Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Heilmittelerbringer. Zulassung für eine bestimmte Betriebsstätte. keine Vergütung von ohne Zulassung einer Betriebsstätte erbrachten Leistungen. Voraussetzung einer Praxisausstattung für eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung. Voraussetzung für echte Leistungsklage. Vergütungsansprüche zwischen Heilmittelerbringer und Krankenkassen. öffentliche-rechtlicher Erstattungsanspruch. betriebs- bzw ortsbezogenes Zulassungserfordernis. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zulassung eines Heilmittelerbringers wird für eine bestimmte Betriebsstätte erteilt und setzt eine Praxisausstattung voraus, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet.
2. Leistungen, die ohne Zulassung der Betriebstätte erbracht wurden, sind nicht zu vergüten.
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für die echte Leistungsklage ist das zwischen den Beteiligten bestehende Gleichordnungsverhältnis, das eine (einseitig) hoheitliche Regelung der handelnden Behörde durch Verwaltungsakt gegenüber dem Adressaten - und damit eine Klage nach § 54 Abs 4 SGG - ausschließt (vgl BSG vom 24.1.1990 - 3 RK 11/88 = BSGE 66, 159, 161 = SozR 3-2200 § 376d Nr 1).
2. Die Vergütungsansprüche zwischen Heilmittelerbringern und den Krankenkassen sind durch öffentlich-rechtliche Rahmen- bzw Einzelverträge nach § 125 Abs 2 SGB V ausgestaltet. Dem-entsprechend ist für Rückzahlungsansprüche der Krankenkassen gegen Leistungserbringer aus rechtsgrundlos erfolgten Vergütungszahlungen der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch einschlägig (vgl BSG vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R = BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 10 mwN).
3. Das betriebs- bzw ortsbezogene Zulassungserfordernis nach § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V ist eine Berufsausübungsregelung, die durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (zum Prüfmaßstab vgl nur BVerfG vom 22.1.1997 - 2 BvR 1915/91 = BVerfGE 95, 173, 183 mwN).
Normenkette
SGB 5 § 2 Abs. 1, 4, § 12 Abs. 1, § 69 S. 3 Fassung: 1999-12-22, S. 4 Fassung: 2007-03-26, § 70 Abs. 1 S. 2, § 124 Abs. 1 Fassung: 2003-11-14, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Fassung: 2003-11-14, Nr. 2 Fassung: 2003-11-14, Nr. 3 Fassung: 2003-11-14, Abs. 5 S. 1 Fassung: 2003-11-14, S. 2 Fassung: 2003-11-14, Abs. 6 S. 1, § 125 Abs. 2 S. 1 Fassung: 2003-11-14, S. 1 Fassung: 2007-03-26, § 126; SGG § 54 Abs. 4-5; BGB §§ 242, 812, 814; GG Art. 12 Abs. 1 S. 2, Art. 20 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. November 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Revisionsverfahren auf 5719 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht ein Erstattungsanspruch der klagenden Krankenkasse in Höhe von 5719 Euro nebst Zinsen gegen die beklagte Leistungserbringerin wegen erbrachter und vergüteter physiotherapeutischer Leistungen auf der Insel H. im Zeitraum vom 5.7.2006 bis 25.7.2007.
Die Beklagte ist ausgebildete Masseurin und medizinische Bademeisterin. Auf ihren Antrag von November 2004 erteilte ihr die AOK Sachsen die Zulassung zur Abgabe physiotherapeutischer Leistungen nach § 124 Abs 5 SGB V ab 9.11.2004. Der Zulassungsbescheid vom 10.1.2005 war namentlich an die Beklagte und an die Adresse "Physiotherapie, B. straße in D." gerichtet. Laut Bescheid war die Zulassung nicht übertragbar und galt so lange, wie Frau K. R. als verantwortliche fachliche Leiterin in der physiotherapeutischen Praxis an diesem Standort beschäftigt ist. Im Zulassungsverfahren lagen der "Bericht über die Überprüfung von physiotherapeutischen Praxen/Betrieben" des VDB Physiotherapie Verband e.V., der nach einer Praxisbegehung im November 2004 angefertigt worden war, sowie der Mietvertrag und der Grundriss über die Räumlichkeiten in der B. straße vor. Mit Erklärung vom 30.11.2004 erkannte die Beklagte die für die Versorgung der Versicherten gültige Vereinbarung an (nach § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V). Hierbei handelte es sich um den Vertrag vom 1.10.2004 über die Versorgung mit physiotherapeutischen Leistungen zwischen den Berufsverbänden der Leistungserbringer und ua den Rechtsvorgängern der klagenden Krankenkasse nach § 125 SGB V (zwischen dem Deutschen Verband der Physiotherapie-Zentralverband der Krankengymnasten/Physiotherapeuten ≪ZVK≫ e.V.; VDB Physiotherapieverband, Berufs- und Wirtschaftsverband der Selbstständigen in der Physiotherapie e.V., beide jeweils mit den Landesverbänden Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und dem Verband Physikalische Therapie - Vereinigung für die physiotherapeutischen Berufe ≪VPT≫ e.V. Hamburg sowie der AOK für das Land Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, ≪im Folgenden sog Verbands- bzw Rahmenvertrag≫).
