab diesem Zeitpunkt als Versorgungsbezug auch dann zur Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge des pflichtversicherten Rentners heranzuziehen, wenn der Lebensversicherungsvertrag vor 2004 abgeschlossen wurde.
Leitsatz (redaktionell)
- Auf Grund der Neuregelung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung sind seit dem 1.1.2004 auch solche Leistungen von der Beitragspflicht in der Krankenversicherung der Rentner erfasst, die bereits “vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt” worden waren. Darunter fallen auch Einmalzahlungen, die der Versicherte auf Grund einer Direktversicherung erhalten hat. Entscheidend ist allein, dass der Anspruch auf diese Leistung nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts fällig geworden ist.
- Gegen die Einbeziehung von Zahlungen aus vor dem 01.01.2004 abgeschlossenen Direktlebensversicherungen, die nach dem 31.12.2003 fällig und ausgezahlt werden, in die Berechnung des zu zahlenden Beitragssatzes bestehen verfassungsrechtlich keine Bedenken. Die beitragsrechtliche Berücksichtigung von Versorgungsbezügen ist vom Bundesverfassungsgericht unabhängig davon, ob und inwieweit sie auf eigenen Beiträgen beruht, gebilligt worden. Eine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung liegt ebenso wenig vor wie ein Verstoß gegen den rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutz. Dem Gesetzgeber steht es grundsätzlich frei, dem Gedanken der (Verwaltungs-)Praktikabilität Vorrang einzuräumen und anfänglich vereinbarte Einmalzahlungen beitragsrechtlich unberücksichtigt zu lassen oder sie umgekehrt im Sinn einer lückenlosen Vermeidung von Gesetzesumgehungen bzw. einer umfassenden Gleichbehandlung aller Zahlungen aus der betrieblichen Altersversorgung einzubeziehen.
- Ist eine Einmalzahlung aus einer Direktversicherung noch vor Inkrafttreten des neuen Rechts erfolgt, obwohl das ursprünglich vereinbarte Ende der Versicherung später lag, ist zu klären, welche rechtliche Bedeutung dieser Zahlung zukommt. Insofern kommt insbesondere in Betracht, dass der private Versicherungsträger von sich aus vor Fälligkeit gezahlt hat oder dass der Versicherte mit der Privatversicherung eine zusätzliche Abrede über die Erbringung der ansonsten unveränderten Vertragsleistung erbracht hat (dann unterläge die Versicherungsleistung dennoch der Beitragspflicht), oder dass der Versicherte mit dem Träger der Privatversicherung eine zusätzliche Vereinbarung getroffen und den Endzeitpunkt der Versicherung einverständlich in das Jahr 2003 vorverlegt hat oder aber der Versicherte den Vertrag gekündigt hat und es sich bei dem ihm zugeflossenen Betrag um den Rückkaufswert der Versicherung handelt (dann bestünde insoweit keine Beitragspflicht).
Normenkette
SGB V § 229 Abs. 1 S. 3 Fassung: 2003-11-14, § 237; SGB 5 § 248 S. 1 Fassung: 2003-11-14; BetrAVG § 1 Abs. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; SGB V § 229 Abs. 1 Sätze 3, 1 Nr. 5, § 248 S. 1, § 237 S. 1 Nr. 1, § 237 Abs. 2, § 238
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18. Januar 2006 aufgehoben und die Sache an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin aus der Kapitalauszahlung einer Direktlebensversicherung Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen hat.
Die Arbeitgeberin der im Mai 1939 geborenen Klägerin schloss am 24. Februar 1984 zu Gunsten der Klägerin bei der E… AG eine Kapitallebensversicherung ab. Deren Ende wurde auf den 1. Januar 2004 festgelegt, die Beiträge zahlte die Arbeitgeberin bis zum 31. Juli 1999. Seit August 1999 war die Klägerin als versicherungspflichtige Rentnerin bei der Beklagten krankenversichert und zahlte die Beiträge zur Lebensversicherung selbst. Am 16. Dezember 2003 wurde ihr aus dieser Versicherung ein Betrag von 23.163,73 € ausgezahlt. Hierüber informierte die E… AG die Beklagte im März 2004.
