Leitsatz (amtlich)
Unterbricht ein 14 1/2 Jahre alter Schüler den Schulweg, um von zu Hause mitgebrachte Chemikalien - wie auch früher im privaten Bereich - zu entzünden, so steht er während dieser Unterbrechung nicht unter Versicherungsschutz.
Normenkette
RVO § 550 S. 1 Fassung: 1963-04-30, § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b Fassung: 1971-03-18
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Januar 1976 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der am 18. März 1957 geborene Kläger war Schüler einer Grund- und Hauptschule in S. Am 16. Dezember 1971 vermischte er nach dem Schulunterricht auf der Mauer der in der Nähe der Schule auf dem Weg zwischen Schule und elterlicher Wohnung gelegenen J-kirche die Stoffe Unkraut-Ex und roter Phosphor, mit denen er schon früher experimentiert hatte. Er füllte die Stoffe in ein von ihm mitgebrachtes Holzgefäß. Als er dieses mit einem Korken verschließen wollte, explodierte das Gemisch. Der Kläger erlitt dabei leichte Verletzungen an den Augen und Verletzungen der rechten Hand, die zur Amputation des 3. und 4. Fingers im Mittelgelenkbereich führten.
Der Beklagte lehnte die Gewährung einer Entschädigung mit der Begründung ab, der Kläger habe sich in eine von ihm selbst geschaffene Gefahr begeben.
Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 25. Februar 1974 den Beklagten verurteilt, den Kläger wegen der Folgen des Unfalles zu entschädigen, da das Interesse des Klägers an den Experimenten durch den Chemieunterricht in der Schule geweckt worden sei.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 15. Januar 1976 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Der Versicherungsschutz nach § 550 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bestehe bei der Fortbewegung des Versicherten auf ein bestimmtes Ziel hin. Der Kläger habe bei seinem Experiment diese zielgerichtete Bewegung unterbrochen. Während einer Unterbrechung aus rein privaten, eigenwirtschaftlichen Gründen bestehe kein Versicherungsschutz. Ausnahmen seien nur bei ganz geringfügigen Unterbrechungen anzuerkennen, wenn die private Verrichtung gewissermaßen nebenbei erledigt werde. Eine nur geringfügige Unterbrechung liege aber nicht vor. Zwar sei zuzugeben, daß bei Kindern bzw. Jugendlichen die Grenzen zwischen Schulweg und Freizeitbeschäftigung fließend seien, so daß bei Spielereien nicht immer der Versicherungsschutz entfalle. Jedoch stehe ein Kind während einer Freizeitbeschäftigung, die klar vom Zurücklegen des Schulweges abgegrenzt sei, nicht unter Versicherungsschutz. Nicht ausreichend für die Annahme des Unfallversicherungsschutzes sei, daß der Kläger Anregungen zum Experimentieren durch den Schulunterricht erhalten haben könnte.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt.
Er trägt vor: Das LSG habe den Versicherungsschutz verneint, weil er den Schulweg nicht nur geringfügig unterbrochen habe. Dabei habe es aber nicht in ausreichendem Maße festgestellt, zu welchem Zeitpunkt sich der Unfall ereignet habe. Entgegen dem Berufungsurteil sei das Experimentiervorhaben auch nicht klar vom Zurücklegen des Schulweges abzugrenzen. Er sei nicht nur "zufällig" auf dem Schulweg tätig geworden. Es bestehe ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Experiment und dem Schulbesuch. Der moderne Schulunterricht erfordere heute eine größere Mitarbeit der Schüler als früher. Er diene auch dem Ziel, die Schüler zur Entfaltung von Selbständigkeit und Eigeninitiative zu bringen und solle ihre geistigen und beruflichen Interessen wecken. Den erzieherischen Zielsetzungen des Schulunterrichts entspreche der Vorgang, der zum Unfall geführt habe und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Chemieunterricht stehe. Er - der Kläger - habe dem Chemielehrer an demselben Tag die Flasche und die beiden Chemikalien gezeigt, um seinen Versuch nach Möglichkeit als Beitrag zum Unterricht in der Schule durchzuführen. Bei dem Experiment handele es sich um eine unschädliche Unterbrechung des Schulweges, da das zum Unfall führende Geschehen ohne jede Abweichung unmittelbar auf dem Heimweg stattgefunden und nur ein kurzes Stehenbleiben während einiger Handgriffe erfordert habe. Der gemäß § 550 Abs. 1 RVO erforderliche unmittelbare Zusammenhang sei in doppelter Weise erfüllt. Das schadenstiftende Ereignis habe auf dem Heimweg von der Schule stattgefunden, der nur für die Dauer von ein paar Handgriffen unterbrochen worden sei. Es habe in seinem Ablauf einen wegen des Verbotes des Lehrers aus der Schule heraus auf den Heimweg verlegten Beitrag des Klägers zum Chemieunterricht gebildet.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils und Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 22. Februar 1972 den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für die Folgen des Unfalles vom 16. Dezember 1971 die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß der Kläger im Zeitpunkt des Unfalles nicht unter Versicherungsschutz gestanden hat.