Die Beklagte erbrachte mit ihren Mitarbeitern im Zeitraum vom 5.7.2006 bis 25.7.2007 physiotherapeutische Leistungen für Versicherte an verschiedenen Orten auf H. und berechnete dafür insgesamt 5719 Euro. Nachdem die Abrechnungs GmbH die von der Beklagten vorgelegten Heilmittelverordnungen mit Rezeptbegleitschein (§ 302 SGB V) zur Bezahlung übersandt hatte, die mit dem Stempel und dem Institutskennzeichen der Physiotherapiepraxis in D. versehen waren, bezahlte die AOK Mecklenburg-Vorpommern die in Rechnung gestellte Vergütung.
Erst als sich die Beklagte am 7.7.2007 mit mehreren Heilmittelverordnungen an die AOK Mecklenburg-Vorpommern wandte, stellte sich im Rahmen einer Überprüfung heraus, dass die im streitigen Zeitraum erbrachten Leistungen nicht in der D. Praxis, sondern auf H. erbracht worden waren. Am 16.7.2007 wurde die AOK Sachsen hiervon unterrichtet. Am 17.7.2007 erklärte die Beklagte telefonisch, nicht gewusst zu haben, dass sie Versicherte nicht auf H. behandeln dürfe. Die Behandlung der Versicherten sei entweder bei ihr zu Hause (im K. haus, S.) oder im Hotel G. durchgeführt worden. Später teilte die Beklagte die Namen ihrer Mitarbeiter mit, die Versicherte auf H. behandelt hatten. Zum damaligen Zeitpunkt habe es dort noch keinen verantwortlichen fachlichen Leiter gegeben.
Mit Schreiben vom 16.1.2008 übersandte die AOK Mecklenburg-Vorpommern die Aufstellung über die im streitigen Zeitraum von der Beklagten bzw ihren Mitarbeitern auf H. erbrachten und bereits abgerechneten physiotherapeutischen Leistungen. Da die Beklagte für die Behandlung von Versicherten an diesem Standort keine Zulassung nach § 124 SGB V besitze, wurde sie aufgefordert, den überzahlten Betrag in Höhe von 5719 Euro zu erstatten. Die Beklagte lehnte die Rückforderung der Klägerin (Rechtsnachfolgerin der AOK Mecklenburg-Vorpommern) ab, weil ihre Zulassung bundesweite Gültigkeit habe.
Die Klägerin hat am 21.11.2008 Klage erhoben. Während des Klageverfahrens ist der Beklagten auf ihren Antrag von August 2009 die Zulassung für die Abgabe von Heilmitteln für physiotherapeutische Leistungen in den auf H., in V., S. gelegenen Räumlichkeiten erteilt worden, nachdem die personellen und räumlichen Anforderungen erfüllt waren (Bescheid vom 28.10.2009).
Mit Urteil vom 15.6.2011 hat das SG Dresden die Beklagte verurteilt, der Klägerin bereits vergütete physiotherapeutische Leistungen im Zeitraum vom 5.7.2006 bis 25.7.2007 in Höhe von insgesamt 5719 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1.8.2008 zu erstatten.
