Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Abgrenzung. stationäre Krankenhausbehandlung. medizinische Rehabilitation. psychische Erkrankung
Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung von stationärer Krankenhausbehandlung und medizinischer Rehabilitation bei psychischen Erkrankungen, die bereits über einen längeren Zeitraum bestehen.
Normenkette
SGB V § 12 Abs. 1, § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, S. 3, § 39 Abs. 1 Sätze 1-2, § 107 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2, § 108 Nr. 2, § 109 Abs. 4 S. 3, § 112 Abs. 2, § 276 Abs. 4 S. 1; SGB VI § 13 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Das klagende Land begehrt als Träger des Niedersächsischen Landeskrankenhauses (NLK) T. von der beklagten Krankenkasse 37.209,02 DM (= 19.024,66 €) für die stationäre Behandlung des Beigeladenen zu 1) im NLK in der Zeit vom 4. Mai bis 23. September 1993.
Der im März 1967 geborene Beigeladene zu 1) war im streitigen Zeitraum bei der Betriebskrankenkasse (BKK) A., der Rechtsvorgängerin der beklagten BKK E., gesetzlich krankenversichert; die Beigeladene zu 2) war zuständiger Rentenversicherungsträger. Von April bis Juni 1992 befand sich der Beigeladene zu 1) in stationärer psychiatrischer Behandlung im Krankenhaus "M. H." in G. und im Anschluss daran in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung in der Rheinischen Landesklinik (RLK) V. Am 6. Dezember 1992 erlitt er aus dem Wochenendurlaub kommend auf dem Rückweg zur RLK in V. einen Autounfall mit Schädelverletzungen, die einen Aufenthalt von vier Wochen im Klinikum A. erforderlich machten.
Am 4. März 1993 verordnete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie W. erneut stationäre Krankenhausbehandlung für den Beigeladenen zu 1) bei folgenden Diagnosen: Bulimie und ein depressives Syndrom bei depressiv-schizoider Struktur. Am 4. Mai 1993 wurde der Beigeladene zu 1) im NLK T. aufgenommen, welches mit Schreiben vom 6. Mai 1993 eine Kostenübernahme für sechs Wochen beantragte (Diagnose: depressive Verstimmung bei narzisstischer Störung, Suizidalität und Autoaggression). Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11. Mai 1993 unter Hinweis auf die Vorbehandlung im Jahre 1992 in der RLK V. ab; die Akutbehandlung sei mit diesem Aufenthalt abgeschlossen gewesen, die Behandlung im NLK sei deshalb als Rehabilitationsmaßnahme anzusehen. Mit Schreiben vom 27. Juli 1993 beantragte das NLK erneut und unter Hinweis auf die Schwere der psychischen Erkrankung des Beigeladenen zu 1), seine chronische Suizidalität und die fortbestehende Autoaggression eine Kostenübernahme, welche von der Beklagten unter dem 6. August 1993 nochmals abgelehnt wurde.
Einen noch im Mai 1993 vom Beigeladenen zu 1) gestellten Antrag auf medizinische Rehabilitationsleistungen lehnte die Beigeladene zu 2) mit Bescheid vom 1. Oktober 1993 ab. Am 27. September 1993 wurde der Beigeladene zu 1) aus dem NLK in ambulante ärztliche Weiterbehandlung entlassen. Im November 1993 forderte das NLK T. die Beklagte erfolglos zur Zahlung der Behandlungskosten in Höhe von 37.209,02 DM auf.
Am 29. November 1995 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Klage erhoben. Das SG hat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters R. vom 17. Juli 1999 eingeholt und die Beklage sodann unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 37.209,02 DM nebst Zinsen in Höhe von 2% über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 29. November 1995 zu zahlen (Urteil vom 21. September 2000). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG geändert und die Klage unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgewiesen, soweit sie die Übernahme von Krankenhauskosten nebst Zinsen für die Zeit vom 13. Mai bis 23. September 1993 betrifft (Urteil vom 30. April 2003). Ein Zahlungsanspruch des Klägers bestehe nur bis zum 12. Mai 1993, weil die Zahlungspflicht der Beklagten gemäß § 4 Abs 2 Satz 3 des zum 1. November 1992 in Kraft getretenen "Sicherstellungsvertrages zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen zu den Bereichen des § 112 Abs 2 Ziff 1, 2, 4 und 5 SGB V" (Sicherstellungsvertrag) einen Werktag nach Eingang der Ablehnungsmitteilung beim Krankenhaus ende. Für die Folgezeit habe die Beklagte zu Recht angenommen, dass mit dem Beigeladenen zu 1) eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt worden sei, für die die Beigeladene zu 2) zuständig gewesen sei. Aus den medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass im Vordergrund der stationären Betreuung des Beigeladenen zu 1) nicht die ärztliche Krankenbehandlung gestanden habe, sondern die Anwendung von Heilmitteln und die Hilfe zur Entwicklung eigener Kräfte. Die ärztlichen Verlaufseintragungen seien spärlich, zum Teil sei die Dokumentation in der Krankenakte sogar lückenhaft, und aus dem Medikamentenverordnungsblatt ergebe sich nur die Verordnung von