Als Schüler einer allgemeinbildenden Schule war der Kläger während des Besuchs dieser Schule nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b RVO gegen Arbeitsunfall (Schulunfall) versichert. Als Arbeitsunfall gilt auch ein Unfall auf einem mit dem Besuch der allgemeinbildenden Schule zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der schulischen Veranstaltung (s. § 550 Abs. 1 RVO). Ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit dem Schulbesuch begründet allein den Versicherungsschutz auch nach dieser Vorschrift nicht; vielmehr setzt § 550 RVO einen inneren Zusammenhang zwischen dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit - hier dem Schulbesuch - voraus (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. - 8. Aufl., S. 486 m a).
Der Kläger befand sich auf dem Weg zwischen der Schule und der elterlichen Wohnung. Er hatte diesen Weg im Zeitpunkt des Unfalles jedoch unterbrochen.
Der Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit wird unterbrechen, wenn er dadurch verlängert wird, daß während dieses Weges ein anderer Weg nicht in Zielrichtung zu einem der Grenzpunkte im Sinne des § 550 RVO eingeschoben und dann wieder auf den Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit zurückgekehrt wird (Brackmann aaO S. 486 s I, 486 q und Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 550 Anm. 19 - jeweils mit weiteren Nachweisen auf Rechtsprechung und Schrifttum). Eine Unterbrechung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit liegt aber nicht nur vor, wenn der Versicherte vom üblichen Weg abweicht; dieser Weg kann auch ohne Verlassen der Wegstrecke unterbrochen werden (s. BSG BG 1965, 196 = SGb 1965, 56; Brackmann aaO S. 486 s I). Hinsichtlich des Versicherungsschutzes während der Unterbrechung nach oder von dem Ort der Tätigkeit ist zu unterscheiden, ob die Unterbrechung einer Verrichtung dient, die im ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, oder ob sie aus privaten Gründen erfolgt. Im ersteren Fall besteht Versicherungsschutz auch während der Unterbrechung (BSG SozR Nr. 45 und 63 zu § 543 RVO aF; Brackmann aaO S. 486 s II). Dient die Unterbrechung dagegen privaten Verrichtungen, so unterscheidet die ständige Rechtsprechung zwischen erheblichen und unerheblichen Unterbrechungen, und zwar sowohl in Fällen, in denen ein nicht in Zielrichtung zu einem Grenzpunkt im Sinne des § 550 RVO führender Weg eingeschoben wird, als auch in Fällen einer Unterbrechung ohne Verlassen der Wegstrecke. Während einer privaten Verrichtungen dienenden, erheblichen Unterbrechung des Weges besteht kein Versicherungsschutz (s. u. a. BSGE 20, 219, 221; Brackmann aaO S. 486 s II mit weiteren Nachweisen); dagegen besteht Versicherungsschutz auch während einer privaten Verrichtungen dienenden Unterbrechung, wenn die Besorgung hinsichtlich ihrer zeitlichen Dauer und der Art ihrer Erledigung keine rechtlich ins Gewicht fallende und somit keine erhebliche Unterbrechung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit bedeutet, sondern nur als geringfügig anzusehen ist (s. u. a. BSG SozR Nr. 5, 28 zu § 543 RVO aF; BSGE 22, 7, 9; Brackmann aaO S. 486 v; Lauterbach aaO § 550 Anm. 17 Buchst. d; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl., Kennzahl 070, S. 10). Der Gesetzessystematik und der Entstehungsgeschichte des Gesetzes über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18. März 1971 (BGBl I 237) sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß diese in ständiger Rechtsprechung unter nahezu einhelliger Zustimmung des Schrifttums entwickelten, der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung entsprechenden Grundsätze insoweit für den Versicherungsschutz für Schüler gemäß § 550 Abs. 1 RVO nicht gelten sollen.