Die von der Beklagten eingelegte Berufung hat das LSG mit Urteil vom 5.11.2014 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des SG bezogen (§ 153 Abs 2 SGG) und bekräftigt, dass der Klägerin ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in der geltend gemachten Höhe zustehe. Für die auf H. erbrachten Leistungen habe der Beklagten kein Vergütungsanspruch zugestanden. Der Zahlungsanspruch ergebe sich nicht aus dem anerkannten Rahmenvertrag, der nach § 3 Abs 14 die Durchführung der Behandlung nur in nach § 124 SGB V zugelassenen Praxen erlaube, abgesehen von hier nicht relevanten Hausbesuchen. Die ab November 2004 erteilte Zulassung habe sich aber nur auf die Behandlung von Versicherten in den Praxisräumen in D. bezogen. § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V erfordere im Zulassungsverfahren eine Überprüfung der Räumlichkeiten. Denn die Zulassung setze eine Praxisausstattung voraus, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleiste. Dies sei zugleich eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung (Hinweis auf BSGE 77, 108 = SozR 3-2500 § 126 Nr 1). Dafür spreche auch, dass § 124 Abs 6 Satz 1 SGB V einen eigenständigen Widerruf der Zulassung vorsehe, wenn der Leistungserbringer die bei Erteilung der Zulassung vorliegenden Anforderungen nach § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V nicht mehr erfülle. Die Erteilung der Zulassung sei daher immer ortsbezogen an bestimmte Räumlichkeiten gebunden. Bei Verlegung der Betriebsstätte oder Gründung einer Filiale sei daher die Erteilung einer (neuen oder ergänzenden) Zulassung notwendig. Der im Rahmen von Bereicherungsansprüchen anwendbare allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergebe kein für die Beklagte günstigeres Ergebnis. Die Klägerin habe die Vergütung in Unkenntnis des fehlenden Rechtsgrunds erbracht und erst am 7.7.2007 von dem Betrieb in V. erfahren, daraufhin aber alle notwendigen Ermittlungen durchgeführt.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie habe als zugelassene Leistungserbringerin nach § 124 Abs 1 SGB V physiotherapeutische Leistungen an Versicherte abgegeben, sodass die Vergütung mit Rechtsgrund gezahlt worden sei. Für eine analoge Anwendung des bereicherungsrechtlichen Erstattungsanspruches nach § 812 Abs 1 BGB sei daher kein Raum. Das LSG habe Bundesrecht verletzt, indem es in § 124 Abs 1 SGB V iVm § 125 Abs 2 SGB V einen Ortsbezug hineingelesen habe, den das Gesetz nicht enthalte. Das LSG habe den Zulassungsstatus iS des § 124 Abs 1 SGB V mit den weiteren Voraussetzungen des § 124 Abs 2 bis 7 SGB V vermengt, obwohl beide Regelungsbereiche nicht miteinander verbunden seien. Da aber § 124 Abs 1 SGB V keinen Ortsbezug habe, habe sie - die Beklagte - im November 2004 einen Status erlangt, der bundesweite Gültigkeit habe. Die Gründung einer unselbstständigen Zweigniederlassung für einen statusmäßig bereits zugelassenen Leistungserbringer betreffe nicht das in § 124 Abs 2 SGB V näher geregelte Zulassungsverfahren. Deshalb finde auch § 124 Abs 6 SGB V, der den Widerruf der Zulassung regele, keine Anwendung. Die Urteile des BSG (Hinweis auf BSGE 77, 108 = SozR 3-2500 § 126 Nr 1 und BSGE 78, 125 = SozR 3-2500 § 124 Nr 5) enthielten hierzu keine tragenden anderslautenden Ausführungen. Überdies liege ein Verstoß gegen § 125 Abs 2 Satz 1 SGB V vor, da Regelungsgegenstand eines solchen Vertrags nicht Fragen der Zulassung von Praxen oder Praxisräumen sein dürften. Die nach § 125 Abs 2 Satz 1 SGB V zu regelnden "Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln" zählten jedenfalls nicht zum Zulassungsverfahren. Daher sei § 3 Abs 14 des Rahmenvertrags eine unwirksame vertragliche Vereinbarung. Die Ortsbezogenheit der Praxiszulassung verstoße gegen Art 12 GG. Es handele sich um eine Berufsausübungsregelung, die nicht durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Über den hier streitigen Erstattungsbetrag hinaus stünden Rückforderungsansprüche von mehr als 50 000 Euro im Raum, die sie - die Beklagte - unverhältnismäßig und unzumutbar beeinträchtigten.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. November 2014 und des Sozialgerichts Dresden vom 15. Juni 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Urteile der Vorinstanzen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass der Klägerin ein Erstattungsanspruch zusteht. Daher war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Es handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG), mit der die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden kann, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Die Frage der Zulässigkeit dieser Klageart ist unmittelbar mit der rechtlichen Ausgestaltung der Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern verknüpft. Voraussetzung für die echte Leistungsklage ist das zwischen den Beteiligten bestehende Gleichordnungsverhältnis, das eine (einseitig) hoheitliche Regelung der handelnden Behörde durch Verwaltungsakt gegenüber dem Adressaten - und damit eine Klage nach § 54 Abs 4 SGG - ausschließt (vgl BSGE 66, 159, 161 = SozR 3-2200 § 376d Nr 1). Seit der zum 1.1.2000 in Kraft getretenen Fassung von § 69 SGB V (idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626) sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu sämtlichen Leistungserbringern, wie Krankenhäuser, Vertragsärzten, Apotheken und allen sonstigen nichtärztlichen Leistungserbringern, ausschließlich sozialversicherungsrechtlicher Natur und damit dem öffentlichen Recht zugeordnet (vgl BSGE 89, 24, 30 f = SozR 3-2500 § 69 Nr 1 S 8; BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 1 RdNr 14, 17 f). Die Vergütungsansprüche zwischen Heilmittelerbringern und den Krankenkassen sind durch öffentlich-rechtliche Rahmen- bzw Einzelverträge nach § 125 Abs 2 SGB V ausgestaltet. Dementsprechend ist für Rückzahlungsansprüche der Krankenkassen gegen Leistungserbringer aus rechtsgrundlos erfolgten Vergütungszahlungen der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch einschlägig (vgl nur BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 10 mwN). Die Klägerin hat daher die Rückforderung bereits ausgezahlter Vergütungen an die beklagte Leistungserbringerin zutreffend nicht durch Verwaltungsakt, sondern im Wege der Gleichordnung durch allgemeine Leistungsklage geltend gemacht, weil sie und die Beklagte in einem Gleichordnungsverhältnis zueinander stehen.