Mit Bescheid vom 8. April 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ein Betrag von 196,02 € monatlich, der sich bei Verteilung der Auszahlungssumme der Versicherungsleistung auf 120 Monate ergebe, der Beitragspflicht in der Krankenversicherung mit einem Beitragssatz von 13,6 vH unterliege, und setzte den von der Klägerin zu zahlenden Krankenversicherungsbeitrag mit 26,26 € fest. Den Widerspruch, mit dem sich die Klägerin gegen die Beitragspflicht wandte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004 zurück. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung in seinem Urteil vom 18. Januar 2006 ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die Kapitalauszahlung als einen zur gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtigen Versorgungsbezug angesehen. Nach § 229 Abs 1 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) sei seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2004 nunmehr im Unterschied zur bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Rechtslage jede Kapitalleistung, die als Versorgungsbezug zu werten sei, beitragspflichtig, auch soweit die Versicherte selbst Beiträge gezahlt habe. Unerheblich sei die Auszahlung der Versicherungssumme bereits im Dezember 2003, weil die Versicherungsleistung zum 1. Januar 2004 und damit mit Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung fällig geworden sei. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die durch den Gesetzgeber vorgenommene Gleichstellung von regelmäßig wiederkehrenden und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen beständen nicht.
Mit ihrer vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung sowie des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG), des Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot und des Art 14 Abs 1 GG. Sie habe darauf vertraut, dass die einmalige Kapitalauszahlung aus der Direktversicherung wie in der Vergangenheit und wie andere Formen der Altersvorsorge nicht zur Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge herangezogen werde. Darüber hinaus sei die Erhebung der Beiträge nach dem vollen Beitragssatz entsprechend dem durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz ≪GMG≫) geänderten § 248 Abs 1 SGB V ebenfalls wegen des Verstoßes gegen Art 3 Abs 1 sowie Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebots, aber auch wegen des Verstoßes gegen Art 14 Abs 1 GG verfassungswidrig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 8. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2004 aufzuheben, soweit dort die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung geregelt sind.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des SG und der Zurückverweisung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Beklagte ab 1. Januar 2004 grundsätzlich berechtigt ist, gemäß § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 248 Satz 1 SGB V, jeweils in der seither geltenden Fassung, von in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentnern Beiträge auch aus einmaligen Kapitalzahlungen aus einer betrieblichen Altersversorgung nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu verlangen. Die tatsächlichen Feststellungen des SG reichen jedoch für eine abschließende Entscheidung darüber, ob bzw inwieweit die der Klägerin bereits im Dezember 2003 zugeflossene Zahlung hiernach zur Beitragsbemessung heranzuziehen war und der Bescheid vom 8. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2004 insofern rechtmäßig ist, nicht aus.
1. Der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung der versicherungspflichtigen Rentner ist nach § 237 SGB V außer dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (Satz 1 Nr 1, aaO), sofern dieser nicht die Beitragsbemessungsgrenze erreicht, bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 238 SGB V) auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (§ 237 Satz 1 Nr 2 SGB V) zu Grunde zu legen. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), gegen deren Berücksichtigung für die Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge versicherungspflichtiger Rentner verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen (Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫, Beschluss vom 6. Dezember 1988, 2 BvL 18/84, BVerfGE 79, 223 ff = SozR 2200 § 180 Nr 46 S 194 ff), gelten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden (§ 237 Satz 2, § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V).
a) Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung iS von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V gehören auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung iS des § 1 Abs 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl I 3610 – BetrAVG) gezahlt werden, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl etwa die Hinweise auf die entsprechende ständige Rechtsprechung im Urteil vom 26. März 1996, 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 66 ff). Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Sie ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll. Dieser Versorgungszweck kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Unerheblich ist, ob der Abschluss nach Auffassung der Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerrechtlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolgt. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (vgl Urteil des Senats vom 26. März 1996, 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 66 ff).
b) Leistungen aus einer Direktversicherung iS des § 1 Abs 2 BetrAVG verlieren ihren Charakter als Versorgungsbezug auch nicht deshalb, weil sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw des Bezugsberechtigten beruhen, wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat. Sie bleiben auch dann im vollen Umfang Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, wenn nach Beendigung der Erwerbstätigkeit die Beiträge allein vom Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer gezahlt werden (vgl Urteile des Senats vom 6. Februar 1992, 12 RK 37/91, BSGE 70, 105, 108 f = SozR 3-2500 § 229 Nr 1 S 4 ff, und vom 26. März 1996, 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 69 f, mwN). An dieser sog institutionellen Abgrenzung, die sich allein daran orientiert, ob die Rente von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird und Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt lässt, hat der Senat festgehalten und einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG im Vergleich mit sonstigen, nicht zur Beitragsbemessung heranzuziehenden Zahlungen aus privaten Renten- und Lebensversicherungsverträgen verneint (vgl Urteile des Senats vom 6. Februar 1992, 12 RK 37/91, BSGE 70, 105, 109 f = SozR 3-2500 § 229 Nr 1 S 5 f, vom 26. März 1996, 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 69, und vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 3 RdNr 11). In seiner Entscheidung vom 30. März 1995 (12 RK 40/94, SozR 3-2500 § 229 Nr 6 S 25) hat der Senat ergänzend darauf hingewiesen, dass es nicht so sehr der Rechtfertigung der Beitragspflicht von Einkünften, die von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V oder von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V erfasst würden, bedürfe, sondern vielmehr der Rechtfertigung der Nichteinbeziehung von sonstigen Renten aus privaten Versicherungen und von anderen beitragsfreien Einnahmen, zumal es bei einer freiwilligen Versicherung zulässig ist, auch Renten aus rein privaten Lebensversicherungen zur Beitragsbemessung heranzuziehen.
c) § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) sah wie bereits § 180 Abs 8 Satz 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) ergänzend vor, dass dann, wenn an Stelle der in Satz 1 genannten Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung trat, ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag galt. Von vornherein als einmalige Leistung vereinbarte oder zugesagte Versorgungsbezüge fielen demgemäß nicht unter diese Regelung und blieben wie auch bereits unter der Geltung des § 180 Abs 8 Satz 4 RVO (vgl Urteil des Senats vom 18. Dezember 1984, 12 RK 36/84, BSGE 58, 10 ff = SozR 2200 § 180 Nr 25) beitragsfrei. § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V aF regelte damit nicht nur die Berechnung der aus einmaligen Kapitalzahlungen zu entrichtenden Beiträge, sondern bestimmte auch abschließend, in welchen Fällen diese Leistungen als Versorgungsbezüge galten und damit über § 237 SGB V beitragspflichtig waren (vgl Urteile des Senats vom 30. März 1995, 12 RK 10/94, SozR 3-2500 § 229 Nr 10 S 58 und vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 3 RdNr 9, mwN).