Allerdings war der Kläger am Unfalltag erst 14 1/2 Jahre alt. Der durch spielerisches Verhalten eines jugendlichen Arbeitnehmers auf der Betriebsstätte verursachte Unfall ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats versicherungsrechtlich nicht ohne weiteres nach den Maßstäben zu beurteilen, die für erwachsene Beschäftigte gelten. Der Senat hat vielmehr - unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles und ohne Anwendung einer schematischen Altersbegrenzung - im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts stets insbesondere berücksichtigt, ob durch unzureichende Beaufsichtigung oder sonstige Versäumnisse der Betriebsleitung die Jugendlichen in die Lage versetzt werden, sich bei Spielereien besonderen Gefahren auszusetzen, die mit der Tätigkeit im Betrieb zusammenhängen (s. u. a. BSG SozR Nr. 2 zu § 548 RVO; BSG BKK 1975, 202; Brackmann aaO S. 484 t und Lauterbach aaO § 548 Anm. 59 - jeweils mit weiteren Nachweisen). Maßgebend war die allgemeine Erfahrung, daß der in dem "Übergangsstadium vom Kind zum werdenden Mann" (Bayer. LVAmt Amtsbl. 1951 S. 16 und 1952 S. 1) noch ungebändigte Spieltrieb eine besondere Beaufsichtigung während des Aufenthalts an der Arbeitsstätte erfordert. Hieraus wurde gefolgert, daß eine Vernachlässigung der vor allem in einer Lehrlingswerkstatt durch das Zusammenfassen der Lehrlinge und das damit verbundene weitaus ungehemmtere Entfalten des Spiel- und Nachahmungstriebes gebotenen Aufsicht die Bejahung des inneren Zusammenhanges eines bei Spielerei entstandenen Unfalles mit der Betriebsstätte rechtfertigt. Entsprechendes hat für die Unfälle der nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b RVO versicherten Schulkinder zu gelten. Befinden sich Schulkinder noch in einem Alter, in dem erfahrungsgemäß der Spieltrieb und das Gruppenverhalten eine dieses Alter mit kennzeichnende Bedeutung haben, so ist dem entsprechend der bereits aufgezeigten ständigen Rechtsprechung des Senats ebenfalls versicherungsrechtlich Rechnung zu tragen (ebenso BSG Urteil vom 20. Mai 1976 - 8 RU 98/75 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Brackmann aaO S. 474 r; Lauterbach aaO § 539 Anm. 85 b; Vollmar, Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten, 2. Aufl., 1975, S. 38, 57; Podzun aaO Kennzahl 119 S. 21; Wolber, SozVers 1977, 8; ebenso zu § 637 RVO: BGH NJW 1977, 296). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß unabhängig von einer Beaufsichtigung der Schulkinder durch die Lehrer und damit auch unabhängig von einer Verletzung der Aufsichtspflicht, die auf dem Weg nach und von dem Ort der schulischen Veranstaltung sogar in der Regel nicht in Betracht kommen, der Spieltrieb von Schulkindern wesentlich auch durch die besonderen Verhältnisse des Schulbesuches einschließlich des Zurücklegens des Schulweges beeinflußt sein kann. Der Spieltrieb und ein typisches Gruppenverhalten sind daher entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (s. Vollmar aaO S. 39, 57; s. aber auch S. 58 zum Versicherungsschutz während einer Unterbrechung; Podzun aaO) nicht nur während des Unterrichts und in den Schulpausen, sondern auch auf dem Weg nach und von dem Ort der schulischen Veranstaltung zu berücksichtigen, da dieser Weg versicherungsrechtlich an die Stelle der versicherten Tätigkeit - hier der Teilnahme an der schulischen Veranstaltung - tritt (BSG aaO).
Das Vermischen der Stoffe Unkraut-Ex und roter Phosphor sowie das Einfüllen in eine Holzflasche, um es danach zu entzünden, stand mit dem Schulbesuch des Klägers zwar in einem zeitlichen und örtlichen, nicht aber in einem für den Versicherungsschutz erforderlichen ursächlichen Zusammenhang. Der Kläger hatte die Chemikalien von zu Hause mitgebracht. Er hatte bereits früher damit experimentiert. Der Versuch diente auch nicht einer schulischen Veranstaltung und war auch nicht etwa auf eine unzureichende Beaufsichtigung der Schüler während des Schulunterrichts zurückzuführen. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Schulbesuch keine wesentliche Bedingung des Unfalles, selbst wenn durch den Chemieunterricht allgemein das Interesse des Klägers am Experimentieren mit chemischen Stoffen geweckt worden sein sollte. Die Unterbrechung des Schulweges diente somit einer privaten Verrichtung. Der Kläger war dabei auch nicht, wie die Revision meint, nach den für eine geringfügige Unterbrechung des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit - hier dem Schulbesuch - geltenden Grundsätzen des Versicherungsschutzes während einer geringfügigen Unterbrechung dieses Weges versichert.
