Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Halbwaisenrente aus dem Versicherungsverhältnis eines Großvaters
Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Halbwaisenrente aus dem Versicherungsverhältnis seines Großvaters A. … W. … (A. W.).
Der Kläger ist am 9. Juni 1980 von der damals 16jährigen, im Haushalt ihrer Eltern lebenden Gymnasiastin Monika W. … (W.) nichtehelich geboren und - zusammen mit seiner Mutter - in das Haus seiner Großeltern aufgenommen worden. Bereits damals litt der 1935 geborene Großvater A. W. an einer lymphogenen Metastasierung einer - erstmals 1976 - operierten Geschwulsterkrankung bei Zustand nach Unterschenkelamputation links. Seine Mitarbeit im Lebensmittelgeschäft seiner Frau gab er mit Ablauf des Jahres 1980 auf. Mit Bescheid vom 20. Oktober 1981 anerkannte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ab Februar 1979 Erwerbsunfähigkeit (EU) und bewilligte ihm hierwegen ab 11. Juni 1981 (im Anschluß an Übergangsgeld) Versichertenrente. Am 11. November 1982 ist A. W. verstorben. Die Rente betrug zuletzt (seit 1. Juli 1982) einschließlich eines Kinderzuschusses für die Mutter des Klägers (152,90 DM monatlich) 957,70 DM monatlich. Außerdem zahlte die Kindergeldkasse, nachdem die Mutter des Klägers einen entsprechenden Verzicht erklärt hatte, dem Großvater für den Kläger Kindergeld in Höhe von zuletzt monatlich 100,-- DM. Der nichteheliche Vater des Klägers zahlte Unterhalt im Betrag von monatlich 190,-- DM. Schon im März 1981 hatte die Großmutter des Klägers ihr Lebensmittelgeschäft aufgegeben, so daß das der Mutter Monika W. von da an gewährte "Schüler-BAföG" von zuletzt 260,-- DM monatlich in den Haushalt der Großeltern floß.
Nach dem Tod des Großvaters gewährte die Beklagte zwar der Mutter des Klägers Halbwaisenrente, lehnte aber mit dem streitigen Bescheid vom 6. Mai 1983 und dem bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 15. November 1983 einen gleichartigen Antrag des Klägers ab: A. W. habe den Kläger nicht nur nicht überwiegend unterhalten, sondern ihn auch nicht in seinen Haushalt aufgenommen gehabt. Vielmehr sei ein gemeinsamer Haushalt mit der Mutter des Klägers geführt worden.
Mit der hiergegen erhobenen Klage hatte der Kläger in den Vorinstanzen Erfolg. In der angefochtenen Entscheidung hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Beklagten gegen das dem Kläger Halbwaisenrente zusprechende Urteil des Sozialgerichts (SG) zurückgewiesen und ausgeführt: Der Großvater habe den Kläger nach dessen Geburt i.S. von § 44 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der zur Zeit seines Todes geltenden Fassung "in seinen Haushalt aufgenommen" gehabt. Die Beklagte könne sich für ihre Auffassung, daß von einer Aufnahme des Enkelkinds in den Haushalt eines Großvaters immer dann nicht gesprochen werden könne, wenn auch die Mutter des Kindes in diesem Haushalt lebe, zwar auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stützen (Hinweis auf das Urteil vom 10. Februar 1983 - 5b RJ 56/81). Die dort in bezug genommene ältere BSG-Rechtsprechung habe jedoch Gedankengut verwendet, welches ursprünglich zum Pflegekindverhältnis entwickelt worden sei. Durch die Neufassung des § 1262 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO)/§ 39 Abs. 1 AVG ab Juli 1964 sei den Enkelkindern aber ein eigenständiger Waisenrentenanspruch eingeräumt worden. Es gebe keinen Anlaß mehr, auf einer "Weggabe" des Kindes aus der elterlichen Obhut zu beharren. Im Falle des Klägers habe die Beweisaufnahme ergeben, daß er als Kind gleich nach seiner Geburt in rein familienhafter Weise allein in den Haushalt seiner Großeltern, nicht in den Haushalt seiner Mutter aufgenommen worden sei. Die Mutter des Klägers habe auch nach seiner Geburt unverändert als umsorgte Tochter im Haushalt ihrer Eltern weitergelebt, ohne wesentliche neue und