Leitsatz (amtlich)
Einem technischen Angestellten in leitender Stellung des Bergbaus (Grubeninspektor), dessen Bruttoarbeitsentgelt aus der die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigung die Beitragsbemessungsgrenze (RKG § 130 Abs 3) überschreitet, sind die Tätigkeiten iS des RKG § 46 Abs 2 (= RVO § 1246 Abs 2) zumutbar, die der darunter befindlichen Gruppe von Angestellten mit einem Entgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze zuzuordnen sind.
Normenkette
RKG § 46 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1957-05-21; RVO § 1246 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1957-02-23; RKG § 130 Abs. 3; RVO § 1385 Abs. 2
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 30.08.1977; Aktenzeichen L 15 Kn 21/73) |
SG Münster (Entscheidung vom 31.01.1973; Aktenzeichen S 7 Kn 9/72) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. August 1977 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit nach § 46 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) zusteht.
Der im Jahre 1920 geborene Kläger war seit 1934 im Steinkohlenbergbau tätig und ist vom Bergjungmann bis zum Grubeninspektor aufgestiegen. Seit 1970 ist er nicht mehr berufstätig. Mit Ausnahme der Zeit von November 1950 bis Ende 1967, für die er freiwillige Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtete, und der kriegsbedingten Unterbrechung war er pflichtversichert. Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 28. Juni 1971 die Bergmannsrente nach § 45 Abs 1 Nr 2 RKG, lehnte aber den weitergehenden Antrag des Klägers vom 2. Juli 1970 ab, weil der Kläger weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig sei. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 30. August 1977 auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts (SG) geändert und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihrer Bescheide vom 17. Mai 1971 und vom 10. Januar 1972 verurteilt, dem Kläger unter Annahme eines Zustandes von Berufsunfähigkeit seit Juli 1970 die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne weder seinen bisherigen Beruf als Grubeninspektor noch andere Tätigkeiten verrichten, auf die er nach § 46 Abs 2 RKG verwiesen werden könnte. Eine Verweisung auf höherwertige kaufmännische Angestelltentätigkeiten scheitere daran, daß der Kläger dazu erst nach einer mehr als dreimonatigen Einarbeitungszeit in der Lage sei. Das gelte auch für eine gehobene Position im Personalwesen und in der Ausbildung. Die Tätigkeit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie die Tätigkeit eines Abteilungsleiters in Stabsstellen im Bereich Bergwirtschaft und Bergtechnik, die sich nach Art und Umfang von der Aufgabenstellung eines Sachbearbeiters deutlich abhebe, könne der Kläger nicht mehr verrichten, weil er zu den erforderlichen regelmäßigen Betriebsbegehungen (Grubenfahrten) gesundheitlich nicht in der Lage sei. Mit den von der Tarifordnung erfaßten Tätigkeiten könne er nicht die Hälfte des Entgelts eines Grubeninspektors erzielen. Selbst das Gehalt der höchstentlohnten Tarifgruppe (Anlage A zum Manteltarifvertrag für die Angestellten des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus - 16 Gruppe 6) bliebe um mehr als die Hälfte hinter dem Entgelt eines Grubeninspektors zurück. Zwar könne das tatsächliche Durchschnittsentgelt aller außertariflich beschäftigten Grubeninspektoren nicht ermittelt werden; es könne jedoch von einer tarifähnlichen "Gehaltsordnung" ausgegangen werden. Danach habe ein Grubeninspektor im Oktober 1973 ein Monatsgehalt von mindestens 5.400,- DM gehabt, während zu diesem Zeitpunkt das Mindestendgehalt der Gruppe 6 (16) der technischen Angestellten über Tage lediglich 2.283,- DM betragen habe. Unabhängig davon brauche sich der Kläger auf diese Angestelltentätigkeiten nicht verweisen zu lassen, weil damit für ihn ein wesentlicher, sozial nicht zumutbarer Abstieg verbunden sei. Unzumutbar seien daher auch solche Bürotätigkeiten planender, berechnender, registrierender und auswertender Art, die zu den unteren außertariflichen Gehaltsgruppen gehörten und mit denen 52 bis 62 vH des Entgelts eines Grubeninspektors erreicht würde. Es handele sich dabei um die Bearbeitung kleinerer, klar abgegrenzter Aufgabengebiete. Diese Tätigkeiten fielen gegenüber der herausragenden Stellung eines Grubeninspektors, der zu den leitenden Führungskräften einer Bergwerksgesellschaft gehöre, deutlich ab. Außerhalb des Bergbaus seien erst recht keine Tätigkeiten ersichtlich, die dem Kläger zumutbar seien und mit denen er die Hälfte des Durchschnittsgehalts eines Grubeninspektors erzielen könne.
