Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein Ende der freiwilligen Mitgliedschaft für die Dauer des Krankengeldanspruchs bei rechtswidriger Annahme von Arbeitsfähigkeit durch die Krankenkasse. Ruhen des Krankengeldanspruchs bei Arbeitslosengeldbezug
Leitsatz (amtlich)
Hält eine Krankenkasse einen freiwillig Versicherten rechtswidrig für arbeitsfähig, zahlt deshalb kein Krankengeld und drängt ihn damit faktisch, Arbeitslosengeld zu beantragen, obwohl er seinen Krankengeldanspruch mit Rechtsbehelfen verfolgt, endet seine freiwillige Mitgliedschaft für die Dauer des Krankengeldanspruchs nicht.
Normenkette
SGB I § 2 Abs. 2 Hs. 2; SGB III §§ 126, 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 44 Abs. 1 S. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 3a, § 191 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Juli 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische Landessozialgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger über den 15. August 2002 hinaus Krankengeld (Krg) zusteht.
Der 1954 geborene Kläger war zuletzt als selbstständig erwerbstätiger Einzel-LKW-Fahrer bei der beklagten Krankenkasse (KK) freiwillig mit Anspruch auf Krg ab dem 15. Tag seiner Arbeitsunfähigkeit (AU) versichert. Auf Grund einer im Dezember 2001 eingetretenen AU erhielt der Kläger von der Beklagten durchgehend Krg vom 7. Januar bis 7. August 2002. Von diesem Endzeitpunkt an hielt die Beklagte ihn mit Blick auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) wieder für arbeitsfähig und lehnte die Weitergewährung von Krg ab (Bescheid vom 7. August 2002; Widerspruchsbescheid vom 27. August 2002).
Nach Arbeitslosmeldung bezog der Kläger vom 16. August 2002 bis 9. März 2004 Arbeitslosengeld (Alg) von der Bundesanstalt/Bundesagentur für Arbeit. Mit Wirkung ab 1. Oktober 2003 wurde ihm rückwirkend Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage auf Gewährung von Krg über den 7. August 2002 hinaus aus medizinischen Gründen und wegen der Möglichkeit, leichte körperliche Tätigkeiten auszuüben (zB als Kraftfahrer im Nahverkehr) abgewiesen (Urteil vom 13. November 2003). Im anschließenden Berufungsverfahren hat die Beklagte einen Krg-Anspruch des Klägers noch bis zum 15. August 2002 anerkannt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die aufrechterhaltene weiter gehende Berufung des Klägers zurückgewiesen: Der Anspruch auf Krg habe “auch bei angenommener weiterer AU” wegen der Alg-Zahlung ab 16. August 2002 nach § 49 Abs 1 Nr 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geruht; ein Krg-Spitzbetrag sei nicht zu zahlen (Urteil vom 14. Juli 2005).
Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision wendet sich der Kläger dagegen, dass sein Krg-Anspruch einschließlich eines Spitzbetrages unabhängig davon ruhen solle, aus welchen Gründen ihm Alg gewährt worden sei. Er rügt die Verletzung des § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V. Zwar ordne diese Regelung das Ruhen des Krg bei Alg-Bezug an, § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) regele aber auch umgekehrt das Ruhen des Alg-Anspruchs wegen Zuerkennung von Krg. Es dürfe nicht von Zufälligkeiten abhängen, ob einem Versicherten das höhere und länger zu gewährende Krg oder nur Alg zustehe. Der Alg-Bezug schließe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Krg-Ansprüche nur für den Zeitraum der sechswöchigen Alg-Fortzahlung nach § 126 SGB III aus. Die unterbliebene Sachaufklärung der Voraussetzungen von AU durch das LSG bedeute, dass es effektiven Rechtsschutz verweigere. Darüber hinaus müsse angesichts des Umstandes, dass er (der Kläger) ab 1. Oktober 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalte, ohnehin von zuvor bestehender dauerhafter AU ausgegangen werden. Tätigkeiten im Rahmen von Transporten entsprächen nicht seinem Leistungsvermögen. Er habe sich auch nicht etwa von seiner Erwerbstätigkeit gelöst, indem er sich arbeitslos gemeldet bzw sein Transportfahrzeug an den Leasinggeber zurückgegeben habe. Dass der behandelnde Arzt der Verneinung der AU durch den MDK nicht formell widersprochen habe, sei ohne Belang.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Juli 2005 und des Sozialgerichts Regensburg vom 13. November 2003 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7. August 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2002 zu verurteilen, ihm Krankengeld auch vom 16. August 2002 bis zum 30. September 2003 unter Anrechnung der erhaltenen Leistungen wegen Arbeitslosigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Juli 2005 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Sie meint, die Ermittlungen hätten auch für die Zeit ab 16. August 2002 ergeben, dass der Kläger nicht arbeitsunfähig gewesen sei. Da er sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe, setze dies seine Arbeitsfähigkeit voraus.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Die zulässige Revision des Klägers ist (nur) im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet und im Übrigen zurückzuweisen. Ob der Kläger Anspruch auf Krg über den 15. August 2002 hinaus – im Rahmen der gesetzlichen Höchstdauer (§ 48 Abs 1 SGB V) – hat, kann ohne weitere, vom LSG nachzuholende Feststellungen nicht entschieden werden.