vermehrte Pflichten und Aufgaben in ihm zu übernehmen. Zudem habe das Haus, in dem sich die Familienwohnung befinde, allein dem Versicherten gehört. Es sei auch nicht für eine doppelte Haushaltsführung eingerichtet gewesen. Der Kläger sei von Anfang an wie ein Kind in den Haushalt seiner Großeltern und in deren beider verantwortliche Betreuung aufgenommen worden. Bis zum Tode des Großvaters sei dagegen zwischen dem Kläger und seiner Mutter noch keine kind-elternhafte Beziehung gewachsen gewesen. Anfänglich habe A. W. einen ganz erheblichen Teil der Fürsorge- und Betreuungsleistungen erbracht. Auch nachdem seine schwere Erkrankung fortgeschritten sei, habe er den Kläger noch stundenweise betreut und sich um ihn sehr gekümmert. Dem Kläger stehe nach dem Fortfall der ihm von dem Versicherten gewährten Betreuungsleistungen und Zuwendungen nach diesem Halbwaisenrente zu.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision tritt die Beklagte diesem Urteil entgegen und führt aus: Bisher habe ein Enkelkind dann in den Haushalt des Versicherten aufgenommen gegolten, wenn es aus dem Haushalt der Eltern ausgeschieden und in den Haushalt des versicherten Großelternteils voll einbezogen gewesen sei (Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG in SozR Nr. 6 zu § 1262 RVO; SozR Nr. 24 zu § 1267 RVO; SozR Nr. 5 zu § 2 BKGG und Urteil vom 24. Februar 1965 - 4 RJ 277/63). Könne der Haushalt der Großeltern in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auch der Kindesmutter zugeordnet werden, weil sie im Haushalt ihrer Eltern entsprechend beteiligt sei, so scheide eine "Aufnahme" in den großelterlichen Haushalt i.S. von § 44 Abs. 1 AVG a.F. aus (Hinweis auf die Entscheidungen des BSG vom 26. Oktober 1967 - 4 RJ 43/65 - im Anschluß an SozR Nr. 24 zu § 1267 RVO und SozR Nr. 15 zu § 1262 RVO). Ein nichteheliches Kind, das zusammen mit seiner Mutter im Haushalt der Großeltern lebe, gelte nach allem nicht als in diesem aufgenommen. Die Forderung, daß das Enkelkind in den Haushalt des versicherten Großelternteils Aufnahme gefunden haben müsse, setze die "Weggabe" des Kindes aus der Obhut der Mutter in die Obhut des versicherten Großelternteils voraus, so daß keine Aufnahme in den großelterlichen Haushalt vorliege, solange die Kindesmutter ebenfalls im Haushalt lebe. In diesem Fall könne auch deshalb nicht von einer Aufnahme des Enkelkinds in den großelterlichen Haushalt gesprochen werden, weil das Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art zwischen Kind und leiblicher Mutter enger sei als zwischen Kind und Großeltern (Hinweis auf SozR Nr. 24 zu § 1267 RVO).
Die Beklagte beantragt,
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unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Sozialgerichts vom 14. Mai 1985 die Klage abzuweisen. |
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, wegen des Wegfalls der Betreuungsleistungen des Großvaters sei eine Halbwaisenrente zu gewähren. Der Großvater habe den Kläger auch überwiegend unterhalten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist zulässig und i.S. der Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz begründet.
Für die von dem klagenden Kind aus dem Versicherungsverhältnis A. W.'s beanspruchte Hinterbliebenenrente ist der Versicherungsfall - Tod des Großvaters - im November 1982 eingetreten. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AVG in der damals - bis zum Inkrafttreten des Adoptions-Anpassungsgesetzes vom 24. Juni 1985 (BGBl. I S. 1144) - geltenden Fassung des Zwanzigsten Rentenanpassungsgesetzes vom 27. Juni 1977 (BGBl. I S. 1040) erhalten nach dem Tod des Versicherten Waisenrente bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs neben seinen Kindern (§ 39 Abs. 2 AVG = § 1262 RVO) u.a. seine Enkel, die er in seinen Haushalt aufgenommen oder überwiegend unterhalten hat.
