Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG)
Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Die Klägerin bietet als Pädagogische Hochschule mit eigener Rechtspersönlichkeit Studiengänge für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen, an Sonderschulen und Realschulen an. Für den Unterricht in den Lehrfächern Kunsterziehung bzw. Musikerziehung zieht sie u.a. auch Lehrbeauftragte semesterweise als Lehrkräfte heran, die hauptberuflich Mitglieder von Orchestern oder als Lehrkräfte bei anderen Arbeitgebern beschäftigt sind. Diese Lehrbeauftragten werden nach der Zahl der Unterrichtsstunden vergütet. Mit Bescheid vom 16. August 1990 stellte die beklagte Künstlersozialkasse fest, daß die Klägerin als Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten der Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliege. Dem Widerspruch der Klägerin half die Beklagte nur für den Zeitraum vor dem 1. Januar 1989 ab (Abhilfebescheid vom 10. Dezember 1990; Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 1991). Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 22. April 1992). Das Landessozialgericht (LSG) hat dagegen die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Juni 1993). Nach Auffassung des Berufungsgerichts betreibt die Klägerin als Unternehmer eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten i.S. des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 KSVG auch dann, wenn sie nicht für eine berufliche Tätigkeit im Bereich von Kunst oder Musik, sondern zur Unterrichtung von Schülern in diesen Bereichen ausbildet. Auf die Erzielung von Gewinn oder Einnahmen komme es nicht an.
Dagegen richten sich die Revisionen der Klägerin und des beigeladenen Landes. Sie machen geltend, daß die Klägerin nicht zum Kreis der professionellen Vermarkter gehöre. Die Klägerin komme schon deshalb als Vermarkter nicht in Betracht,
weil die Verträge der Lehrkräfte im Namen des Beigeladenen abgeschlossen werden. Am Merkmal der Professionalität fehle es, weil z.B. der Einsatz von Musikern als Lehrbeauftragte für den Instrumentalunterricht im Fache Musikerziehung nicht die wirtschaftliche Lebensgrundlage oder den Gegenstand des Unternehmens der Pädagogischen Hochschule darstelle. Zum Begriff des Unternehmens gehöre auch, daß Einnahmen erzielt werden. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Sie bilde auch nicht zu künstlerischen Tätigkeiten aus. Die Studiengänge dienten der Ausbildung von Lehrern. Auch Musikerzieher seien Lehrer, die in einem musischen Fach an den allgemeinbildenden Schulen unterrichten. Ihre Aufgaben seien pädagogischer Art und nicht künstlerischer Natur, auch wenn sie musikalische Themen zum Gegenstand hätten.
Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,
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das Urteil des LSG Baden-Württemberg zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revisionen zurückzuweisen. |
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revisionen sind zulässig, aber unbegründet.
Auch das beigeladene Land war zur Rechtsmitteleinlegung befugt, weil es durch das angefochtene Urteil formell und materiell beschwert ist. Formell ist es deshalb beschwert, weil es in der Vorinstanz wie die Klägerin mit seinem gleichgerichteten Antrag unterlegen ist. Materiell ist es beschwert, weil das Urteil seine berechtigten Interessen berührt und dem Inhalt nach für es ungünstig ist (vgl. BSGE 9, 250; BSG GrS SozR 1500 § 161 Nr. 1). Durch die Feststellung der Künstlersozialabgabepflicht der Klägerin, auch wenn diese nur dem Grunde nach erfolgt, wird die Rechtsstellung des Beigeladenen nachteilig berührt. Im Falle der Rechtskraft des Urteils kann er nicht mehr in Frage stellen, daß die Klägerin abgabepflichtig ist, und aus diesem Grunde etwa die Zuweisung der erforderlichen Haushaltsmittel verweigern. Außerdem kommt, soweit Entgelt an die in Anspruch genommenen selbständigen Künstler unmittelbar aus Landeshaushaltsmitteln gezahlt wird, die gesamtschuldnerische Haftung des Beigeladenen neben der Klägerin gemäß § 24 Abs. 3 KSVG in Betracht. Die Rechtskraft des angefochtenen Urteils würde den Beigeladenen hindern zu bestreiten, daß es sich bei der Klägerin um eines der in § 24 Abs. 1 oder 2 KSVG genannten Unternehmen handelt.