1. Der Umfang des Versicherungsschutzes des Klägers hinsichtlich des begehrten Krg ergibt sich im streitrelevanten Zeitraum ab 16. August 2002 aus seiner fortbestehenden Versicherung als freiwillig Versicherter, wenn er weiterhin wegen AU Krg beanspruchen konnte.
Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 Fall 1 SGB V haben “Versicherte” Anspruch auf Krg, wenn – abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung – Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das bei Entstehung des Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als “Versicherter” einen Anspruch auf Krg hat. Generell beruht der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V und speziell der Umfang des Krg-Anspruchs auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis (vgl Senatsurteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 9/06 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Bei Versicherungspflichtigen ergibt sich die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts auch daraus, dass der Krg-Anspruch oder der tatsächliche Krg-Bezug die Mitgliedschaft erhält (vgl § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V). Dem entspricht es, dass sich der Maßstab für die AU allein aus dem Umfang des Versicherungsschutzes in dem jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis ergibt (stRspr, vgl Urteile des erkennenden Senats BSGE 90, 72, 75 = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 S 32; BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr 6 jeweils RdNr 5, 24; Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 21/05 R und vom 30. Mai 2006 – B 1 KR 19/05 R – RdNr 12 mwN, beide zur Veröffentlichung vorgesehen).
Für freiwillig Versicherte gilt im Ergebnis nichts anderes. Einer § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V entsprechenden Regelung bedurfte es nicht, da bei freiwillig Versicherten – anders als bei Versicherten nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V – der Bestand des Versicherungsverhältnisses durch den Eintritt von AU nicht gefährdet ist. Einem denkmöglichen Ende der freiwilligen Mitgliedschaft nach § 191 Satz 1 Nr 3 SGB V steht entgegen, dass ein Mitglied für die Dauer des Krg-Anspruchs beitragsfrei ist (§ 224 Abs 1 SGB V). Auch bei freiwillig Versicherten richtet sich der Maßstab der AU nach der Erwerbstätigkeit, die unmittelbar vor ärztlicher Feststellung der AU (vgl generell dazu zuletzt Senat, Urteil vom 30. Mai 2006 – B 1 KR 19/05 R – RdNr 12, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1, jeweils RdNr 14 mwN) verrichtet worden ist.
2. Entgegen der Ansicht des LSG ergibt sich hiervon keine Ausnahme nach § 191 Satz 1 Nr 2 SGB V, wenn die KK einen freiwillig Versicherten trotz fortbestehender AU rechtswidrig für arbeitsfähig einschätzt, ihm deshalb weiteres Krg vorenthält und ihn faktisch dazu zwingt, Alg in Anspruch zu nehmen, obwohl er seinen Krg-Anspruch mit Rechtsbehelfen verfolgt. In dem Regelungssystem des SGB V bildet § 191 Satz 1 Nr 2 SGB V insoweit nur eine scheinbare Ausnahme von dem Grundsatz, dass die KK durch rechtswidriges, mit Rechtsbehelfen angegriffenes Verhalten keinen Versicherten, der einen Krg-Anspruch hat, gegen seinen Willen aus seinem Versicherungsverhältnis drängen kann mit der Folge, dass der Anspruch erlischt.