Aspirin, jedoch nicht von Psychopharmaka. Die Ausführungen des Dr. A. in der ärztlichen Stellungnahme vom 25. April 1994 zu deutlichen depressiven Verstimmungen des Beigeladenen zu 1), einhergehend mit Suizidalität und Autoaggression, würden weder durch Dokumentationen in der Krankenakte noch durch andere Unterlagen belegt. Die geringe Dichte der ärztlichen Behandlungsmaßnahmen spreche gegen die Qualifizierung der Maßnahme als Krankenhausbehandlung. Aus diesem Grunde folge der Senat nicht der Einschätzung des Sachverständigen R., dass von einem dem Krankheitsbild und der gewählten Behandlungsform entsprechenden kontinuierlichen Prozess auszugehen sei, der neben dem pflegerischen Rahmen, den ein Landeskrankenhaus für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin biete, vor allem ständige ärztliche Präsenz verlangt habe. Überzeugender seien vielmehr die Ausführungen von Dr. P. vom MDK N., dessen Gutachten vom 27. Juli 2001 die Beklagte im Berufungsverfahren beigebracht und der ebenfalls darauf hingewiesen habe, dass wegen der vorrangig erfolgten Einzel- und Gruppentherapie sowie der Arbeitsversuche und in Anbetracht der Lückenhaftigkeit der Krankenunterlagen im Hinblick auf ärztliche Behandlungsmaßnahmen mehr für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme spreche denn für eine durchgeführte Krankenhausbehandlung. Für diese stationäre Rehabilitation sei jedoch nicht die beklagte Krankenkasse zuständig gewesen, sondern die Beigeladene zu 2) als Rentenversicherungsträger des Beigeladenen zu 1).
Sowohl der Kläger als auch die Beigeladene zu 2) haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Der Kläger rügt eine Verletzung von §§ 39 Abs 1, 40 Abs 1 und 2, 108, 109 Abs 4, 112 Abs 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm dem Sicherstellungsvertrag sowie von §§ 9 Abs 1, 15 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI); außerdem habe das LSG den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) verletzt. Zu Recht habe das LSG festgestellt, dass eine Fehlentscheidung des Krankenhausarztes nicht vorliege, hieraus aber die falschen Schlussfolgerungen gezogen. Es sei nicht erkennbar, warum der Zahlungsanspruch nach dem Zugang des Schreibens der Beklagten vom 11. Mai 1993 entfallen sein solle. Zu Unrecht gehe das LSG in diesem Zusammenhang von einer Umkehr der Beweislast aus. Hierauf komme es nicht an, das LSG hätte vielmehr prüfen müssen, ob der aus der Entscheidung des Krankenhausarztes folgende Anscheinsbeweis erschüttert sei - hiervon sei aber nicht auszugehen. Bei dem Beigeladenen zu 1) habe Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestanden, die den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich gemacht habe. Dies erschließe sich aus der speziellen Krankenvorgeschichte des Beigeladenen zu 1), aber auch aus den Krankenunterlagen und dem Gutachten des Sachverständigen R. Zudem habe sich das LSG zu Unrecht nur auf das MDK-Gutachten von Dr. P. gestützt; das Gutachten des gerichtlich gehörten Sachverständigen R. habe es dagegen falsch ausgewertet und die von der Beigeladenen zu 2) vorgelegte ärztliche Stellungnahme von Dr. M. vom 6. September 2001 völlig unberücksichtigt gelassen. Dies verletze den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 SGG. Die Beigeladene zu 2) rügt ebenfalls eine Verletzung der §§ 39 und 40 SGB V. Im vorliegenden Falle habe konkret Krankenhausbehandlung im Sinne des SGB V stattgefunden und keine medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Sinne des SGB VI. Im Vordergrund habe die ärztliche Behandlung gestanden; rehabilitationsspezifische Elemente seien während der gesamten stationären Maßnahme nur am Rande vorhanden gewesen.
Der Kläger und die Beigeladene zu 2) beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen von 30. April 2003 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 21. September 2000 in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Zur Kostenübernahme sei sie weder durch die Annahme von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit seitens des Klinikarztes noch durch die Vorlage einer entsprechenden Rechnung verpflichtet. Im vorliegenden Fall habe es sich objektiv nicht um Krankenhausbehandlung gehandelt, die nur mit den apparativen und personellen Mitteln eines Krankenhauses hätte durchgeführt werden können; im Vordergrund hätte vielmehr die psychiatrische und psychotherapeutische Betreuung gestanden. Zur Gewährung einer solchen stationären Rehabilitationsmaßnahme sei sie als Krankenkasse jedenfalls nicht verpflichtet gewesen.
Der Beigeladene zu 1) hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach §§ 165, 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das LSG den Zahlungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 13. Mai bis 23. September 1993 verneint. Das Urteil ist deshalb zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 21. September 2000 in vollem Umfang zurückzuweisen.