In der Sache bleiben die Revisionen ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die Klägerin dem Grunde nach gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 KSVG i.d.F. durch das Gesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2606) zur Künstlersozialabgabe verpflichtet ist. Diese seit dem 1. Januar 1989 geltende Fassung ist hier maßgebend, weil nach dem Abhilfebescheid der Beklagten die Abgabepflicht der Klägerin nur von diesem Zeitpunkt an streitig ist. Bei der Klägerin handelt es sich um einen Unternehmer, der eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten betreibt. Die Beklagte durfte dies durch den angefochtenen sog. Erfassungsbescheid dem Grunde nach feststellen (dazu BSGE 69, 259, 260 = SozR 3-5425 § 24 Nr. 1 m.w.N.).
Zu Unrecht beanstanden die Revisionen, daß das Berufungsgericht die Klägerin als Unternehmen i.S. des KSVG eingestuft hat. Sie meinen, an der Unternehmereigenschaft fehle es deshalb, weil die Klägerin bei der von Künstlern übernommenen Ausbildung von Studenten keine Einnahmen erziele; die Studenten zahlten weder Gebühren noch Eintrittsgelder. Das Bundessozialgericht (BSG) hat den Unternehmensbegriff in ständiger Rechtsprechung in Anlehnung an die Begründung zum Entwurf des KSVG (BT-Drucks 9/26 S. 16) als eine auf die Erzielung von Einnahmen ausgerichtete, nachhaltige (nicht nur gelegentliche) Tätigkeit definiert (vgl. BSGE 64, 221, 224 = SozR 5425 § 24 Nr. 2). In der Literatur (vgl. Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 2. Aufl., § 24 RdNr 15f.) wird diese Definition insbesondere im Hinblick auf die juristischen Personen des öffentlichen Rechts als zu eng angesehen und auch bei voller Subventionierung des Unternehmens die Abgabepflicht bejaht. Für diese Auffassung spricht, daß in der bis zur Änderung durch das Gesetz vom 20. Dezember 1988 gültigen Fassung des § 24 Abs. 2 KSVG z.B. Rundfunkanstalten und Musikschulen ausdrücklich erwähnt worden sind. Durch die Novellierung vom 20. Dezember 1988 wurde auf die ausdrückliche Erwähnung der öffentlich-rechtlichen Unternehmen allein deshalb verzichtet, weil dies als eindeutig und überflüssig angesehen wurde (BT-Drucks 11/2964 S. 18 zu Nr. 5). Musikschulen sind auch nach der Neufassung abgabepflichtige Unternehmen, und das BSG hat die Abgabepflicht einer kommunalen Musikschule bejaht, ohne die Erzielung von Einnahmen ausdrücklich zu erwähnen (vgl. BSGE 69, 259, 262 und 263 = SozR a.a.O.). Diese Rechtsprechung ist dahingehend zusammenzufassen, daß es genügt, wenn die Kunstverwertung im Zusammenhang mit der Erfüllung von Aufgaben steht, die aus Haushaltszuweisungen, Beiträgen oder anderen Einnahmen finanziert werden (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. April 1994 - 3/12 RK 66/92 - zur Veröffentlichung bestimmt).
Die Revisionskläger können ihre gegenteilige Auffassung nicht auf § 24 Abs. 2 KSVG stützen, wonach "ferner" Unternehmen zur Künstlersozialabgabe verpflichtet sind, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. Daraus folgt nicht, daß der Begriff des Unternehmens i.S. des KSVG notwendig und stets mit einer Einnahmenerzielung verbunden ist. Mit der durch das Gesetz vom 20. Dezember 1988 (a.a.O.) eingeführten Neuregelung sollten nur weitere Unternehmen i.S. eines Auffangtatbestandes in die Abgabepflicht einbezogen werden, die nicht unter den Katalog der typischen Verwerter des Abs. 2 fallen, aber in vergleichbarer Weise ständig künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen nutzen. Gedacht war z.B. an Unternehmen, in denen Produkte oder Verpackungen künstlerisch gestaltet werden (vgl. BT-Drucks 11/2979 S. 7 Nr. 6). Das zusätzliche Merkmal der Einnahmenerzielung im Zusammenhang mit der Nutzung wurde als erforderlich angesehen, um z.B. das bloße Ausschmücken von Gebäuden mit Kunstwerken nicht abgabepflichtig werden zu lassen (Finke/Brachmann/Nordhausen, a.a.O., § 24 RdNr 130). Dieses Merkmal diente deshalb hier zur konkreten Abgrenzung des Tatbestands und besagt nicht, daß das Gesetz allgemein die Erzielung von Einnahmen verlangt.