d) Seit dem 1. Januar 2004 ist § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V idF des am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Art 1 Nr 143 GMG vom 14. November 2003 (BGBl I 2190, vgl Art 37 Abs 1 GMG; im Folgenden: nF) anzuwenden. Nach der damit rechtlich gleichwertig (“oder”) hinzugetretenen Regelung 2 des Satz 3, aaO, gilt nunmehr ein 1/120 einer nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistung auch dann für längstens 120 Monate als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, wenn “eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden” ist. Hinreichend deutlich ergibt sich hieraus, dass § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V die beitragsrechtliche Berücksichtigung einer nicht regelmäßig wiederkehrenden (“solche”) Leistung auf fiktiver Grundlage weiterhin nur dann für einen begrenzten Zeitraum als “Rente der betrieblichen Altersversorgung” und in gesetzlich bestimmter monatlicher Höhe erlaubt, wenn diese Leistung unabhängig von der Zahlungsmodalität den “Versorgungsbezügen” iS des Abs 1 – hier der “betrieblichen Altersversorgung” iS der Nr 5, aaO – zuzuordnen ist, dh sie ihre Wurzel in einem der in Satz 1, aaO, enumerativ aufgeführten Rechtsverhältnisse hat. In Erweiterung des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V aF sind nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen ua aus als Direktversicherungen abgeschlossenen Lebensversicherungen indes nunmehr auch dann zur Beitragsbemessung heranzuziehen, wenn sie als solche bereits ursprünglich oder nachträglich vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart worden waren und bisher nach der Rechtsprechung des Senats nicht beitragspflichtig waren (vgl zur Begründung des Entwurfs der gesetzlichen Neuregelung BT-Drucks 15/1525 S 139). Derartige Leistungen sind seit dem 1. Januar 2004 ihrer Art nach erstmals der Beitragspflicht unterworfen. Auch in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung bestimmt § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V damit abschließend, in welchen Fällen Kapitalleistungen als gemäß § 237 SGB V beitragspflichtige Versorgungsbezüge gelten.
e) § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V nF erweitert die Beitragspflicht erst ab dem Inkrafttreten der Änderung am 1. Januar 2004 auf von vorne herein oder jedenfalls vor Eintritt des Versicherungsfalls als nicht regelmäßig wiederkehrende zugesagte oder vereinbarte Leistungen der betrieblichen Alterssicherung. Ein darüber hinaus gehender gesetzlicher Anwendungsbefehl, die Neuregelung auch auf bereits vorher abgeschlossene Sachverhalte anzuwenden und in der Vergangenheit bereits eingetretene Rechtsfolgen nachträglich wieder zu ändern, ist nicht ergangen. Vor dem 1. Januar 2004 beitragsfreie Versorgungsbezüge bleibt dies damit endgültig (vgl Urteil des Senats vom 27. Januar 2000, B 12 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 32 S 149 f). Die Entscheidung über die Beitragspflicht nach dem bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Recht hat der Senat in ständiger Rechtsprechung danach getroffen, welche Leistung im Zeitpunkt des Versicherungsfalls konkret geschuldet war (vgl Urteile vom 30. März 1995, 12 RK 10/94, SozR 3-2500 § 229 Nr 10 S 57 f, vom 26. März 1996, 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 66 ff, und vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 3 RdNr 11). “Versicherungsfall” ist dabei je nach Art des Versorgungsbezuges der Eintritt der Berufsunfähigkeit, bei Altersrenten das Erreichen des Rentenalters oder der vereinbarte Auszahlungstermin. Waren Kapitalleistungen zu diesem Zeitpunkt bereits geschuldet, waren sie nach altem Recht beitragsfrei, war dagegen bei Eintritt des Versicherungsfalls eine Rente geschuldet und trat die Kapitalleistung erst später an deren Stelle, unterlag sie bereits nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V aF der Beitragspflicht (vgl die vorstehend genannten Urteile des Senats, aaO). Liegt dagegen der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 2003 und entsteht der Anspruch auf eine bereits ursprünglich oder vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung mit diesem Zeitpunkt, unterliegt sie nach § 229 Abs 1 Satz 3 Regelung 2 SGB V der Beitragspflicht. Dagegen ist der bloße Zeitpunkt von Zahlungen des Versicherers ohne die Möglichkeit der Zuordnung zu einer insofern konkreten bestehenden Schuld für die Unterscheidbarkeit der Anwendung alten oder neuen Rechts schon deshalb nicht hinreichend, weil er keine Entscheidung über das Vorliegen von Versorgungsbezügen erlaubt.