Der Senat hat derzeit keinen Anlaß zu entscheiden, ob an der vom 5b Senat des BSG in der Entscheidung vom 10. Februar 1983 - 5b RJ 56/81 - unter Berufung vorwiegend auf eine bereits ältere BSG-Rechtsprechung vertretene Rechtsauffassung festzuhalten ist, daß immer dann schon die Aufnahme eines Enkels in der Haushalt eines Großelternteils zu verneinen ist, wenn das Enkelkind - wie hier - zusammen mit seiner Mutter bei den Großeltern lebt. Selbst wenn der Senat, dem LSG folgend, dieser Rechtsprechung nicht beitreten würde, könnte er die dem Kläger Waisenrente zusprechende Entscheidung des Berufungsgerichts noch nicht bestätigen. Die Vorinstanz hat nämlich nicht alle sachlich-rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente geprüft und deshalb auch nicht alle für eine abschließende Entscheidung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen.
Das LSG hat zunächst dahinstehen lassen, ob der verstorbene Versicherte den Kläger i.S. der 2. Alternative a.a.O. "überwiegend unterhalten" hat. Der Senat verneint diese Frage. Der Unterhalt eines nicht mit seinen beiden Elternteilen zusammenlebenden nichtehelichen Kindes besteht aus dem Barunterhalt, den der nichterziehende Elternteil in Form einer Unterhaltsrente zu leisten hat (§§ 1615a, 1612 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB), und dem Naturalunterhalt durch Zuwendung von Pflege und Erziehung, auf den sich der andere Elternteil beschränken darf (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, sog. Betreuungsunterhalt). Barunterhalt und Naturalunterhalt (Betreuungsunterhalt) sind grundsätzlich gleichwertig, folgerichtig auch gleich zu bewerten (allg. Meinung, vgl. unter Darstellung der zivilgerichtlichen einschlägigen Rechtsprechung z.B. Wendel/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 1986, S. 121 bis 123; Handbuch des Unterhaltsrechts, Stand: Dezember 1986, 12. Kapitel, S. 60 und 61; Soergel/Häberle, BGB, Band 8, Stand: Frühjahr 1987, § 1606 Rdnr. 6; Palandt/Diederichsen, BGB, 247. Aufl. 1983, § 1606 Anm. 3 Ab und § 1610 Anm. 1). Für die Gleichwertigkeit des Betreuungsunterhalts ist unerheblich, ob der Elternteil selbst betreut oder die Betreuung durch einen Dritten, z.B. die Großeltern, vornehmen läßt (BGH NJW 1981, 1559).
Das angefochtene Urteil enthält keine ausdrückliche Feststellung zu der Frage, ob A. W. dem Kläger im Jahre 1982 Barunterhalt gewährt hat. Der vom LSG festgestellte Sachverhalt reicht aber aus, um dies zu verneinen. In diesem Jahr betrug der Regelunterhaltsbedarf eines nichtehelichen Kindes bis zur Vollendung des 6. Lebensjahrs, das sich in der Pflege der Mutter befindet (§ 1615f BGB), nach der Regelunterhalts-Verordnung vom 27. Juni 1970 (BGBl. I S. 1010) i.d.F. der Verordnung vom 10. August 1981 (BGBl. I S. 835) monatlich 207,-- DM. Der Kläger selbst aber hatte zur Zeit des Todes des Versicherten den vom nichtehelichen Vater gezahlten Unterhalt in Höhe von 190,-- DM monatlich sowie das für ihn zweckbestimmte Kindergeld von 100,-- DM monatlich, zusammen also 290,-- DM monatlich in den gemeinsamen Haushalt eingebracht. Daß A. W. dem Kläger hierzu zusätzlich Barunterhalt gewährt hätte, ist nach dessen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgeschlossen. Mit einer Rente (einschließlich eines Kinderzuschusses für die Mutter des Klägers) von monatlich 957,50 DM hatte er für sich und seine Tochter, möglicherweise - Feststellungen des LSG hierzu fehlen - auch für den Unterhalt seiner Frau, der Großmutter des Klägers, aufzukommen. Nach der sog. Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Januar 1982, NJW 1982, 19) betrug damals der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt) eines nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 825,-- DM monatlich. Die Annahme einer Barunterhaltsleistung entbehrt bei diesem Sachverhalt einer Grundlage.