Die Klägerin betreibt als Unternehmer auch eine Ausbildungseinrichtung. Dem steht nicht entgegen, daß gemäß § 9 des Baden-Württembergischen Gesetzes über die Pädagogischen Hochschulen i.d.F. vom 12. Mai 1992 (GBl 353) [PHG-BW] ihre Beschäftigten in einem unmittelbaren Dienst- oder Arbeitsverhältnis zum Beigeladenen stehen. Der Senat ist nicht durch § 162 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gehindert, diese landesrechtliche Vorschrift auszulegen, da sich das LSG mit ihrer Auslegung nicht befaßt hat (vgl. zur erstmaligen Anwendung von Landesrecht durch das Revisionsgericht BSG SozR 3-5870 § 2 Nr. 23 m.w.N.). Der Senat unterstellt, daß in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auch die Vergütung der Lehrbeauftragten unmittelbar vom Land gezahlt wird. Das ändert indes nichts daran, daß nicht das Land, sondern die Klägerin die künstlerische Leistung erhält und zur Erfüllung ihrer Aufgabe verwertet. Die Klägerin hat als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine eigene Rechtspersönlichkeit mit dem Recht der Selbstverwaltung. Sie führt im Rahmen der Gesetze die ihr übertragenen Aufgaben der Lehrerausbildung als eigene Angelegenheiten aus; in diesem Rahmen entscheidet sie auch über die Einstellung von Lehrbeauftragten nach § 54 Abs. 1 PHG-BW. Als Folge der rechtlichen und organisatorischen Verselbständigung ist die Klägerin als Betreiberin der Ausbildungseinrichtung "Pädagogische Hochschule" anzusehen. Der Hinweis der Revisionskläger auf die landesrechtlichen Vorschriften, wonach das Landesamt für Besoldung und Versorgung u.a. Arbeitgeberaufgaben i.S. der Vorschriften des Sozialversicherungsrechts erfüllt, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Abgabepflicht nach dem KSVG mag in einem weiten Sinn der sozialrechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers nachgebildet sein; sie beruht aber nicht auf der Beschäftigung von Arbeitnehmern, sondern der Inanspruchnahme selbständiger Künstler für eigene Unternehmenszwecke. Dabei ist es unerheblich, wer das Entgelt an den Künstler leistet. Zahlt ein Dritter, hat dies nur zur Folge, daß er neben dem Unternehmer als Gesamtschuldner haftet (vgl. § 24 Abs. 3 KSVG); für die Frage, wer Unternehmer i.S. des KSVG ist, ist es dagegen ohne Bedeutung.
Soweit die Revisionskläger bestreiten, daß die Klägerin zum Kreis der professionellen Vermarkter gehöre, verwenden sie Begriffe, die das Gesetz selbst nicht kennt. Der Begriff "Vermarkter" hat zwar in der Entstehungsgeschichte des Gesetzes (BT-Drucks 9/26 S. 17) und auch in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG] (BVerfG SozR 5425 § 1 Nr. 1 = NJW 1987, 3115) eine Rolle gespielt, um die Bedeutung der als Mittler zwischen dem Künstler und dem Endverbraucher stehenden Personen oder Institutionen zum Ausdruck zu bringen. Damit ist aber nicht zwingend verbunden, daß - wie bereits oben ausgeführt - die Tätigkeit auf Gewinnerzielung oder auch nur auf Einnahmenerzielung gerichtet sein müsse. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Unternehmer i.S. des KSVG von dem Künstler vertraglich die Leistung selbst fordern kann und ob der Unternehmer unmittelbar zur Zahlung des Entgelts an den Künstler verpflichtet ist. Entscheidend ist, daß der Unternehmer die Leistung des Künstlers tatsächlich in Anspruch nimmt; dies geschieht im Falle der Klägerin dadurch, daß sie Künstler zu Unterrichtszwecken einsetzt. Damit "vermarktet" sie deren Leistungen im beschriebenen Sinn. Im übrigen wird neuerdings zur Vermeidung von Mißverständnissen im parlamentarischen Sprachgebrauch von "Verwertern" gesprochen (vgl. BT-Drucks 11/2979 S. 7).