f) Ob die im Dezember 2003 an die Klägerin erfolgte Kapitalleistung in Höhe von 23.163,73 € nach neuem Recht der Beitragspflicht unterliegt oder insofern nach altem Recht bereits endgültig Beitragsfreiheit eingetreten war, kann der Senat bei dieser Rechtslage ausgehend von den bisherigen Feststellungen des SG nicht abschließend entscheiden. Es ergeben sich insbesondere folgende Möglichkeiten, denen das Tatsachengericht nunmehr nachzugehen haben wird:
– Ist es unabhängig von der bereits im Dezember 1993 erfolgten Zahlung bei dem ursprünglich vereinbarten Auszahlungszeitpunkt am 1. Januar 2004 als Versicherungsfall des Kapitallebensversicherungsvertrages auf den Todes- oder Erlebensfall mit festem Auszahlungszeitpunkt (sog Termfix-Versicherung; vgl hierzu Bundesgerichtshof vom 3. Juni 1992, IV ZR 217/91, VersR 1992, 990) geblieben, hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch einen offenen Anspruch auf eine hier in Frage stehende Leistung iS von § 229 Abs 1 Satz 3 Regelung 2 SGB V gehabt, die damit der Beitragspflicht unterläge. Aus der dann ohne (jedenfalls einen sich hieraus ergebenden) Rechtsgrund vor Eintritt der Erfüllbarkeit erfolgten Zahlung ergäbe sich nichts Abweichendes.
– Ebenso wäre ohne Belang, wenn die Zahlung auf den in Frage stehenden und ansonsten unveränderten Direktversicherungsvertrag aufgrund einer (ergänzenden konstitutiven) Abrede der Vorauszahlung, die den Zahlungsanspruch der Klägerin unverändert in einer logischen Sekunde am 1. Januar 2004 entstehen und gleich durch Erfüllung wieder untergehen ließ (vgl Grüneberg in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Auflage 2006, § 362 RdNr 10, mwN), vorzeitig erbracht worden wäre. Auch dann unterläge die Versicherungsleistung der Beitragspflicht.
– Etwas anderes könnte dagegen gelten, wäre der im ursprünglichen Vertrag vorgesehene Endzeitpunkt einverständlich und rechtlich wirksam – etwa auf der Grundlage einer in den Besonderen Hinweisen zum Versicherungsvertrag unter Nr 7 vorgesehenen “Abkürzung der Versicherungsdauer” – in das Jahr 2003 vorverlegt worden.
– Schließlich käme Beitragsfreiheit mangels Anwendbarkeit neuen Rechts auch dann in Betracht, wenn die Klägerin den Versicherungsvertrag gekündigt hätte und die im Dezember 2003 erfolgte Zahlung in Wahrheit dem Rückkaufswert entspräche.
Soweit sich hiernach auf der Grundlage des ab dem 1. Januar 2004 geltenden neuen Rechts Beitragspflicht ergibt, wäre die Beklagte innerhalb der – ebenfalls noch zu überprüfenden – Grenzen der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze berechtigt, von der in Ermangelung einer zuständigen Zahlstelle iS von § 256 Abs 1 SGB V allein zur Tragung und Zahlung entsprechender Beiträge verpflichteten Klägerin (vgl §§ 250 Abs 1 Nr 1, 252 Satz 1 SGB V) Beiträge nach dem sich aus § 248 Satz 1 SGB V in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Art 1 Nr 148 Buchst a des GMG ergebenden vollen Beitragssatz (vgl insofern Urteil des Senats vom 24. August 2005, B 12 KR 29/04 R, SozR 4-2500 § 248 Nr 1) zu erheben.