Der Versicherte hat aber dem Kläger zuletzt nicht nur keinen Barunterhalt, sondern auch keinen überwiegenden Betreuungsunterhalt geleistet. Das folgt im Regelfall zum einen schon daraus, daß der Naturalunterhalt insgesamt nicht höher zu bewerten ist als der Barunterhalt (zur Schätzung des Werts von Betreuungsleistungen vgl. auch BSG SozR 1750 § 287 Nr. 1). Da A. W. mit seiner Frau, der Großmutter des Klägers, einen gemeinsamen Haushalt führte, ist zum anderen davon auszugehen, daß auch diese - gegebenenfalls zusammen mit der Tochter Monika, der Mutter des Klägers - zumindest gleichviel an Betreuung des Klägers aufwendete. Ein Überwiegen der Betreuungsleistung des Versicherten scheidet deshalb aus.
Die hiernach notwendige Prüfung der 1. Alternative des § 44 Abs. 1 Satz 1 AVG a.F. ergibt:
Die höchstrichterliche Rechtsprechung und ihr folgend das Schrifttum haben unter Haushaltsaufnahme des Kindes - nicht nur zu § 44 AVG/§ 1267 RVO, sondern auch zu dem gleichlautend verwendeten Begriff im Recht des Kinderzuschusses nach § 39 AVG/§ 1262 RVO und im Recht des Kindergeldes (§ 2 Abs. 1 des Bundeskindergeldgesetzes - BKGG) - nicht allein die Begründung einer Wohngemeinschaft verstanden. So ist darunter "ein auf längere Dauer gerichtetes Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienähnlicher Art" (BSGE 29, 292 = SozR Nr. 19 zu § 1262 RVO; BSGE 20, 91, 93 = SozR Nr. 10 zu § 2 KGG), die "Aufnahme in die Familiengemeinschaft" (BSGE 39, 207, 208 = SozR 2200 § 1267 Nr. 10) oder ein "elternähnliches, auf die Dauer berechnetes Band" (BSGE 20, 91, 94) erblickt worden. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung die Aufnahme in den Haushalt aber auch mit "Versorgen" gleichgestellt (vgl. BSGE 20, 91, 93 und 29, 292, 293 sowie BSG SozR Nr. 26 zu § 1262), unter dem auch das Gewähren von Unterhalt verstanden wurde (BSGE 45, 67, 69, 70 = SozR 2200 § 1262 Nr. 11). In zusammenfassender Würdigung der Entwicklung in der Rechtsprechung ist das BSG schließlich zu dem Ergebnis gelangt, daß unter Haushaltsaufnahme nicht nur ein örtlich gebundenes Zusammenleben zu verstehen ist, sondern daß sie die Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung von Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) bezeichnet (SozR 2200 § 1262 Nr. 14).
Da im vorliegenden Fall nicht ein dem Großelternteil zuzuwendender Familienlastenausgleich streitig ist, wie sie Kinderzuschuß und Bundeskindergeld darstellen, sondern das Enkelkind selbst aus dem Versicherungsverhältnis des verstorbenen Großvaters Hinterbliebenenrente beansprucht, wird besonders deutlich, daß für eine "Haushaltsaufnahme" nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AVG a.F. das Element der Gewährung materiellen Unterhalts unerläßlich ist: Hinterbliebenenrenten haben die Funktion, einen durch den Tod des Versicherten entfallenden Unterhalt zu ersetzen ("Unterhaltsfunktion" der Hinterbliebenenrente; vgl. statt vieler BVerfGE 39, 169 ff. und 48, 346 ff.; Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Hinterbliebenenrentenrechts usw., BR-Drucks 500/84 S. 23). Waisenrente kann mithin nicht demjenigen Enkel gewährt werden, dem durch den Tod eines Großelternteils nur die Zuwendung immaterieller Art genommen worden ist.