2. Der Klägerin steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe des streitigen Betrags zu. Dieser aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete Rechtsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht worden sind (vgl BSGE 101, 33 = SozR 4-2500 § 109 Nr 9, RdNr 17). Dies ist hier der Fall. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat die auf H. erbrachten physiotherapeutischen Leistungen vergütet, obwohl die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt keinen hierauf bezogenen vertraglichen Vergütungsanspruch hatte (3.). Sie verfügte nicht über die notwendige Zulassung für die Betriebsstätte ihrer physiotherapeutischen Praxis am Standort auf H., um dort Versicherte zu behandeln. Daher konnte im streitigen Zeitraum ein Vergütungsanspruch der Beklagten für diese Leistungen nicht entstehen (4.). Die Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Wertersatz (5.). Verfassungsrecht steht dem nicht entgegen (6.).
3. Zahlungsansprüche der Beklagten gegen die Klägerin wegen erbrachter physiotherapeutischer Leistungen können sich nur aus der engen Verbindung der Zulassungsentscheidung zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen an Versicherte (§ 124 SGB V) iVm dem anerkannten Versorgungsvertrag auf Verbandsebene (hier vom 1.10.2004) ergeben, der die Einzelheiten der Leistungserbringung und der Vergütung regelt (§ 125 Abs 2 SGB V).
a) Nach § 124 Abs 1 SGB V (idF des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004) dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Nach § 124 Abs 2 SGB V (idF des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004) ist zuzulassen, wer
1. die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis besitzt,
2. über eine Praxisausstattung verfügt, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet, und
3. die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt.
Nach § 124 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V (idF des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004) wird die Zulassung von den Landesverbänden der Krankenkassen, den Verbänden der Ersatzkassen sowie der See-Krankenkasse erteilt. Die Zulassung berechtigt zur Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V iVm § 32 SGB V) als Teil der Krankenbehandlung. Nach § 124 Abs 6 Satz 1 SGB V kann die Zulassung widerrufen werden, wenn der Leistungserbringer nach Erteilung der Zulassung die Voraussetzungen nach § 124 Abs 2 Nr 1, 2 oder 3 SGB V nicht mehr erfüllt.
b) Über die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln, über die Preise, deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung schließen die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen Verträge mit Leistungserbringern oder mit Verbänden der Leistungserbringer. Die vereinbarten Preise sind Höchstpreise (§ 125 Abs 2 Satz 1 SGB V idF des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004; § 125 Abs 2 Satz 1 idF GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007 ≪GKV-WSG≫, BGBl I 378 mWv 1.4.2007 hat ua Änderungen in der Organisationsstruktur berücksichtigt).
Die Erteilung einer Zulassung für Heilmittelerbringer setzt mithin voraus, dass der Leistungserbringer ua die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen nach § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V anerkennt. Dies ist eine zwingende Zulassungsvoraussetzung für die Erbringung physiotherapeutischer Leistungen; während der anerkannte Vertrag als solcher nicht selbst Teil der Zulassungsentscheidung wird (vgl BSG SozR 4-2500 § 124 Nr 1 RdNr 8). Wegen der durch die Anerkennungserklärung eintretenden Rechtsfolgen wird den auf Verbandsebene abgeschlossenen Vereinbarungen normative Wirkung zuerkannt, denn durch die verbindliche Anerkennung nach § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V erlangt der Vertrag Verbindlichkeit auch gegenüber Nichtmitgliedern der Berufsverbände (stRspr, vgl nur BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 28 mwN). Eine Verbandsangehörigkeit oder entsprechende Satzungsregelung ist für die kollektivrechtliche Wirkung nicht erforderlich (vgl BSG aaO).