Die Beklagte hat dieses Urteil mit der - vom LSG zugelassenen - Revision angefochten. Sie ist der Ansicht, der Kläger sei nicht berufsunfähig. Er könne noch auf solche Bürotätigkeiten planender, berechnender, registrierender und auswertender Art verwiesen werden, die nach Schwierigkeitsgrad und Befähigungsanforderungen dem außertariflichen Bereich zugeordnet seien. Das sei dann der Fall, wenn Tätigkeiten besondere Eigeninitiative erforderten und ihnen ein entsprechender Entscheidungsspielraum zugeordnet sei, so daß sie sich deutlich von den tariflich erfaßten Tätigkeiten abhöben. Eine solche Tätigkeit sei dem Kläger zumutbar; mit ihr könne er auch 60 vH des Entgelts eines Grubeninspektors verdienen.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts vom 30. August 1977 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31. Januar 1973 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für richtig und ist der Ansicht, die Revision der Beklagten sei unbegründet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten in insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit nach § 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen wird. Die Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.
Das LSG ist bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit nach § 46 Abs 2 RKG zutreffend von der Tätigkeit eines Grubeninspektors ausgegangen, für die der Kläger nach kontinuierlicher beruflicher Aufwärtsentwicklung bis zu seinem gesundheitlich bedingten Ausscheiden Pflichtbeiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Die gesundheitlich bedingte Unfähigkeit zur Verrichtung dieser Tätigkeit begründet jedoch nicht ohne weiteres die Berufsunfähigkeit.
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 RKG ist ein Versicherter erst dann berufsunfähig, wenn seine Erwerbsfähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Danach ist also die volle mit der verbliebenen Erwerbsfähigkeit zu vergleichen. Die nicht mehr vorhandene volle Erwerbsfähigkeit des Versicherten ist durch die Erwerbsfähigkeit der körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten ersetzt worden. Das bedeutet, daß die durchschnittliche Erwerbsfähigkeit dieser Gruppe als die volle Erwerbsfähigkeit des Versicherten angesehen wird, so daß die besonderen Verhältnisse seiner speziellen Tätigkeit und die besonderen Verhältnisse am jeweiligen Arbeitsplatz unberücksichtigt bleiben müssen. Dieser fingierten vollen Erwerbsfähigkeit des Versicherten ist die ihm verbliebene tatsächliche Erwerbsfähigkeit, die sich gemäß § 46 Abs 2 Satz 2 RKG aus den ihm nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und nach seinem Gesundheitszustand noch möglichen Verweisungstätigkeiten ergibt, gegenüberzustellen. Dabei ist der Kreis der Verweisungstätigkeiten allerdings dadurch eingeschränkt, daß solche Tätigkeiten ausscheiden, die dem Versicherten unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit nicht zugemutet werden können (vgl BSGE 38, 153, 155 = SozR 2200 § 1246 Nr 4). Die Anwendung des § 46 Abs 2 Satz 1 RKG setzt also die Kenntnis der verbliebenen Erwerbsfähigkeit und damit die Anwendung des § 46 Abs 2 Satz 2 RKG voraus.
Bei der Beantwortung der Frage, welche Tätigkeiten dem Versicherten im Sinne dieser Vorschrift noch zumutbar sind, ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) von der konkreten vom Versicherten ausgeübten Berufstätigkeit ausgegangen, hat diese aber einer Gruppe von Berufstätigkeiten zugeordnet, die im wesentlichen die gleichen Qualitätsmerkmale aufweisen (vgl insbesondere BSGE 41, 129, 131 ff. = SozR 2200 § 1246 Nr 11; BSGE 43, 243, 245 f. = SozR 2200 § 1246 Nr 16; SozR 2200 § 1246 Nr 29). Diese Zusammenfassung von qualitativ gleichwertigen Berufstätigkeiten in Berufsgruppen ist nach der Rechtsprechung des BSG ein Hilfsmittel, den in § 46 Abs 2 RKG definierten Begriff der Berufsunfähigkeit auf der Grundlage der vom Gesetz vorgegebenen Leitlinien auch für die Massenverwaltung der gesetzlichen Rentenversicherung sinnvoll handhabbar zu machen und dabei zugleich den Ansprüchen an Rechtsicherheit und gleichmäßige Sachbehandlung zu genügen. Bisher hat die Rechtsprechung des BSG allerdings lediglich für die Arbeiterberufe vier Berufsgruppen gebildet. Die genannten Gründe rechtfertigen und erfordern es aber, auch die qualitativ gleichwertigen Berufe der Angestellten in Berufsgruppen zusammenzufassen. Dabei kann sich die Entscheidung im vorliegenden Fall zunächst auf die Beantwortung der Frage beschränken, welche Berufstätigkeiten die Gruppe umfaßt, der die Tätigkeit des Klägers als Grubeninspektor zuzuordnen ist.
