Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. sozialgerichtliches Verfahren. Zurücknahme der Berufung. Vorrang des § 145 Abs 5 SGG. Anwendbarkeit des § 48 SGB 10. rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer. zum Tatbestandsmerkmal "Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts"
Orientierungssatz
1. Das BSG hat nicht mehr zu prüfen, ob das Urteil des SG durch die Berufungsrücknahme bereits rechtskräftig geworden ist. Zwar bewirkt die Zurücknahme der Berufung eigentlich den Verlust des Rechtsmittels; die Vorschrift des § 145 Abs 5 SGG geht jedoch der Regelung des § 156 Abs 2 S 1 SGG vor (vgl BSG vom 15.2.2000 - B 11 AL 79/99 R).
2. Die Anwendbarkeit des § 48 SGB 10 ergibt sich aus § 9 Abs 3 AsylbLG, der ausdrücklich auf die §§ 44 bis 50 SGB 10 Bezug nimmt (vgl BSG vom 8.2.2007 - B 9b AY 1/06 R = BSGE, 98,116 = SozR 4-3520 § 2 Nr 1 RdNr 12 und vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R). § 48 SGB 10 kann auch bei rechtswidrigem Ausgangsbescheid zur Anwendung kommen (vgl BSG vom 27.2.1996 - 10 Rkg 27/93 = SozR 3-1300 § 48 Nr 47 S 105).
3. Eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung ist nicht bereits darin zu sehen, dass ein Asylbewerber, sofern ihm die Ausreise überhaupt zumutbar war, nicht freiwillig ausgereist ist (vgl BSG vom 17.6.2008 aaO). Zu fordern ist ein über die Nichtausreise (bzw die Stellung eines Asylantrages) hinausgehendes sozialwidriges Verhalten unter Berücksichtigung des Einzelfalls, das nicht nur eine objektive, sondern auch eine subjektive Komponente (Vorsatz, bezogen auf die die Aufenthaltsdauer beeinflussende Handlung, mit dem Ziel der Beeinflussung der Aufenthaltsdauer) enthält.
4. Soweit es das Tatbestandsmerkmal "Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts" betrifft, ist auf den gesamten Zeitraum nach dem vorwerfbaren Verhalten abzustellen. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidend, ob der Missbrauchstatbestand aktuell andauert oder die Annahme rechtfertigt, er sei noch kausal für den derzeitigen Aufenthalt des Ausländers; dies gilt ausnahmsweise nur dann nicht, wenn der Ausländer auch ohne das Fehlverhalten in der gesamten maßgeblichen Zeit nicht hätte abgeschoben werden können. Ansonsten genügt die generelle Geeignetheit, die Aufenthaltsdauer zu verlängern (vgl BSG vom 17.6.2008 aaO).
Normenkette
SGG §§ 141, 145 Abs. 5, § 156 Abs. 2 S. 1; AsylbLG § 2 Abs. 1 Fassung: 2004-07-30, § 3 Abs. 1 Fassung: 2003-11-25, § § 3ff Fassung: 2003-11-25, § 9 Abs. 3 Fassung: 2003-12-27; SGB 10 § 48 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Im Streit sind höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Juli 2006. Der Kläger begehrt insbesondere statt der Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG (so genannte Grundleistungen) Leistungen nach § 2 AsylbLG (so genannte Analog-Leistungen) unter entsprechender Anwendung des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der 1969 geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger. Er reiste am 12. Mai 2002 unter dem Namen "N Al S" in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte die Anerkennung als Asylberechtigter. Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Mai 2002 erklärte er, dass er Al S heiße und dieses sein Stamm sei. Im Irak habe er eine Staatsangehörigkeitsurkunde, einen Personalausweis, einen Wehrpass, einen Führerschein und Lebensmittelkarten gehabt; wegen der Eile habe er diese Unterlagen jedoch nicht mitbringen können. Sonstige Dokumente besitze er nicht. Der Asylantrag wurde abgelehnt (Bescheid vom 9. Dezember 2002; Urteil des Verwaltungsgerichts ≪VG≫ Lüneburg vom 23. November 2005). Der Kläger ist seitdem im Besitz einer Duldung. Nach Aufforderung des Klägers durch den Beklagten, an den für die Passbeschaffung notwendigen Handlungen durch Vorsprache bei seiner Botschaft mitzuwirken (Schreiben vom 18. Januar 2006), überreichte der Kläger am 30. März 2006 Kopien einer irakischen Staatsbürgerurkunde und einer Identitätskarte auf den Namen "N Z H" und legte am 13. Juli 2006 einen auf diesen Namen ausgestellten irakischen Reisepass vor.