1. Beide Revisionen sind zulässig. Grundsätzlich können auch Beigeladene unabhängig von den Hauptbeteiligten des Rechtsstreits Rechtsmittel einlegen, weil sich die Rechtskraft des Urteils nach § 141 Abs 1 SGG auf alle Beteiligten erstreckt. Indes begründet dies allein noch nicht die Befugnis zur Einlegung des Rechtsmittels. Hierfür ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weiter erforderlich, dass der Rechtsmittelkläger durch das angefochtene Urteil in eigenen Rechten iS von § 54 Abs 2 Satz 1 SGG verletzt, also materiell beschwert sein kann. Das angefochtene Urteil muss unmittelbar zu einer Beeinträchtigung der subjektiven Rechte des Beigeladenen führen können; dass seine berechtigten Interessen berührt werden, reicht allein nicht aus (vgl Urteil des BSG vom 13. August 2002 - B 2 U 33/01 R -, HVBG-INFO 2002, 2818 ff, und BSG SozR 3-1500 § 75 Nr 31 mwN; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl, Vor § 143 RdNr 4a). Gegenstand des Urteils des LSG ist die Frage, ob im Falle des Beigeladenen zu 1) eine stationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt worden ist oder eine Rehabilitationsmaßnahme stattgefunden hat. Das LSG hat in den Entscheidungsgründen ausdrücklich festgestellt, dass es sich vorliegend um eine Rehabilitationsmaßnahme gehandelt habe und deshalb die Beklagte nicht leistungspflichtig sei. Die Bindungswirkung des Berufungsurteils erfasst zwar grundsätzlich nur die Urteilsformel; sie geht nach allgemeiner Meinung jedoch so weit, wie der darin enthaltene Gedanke reicht, und erfasst deshalb auch den sich aus festgestellten Tatsachen und angewandten Rechtsnormen ergebenden Subsumtionsschluss als Ganzen (vgl Meyer-Ladewig aaO § 141 RdNr 7 und Vor § 143 RdNr 8 - jew mwN aus der Rspr). Da das LSG zur Begründung seiner Klageabweisung auf die - vorrangige - Leistungsverpflichtung der Beigeladenen zu 2) verwiesen hat, ist diese materiell beschwert und zur Einlegung der Revision befugt. Auf die Frage, ob tatsächlich eine Verletzung eigener Rechte vorliegt, kommt es bei der Prüfung der Rechtsmittelbefugnis nicht an; es genügt hier die Behauptung der Beigeladenen zu 2), durch das angegriffene Urteil in rechtlich geschützten Interessen verletzt zu sein.
2. Streitbefangen ist nur noch der Zeitraum vom 13. Mai bis 23. September 1993; für die Zeit vom 4. bis 12. Mai 1993 ist der Anspruch des Klägers bereits durch das positive Urteil des SG und die teilweise Zurückweisung der Berufung seitens des LSG rechtskräftig festgestellt. Das LSG hat in seinem Urteil vom 30. April 2003 allerdings widersprüchliche Feststellungen getroffen: Im Tatbestand wird als Tag des Zugangs des Ablehnungsschreibens beim NLK der 12. Mai 1993 festgestellt (LSG-Urteil, Umdruck S 3), in den Entscheidungsgründen heißt es sodann, die Ablehnungserklärung der BKK vom 11. Mai 1993 sei noch am selben Tag beim Kläger eingegangen (LSG-Urteil, Umdruck S 9). Sollte das Zugangsdatum 12. Mai 1993 richtig sein, dann wäre gemäß § 4 Abs 2 Satz 3 des Sicherstellungsvertrages ein Zahlungsanspruch auch noch für den 13. Mai 1993 gegeben. Gleichwohl bedurfte es keiner Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG zur weiteren Sachverhaltsklärung, weil der Anspruch des Klägers unabhängig von dieser tatsächlichen Diskrepanz für den gesamten Zeitraum vom 4. Mai bis 23. September 1993 besteht.
3. Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Vergütungsanspruchs, dessen Höhe rechnerisch nicht angegriffen wird, ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V idF des Art 1 Nr 64 Buchst b des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S 2266) iVm dem auf § 112 Abs 2 SGB V basierenden Sicherstellungsvertrag vom 1. November 1992. Das NLK T. ist zugelassenes Plankrankenhaus iS von § 108 Nr 2 SGB V und unterfällt somit ebenso wie die Beklagte dem Geltungsbereich dieses Sicherstellungsvertrages. Wie der Senat bereits wiederholt deutlich gemacht hat, ist das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Krankenhaus zu trennen vom Behandlungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Versichertem sowie vom Versicherungsverhältnis, kraft dessen der Versicherte die Krankenhausbehandlung als Naturalleistung verlangen kann. Für das Abrechnungsverhältnis gilt: Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (vgl BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 89, 104, 105 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2). Der Sicherstellungsvertrag stellt dazu ein Rahmenregelwerk zur Verfügung, dass bei der konkreten Abrechnung von Krankenhausleistungen im Einzelfall zu beachten ist.