Zwar scheint der Wortlaut der Norm dafür zu sprechen, dass die freiwillige Mitgliedschaft unabhängig davon – mit Beginn einer Pflichtmitgliedschaft – endet, worauf dieser Beginn beruht. An den Fall des Beginns einer Pflichtmitgliedschaft wegen Alg-Bezugs (§ 5 Abs 1 Nr 2 SGB V) auf Grund rechtswidriger Vorenthaltung von Krg hat der Gesetzgeber indes nicht gedacht. Die Regelung soll vielmehr nur in allgemeiner Form den Vorrang der Pflichtmitgliedschaft vor der freiwilligen Mitgliedschaft klarstellen (vgl Entwurf der Bundesregierung zum Gesundheits-Reformgesetz, Bundestags-Drucks 11/2237 S 217 zu § 200 Nr 2). Auch wenn eine zunächst bestehende freiwillige Versicherung unabhängig davon endet, welcher Tatbestand des § 5 Abs 1 SGB V die Pflichtmitgliedschaft begründet (vgl zB Karl Peters in: Kasseler Kommentar, Stand 1. September 2006, § 191 SGB V RdNr 7), muss dies angesichts des mit § 191 SGB V allein geregelten Konkurrenzverhältnisses zweier Formen von Versicherungsschutz einerseits und der besonderen Schutzfunktion der sozialen Rechte (§ 2 Abs 2 Halbsatz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB I≫) andererseits auf die Fälle rechtmäßigen Verwaltungshandelns begrenzt bleiben. Sollte sich daher – was das LSG ausdrücklich offen gelassen hat – herausstellen, dass bei dem Kläger AU tatsächlich weiter vorlag, bliebe es für die Dauer des Krg-Anspruchs bei seinem bisherigen versicherungsrechtlichen Status und seine freiwillige Versicherung wäre nicht nach § 191 Satz 1 Nr 2 SGB V mit dem 15. August 2002 beendet.
Nur diese Auslegung steht in Einklang mit den Grundgedanken, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch zur Anerkennung des Instituts des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bei Verletzung sozialbehördlicher Informations- und Betreuungspflichten gegenüber einem Leistungsberechtigten geführt haben (vgl zusammenfassend zuletzt zB: BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 5 RdNr 8 f mwN; BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 jeweils RdNr 31; BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4 S 37 f mwN). In derartigen Fällen hat die Behörde den Betroffenen durch Vornahme einer rechtmäßigen Amtshandlung grundsätzlich so zu stellen, als hätte sie ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllt. Diese Wertung hat erst recht zu gelten, wenn es nicht nur um die Verletzung behördlicher Nebenpflichten geht, sondern sogar um die Hauptpflicht einer Behörde, über den an sie herangetragenen Leistungsantrag des Betroffenen eine rechtmäßige Entscheidung zu treffen.
3. Das LSG hat von seiner Rechtsansicht aus zu Recht nicht festgestellt, dass der Kläger über den 15. August 2002 hinaus arbeitsunfähig war. Die Feststellung von AU ergibt sich auch nicht in sonstiger Weise aus den vom LSG im Übrigen getroffenen Feststellungen.
a) Dem Kläger kann nicht mit der Beklagten entgegengehalten werden, er habe sich im Rahmen der Arbeitslosmeldung für verfügbar und arbeitsfähig gehalten und auch die Bundesanstalt/Bundesagentur für Arbeit habe dies angenommen. Ausgangspunkt ist vielmehr – wie dargelegt – die Erwerbstätigkeit, die der Kläger unmittelbar vor der ärztlichen Feststellung der AU verrichtet hat. Dieser Maßstab für die Feststellung der Arbeitsfähigkeit ist regelmäßig ein anderer als bei einem nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V krankenversicherungspflichtigen arbeitsunfähigen Arbeitslosen (vgl insoweit die differenzierende Rspr des Senats in: SozR 3-2500 § 44 Nr 9 S 23 ff; BSGE 90, 72 ff = SozR 3-2500 § 44 Nr 10; BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr 6, jeweils RdNr 4 ff, zuletzt: Senats-Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 21/05 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Gegen den Kläger wirkt sich auch nicht ohne Weiteres das Ergebnis der MDK-Begutachtung aus, auf Grund derer die Beklagte seine AU verneint hat. Wie der Senat zuletzt in seinen Urteilen vom 8. November 2005 – B 1 KR 18/04 R (SozR 4-2500 § 44 Nr 7 RdNr 19 ff mwN) und B 1 KR 30/04 R (BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1, jeweils RdNr 25 mwN) ausführlich dargestellt hat, steht einem Versicherten erst dann kein Krg zu, wenn sich mit den zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht nachweisen lässt, dass er aus Krankheitsgründen nicht in der Lage gewesen ist, seine (versicherte) Arbeit zu verrichten. Weder einer AU-Bescheinigung des behandelnden Arztes noch einem MDK-Gutachten kommt in diesem Zusammenhang im Streitfall allein entscheidende oder vorrangige Bedeutung zu. Es handelt sich bei entsprechenden Stellungnahmen in einem sozialgerichtlichen Verfahren vielmehr um “normale” Beweismittel, die auch durch andere Beweismittel widerlegbar sind, wobei sich die Frage, ob bereits vorliegende Unterlagen als ausreichender Nachweis angesehen werden können, nach den Umständen des Einzelfalls richtet und pflichtgemäßem richterlichen Ermessen unterliegt.