Auch den Begriff der Professionalität kennt das KSVG nicht. Gemeint ist damit lediglich, daß die Inanspruchnahme der Künstler nicht nur gelegentlich erfolgt, sondern im Rahmen einer Erwerbstätigkeit oder einer sonstigen nachhaltigen Tätigkeit geschieht, wozu auch die Verfolgung öffentlicher Aufgaben oder gemeinnütziger Zwecke ausreicht (vgl. Urteil des Senats vom 20. April 1994, a.a.O.). Die Verwertung künstlerischer Leistungen muß auch nicht ausschließlicher Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit sein; sie braucht nicht einmal vorrangig zu sein.
Die Klägerin betreibt mit der Pädagogischen Hochschule eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten. Dazu reicht es aus, daß sie im Rahmen ihres Ausbildungsangebotes Lehrer ausbildet, die an allgemeinbildenden Schulen künstlerischen Fachunterricht erteilen. Die spätere Erteilung von künstlerischem Fachunterricht ist eine künstlerische Tätigkeit selbst dann, wenn dieser Unterricht nicht der Ausbildung von Nachwuchskünstlern dient, sondern zusammen mit der Ausbildung in den anderen Unterrichtsfächern nur eine breite Allgemeinbildung vermitteln soll.
Eine künstlerische Tätigkeit i.S. des Gesetzes, auf die die Ausbildungseinrichtung vorbereitet, ist nicht nur die spätere freiberufliche Betätigung als Künstler; die spätere Kunstausübung kann auch im Beschäftigungsverhältnis erfolgen, wie es z.B. beim Theaterpersonal oder bei Orchestermitgliedern die Regel ist. Kunst- und Musikhochschulen sind unabhängig davon abgabepflichtig, daß nur ein Teil ihrer Studenten später als selbständige Künstler allein nach dem KSVG versichert wird. Erfolgt eine solche künstlerische Ausbildung nicht an einer besonderen Hochschule, sondern als Studiengang an einer allgemeinen Hochschule, gibt es keinen einleuchtenden Grund, diese Hochschule von der Abgabepflicht deshalb zu verschonen, weil sie auch nichtkünstlerische Ausbildungsgänge anbietet. Für eine Beschränkung der Künstlersozialabgabe auf spezielle Ausbildungseinrichtungen für künstlerische Berufe geben auch die Gesetzesmaterialien keinen Anhalt. Soweit in der Begründung zur Gesetzesnovelle vom 20. Dezember 1988 (BT-Drucks 11/2964 S. 18) ausgeführt worden ist, der Begriff "Ausbildungseinrichtung" umfasse den Bereich der eigentlichen Ausbildung zum künstlerischen oder publizistischen Beruf wie auch den Bereich der Fortbildung, so ist damit lediglich verdeutlicht worden, daß der Begriff "Ausbildung" im weiteren Sinne zu verstehen sein und auch die Fortbildung umfassen soll. Die Klägerin bildet ebenso wie eine Kunst- oder Musikhochschule Studenten für ihren späteren Beruf aus. Das BSG hat inzwischen außerdem geklärt, daß eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten sogar dann gegeben ist, wenn nur Laienunterricht erteilt wird, wie es etwa an Musikschulen der Fall ist (BSGE 69, 259 = SozR a.a.O.).
Der Einwand der Revisionen geht allerdings dahin, daß die Pädagogische Hochschule nicht für den Beruf des Künstlers - sei er selbständig oder angestellt - ausbilde, sondern den des Lehrers, wenn auch mit verschiedenen Unterrichtsfächern für verschiedene Schultypen; auch der Kunst- bzw. Musiklehrer sei Lehrer und nicht Künstler, der Unterricht keine künstlerische Tätigkeit.
Mit dieser wort- oder grammatikalischen Interpretation des Gesetzes läßt sich die Abgabepflicht der Klägerin jedoch nicht verneinen. Denn es ist nicht zu bestreiten, daß jede Lehrtätigkeit aus pädagogischen und fachlichen Elementen besteht. Der Musik- bzw. Kunstlehrer muß neben pädagogischen Fähigkeiten auch künstlerische Fähigkeiten aufweisen. Allgemein wird sich sagen lassen, daß je höher das Ausbildungsniveau liegt, desto mehr die pädagogischen Elemente zurücktreten und die Übermittlung des Fachwissens in den Vordergrund tritt. Soweit fachgebundener Unterricht in Musik oder Kunst erteilt wird, insbesondere an weiterführenden Realschulen, wird nicht von vornherein gesagt werden können, daß der erzieherische Anteil den fachlichen Anteil deutlich überlagert. Dieser Unterricht kann gleichermaßen als pädagogische und künstlerische Tätigkeit bezeichnet werden.