2. Der Senat ist nicht iS von Art 100 Abs 1 GG davon überzeugt, dass die seit dem 1. Januar 2004 geltende uneingeschränkte Beitragspflicht von als nicht regelmäßige Kapitalzahlungen geleisteten Versorgungsbezügen gegen Verfassungsrecht verstößt. Dies gilt auch, soweit es sich um Zahlungen aus vor dem 1. Januar 2004 abgeschlossenen Direktlebensversicherungen handelt, die nach dem 31. Dezember 2004 fällig und ausgezahlt werden und auf die ab 1. Januar 2004 Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu zahlen sind.
a) Das BVerfG hat die Einbeziehung von Versorgungsbezügen in die Beitragsbemessung der krankenversicherungspflichtigen Rentner als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1988, 2 BvL 18/84, BVerfGE 79, 223 = SozR 2200 § 180 Nr 46). Der Senat hat die ab 1. Januar 2004 geltende Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz ebenfalls für verfassungsgemäß gehalten (vgl Urteile des Senats vom 24. August 2005, B 12 KR 29/04 R, SozR 4-2500 § 248 Nr 1, und vom 10. Mai 2006, B 12 KR 6/05 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, und B 12 KR 5/05 R, rv 2006, 113). Er hat hierbei nicht danach unterschieden, ob und in welchem Umfang die den Bezügen zugrunde liegenden Aufwendungen von den Versicherten selbst getragen wurden und ob auf die hierfür eingesetzten finanziellen Beiträge bereits Krankenversicherungsbeiträge erhoben worden waren. Ein Grundsatz, dem zufolge mit aus bereits der Beitragspflicht unterliegenden Einnahmen vom Versicherten selbst finanzierte Versorgungsbezüge nicht oder nicht mit dem vollen Beitragssatz der Beitragspflicht unterworfen werden dürfen, existiert im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht. Zwar wird der Aufbau einer zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung durch Steuervorteile gefördert, die Beiträge werden jedoch entsprechend der auch dadurch bewirkten späteren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rentners erhoben.
b) Der Senat ist auch nicht von einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG überzeugt, soweit Kapitalzahlungen aus Direktversicherungen anders als aus anderen privaten Altersvorsorgeformen, insbesondere aus privat abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen, zur Beitragsbemessung herangezogen und mit wiederkehrend gezahlten Leistungen gleichgestellt werden. Bereits in der Entscheidung vom 18. Dezember 1984 (12 RK 36/84, BSGE 58, 10, 15 = SozR 2200 § 180 Nr 25 S 92 ff) hat der Senat darauf hingewiesen, dass es dem Gestaltungsermessen des Gesetzgebers obliegt, zu entscheiden, ob er auch von vorneherein als Einmalzahlungen vereinbarte Versorgungsleistungen im Interesse einer möglichst lückenlosen Regelung und zur Verhinderung von Umgehungsmöglichkeiten zur Beitragsbemessung heranzieht oder sie aus Vereinfachungs- und Praktikabilitätsgründen vernachlässigt und zunächst die Auswirkungen der bestehenden gesetzlichen Regelung beobachtet (vgl auch Urteil des Senats vom 15. Dezember 1994, 12 RK 57/92, SozR 3-2500 § 229 Nr 4 S 16 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber nunmehr nach einer über zwanzigjährigen Beobachtungsphase in Wahrnehmung dieses Spielraumes auch im Hinblick auf Umgehungsmöglichkeiten Versorgungsbezüge in Form einmaliger Kapitalzahlungen mit regelmäßig wiederkehrend gezahlten Versorgungsbezügen gleichstellt und damit bei gleichartiger Verwurzelung in der früheren Erwerbstätigkeit eine Gleichbehandlung ohne Berücksichtigung der Zahlungsmodalitäten schafft. Auch einmalige Kapitalzahlungen erhöhen zudem ebenso wie regelmäßig wiederkehrende Zahlungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten, und zwar nicht nur im Monat der Auszahlung, sondern darüber hinaus. Die einmalige Kapitalzahlung verliert ihren Charakter als dem Lebensunterhalt nach der Beendigung oder Einschränkung der beruflichen Tätigkeit dienende Leistung nicht dadurch, dass der Versicherte die einmalige Kapitalzahlung zur Deckung eines Sonderbedarfes bestimmt hat. Auch bei wiederkehrenden beitragspflichtigen Versorgungsbezügen hängt nämlich die Beitragspflicht nicht davon ab, ob und wofür der Versicherte diese verbrauchen will oder verbraucht hat.