b) Entgegen der Ansicht der Revision kann allerdings auch nicht umgekehrt aus dem Umstand, dass der Kläger ab 1. Oktober 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält, von schon zuvor dauerhaft bestehender AU im hier streitbefangenen Zeitraum ausgegangen werden. Sein im Revisionsverfahren gestellter, auf Verurteilung der Beklagten zur Krg-Gewährung gerichteter Hauptantrag musste daher ohne Erfolg bleiben. Denn weder sind die rechtlichen Maßstäbe für Erwerbsminderung iS des Rentenversicherungsrechts und diejenigen für AU iS des Krankenversicherungsrechts identisch, noch entfalten Feststellungen des Rentenversicherungsträgers ohne Weiteres Bindungswirkung für die Feststellung der Voraussetzungen für Krg.
4. Ergeben die weiteren Ermittlungen des LSG, dass der Kläger auch ab 16. August 2002 arbeitsunfähig gewesen ist, kann sich die Beklagte schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Krg-Anspruch habe entsprechend der Ansicht des LSG wegen Alg-Bezugs nach § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V (idF durch Art 4 Nr 2b Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7. August 1996, BGBl I 1254) geruht. Zu einem Ruhen nach § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V käme es nicht, da die AU in diesem Falle bereits vor dem Bezug von Alg eingetreten wäre, nämlich – wie dargelegt – ununterbrochen seit dem 6. Januar 2002.
Nach § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V ruht der Anspruch auf Krg, solange Versicherte ua Alg beziehen. Wie der erkennende Senat (stRspr, BSG SozR 3-2500 § 44 Nr 9 S 28; BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr 6, jeweils RdNr 6; BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1, jeweils RdNr 33 ff) bereits entschieden hat, ist das Konkurrenzverhältnis zwischen § 142 Abs 1 Nr 2 SGB III (idF durch Art 1 Arbeitsförderungs-Reformgesetz vom 24. März 1997, BGBl I 594), der das Ruhen des Alg-Anspruchs während des Krg-Bezuges anordnet, und § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V, welcher das hier streitige Ruhen des Krg-Anspruchs bei Alg-Bezug betrifft, dahin aufzulösen, dass der Krg-Anspruch nur während des Zeitraums ruht, in dem Alg während der ersten sechs Wochen einer AU gemäß § 126 SGB III fortzuzahlen ist. Im Übrigen kommt die Alg-Ruhensregelung des § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III, die dem früheren § 118 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz entspricht, zum Tragen (ebenso 11. Senat, BSGE 93, 59 = SozR 4-4300 § 125 Nr 1, jeweils RdNr 11 mwN).
Da im Falle des Nachweises der fortbestehenden AU bezüglich des bereits erbrachten Alg ein Erstattungsanspruch der Arbeitsverwaltung gegen die Beklagte besteht, gilt in diesem Fall der Anspruch des Klägers gegen die zur Krg-Leistung verpflichtete Beklagte in Höhe des Alg als erfüllt (§ 107 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). Dem Kläger stünde dann für die Zeit des Alg-Bezugs nur noch der Differenzbetrag zwischen dem Alg und dem höheren Krg zu (vgl BSG SozR 3-2500 § 44 Nr 9 S 28; BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1, jeweils RdNr 35).
5. Da nach alledem weitere Ermittlungen notwendig sind und der erkennende Senat die erforderlichen Feststellungen im Revisionsverfahren nicht selbst nachholen kann, muss die Sache nach § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das LSG zurückverwiesen werden. Es wird insbesondere dem Vortrag nachzugehen haben, dass das SG mit der Verweisung auf dem Kläger vermeintlich gesundheitlich noch mögliche Erwerbstätigkeiten die Grenzen der Bestimmung der AU zu weit gezogen habe.
6. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 1695286 |
FA 2007, 160 |
info-also 2007, 117 |