a) Der Vergütungsanspruch setzt voraus, dass überhaupt eine Krankenhausbehandlung stattgefunden hat, dass sie notwendig war und fachgerecht durchgeführt worden ist. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Klageforderung betreffen alle drei Voraussetzungen, ohne sie immer klar zu unterscheiden. Mit der Behauptung, es habe sich - obwohl die Behandlung in einer lediglich als Krankenhaus zugelassenen Einrichtung stattgefunden hat - nicht um Krankenhausbehandlung, sondern um eine Reha-Maßnahme gehandelt, macht die Beklagte ein Leistungsverweigerungsrecht wegen einer sog Aliud-Leistung geltend, wie es im zivilrechtlichen Schuldverhältnis bekannt ist (vgl § 434 Abs 3 BGB; dazu Palandt-Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch 64. Aufl 2005, § 434 RdNr 52). Der Einwand, bei dem Versicherten habe eine chronische Erkrankung vorgelegen, richtet sich gegen die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung. Der Hinweis auf nur sporadische ärztliche Behandlungsmaßnahmen sowie die Lückenhaftigkeit der Dokumentation bedeutet, dass die Qualität der Behandlung als nicht fachgerecht beanstandet wird. Es kann dahinstehen, ob alle diese Einwendungen geeignet wären, jeglichen Zahlungsanspruch des Klägers zu Fall zu bringen, oder ob stattdessen die Zahlung einer Mindervergütung zu erwägen wäre. Denn sämtliche Einwendungen der Beklagten greifen in der Sache nicht durch.
Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Krankenhausbehandlung, sondern um eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme gehandelt habe, für die allenfalls die Beigeladene zu 2) zuständig gewesen sei. Diese Bewertung wird weder durch die vom LSG festgestellten Tatsachen noch dadurch gestützt, dass in der vom NLK geführten Krankenakte nur eine geringe Dichte ärztlicher Behandlungsmaßnahmen dokumentiert ist.
Die Abgrenzung zwischen vollstationärer Krankenhausbehandlung und stationärer medizinischer Rehabilitation ist vor allem im Bereich der psychotherapeutischen Medizin/Psychosomatik bisweilen schwierig, weil Rehabilitationseinrichtung und Krankenhaus sich darin decken, dass beide auf die Behandlung von Krankheiten und die Beseitigung ihrer Folgen beim Betroffenen gerichtet sind. Deshalb kann eine Unterscheidung im Wesentlichen nur nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden und dem Hauptziel der Behandlung getroffen werden, die sich auch in der Organisation der Einrichtung widerspiegeln (BSG SozR 3-2500 § 107 Nr 1). Anhaltspunkte zur Differenzierung bietet § 107 SGB V: Nach § 107 Abs 2 Nr 1 Buchst b und Nr 2 SGB V dienen Rehabilitationseinrichtungen der stationären Behandlung der Patienten, "um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern". Es ist zudem erforderlich, dass diese Einrichtungen "fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen". Krankenhäuser sind demgegenüber "Einrichtungen, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten" (§ 107 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB V). Die Rechtsprechung hat ua daraus als besondere Mittel des Krankenhauses auf eine apparative Mindestausstattung, ein geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten bzw rufbereiten Arzt geschlossen (vgl BSGE 59, 116, 117 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 28; BSGE 83, 254, 259 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 9), jedoch im Hinblick auf das Merkmal "Krankenhausbehandlung" weder den Einsatz aller dieser Mittel gefordert noch stets als ausreichend angesehen. Regelmäßig ist eine Gesamtschau unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erforderlich, die jedoch nur nach objektiven Merkmalen und Kriterien erfolgen kann (BSGE 81, 189, 193 = SozR 3-2500 § 111 Nr 1). Bei einer psychiatrischen Erkrankung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Geräten in den Hintergrund treten und allein der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSGE 92, 300, 305 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2).
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist davon auszugehen, dass im Falle des Beigeladenen zu 1) stationäre Krankenhausbehandlung stattgefunden hat. Dafür spricht zunächst einmal, dass die Einrichtung nur als Krankenhaus und nicht (auch) als Reha-Einrichtung zugelassen ist. Eine unzureichende Krankenhausbehandlung wäre noch keine Reha-Maßnahme. Wie das LSG für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt hat, erfolgte die Aufnahme in das vom klagenden Land geführte LKH - eine Fachklinik für Psychotherapie, Psychiatrie und psychosomatische Medizin (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) - auf der Grundlage einer fachärztlichen Krankenhaus-Verordnung mit den Diagnosen "Bulimie" und "depressives Syndrom bei depressiv-schizoider Struktur". Hierbei handelt es sich um behandlungsbedürftige Krankheiten iS vom § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V, wovon auch das LSG ausgegangen ist (LSG-Urteil, Umdruck S 8f), denn beide Diagnosen bezeichnen einen regelwidrigen, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichenden Körper- bzw Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf (vgl Tölle, Psychiatrie, 12. Aufl 1999, S 102 ff; zu den Krankheitsgruppen in der Psychiatrie allgemein Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung - Bd 1, Stand: 53. Erg-Lief Juni 2004, § 27 SGB V RdNr 39 und 126 ff mwN; zur Depression BSG SozR 2200 § 182b Nr 18; zur Schizophrenie BSGE 42, 16, 18 = SozR 2200 § 182 Nr 14; zu psychisch bedingter Erkrankung BSGE 50, 47 = SozR 2200 § 184a Nr 3). Beiden Krankheitsbildern liegen in der Regel psychische/psychiatrische Fehlentwicklungen zu Grunde, die auf verschiedenste Ursachen zurückzuführen sein können und dementsprechend auch individualisierter Behandlung bedürfen (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl 2002, S 249 und 349 f).