c) Entgegen der Auffassung der Revision verletzt die Erweiterung der Beitragspflicht auf einmalige Zahlungen aus Direktversicherungen ab 1. Januar 2004 nicht Art 2 Abs 1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das gilt auch, soweit Zahlungen auf bereits vor dem 1. Januar 2004 abgeschlossenen Versicherungsverträgen beruhen. Zwar knüpft die Beitragspflicht damit an ein in der Vergangenheit begründetes Vertragsverhältnis an, entfaltet aber nur, wie oben ausgeführt, eine sog unechte Rückwirkung. Diese ist verfassungsrechtlich zulässig, sofern ihr nicht im Einzelfall das schutzwürdige Vertrauen des Betroffenen entgegensteht (BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 1985, 2 BvL 24/82, BVerfGE 70, 69, 84). Das Vertrauen der Versicherten auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage ist insbesondere bei älteren Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zwar in der Regel hoch einzuschätzen (vgl BVerfG, Beschluss vom 24. März 1998, 1 BvL 6/92, BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7 S 34, und Beschluss vom 22. Mai 2001, 1 BvL 4/96, BVerfGE 103, 392, 404 = SozR 3-2500 § 240 Nr 39 S 198), der Senat hat jedoch bereits die Ausdehnung der seit dem 1. Januar 1983 geltenden Beitragspflicht in der Krankenversicherung auf Versorgungsbezüge auch bei Versicherungspflichtigen, die bereits eine Rente bezogen, für verfassungsgemäß erachtet (vgl Urteil des Senats vom 18. Dezember 1984, 12 RK 36/84, BSGE 58, 10 = SozR 2200 § 180 Nr 25). Vor allem konnte ein bei Abschluss der Direktversicherungen vorhandenes schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der Beitragsfreiheit einer hieraus in Zukunft fällig werdenden einmaligen Leistung nicht entstehen. In der Vergangenheit war nämlich die Verpflichtung der in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentner zur Zahlung von Beiträgen aus Renteneinkünften und Versorgungsbezügen wiederholt geändert worden. Auch die Voraussetzungen für die Krankenversicherungspflicht als Rentner waren mehrfach Änderungen unterworfen gewesen. Bei einer freiwilligen Mitgliedschaft der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung wären bei entsprechenden Satzungsbestimmungen der Krankenkasse einmalige Zahlungen, auch aus sonstigen Lebensversicherungen, monatlich mit einem Zwölftel des Jahresbetrages, umgelegt auf ein Jahr, oder mit 1/120 über 10 Jahre für die Beitragsbemessung zugrunde gelegt worden.
d) Die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG wird durch die Verpflichtung der Versicherten, Beiträge auf als Kapitalleistung ausgezahlte Versorgungsbezüge zu zahlen, nicht verletzt. Das Vermögen als solches ist durch Art 14 Abs 1 GG nicht gegen die Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten geschützt (vgl BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1994, 1 BvL 19/90, BVerfGE 91, 207, 220), soweit es dadurch nicht zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse kommt (vgl BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1990, 2 BvL 12/88 ua, BVerfGE 82, 159, 190; im Ausgangspunkt ebenso BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006, 2 BvR 2194/99, NJW 2006, 1191 ff). Diese Gefahr sieht der Senat nicht, zumal der Beseitigung der beitragsrechtlichen Privilegierung auch insofern eine Stärkung des Solidaritätsprinzips wie der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung gegenübersteht.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des SG vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 1695292 |
FA 2007, 160 |