c) Zutreffend sind die Vorinstanzen daher davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage für eine Vergütung für die erbrachten physiotherapeutischen Leistungen nur der von der Beklagten im Zulassungsverfahren nach § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB V anerkannte Verbandsvertrag vom 1.10.2004 in Betracht kommt. § 11 dieses Vertrags enthält Regelungen über die Vergütung und die Abrechnung von Leistungen. Zudem sieht § 12 bei Vertragsverstößen die Verhängung einer Vertragsstrafe bei Nichterfüllung gravierender organisatorischer, sächlicher oder personeller Voraussetzungen vor und lässt über einen Verweis auf §§ 124, 125 SGB V den Widerruf der Zulassung zu. Regelungen über die Rückzahlung bzw Erstattung von zu Unrecht gezahlten Vergütungen enthält der Vertrag nicht. Dies steht allerdings der Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (siehe oben 2.) nicht entgegen (vgl BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 RdNr 12 mwN).
Die Beklagte hatte aufgrund der Regelung des § 3 Abs 14 des Verbandsvertrags keinen Anspruch auf Vergütung der auf H. erbrachten Behandlungen. Nach dieser Vorschrift durften Behandlungen "nur in den gemäß § 124 SGB V zugelassenen Praxen" erfolgen, es sei denn, es liegt ein - hier nicht relevanter - vertragsärztlich verordneter Hausbesuch vor.
Diese Bestimmung legt den Ort der Leistungserbringung fest und stellt in diesem Sinne eine Regelung "über die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln" im Sinne des § 125 Abs 2 Satz 1 SGB V dar, die von den Vertragspartnern vereinbart werden kann. Ohne Bedeutung für den Vergütungsanspruch ist deshalb die von der Beklagten unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 27.3.1996 (BSGE 78, 125, 128 = SozR 3-2500 § 124 Nr 5 S 40) aufgeworfene Frage, inwieweit in § 3 Abs 14 des Verbandsvertrags Zulassungsvoraussetzungen normiert werden können oder normiert worden sind.
4. Da sich mithin aus § 3 Abs 14 des (auch) für die Beklagte verbindlichen Verbandsvertrags ein Vergütungsausschluss für die außerhalb der Hauptpraxis durchgeführten Leistungen ergibt, könnte der Beklagten ein Vergütungsanspruch nur zugestanden haben, wenn diese vertragliche Regelung unwirksam wäre. Das wiederum könnte nur angenommen werden, wenn die Beklagte kraft ihrer Zulassung über die Berechtigung verfügt hätte, bundesweit physiotherapeutische Leistungen zu erbringen, und diese Berechtigung nicht auf normativvertraglicher Grundlage beschränkt werden dürfte. Das ist jedoch nicht der Fall.
Die Zulassung nach § 124 Abs 5 SGB V erfolgt durch Verwaltungsakt (§ 31 SGB X, näher BSGE 77, 108, 110 = SozR 3-2500 § 126 Nr 1 S 3). Überdies setzt § 124 Abs 2 Satz 2 SGB V für jeden Heilmittelbereich entsprechend den jeweiligen berufsrechtlichen Anforderungen, den berufspraktischen Erfahrungen und der jeweils erforderlichen sachlichen Ausstattung der Betriebsstätte eine eigenständige Zulassung voraus (vgl BSG SozR 4-2500 § 124 Nr 1 RdNr 8).
a) Hier hat sich die mit Bescheid vom 10.1.2005 erteilte bestandskräftige Zulassung nur auf die Behandlung von Versicherten in den Räumen der Physiotherapiepraxis am Standort in D. in der B. straße bezogen. Dies haben die Vorinstanzen nach Auslegung des Bescheids unter Heranziehung der im Zulassungsverfahren vorgelegten Unterlagen (ortsbezogener Prüfbericht der Praxisräume nach Praxisbegehung, Pläne über die Räumlichkeiten, Mietvertrag) zutreffend festgestellt. Daher steht § 3 Abs 14 Verbandsvertrag einem Vergütungsanspruch in Bezug auf die Leistungserbringung an einem anderen Standort als in den Praxisräumen in D. entgegen.