Psychoreaktive Störungen und seelische Fehlhaltungen stellen nach heutigem medizinischen Standard behandlungsfähige und auch behandlungsbedürftige Erkrankungen dar. Zwar ging man früher in Medizin und Rechtsprechung überwiegend davon aus, dass insbesondere bei lang anhaltenden psychiatrischen Leiden ein chronifizierter Dauerzustand vorliege, der medizinisch-ärztlich nicht mehr wesentlich beeinflussbar sei (vgl zB BSGE 59, 116, 118 = SozR 2200 § 184 Nr 27); infolgedessen standen Fragen der medizinischen Rehabilitation bis hin zur "Verwahrung" des Kranken aus Sicherheitsgründen im Vordergrund der Diskussion (vgl dazu Fichte, Krankenhausbehandlung, Rehabilitation und Verwahrpflege, ZfS 1993, 97; Weig/Gelhausen, Psychiatrische und sozialrechtliche Anmerkungen zur Frage Behandlungs- versus Pflegefall in der allgemeinen Psychiatrie, SGb 1996, 576). Seit 1980 kamen in der Medizin jedoch neue Behandlungskonzepte vor allem für schwere psychiatrische Krankheitsbilder auf, die in verstärktem Maße eine Behandlungsmöglichkeit eröffneten (vgl Weig/Gelhausen aaO S 577; Blaeser-Kiel, Integrative Konzepte auf allen Ebenen erforderlich, DÄBl 2003, A1237 ; Clade, Schizophrenie, Ein kostspieliges Krankheitsbild, DÄBl 2004, A3160 ). Diese Konzepte sehen den Verlauf psychischer/psychiatrischer Erkrankungen durch das Bewältigungsverhalten der betroffenen Personen, durch Einflüsse der sozialen Umgebung sowie einige weitere Faktoren bestimmt und reagieren hierauf, indem sie biologische (Arzneimittel), psychologische (Psychotherapie, insbesondere zur Verbesserung der Krankheitserkennung und -bewältigung) und sozialtherapeutische Verfahren (Milieugestaltung, lebenspraktisches Alltagstraining, Ergotherapie) in die Krankenbehandlung mit einbeziehen (Weig/Gelhausen aaO S 577 f). Der Gesetzgeber hat diesen neuen Erkenntnissen mit dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2477) Rechnung getragen und allgemein in § 27 Abs 1 Satz 3 SGB V die Verpflichtung hervorgehoben, bei der Krankenbehandlung den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen. Hiermit sollte der Gleichstellung körperlich und psychisch Kranker Ausdruck verliehen und so ein Beitrag zur Verbesserung der Situation psychisch Kranker geleistet werden (Ausschussbericht, BT-Drucks 11/3480 S 51). Diese Regelung verleiht dem Einzelnen zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf bestimmte Leistungen der Krankenkasse, ihr kommt aber zumindest eine Verdeutlichungsfunktion und der Charakter einer Auslegungsregel zu; sie bedingt, dass die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten auch bei psychischen Erkrankungen voll ausgeschöpft werden und das für sie bestimmte Leistungsangebot nicht hinter demjenigen für somatisch Kranke zurückbleiben darf (Schmidt in: Peters aaO § 27 SGB V RdNr 396). Deshalb ist § 27 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht nur Programmsatz, sondern unmittelbar anwendbares und im Einzelfall zu beachtendes Recht.
Entgegen der Meinung der Beklagten begründen auch chronische Erkrankungen Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit. Bei Patienten mit schweren und zum Teil bereits chronisch verlaufenden psychischen oder psychiatrischen Erkrankungen - hierzu gehört auch der Beigeladene zu 1) - entspricht es inzwischen dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass ein komplexer Behandlungsansatz des Zusammenwirkens eines multiprofessionellen Teams von Ärzten, Diplom-Psychologen, Sozialpädagogen, Ergotherapeuten und Bewegungstherapeuten mit fachlich besonders geschultem und erfahrenem psychiatrischen Krankenpflegepersonal im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans in einem Krankenhaus gewählt wird (vgl Weig/Gelhausen aaO S 577 ff mwN). Diesem stationären Behandlungskonzept folgt auch die von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) herausgegebene "Behandlungsleitlinie Schizophrenie" (Band 1 der Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie, 1998), die von einem unter Leitung eines Psychiaters erstellten Gesamtbehandlungsplan ausgeht, der grundsätzlich mehrdimensional orientiert ist und biologisch-somatische, psychologisch-psychotherapeutische sowie soziotherapeutisch-rehabilitative Aspekte einschließt. Entsprechendes gilt für die DGPPN-"Behandlungsleitlinie Essstörungen" (Band 4 der Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie, 2000); auch dort wird in schweren Fällen eine stationäre Aufnahme empfohlen, wobei die pharmakologische Behandlung insbesondere durch verhaltensbezogene und psychotherapeutische Maßnahmen (Psychotherapie in Form von Einzel-, Gruppen- oder Familientherapie; Gewichtsmanagement und Ernährungsrehabilitation) ergänzt werden soll.