Wenn der Gesetzeswortlaut danach die Frage, ob die Ausbildung von Lehrern für Musik und Kunst eine Ausbildung für eine künstlerische Tätigkeit ist, nicht eindeutig beantwortet, so folgt dies jedoch aus dem Regelungszusammenhang und der Intention des Gesetzgebers, auch die Lehrer von Kunst grundsätzlich in die Versicherungspflicht nach dem KSVG einzubeziehen und alle Verwerter der Leistungen selbständiger Künstler zur Künstlersozialabgabe heranzuziehen. Die Klägerin verwertet die Leistungen selbständiger Künstler, auch wenn sie sie nur als Lehrkräfte heranzieht (vgl. § 2 KSVG). Dann ist es nur konsequent, sie deswegen zur Künstlersozialabgabe heranzuziehen. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß der Kreis der versicherungspflichtigen Künstler sich nicht notwendig mit dem Kreis der abgabepflichtigen Verwerter deckt. Es ist zwar richtig, daß die Inanspruchnahme eines versicherungspflichtigen Künstlers nicht stets zur Abgabepflicht führt, wie umgekehrt im Einzelfall auch dann Künstlersozialabgabe zu leisten ist, wenn der Künstler nicht versicherungspflichtig ist (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG). Dies ändert aber nichts daran, daß im Grundsatz eine Entsprechung zwischen versicherten Künstlern und abgabepflichtigen Unternehmen besteht. Dieser Zusammenhang rechtfertigt es, im Zweifel die Abgabepflicht des Unternehmens danach zu beurteilen, ob es Leistungen von Künstlern verwertet. Dem steht nicht entgegen, daß der Gesetzgeber den Weg gewählt hat, zunächst einen Katalog abgabepflichtiger Unternehmen aufzustellen, den er bei späteren Gesetzesänderungen um weitere abgabepflichtige Tatbestände ergänzt hat. Der Grundsatz der Abgabenklarheit und das gewählte Enumerationsprinzip verlangen nicht, bei der Auslegung der abgabepflichtigen Tatbestände die nach dem Wortlaut engstmögliche Auslegung zu wählen. Vielmehr bleibt auch bei der Auslegung abgabenrechtlicher Vorschriften eine Auslegung möglich, die sich noch mit dem Wortlaut der Vorschrift im erweiterten Sinn deckt und dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers entspricht.
Die gesetzliche Entwicklung, die insbesondere durch eine stetige Erweiterung des Kreises der abgabepflichtigen Unternehmen gekennzeichnet ist, spricht dafür, auch allgemeine Hochschulen, soweit sie selbständige Künstler als Lehrkräfte heranziehen, in die Abgabepflicht einzubeziehen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, es handele sich dabei um einen so bedeutsamen Bereich, daß eine ausdrückliche Regelung durch den Gesetzgeber zu erwarten gewesen wäre, das Fehlen einer solchen Regelung also für einen gegenteiligen Willen des Gesetzgebers spreche. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung, für das es in den Gesetzesmaterialien keine Erläuterung gibt, läßt sich damit erklären, daß die Heranziehung von selbständigen Künstlern zur Lehrerausbildung eben nicht die Regel ist und der Gesetzgeber sich auf die Erfassung typischer Verwerter beschränkt hat.
Die Heranziehung von Pädagogischen Hochschulen zur Künstlersozialabgabe hat nicht zwangsläufig zur Folge, daß nunmehr auch alle anderen allgemeinbildenden Schulen dazu herangezogen werden könnten. Soweit auch an solchen Schulen selbständige Künstler aushilfsweise zum Unterricht eingesetzt werden, bleibt zu beachten, daß der Musik- oder Kunstunterricht im Rahmen des allgemeinen Unterrichts erfolgt und die Schüler damit allenfalls untergeordnet für eine künstlerische Tätigkeit - und auch dies nur im weitesten Sinne, nämlich als Laien - ausgebildet werden. Darin liegt der wesentliche Unterschied zum Beispiel zu Musikschulen, in denen Schüler nur in diesem Fach unterrichtet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.3/12 RK 38/93
BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen
Haufe-Index 517919 |
BB 1995, 1749 |