Nach den vom LSG näher beschriebenen Tätigkeitsmerkmalen und der Stellung des Grubeninspektors innerhalb der Hierarchie des Bergbaus ist dessen Tätigkeit gekennzeichnet als die eines technischen Angestellten in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis. Der Grubeninspektor gehört also zu den leitenden Führungskräften im Bergbau unterhalb der Vorstandsebene. Zwar erstreckt sich sein Aufgabenbereich nicht auf eine ganze Schachtanlage, sondern auf einen Teilbereich, und zwar im allgemeinen auf den Untertagebetrieb. Er ist auch in seinen Befugnissen nicht völlig frei, sondern dem Betriebsdirektor und dem Bergwerksdirektor nachgeordnet. Gleichwohl gehört er mit diesen und auch dem Grubenbetriebsführer in die Gruppe der leitenden Führungskräfte des Bergbaus, deren Bruttoarbeitsentgelt aus der die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigung (vgl § 130 Abs 5 RKG) die Beitragsbemessungsgrenze des § 130 Abs 3 RKG überschreitet. Der Umstand, daß der Gesetzgeber hinsichtlich der Beitragshöhe bei solchen Berufen, die die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, nicht weiter differenziert, rechtfertigt es auch, bei der Prüfung der verbliebenen Erwerbsfähigkeit nicht näher zu differenzieren und die Tätigkeiten einer gemeinsamen Gruppe zuzuordnen. Zwar ist die an das versicherungspflichtige Entgelt gekoppelte Beitragshöhe nicht in erster Linie Maßstab für das Versicherungswagnis, sondern Anknüpfungspunkt für die Rentenhöhe. Sicherlich kommt es daher für das Versicherungswagnis nicht darauf an, ob der Versicherte im Einzelfall ein seinem tatsächlich ausgeübten versicherungspflichtigen Beruf entsprechendes Entgelt erzielt und adäquate Beiträge geleistet hat. Immerhin hat die Rechtsprechung eine gewisse Beziehung zwischen Beitragshöhe und Versicherungswagnis für den Fall hergestellt, daß die Beitragshöhe nicht dem ausgeübten Beruf entspricht. So ist insbesondere im Urteil des BSG vom 28. Juli 1966 (BSGE 25, 129, 132 = SozR Nr 60 zu § 1246 Reichsversicherungsordnung - RVO -) darauf hingewiesen worden, daß bei Pflichtversicherten die im Rahmen der Berufsunfähigkeitsrente geschützte berufliche Qualifikation grundsätzlich mit einer entsprechenden angemessenen Beitragsleistung gekoppelt ist (vgl auch BSG SozR Nrn 64, 66 und BVerfG SozR 2200 § 1246 Nr 28). Wenn aber diese Wechselseitigkeit fehlt, weil der Gesetzgeber das oberhalb einer bestimmten Grenze erzielte Entgelt für die Betragsbemessung unberücksichtigt läßt, so ist es andererseits gerechtfertigt, die entsprechenden Berufstätigkeiten zu einer Berufsgruppe zusammenzufassen mit der Folge, daß die Zumutbarkeit anderer Berufstätigkeiten einheitlich zu bewerten ist. Zwar mögen sich die einzelnen Berufstätigkeiten dieser Berufsgruppe hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und ihres qualitativen Werts durchaus unterscheiden. Das ist aber bei den für die versicherten Arbeiter gebildeten Berufsgruppen ebenso der Fall. So enthält zB die Gruppe mit dem Leitberuf eines Facharbeiters die unterschiedlichsten Ausbildungsberufe und gleichgestellte Tätigkeiten, die vom einfachen Ausbildungsberuf bis zum Spezialfacharbeiter reichen und in verschiedenen Tarifgruppen enthalten sein können. Ebenso wie bei diesen Facharbeitertätigkeiten ist es bei den Angestelltentätigkeiten notwendig, sie einer Berufsgruppe mit einem typischen Leitbild zuzuordnen, weil es sonst angesichts der Berufsvielfalt zu einer von den Massenverwaltungen nicht zu bewältigenden Kasuistik käme.