Der Kläger erhielt Leistungen nach dem AsylbLG, zuletzt, nachdem er zuvor 36 Monate Grundleistungen bezogen hatte, Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG (Bescheid vom 27. Mai 2005) für die Zeit "ab 1.6.2005". Ab 1. April 2006 bewilligte die Beklagte erneut Leistungen nach § 2 AsylbLG in derselben Höhe, verfügte aber gleichzeitig die Einstellung der Analog-Leistungen mit Ablauf des 30. April 2006 (zwei Bescheide vom 24. März 2006) und bewilligte für die Zeit ab 1. Mai 2006 nur noch (niedrigere) Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, weil der Kläger bisher keine Heimreisedokumente beschafft und durch die in der Vergangenheit vorgenommene Verschleierung seiner tatsächlichen Identität rechtsmissbräuchlich verhindert habe, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt die notwendigen Papiere für eine freiwillige Ausreise hätten beschafft werden können (Bescheid vom 27. April 2006; Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006).
Das Sozialgericht (SG) Lüneburg hat die auf Analog-Leistungen "ab 1. Mai 2006" gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Januar 2007). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat den Beklagten entsprechend einem geänderten Klageantrag verurteilt, "dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 24. März 2006 und vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 für den Zeitraum vom 1. Mai 2006 bis zum 31. Juli 2006 Leistungen nach § 2 Abs 1 Asylbewerberleistungsgesetz unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen zu gewähren" (Urteil vom 16. Oktober 2007). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe die Dauer seines Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ihm eine Rückkehr in den Irak in dem streitigen Zeitraum nicht zumutbar gewesen. Den dem Kläger drohenden Lebensgefahren sei ein deutlich höheres Gewicht als dem Verhalten des Klägers beizumessen, der im Asylverfahren zumindest zur Schreibweise seines Namens Angaben gemacht habe, die nicht der Schreibweise seines Namens in den irakischen Personaldokumenten entspreche.
Der Beklagte rügt einen Verstoß gegen § 2 Abs 1 AsylbLG. Er ist der Ansicht, zu Unrecht habe das LSG das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Klägers in der Vergangenheit wegen einer zwischenzeitlichen Integration für unbeachtlich gehalten. Durch diese Auslegung der Vorschrift werde rechtsmissbräuchliches Verhalten geradezu gefördert. Der Kläger habe die Aufenthaltsdauer sowohl dadurch rechtsmissbräuchlich beeinflusst, dass er nicht freiwillig ausgereist sei, als auch dadurch, dass er nicht bereit gewesen sei, eine Namenskorrektur vorzunehmen bzw die Angaben hierzu zu vervollständigen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG abzuweisen.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen (§ 163 SGG) kann der Senat nicht entscheiden, ob dem Kläger im streitigen Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2006 - auf diesen Zeitraum wurde die Klage beim LSG beschränkt - höhere Leistungen, insbesondere Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG, zustehen.
Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel, die einer Sachentscheidung entgegenstünden, liegen nicht vor. Der Kläger hat zwar zunächst am 28. Januar 2007 entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im Urteil des SG Berufung eingelegt, diese dann aber auf Hinweis des LSG, dass die Berufungssumme von 500 Euro nicht erreicht sei und keine wiederkehrenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen seien, zurückgenommen und mit einer Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Berufung beantragt. Diesem Antrag hat das LSG stattgegeben (Beschluss vom 16. August 2007). Das Revisionsgericht ist an diese Zulassung aus Gründen der Rechtssicherheit sowie des gebotenen Vertrauensschutzes des Rechtsmittelklägers, bei dem mit der Zulassungsentscheidung Gewissheit darüber herrschen soll, dass das zugelassene Rechtsmittel statthaft ist, gebunden (BSGE 86, 86, 88 = SozR 3-6855 Art 10d Nr 1 S 3; BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 1 RdNr 6). Diese Wirkung besteht auch dann, wenn die Beschwerde unstatthaft war und die Berufung keiner Zulassung bedurft und deshalb nicht hätte zugelassen werden dürfen (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl 2005, § 145 RdNr 11). Damit hat der Senat nicht mehr zu prüfen, ob das Urteil des SG durch die Berufungsrücknahme bereits rechtskräftig geworden war (§ 141 SGG). Zwar bewirkt die Zurücknahme der Berufung eigentlich den Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs 2 Satz 1 SGG); die Vorschrift des § 145 Abs 5 SGG, nach der das Beschwerdeverfahren nach der Berufungszulassung durch das LSG als Berufungsverfahren fortgesetzt wird, geht jedoch der Regelung des § 156 Abs 2 Satz 1 SGG vor (BSG, Urteil vom 15. Februar 2000 - B 11 AL 79/99 R - juris, RdNr 15).
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide vom 24. März 2006 und 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 (§ 95 SGG). Der Bescheid vom 25. Juli 2006, der die Leistungsbewilligung mit Wirkung ab 1. August 2006 regelte und von dem Kläger gesondert mit Widerspruch angefochten wurde, ist schon wegen der Beschränkung des streitigen Zeitraums durch den Kläger nicht Gegenstand des Verfahrens. Als Klageart genügt die Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG, weil die angefochtenen Bescheide vom 24. März 2006 und 27. April 2006 - diese sind als rechtliche Einheit zu sehen (vgl hierzu etwa BSG SozR 4-4300 § 140 Nr 2 RdNr 5) - den zuvor ergangenen, ausdrücklich erwähnten Bewilligungsbescheid (vom 27. Mai 2005) in der Sache bei der erforderlichen Auslegung nach dem Empfängerhorizont (vgl nur Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 31 RdNr 26 mwN) mit Wirkung ab 1. Mai 2006 aufgehoben haben, mit dem Leistungen nach § 2 AsylbLG ohne zeitliche Begrenzung über den 30. April 2006 hinaus bewilligt worden waren, und durch eine Neubewilligung ersetzt haben. In diesem Fall bedarf es regelmäßig keiner Leistungsklage, weil mit der Aufhebung der abändernden Bescheide der ursprüngliche Bescheid seine Wirkung wieder entfaltet, der Kläger sein Ziel also bereits mit der Anfechtungsklage verwirklichen kann (stRspr; Senatsurteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R - RdNr 11).
Die Begründetheit der Revision des Landkreises U. als des richtigen Beklagten (§ 2 Abs 1 des Gesetzes zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des AsylbLG - Aufnahmegesetz ≪AufnG≫ - vom 11. März 2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt ≪GVBl≫ 100 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2007 - GVBl 710) kann sich, selbst wenn der Beklagte seine Entscheidung nicht ausdrücklich hierauf gestützt hat, nur an § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) messen, der eine wesentliche Änderung nach Erlass eines früheren Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung - wie vorliegend des Bescheides vom 27. Mai 2005 - voraussetzt. Die Anwendbarkeit des § 48 SGB X ergibt sich dabei aus § 9 Abs 3 AsylbLG, der ausdrücklich auf die §§ 44 bis 50 SGB X Bezug nimmt (BSG SozR 4-3520 § 2 Nr 1 RdNr 12; vgl zur Anwendbarkeit der §§ 44 bis 50 SGB X auf das Leistungsrecht des AsylbLG auch Senatsurteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R). Auf § 45 SGB X kann demgegenüber die Rücknahme des Bescheides vom 27. Mai 2005 selbst dann nicht gestützt werden, wenn die Leistungsbewilligung zu Unrecht erfolgt sein sollte. § 45 Abs 1 und 2 SGB X setzen nämlich neben einer Vertrauensschutzabwägung die Ausübung von Ermessen voraus. Ermessen hat der Beklagte vorliegend erkennbar nicht ausgeübt, sondern eine gebundene "Neubewilligung" vorgenommen, die nicht in eine Rücknahme nach § 45 SGB X umdeutbar ist (§ 43 Abs 3 SGB X). Als wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X könnte allerdings auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG zu berücksichtigen sein, dass sich der Kläger im Jahre 2006, also nach Erlass des Bewilligungsbescheids vom 27. Mai 2005, nicht in dem erforderlichen Maße um die Beschaffung der Ausreisedokumente bemüht hat. Dem stünde eine rechtswidrige Bewilligung der Leistung mit Bescheid vom 27. Mai 2005 nicht entgegen; § 48 SGB X kann auch bei rechtswidrigem Ausgangsbescheid zur Anwendung kommen (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 47 S 105).