b) Die Beklagte hat die im streitigen Zeitraum auf H. erbrachten Leistungen ohne eine hierfür erforderliche ortsbezogene Zulassung nach § 124 Abs 5 SGB V erbracht und daher auch keinen vertraglichen Vergütungsanspruch. Der Senat hat bereits für die Zulassung der Hilfsmittelerbringer nach § 126 SGB V entschieden, dass die Zulassung betriebsbezogen zu erfolgen hat. Die Zulassung mit einem Hauptbetrieb und einer Zweigstelle kann daher auch eingeschränkt nur für den Zweitbetrieb entzogen werden. Die Zulassung eines Hilfsmittelerbringers setzt voraus, dass dieser eine ausreichende, zweckmäßige, funktionsgerechte und wirtschaftliche Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel gewährleistet. Daher konnte die Ausstattung der Betriebsstätte nicht unberücksichtigt bleiben (vgl BSGE 77, 108, 111 f = SozR 3-2500 § 126 Nr 1 S 4 f). Diese Auffassung hat der Senat für die Zulassung von Heilmittelerbringern - wenn auch bislang nicht tragend - bestätigt. Maßgebliches Argument hierfür ist, dass § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V die Prüfung der Praxisausstattung für die Zulassungserteilung voraussetzt. Die Zulassung für Heil- und Hilfsmittelerbringer (§ 124 Abs 5, § 126 SGB V) erfolgt für das Unternehmen und die jeweilige Betriebsstätte (vgl BSG aaO). In einem weiteren Urteil hat der Senat entschieden, dass der Heilmittelerbringer nicht die Voraussetzung für die Kassenzulassung erfüllt, wenn die Raumhöhe 2,50 m unterschreitet. Die Zulassung war nach § 124 Abs 2 SGB V zu versagen, weil die Praxisausstattung eine zweckmäßige Versorgung der Versicherten nicht gewährleistete (vgl BSGE 78, 125 = SozR 3-2500 § 124 Nr 5).
c) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Praxisausstattung für die zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von solcher Bedeutung, dass sie sowohl zwingende Zulassungsvoraussetzung nach § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V ist als auch eigenständiger Widerrufsgrund nach § 124 Abs 6 Satz 1 SGB V sein kann. Dies verdeutlicht, dass das Gesetz den in § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V normierten sachlichen, betriebsbezogenen Voraussetzungen an die Ausstattung der Räumlichkeiten nicht weniger Gewicht beimisst als den in § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V aufgestellten persönlichen Voraussetzungen für die Zulassungserteilung. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist weder dem Gesetz noch den Gesetzesmaterialien (vgl nur BR-Drucks 200/88 vom 29.4.1988 zu § 133 S 204 f) ein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass die Zulassungserteilung für Heilmittelerbringer lediglich personen- und nicht praxisbezogen zu erfolgen hat. Dies folgt auch nicht aus der systematischen Stellung bzw dem Verhältnis von § 124 Abs 1 zu Abs 2 bis 7 SGB V. Vielmehr ergibt die sinn- und zweckorientierte Auslegung des Regelungskonzepts dieser Normen, dass der wirtschaftlichen und qualitätssichernden Versorgung der Versicherten durch den Ortsbezug im Zulassungserfordernis Rechnung getragen werden soll. Würde man hiervon absehen und einer einmal erteilten Zulassung bundesweite räumliche Gültigkeit beimessen, so blieben die sachliche Zulassungsvoraussetzung in § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V und der hierauf bezogene eigenständige Widerrufsgrund rechtlich wirkungslos. Dies liefe der Regelungsintention des Gesetzes zuwider (vgl auch Armbruster in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl 2016, § 124 RdNr 18, 35; vgl Butzer in Becker/Kingreen, 3. Aufl 2012, SGB V, § 124 RdNr 9 ff, 11; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand Einzelkommentierung März 2010, SGB V, § 124 RdNr 12, 18; Schneider in Schlegel/Voelzke, 3. Aufl 2016, jurisPK-SGB V § 124 RdNr 21). Diese Rechtslage stimmt überein mit den Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 124 Abs 4 SGB V zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs 2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherte abgegeben werden (Stand vom 22.5.2007) und die auf die Notwendigkeit einer separaten Zulassung für Zweigniederlassungen abstellen (unter I.9).
d) Unerheblich für den streitigen Zeitraum ist, dass der Beklagten während des Klageverfahrens auf ihren Antrag von August 2009 die Zulassung zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen für die Praxisräume auf H. in V. erteilt worden ist. Ein Leistungserbringer kann nicht rückwirkend die Zulassung zur Abgabe von Heilmitteln beanspruchen, weil die Zulassungsentscheidung konstitutiven Charakter hat und daher Rechtswirkungen nur für die Zeit ab Zugang der Zulassungsentscheidung entfaltet (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 7 RdNr 13, 24; SozR 3-2500 § 124 Nr 7 S 50 f mwN).