Zwar hat der erkennende Senat bei der Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit im Sinne des § 45 Abs 2 RKG auch das die Beitragsbemessungsgrenze überschreitende Entgelt berücksichtigt (vgl BSG SozR Nr 32 zu § 45 RKG). Die Aufrechterhaltung dieser Rechtsprechung hat jedoch nur zur Folge, daß bei dem Vergleich der vollen mit der verbliebenen Erwerbsfähigkeit nach § 46 Abs 2 Satz 1 RKG von dem für die jeweilige Tätigkeit üblichen Entgelt auch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze auszugehen ist. Das schließt jedoch nicht aus, daß bei der davon verschiedenen Beurteilung der verbliebenen Erwerbsfähigkeit nach § 46 Abs 2 Satz 2 RKG die Tätigkeiten der leitenden Führungskräfte mit einem Entgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zu einer Gruppe zusammengefaßt werden.
Geht mann danach davon aus, daß der Grubeninspektor zu der Gruppe der leitenden Führungskräfte mit einem Entgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gehört, so sind für ihn die Tätigkeiten im Sinne des § 46 Abs 2 Satz 2 RKG zumutbar, die der darunter befindlichen Gruppe von Angestellten mit einem Entgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze zuzuordnen sind. Dies entspricht den bisher von der Rechtsprechung des BSG bei der Beurteilung einer zumutbaren Verweisungstätigkeit im Sinne des § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO als maßgeblich angesehenen Abstufungen von Berufsgruppen (vgl SozR 2200 § 1246 Nr 29 mit weiteren Nachweisen). Ebenso wie sich Arbeiter nach dem sogenannten Mehrstufenschema auf die jeweils nächstniedere Gruppe verweisen lassen müssen, hat das auch für Angestellte gleich welcher Art zu gelten.
Ob die Tätigkeiten, zu deren Verrichtung der Kläger nach den Feststellungen des LSG noch fähig ist, zu dieser Berufsgruppe gehören oder einer geringeren - nicht mehr zumutbaren - Berufsgruppe zuzuordnen sind, läßt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht erkennen. Da es sich bei den Sachbearbeitertätigkeiten planender, berechnender, registrierender und auswertender Art immerhin um außertariflich bezahlte Bürotätigkeiten handelt, deren Entgelt im Jahre 1973 nach den Feststellungen des LSG 52 bis 62 vH des Entgelts eines Grubeninspektors von monatlich 5.400,- DM betrug, könnten diese Tätigkeiten unmittelbar unterhalb oder sogar oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze anzusiedeln sein. Zur endgültigen Beurteilung reichen die getroffenen Feststellungen aber nicht aus, denn es ist die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu beachten und zu berücksichtigen, daß die Erhöhungen der Beitragsbemessungsgrenze nicht unbedingt mit den Veränderungen der übertariflichen Gehälter korrespondieren müssen. Der Umstand, daß die genannten Tätigkeiten nicht mit Vorgesetztenfunktionen verbunden sind und einen kleineren, klar abgegrenzten Aufgabenbereich haben, steht der Zumutbarkeit für einen Grubeninspektor nicht unbedingt entgegen. Abgesehen davon, daß es auch hochqualifizierte Tätigkeiten ohne Vorgesetztenfunktion gibt, die sich auf einen engbegrenzten Sektor beschränken, ist zu berücksichtigen, daß die Angestelltengruppe, der der Grubeninspektor zuzuordnen ist, sich unmittelbar oberhalb der Gruppe befindet, deren Entgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze reicht. Der Abstand dieser Gruppen voneinander ist also nicht größer als der Abstand von der Gruppe der Arbeiter mit dem Leitberuf des Facharbeiters zu der Gruppe der Arbeiter mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters.
Sollten die noch erforderlichen Feststellungen des LSG ergeben, daß der Kläger noch zu Tätigkeiten fähig ist, die ihm danach zumutbar sind und die ihm verbliebene Erwerbsfähigkeit ausmachen, so wird nach § 46 Abs 2 Satz 1 RKG das mit ihnen erzielbare Entgelt mit dem Entgelt zu vergleichen sein, das der Kläger als Grubeninspektor erreichen könnte. Dieser Vergleich muß sich auf die gesamte streitige Zeit erstrecken. Da nach den Feststellungen des LSG innerhalb der Ruhrkohle AG für außertariflich Angestellte eine tarifähnliche Gehaltsordnung existiert, ist von dem Entgelt auszugehen, das danach für die jeweilige Tätigkeit üblich ist (vgl BSG SozR Nr 32 zu § 45 RKG). Ergibt sich dabei zwischen dem Entgelt eines Grubeninspektors und der zumutbaren Tätigkeit eine Differenz von mehr als 50 vH, so wird trotz der Zumutbarkeit Berufsunfähigkeit anzunehmen sein.
Der Senat hat auf die danach begründete Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur Nachholung der erforderlichen Tatsachenfeststellungen an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 1655746 |
BSGE, 202 |