Ob eine Aufhebung des Bewilligungsbescheids mit Wirkung für die Zukunft gerechtfertigt ist, ob dem Kläger also ab 1. Mai 2006 Leistungen nach § 2 Abs 1 AsylbLG iVm dem SGB XII nicht mehr, sondern nur noch Grundleistungen zustehen, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weil das LSG keine ausreichenden Feststellungen zu den insoweit erforderlichen Voraussetzungen des § 2 Abs 1 AsylbLG getroffen hat. Danach ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII nur auf diejenigen Leistungsberechtigten (des § 1 AsylbLG) entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten - wie vorliegend der Kläger - Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.
Zur Beurteilung eines Rechtsmissbrauchs nach den vom Senat aufgestellten Maßstäben (vgl dazu näher das Senatsurteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R) fehlen allerdings tatsächliche Feststellungen. Eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung ist nicht bereits darin zu sehen, dass der Kläger, sofern ihm die Ausreise überhaupt zumutbar war, nicht freiwillig ausgereist ist (BSG aaO). Zu fordern ist ein über die Nichtausreise (bzw die Stellung eines Asylantrages) hinausgehendes sozialwidriges Verhalten unter Berücksichtigung des Einzelfalls (BSG aaO), das nicht nur eine objektive, sondern auch eine subjektive Komponente (Vorsatz, bezogen auf die die Aufenthaltsdauer beeinflussende Handlung, mit dem Ziel der Beeinflussung der Aufenthaltsdauer) enthält (BSG aaO). Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger die Dauer seines Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat, könnte sich hier zwar daraus ergeben, dass der Kläger bei seiner Anhörung im Verfahren zur Anerkennung als Asylberechtigter einen Namen ("N Al S") angegeben hat, der nicht mit demjenigen in den amtlichen irakischen Dokumenten ("N Z H") übereinstimmt (vgl insoweit die in der Gesetzesbegründung beispielhaft aufgeführte Angabe einer falschen Identität ≪BT-Drucks 15/420 S 121≫). Allerdings kann hierauf im Rahmen der Anwendung des § 48 SGB X nicht mehr zurückgegriffen werden, weil dies schon die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 27. Mai 2005 zur Folge hätte. Eine andere Frage ist es, ob dem Kläger nach Erlass dieses Bescheids, insbesondere zu Beginn des Jahres 2006, der Vorwurf gemacht werden kann, gegen Mitwirkungspflichten nach dem Asylverfahrensgesetz bzw dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG), etwa § 15 Asylverfahrensgesetz oder §§ 48, 49, 82 AufenthG, verstoßen zu haben. Hierzu fehlen nähere Feststellungen des LSG. Soweit es das Tatbestandsmerkmal "Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts" betrifft, ist auf den gesamten Zeitraum nach dem vorwerfbaren Verhalten abzustellen. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidend, ob der Missbrauchstatbestand aktuell andauert oder die Annahme rechtfertigt, er sei noch kausal für den derzeitigen Aufenthalt des Ausländers; dies gilt ausnahmsweise nur dann nicht, wenn der Kläger auch ohne das Fehlverhalten in der gesamten maßgeblichen Zeit nicht hätte abgeschoben werden können (Senatsurteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R). Ansonsten genügt die generelle Geeignetheit, die Aufenthaltsdauer zu verlängern (BSG aaO).
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden und bei der Tenorierung die Klageart zu beachten haben.
Fundstellen