e) Überdies hätte die Beklagte - selbst wenn sie rechtzeitig in 2006 eine Zulassung für die physiotherapeutische Leistungserbringung auf H. beantragt hätte - keinen Anspruch auf Erteilung der Zulassung gehabt. Unabhängig von den dort seinerzeit nicht fertiggestellten Räumlichkeiten fehlte es im streitigen Zeitraum nach eigenen Angaben der Beklagten an einer verantwortlichen Leitungskraft für eine hypothetische Betriebsstätte auf H. Hinsichtlich der persönlichen Zulassungsvoraussetzungen nach § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V ist es zwar ausreichend, wenn der bzw die fachliche Leiter/in diese Voraussetzungen erfüllt. Die in § 124 Abs 2 SGB V geregelten Bedingungen der Zulassung sollen gewährleisten, dass nur solche Personen die Leistungen erbringen, die die berufsrechtliche und berufspraktische Befähigung nachgewiesen haben (vgl BSGE 77, 130 = SozR 3-2500 § 124 Nr 2). Auch diese Anforderungen lagen nach den bindenden Feststellungen des LSG im streitigen Zeitraum nicht vor, sodass der Zulassung über die fehlenden Praxisräume hinaus ein weiterer materieller Versagungsgrund zu diesem Zeitpunkt noch entgegengestanden hätte.
5. Der dem Grunde nach bestehende öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Klägerin erfasst den vollen Betrag der an die Beklagte rechtsgrundlos gezahlten Vergütung. Der Anspruch ist der Höhe nach nicht beschränkt durch eine etwaige Anwendung der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen (§§ 812 ff BGB iVm § 69 Satz 3 SGB V). Der Anwendungsbereich dieser Vorschriften ist dann nicht eröffnet, wenn dadurch gesetzliche und (normen-)vertragliche Regelungen, die das Leistungs- und Leistungserbringungsverhalten in der GKV steuern, drohen unterlaufen zu werden. Die Regelungen des Leistungserbringerrechts können ihre Steuerungsfunktion nur dann erfüllen, wenn sie auch vollständig beachtet werden. Hierbei kommt es nicht auf die Schwere des Verstoßes an (vgl stRspr BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 RdNr 26 mwN bei pflichtwidriger Abgabe eines Arzneimittels durch einen Apotheker; nachgehend Nichtannahmebeschluss BVerfG vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13 ua - Juris; vgl BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 30 zur vertragswidrigen Abgabe einzelimportierter Fertigarzneimittel; vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 7 RdNr 29 zur Vergütung von Krankenhausleistungen außerhalb des Versorgungsauftrags des Krankenhauses; vgl BSGE 94, 213 RdNr 26 = SozR 4-5570 § 30 Nr 1 RdNr 23 zum rechtswidrig importierten Arzneimittel).
a) Die mit dem Recht der GKV befassten Senate des BSG sehen ein allgemeines Prinzip darin, dass Leistungserbringer auch bereicherungsrechtlich die Abgeltung von Leistungen, die unter Verstoß gegen Vorschriften, die bestimmte formale oder inhaltliche Voraussetzungen aufstellen, selbst dann nicht beanspruchen können, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden sind und für den Versicherten geeignet und nützlich sind (vgl BSG 1. Senat Urteil vom 28.9.2010 - BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 32; Senatsurteil vom 17.3.2005 - BSGE 94, 213 RdNr 26 = SozR 4-5570 § 30 Nr 1 RdNr 23 mwN; BSG 6. Senat Urteil vom 4.5.1994 - BSGE 74, 154, 158 = SozR 3-2500 § 85 Nr 6 S 35 f mwN). Nur soweit Vorschriften reine Ordnungsfunktion haben, kann etwas anderes gelten (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 7 RdNr 29 mwN).
b) Die hier relevante ortsbezogene Praxisausstattung für eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung im Heilmittelerbringerrecht hat nicht lediglich Ordnungsfunktion. Sie ist vielmehr von solcher Bedeutung, dass das Gesetz ihre Erfüllung als materiellen Zulassungsgrund bzw ihre Nichterfüllung als eigenständigen Widerrufsgrund bei der Erlaubnis zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen aufgestellt hat (so unter 4.). Nur so kann sich die Leistungserbringung für Heilmittelerbringer unter Beachtung der geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollziehen. Die Anwendung bereicherungsrechtlicher Grundsätze zu Gunsten des Leistungserbringers würde hier das deutlich im Gesetz zum Ausdruck kommende Erfordernis einer Praxisausstattung als Garant einer geeigneten Leistungserbringung unterlaufen. Es bestünde die Gefahr, dass die Qualitätssicherung und das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 2 Abs 1 und 4, § 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 Satz 2 SGB V) bei der Behandlung der Versicherten nicht gewährleistet wären. Neben diesen nach dem Recht der GKV zu erfüllenden Anforderungen, muss die Praxisausstattung auch weiteren gesetzlichen Vorgaben entsprechen (zu den Anforderungen des Bauordnungsrechts und der Arbeitsstättenverordnung an die Praxisausstattung für eine Kassenzulassung vgl BSGE 78, 125 = SozR 3-2500 § 124 Nr 5).