Diese neueren Entwicklungen in der psychiatrischen Medizin zeigen auf, dass insbesondere bei schweren Krankheitsbildern eine stationäre Behandlung auch dann stattfinden kann, möglicherweise sogar muss, wenn bereits ein längerer Krankheitsverlauf besteht und die Behandlung ein multiprofessionelles Team erfordert.
Die Art und Weise der ärztlichen Behandlung hängt von der Schwere der Erkrankung und der jeweiligen Symptomatik ab, sie kann ambulant und stationär erfolgen. Insbesondere bei der hier zusätzlich diagnostizierten Suizidgefahr ist in aller Regel eine stationäre Unterbringung und fachärztliche Beobachtung angezeigt, um den Patienten zu entlasten und zu versorgen (Tölle aaO S 133; vgl auch Schmeling-Kludas, Fachliche und rechtliche Aspekte zur Abgrenzung einer Krankenhausbehandlung im Gebiet "Psychotherapeutische Medizin" von der Psychosomatischen Rehabilitation, PPmP 1999, 312, 314). Deshalb erfolgte die Überweisung des Beigeladenen zu 1) auch in eine psychiatrische Fachklinik und nicht in eine Rehabilitationseinrichtung. Der vom einweisenden Arzt initiierte Klinikaufenthalt wurde mit einer ärztlichen Aufnahmeuntersuchung sowie einer umfassenden Laboruntersuchung und Blutbildbestimmung eingeleitet. Anschließend wurde ein Therapieplan erstellt und in der Folgezeit umgesetzt, der verschiedene einzel- und gruppentherapeutische Sitzungen sowie zahlreiche Arbeitsversuche vorsah - jeweils unter fachlicher Leitung und ärztlicher Kontrolle, wie das LSG bindend festgestellt hat, auch wenn es die Dokumentation des Krankenhauses hierzu als lückenhaft angesehen hat. Die durchgeführten therapeutischen Maßnahmen unterscheiden sich zwar letztlich nicht wesentlich von solchen, die auch in einer Rehabilitationseinrichtung erforderlich gewesen wären; die Übergänge zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation sind insoweit fließend (Schmeling-Kludas aaO S 313). Dem LSG ist zuzugeben, dass die Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation in derartigen Fällen schwierig sein kann, zumal alle gehörten Sachverständigen übereinstimmend ausgeführt haben, dass die durchgeführte Behandlung dem äußeren Ablauf nach im Prinzip auch in einer Rehabilitationseinrichtung hätte stattfinden können. Im vorliegenden Fall wurde der Beigeladene zu 1) jedoch angesichts der Schwere seiner Erkrankung, der chronischen Suizidalität und seinen autoaggressiven Handlungen in einer psychiatrischen Fachklinik behandelt, weil die Bekämpfung der Krankheit und nicht die Milderung ihrer Folgen im Vordergrund stand. Hinzu kommt, dass der frühere stationäre Aufenthalt des Beigeladenen zu 1) im RLK V. wegen eines Verkehrsunfalls im Dezember 1992 abgebrochen werden musste und deshalb therapeutisch nicht zu Ende geführt werden konnte, der ursprünglich begonnene Behandlungsprozess also mit der Einweisung in das LKH T. auch seine medizinische Fortsetzung fand.
Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu den Feststellungen des LSG, im Vordergrund der Behandlung des Beigeladenen zu 1) habe nicht die fachlich-medizinische Leitung durch den Arzt gestanden, sondern die Anwendung von Heilmitteln sowie die therapeutische Hilfe zur Entwicklung eigener Kräfte. Bei psychischen/psychiatrischen Erkrankungen ist die oa Abgrenzung zwischen Behandlung und Rehabilitation auch deshalb schwierig, weil sich kaum unterscheiden lässt, was noch zur Behandlung der Krankheit gehört, welche Therapieformen insbesondere bei chronischen Krankheiten noch zur Krankheitsbekämpfung zu rechnen sind und wann eine Maßnahme "nur" zur Sicherung des Erfolges einer vorangegangenen Behandlung dient. Die therapeutischen Maßnahmen in der Krankenhausbehandlung sind der Art nach dieselben wie in der Rehabilitation. Während in der somatischen Medizin die Berücksichtigung der psychosozialen Probleme ganz vorrangig Aufgabe der Rehabilitation ist, gilt dies im Bereich der Psychosomatik/Psychotherapie nicht in diesem Maße; Schädigung und Schädigungsfolgen sind hier eng miteinander verwoben, sodass schon die Krankenhausbehandlungsphase rehabilitative Elemente enthalten muss (Schmeling-Kludas aaO S 313; vgl auch Tölle aaO S 103, 133). Entscheidend sind immer die Verhältnisse des Einzelfalles, sodass bei entsprechender Diagnostik auch ohne Einsatz von apparativen Einrichtungen die Krankheitsbekämpfung durch Ärzte, therapeutische Hilfskräfte und/oder Pflegepersonal im Vordergrund stehen kann (BSGE 92, 300, 305 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 81, 189 = SozR 3-2500 § 111 Nr 1). Beim Bestehen einer psychischen/psychiatrischen Erkrankung und dieserhalb erfolgter stationärer Einweisung kann nicht allein aus dem Überwiegen von nichtärztlichen therapeutischen Maßnahmen geschlossen werden, es habe keine Krankenhausbehandlung stattgefunden. Entscheidend ist vielmehr, dass die Behandlung einer Erkrankung im Vordergrund steht, für die der entscheidende Krankenhausarzt die Mittel eines Krankenhauses als geeignet und erforderlich ansieht, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V. Dies hat der zuständige Krankenhausarzt der Beklagten unverzüglich (§ 4 Abs 1 Sicherstellungsvertrag) unter Darlegung der Diagnose mitgeteilt.