Wie die oben zur 2. Alternative a.a.O. gemachten Ausführungen ergeben, konnte A. W. dem Kläger keinen Barunterhalt, sondern Unterhalt allein in der Form der Pflege und Erziehung (Betreuungsunterhalt) gewähren, wobei er sich im gemeinsamen Haushalt die Leistung dieses Naturalunterhalts an den Kläger mit seiner Tochter Monika, der Mutter des Klägers, und seiner Frau, der Großmutter des Klägers, teilte. Diese Aufteilung allein braucht der Annahme, daß A. W. den Kläger in seinen Haushalt aufgenommen hatte, noch nicht entgegenzustehen: Bei der Prüfung der 1. Alternative des § 44 Abs. 1 Satz 1 AVG a.F. genügt - im Gegensatz zur 2. Alternative, die überwiegendes Unterhalten verlangt - bereits die Darreichung nicht unerheblichen Unterhalts an das im Haushalt lebende Kind. Als nicht unerheblich ist ein Unterhalt in der - dem Barunterhalt gleichwertigen (s.o.) - Form des Betreuungsunterhalts anzusehen, wenn er zumindest ein Viertel des insgesamt für das Kind aufzubringenden zeitlichen Betreuungsaufwands beansprucht.
Ob dies vorliegend der Fall war, lassen die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht erkennen. Der Großvater des Kläger war bereits geraume Zeit vor seinem Tod sehr schwer krank; möglicherweise bedurfte er selbst der Betreuung. Freilich führt das LSG aus, er habe den Kläger gleichwohl "täglich noch stundenweise betreut und sich sehr um ihn gekümmert". Bei den außerordentlichen krankheitsbedingten Behinderungen des Versicherten erscheint indessen fraglich und bedarf der genauen Prüfung, ob er dem Kläger nennenswert Pflege und Erziehung zuwenden konnte, die sich als Leistung von Unterhalt ansprechen läßt. Die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz gibt dem LSG Gelegenheit, diese Feststellungen nachzuholen. Dabei wird es wie folgt zu verfahren haben:
Da die - zuletzt bereits volljährige - Mutter des Klägers mit ihm in Hause des Großvaters lebte, ist zunächst festzustellen, wie groß ihr zeitlicher Anteil an dem dem Kläger zugewendeten Betreuungsunterhalt war. Der dann verbleibende Zeitaufwand ist gemäß dem tatsächlichen Anteil von Großmutter und Großvater (Versicherter) aufzuteilen. Nur wenn der auf den letzteren entfallende Zeitanteil mindestens ein Viertel des insgesamt erforderlichen Betreuungsaufwands erreicht, läßt sich auf Haushaltsaufnahme i.S. der hier zu prüfenden Alternative 1 a.a.O. schließen. Sollte das LSG nach Beweisaufnahme feststellen, daß der zeitliche Betreuungsaufwand mit weniger als einem Viertel nicht ins Gewicht fällt, müßte der Anspruch des Klägers schon daran scheitern, daß von seiten des Großvaters Unterhalt nicht nennenswert geleistet worden ist. Dann aber wäre die eingangs genannte Rechtsprechung des 5b Senats für den konkreten Fall nicht entscheidungserheblich. Zu dieser Rechtsprechung schon vor voller Prüfung des Falles in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen oder die Sache gar dem Großen Senat des BSG gemäß § 112 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Entscheidung vorzulegen, erscheint dem erkennenden Senat daher derzeit untunlich i.S. von § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG.
Der Kläger hat zur Zeit des Todes des Versicherten von seinem Vater mit 190,-- DM monatlich einen Barunterhalt unterhalb seines Regelbedarfs (s.o.) erhalten. Im übrigen ist nur noch Kindergeld gewährt worden. Durch das Zusammenleben von Kläger und Versichertem sind diesem mithin keine materiellen Vorteile in einem Umfang zugeflossen, die Anlaß gäben, den etwa dargereichten Naturalunterhalt und den mit der Aufnahme des Enkels verbundenen Mittelzufluß zu "saldieren".
Nach allem war zu entscheiden wie geschehen und der Ausspruch im Kostenpunkt der Endentscheidung in der Sache vorzubehalten.
Fundstellen