c) Die Vorinstanzen haben auch zu Recht entschieden, dass sich die Beklagte weder auf den Einwand der Erfüllung einer Nichtschuld (§ 814 BGB, vgl dazu BSGE 101, 33 = SozR 4-2500 § 109 Nr 9, RdNr 34) berufen kann, noch dass Umstände für ein treuwidriges Verhalten (§ 242 BGB) der Klägerin vorgelegen haben. Die Klägerin hatte nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG bei Zahlung der Vergütung keine Kenntnis davon, dass abgerechnete Leistungen auf H. erbracht worden waren, weil den Abrechnungen die mit dem Praxisstempel aus D. versehenen Heilmittelverordnungen beigefügt waren. Nach Kenntniserlangung hat sie umgehend alle notwendigen Ermittlungs- und Aufklärungsmaßnahmen getroffen.
6. Verfassungsrechtliche Bedenken stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Das betriebs- bzw ortsbezogene Zulassungserfordernis nach § 124 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V ist eine Berufsausübungsregelung, die durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (zum Prüfmaßstab vgl nur BVerfGE 95, 173, 183 mwN). Dass Leistungserbringer für die Erteilung einer Zulassung über eine Praxisausstattung verfügen müssen, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung am jeweiligen Standort gewährleistet und dass hierüber eine öffentlich-rechtliche Zulassungsentscheidung zu ergehen hat, auf die bei Erfüllung aller Voraussetzungen nach § 124 Abs 2 SGB V ein Rechtsanspruch besteht, entspricht dem Gesetzesvorbehalt aus Art 12 Abs 1 Satz 2 GG . Diese formelle gesetzliche Ausgestaltung dient dem Ziel einer wirtschaftlichen Leistungserbringung, der Qualitätssicherung in der Versorgung und der Gleichbehandlung der Versicherten. Um diesen vorrangigen Zielen Geltung zu verschaffen, ist die ortsbezogene Prüfung der Räumlichkeiten und betriebsbezogene Zulassungsentscheidung ein geeignetes und erforderliches Mittel. Die Interessen der Klägerin an einer zulassungsfreien Inbetriebnahme einer weiteren Betriebsstätte müssen dahinter zurückstehen. Die Regelung ist weder unverhältnismäßig noch unzumutbar im Hinblick auf die mit ihr verfolgten Ziele.
Der Senat hat bereits entschieden, dass Art 12 Abs 1 Satz 2 GG nicht verletzt ist, wenn ein Leistungserbringer für Leistungen außerhalb seiner erteilten Zulassung und außerhalb des anerkannten anspruchsbegründenden Versorgungsauftrags keine Vergütung erhält (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 7 RdNr 32; vgl auch BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13 ua - Juris - zum vollständigen Vergütungsausschluss bei vertrags- und gesetzeswidriger Abgabe von Arzneimitteln durch Apotheker ≪sog Retaxation auf null≫). Hier gilt nichts anderes. Die Beklagte hatte es selbst in der Hand, durch eine frühzeitige Information der Rechtsvorgängerin der Klägerin die im Streit stehenden Aufwendungen für physiotherapeutische Leistungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Ihr hätte nach dem von ihr anerkannten Verbandsvertrag bekannt sein müssen, dass die physiotherapeutischen Leistungen in keinen anderen Räumen als denen in ihrer Praxis in D. durchgeführt werden durften. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der komplette Vergütungsausschluss im streitgegenständlichen Zeitraum zu unverhältnismäßigen bzw unzumutbaren finanziellen Folgen geführt hat. Die im Streit stehende Summe erreicht eine solche Größenordnung bei Weitem nicht. Der Vortrag der Beklagten, dass der Ausgang dieses Rechtsstreits noch höhere Rückforderungen anderer Krankenkassen zur Folge haben werde, ist nicht substantiiert dargetan. Er lässt daher auch keine besondere Intensität wirtschaftlicher Beeinträchtigung erkennen. Im Übrigen ist der Beklagten die Zulassung für die Erbringung physiotherapeutischer Leistungen in ihrer Praxis auf H. erteilt worden, nachdem sie die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt hat.
7. Der Zinsanspruch folgt aus § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 291 BGB. Die Zinshöhe ergibt sich aus § 288 BGB (vgl BSGE 97, 23 = SozR 4-2500 § 129 Nr 3, RdNr 23 f).
8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 9495550 |
WzS 2016, 291 |
SGb 2016, 338 |