Die Tatsache, dass das LSG die vom LKH geführten Krankenakten - Leistungsdokumentation, Medikamentenverordnungsblatt, ärztliche Verlaufseintragungen, Dokumentation über Therapien und Arbeitsversuche - als lückenhaft und nicht aussagekräftig bewertet hat, ändert nichts an der Qualifizierung der durchgeführten Maßnahme als Krankenhausbehandlung. Maßgeblich ist allein der tatsächliche Geschehensablauf, nicht seine Dokumentation; eine Krankenhausbehandlung kann nicht durch lückenhafte bzw. nicht aussagekräftige Krankenakten zu einer medizinischen Rehabilitation werden. Eine sachgemäße Dokumentation der Behandlung durch das Krankenhaus könnte allenfalls bei der Frage der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung und ihrer Qualität Bedeutung gewinnen (vgl BSGE 86, 166, 170 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1).
b) Die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Beigeladenen zu 1) war notwendig, weil das Behandlungsziel nicht auf andere Weise - insbesondere nicht durch ambulante Behandlung oder durch Unterbringung in einer Rehabilitationseinrichtung - erreicht werden konnte (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V iVm § 3 Abs 2 und Abs 5 Sicherstellungsvertrag). Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und ihr zum anderen mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses begegnet werden muss, um sie zu heilen oder zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (BSGE 47, 83, 85, = SozR 2200 § 216 Nr 2; BSG SozR 2200 § 184 Nr 11, 28). Lässt sich eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise ambulant durchführen, so besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Dasselbe gilt, wenn medizinische Rehabilitation (dann ggf Rehabilitationsklinik) oder dauerhafte Pflege (dann ggf Pflegeheim) ausreichend ist (so zusammenfassend nochmals BSGE 92, 300, 305 RdNr 16 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2 RdNr 16 - jew mwN). Nach den Feststellungen des LSG ergab sich die Notwendigkeit (Erforderlichkeit) der Krankenhausbehandlung auf Grund der Einschätzung des Krankenhausarztes (vgl dazu BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) im vorliegenden Fall aus der Vorgeschichte des Patienten, der Verordnung des Neurologen und Psychiaters W. sowie der nach wie vor bestehenden Suizidal- und Autoaggressionsgefahr. Mit der Entscheidung des Krankenhausarztes wurde der Versicherungsanspruch des Beigeladenen zu 1) gegen die Beklagte konkretisiert. Auch die Tatsache, dass zwischen der Verordnung des einweisenden Arztes W. vom 4. März 1993 und der Aufnahme in das LKH T. ein Zeitraum von zwei Monaten liegt, spricht ebenfalls nicht gegen die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung. Denn nach § 3 Abs 2 Satz 1 Sicherstellungsvertrag wird die vertragsärztliche Verordnung - von Notfällen abgesehen - zwar als Voraussetzung für die Annahme von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit normiert, aber nicht festgelegt, dass die Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus dann auch unverzüglich zu erfolgen habe. Gerade bei psychischen Erkrankungen kann das Finden eines geeigneten Krankenhauses zeitaufwendig sein. Anhaltspunkte dafür, dass sich in der Zeit zwischen der ärztlichen Verordnung und der tatsächlichen Krankenhausaufnahme Änderungen im Gesundheitsbild des Beigeladenen zu 1) ergeben haben könnten, sind weder vom LSG festgestellt noch ansonsten ersichtlich.
Zu Unrecht hat die Beklagte ihre Leistungspflicht unter Hinweis auf die Vorbehandlung des Beigeladenen zu 1) im Jahre 1992 in der RLK V. abgelehnt und darauf hingewiesen, die Akutbehandlung sei mit diesem Aufenthalt abgeschlossen gewesen, die Behandlung im NLK deshalb als Rehabilitationsmaßnahme anzusehen. Ihr ist zwar zuzugeben, dass bei psychiatrischen Dauererkrankungen manchmal zweifelhaft sein kann, ob die Gesundheitsstörung noch einer Behandlung zugänglich ist, also noch eine Krankheit iS von § 27 SGB V vorliegt, oder bereits eine nicht mehr therapierbare Dauerschädigung vorliegt (vgl auch Höfler in: Kasseler Kommentar - Sozialversicherungsrecht - Band 1, Stand: Dezember 2004, § 39 SGB V RdNr 20). Gerade bei psychischen/psychiatrischen Erkrankungen besteht allerdings die Besonderheit, dass sie oft in Schüben und Wellenlinien verlaufen, sich also krisenhafte Zuspitzungen mit Intervallen von relativem Wohlbefinden abwechseln (Tölle aaO S 104 - Depression - und S 107 - Bulimie -). Hinzu kommt noch Folgendes: Bei einem wesentlichen Teil der betroffenen Personen stellt die Erkrankung einen Abwehrvorgang psychischer Konflikte mit Hilfe körperlicher Symptome dar, sodass die Patienten oft trotz erheblichen Leidens nicht über die Krankheitseinsicht und Motivation verfügen, die für eine adäquate Behandlung ihrer jeweiligen Gesundheitsstörung erforderlich sind; diese müssen erst in einer längerfristigen - psychotherapeutischen - Behandlung hergestellt werden (Schmeling-Kludas aaO S 312). Während dieses Dauerprozesses sind - abhängig von den Besonderheiten jedes einzelnen Falles - sowohl Maßnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als auch Rehabilitationsmaßnahmen denkbar; selbst bei einem chronischen psychiatrischen Leiden ist deshalb eine Akutbehandlung im Sinne der GKV möglich und ggf sogar notwendig, wenn sich ein neuer Schub andeutet oder eine sonstige Verschlechterung des Gesundheitszustandes einstellt. Die Entscheidung hierüber trifft der behandelnde Krankenhausarzt, der im Hinblick auf die zu ergreifenden Maßnahmen eine medizinische Prognose zu erstellen hat (vgl BSGE 92, 300, 307 RdNr 21 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2 RdNr 21). Die Krankenkassen können sich in der Regel nicht darauf beschränken, die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung im Nachhinein aus ihrer Sicht zu beurteilen und bei abweichendem Ergebnis die Bezahlung zu verweigern. Die Prognose des Krankenhausarztes, dass eine - weitere - psychiatrische Behandlung im Krankenhaus notwendig ist, muss vielmehr von der Krankenkasse hingenommen werden, sofern sie vertretbar ist, weil der Arzt auch die volle strafrechtliche und zivilrechtliche Verantwortung für seine Entscheidung trägt (zur Maßgeblichkeit der Vertretbarkeit der Entscheidung des Krankenhausarztes vgl BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2). Die Entscheidung des Krankenhausarztes ist daher stets aus seiner vorausschauenden Sicht unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt bekannten (oder auch nur erkennbaren) Umstände zu beurteilen. Die Prognoseentscheidung, eine Krankenhausbehandlung sei weiterhin notwendig, wäre nur dann nicht vertretbar, wenn sie im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung steht oder medizinische Standards verletzt (BSGE 92, 300, 308 RdNr 22 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2 RdNr 22). Dies ist hier weder vom LSG festgestellt noch von der Beklagten behauptet worden. Die Beklagte hat nur allgemein und ohne Einschaltung des MDK darauf hingewiesen, dass ihrer Ansicht nach eine Rehabilitationsmaßnahme für den Versicherten angezeigt sei.
c) Die Durchführung der Behandlung lässt im übrigen nicht erkennen, dass sie nicht fachgerecht oder mit vermeidbaren Verzögerungen erfolgt ist. Das Krankenhaus hat die Pflicht, eine aussagefähige Dokumentation über die Krankenhausbehandlung zu führen (BSGE 86, 166, 174 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 9). Nach den Feststellungen des LSG sind die über den Beigeladenen zu 1) geführten Krankenakten zwar lückenhaft; dies ist im vorliegenden Fall indes unerheblich. Denn eine Umkehr der Beweislast - dem Arzthaftungsrecht vergleichbar - erfolgt allenfalls dann, wenn der Kläger durch sein Verhalten die Sachaufklärung der entscheidungserheblichen Fragen vereitelt hätte. Dies ist hier nicht der Fall. Die Frage nach der Art der durchgeführten Behandlung lässt sich auch anhand der möglicherweise lückenhaften Dokumentation beantworten. Auch die Beklagte beruft sich nicht darauf, dass die Krankenunterlagen unvollständig sind und ihr dadurch eine Wahrnehmung ihrer Rechte unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert worden ist.
4. Der Zinsanspruch folgt aus § 13 Abs 7 des Sicherstellungsvertrages.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der hier noch anwendbaren und bis zum 1. Januar 2002 gültigen Fassung (vgl § 197a SGG iVm Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG vom 17. August 2001, BGBl I S 2144).
Fundstellen
BSGE 2005, 139 |
NWB 2006, 1865 |
ArztR 2006, 78 |
NZS 2006, 135 |
SGb 2005, 397 |
SGb 2006, 155 |