Der bei der Beurteilung des Versicherungsschutzes während einer geringfügigen Unterbrechung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit anzuwendende Begriff der Geringfügigkeit kann allerdings nicht nach absoluten Maßstäben beurteilt werden; es sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (Brackmann aaO S. 486 v). Der Zeitfaktor wird bei dieser Beurteilung zwar als ein besonders wichtiger Umstand anzusehen sein, doch dürfen andere für den Einzelfall bedeutsame Tatsachen von der Gesamtwürdigung nicht ausgeschlossen werden (Brackmann aaO). Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung sind, wie bereits erwähnt, die von dem natürlichen Spieltrieb der Kinder und ggf. einem dem Alter entsprechenden typischen Gruppenverhalten ausgehenden Gefahren besonders zu berücksichtigen (s. auch Vollmar aaO S. 58). Entsprechend der rechtlichen Beurteilung des Versicherungsschutzes bei der versicherten Tätigkeit, der gemäß § 550 Abs. 1 RVO das Zurücklegen des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit gleichgestellt ist, müssen jedoch die von dem natürlichen Spieltrieb oder von dem typischen Gruppenverhalten ausgehenden Gefahren, die zu einem Unfall führen, auf Umständen beruhen, die mit dem Schulbesuch im ursächlichen Zusammenhang stehen. Der Versicherungsschutz nach § 550 RVO erstreckt sich dabei nicht nur auf Verkehrsgefahren (s. u. a. BSGE 2, 239, 241; BSG SozR Nr. 5 zu § 543 RVO aF; Brackmann aaO S. 486 m I). Sowohl hinsichtlich des zeitlichen Faktors als auch der Art der während der Unterbrechung vorgenommenen Verrichtung ist vor allem bei Schülern im Kindesalter zu berücksichtigen, daß es dem natürlichen Spieltrieb oder einem dem Alter entsprechenden typischen Gruppenverhalten entspricht, den Weg nach und von der Schule häufiger zu unterbrechen und dabei dem Spieltrieb in der möglichen Vielfalt nachzugehen. Die strengen Maßstäbe, die für eine geringfügige Unterbrechung des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit für Erwachsene zu beachten sind, würden dem vielfältigen Spieltrieb und dem Gruppenverhalten der Schulkinder im Zusammenhang mit dem Schulweg nicht gerecht (Brackmann aaO S. 474 r; Vollmar aaO S. 58). Auch hier ist eine schematische Altersbegrenzung für den Versicherungsschutz ebenso nicht möglich wie die Beschränkung einer lediglich geringfügigen Unterbrechung auf bestimmte Spielarten. Entscheidend sind die gesamten Umstände des Einzelfalles. Es gibt viele Spielereien, die üblicherweise nicht nur örtlich und zeitlich als Teil des Schulweges anzusehen sind. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des Zeitfaktors der Unterbrechung. Schüler im Kindesalter haben in der Regel nicht das Zeitgefühl, wie es bei erwachsenen Versicherten vorausgesetzt wird. Jedoch gibt es auch bei Schülern Spiele, die wegen ihrer Dauer nicht mehr im Rahmen einer nur geringfügigen Unterbrechung des Schulweges liegen, wie z. B. ein längeres Fußballspiel mit Schulkameraden. Ebenso kann sich aus der Art der Verrichtung, selbst wenn sie dem Spieltrieb des Schülers entspringt oder mit einem typischen Gruppenverhalten zusammenhängt, ergeben, daß eine ihrer zeitlichen Dauer und Art nach rechtlich ins Gewicht fallende und somit erhebliche Unterbrechung des Weges nach oder von dem Schulbesuch vorliegt. Das ist hier der Fall. Der Kläger hat die Stoffe Unkraut-Ex und roter Phosphor von zu Hause mitgebracht. Das Vermischen dieser Chemikalien und das beabsichtigte Entzünden dieser Stoffe bildeten schon zeitlich keine unbedeutende Unterbrechung des Weges. Dabei ist es - entgegen der Auffassung der Revision - rechtlich unerheblich, wann genau sich die Explosion ereignet hat; denn es ist insoweit nicht auf den Zeitpunkt des durch den Unfall bedingten tatsächlichen Endes, sondern auf die bei Durchführung der geplanten Verrichtung erforderliche Zeit abzustellen. Vor allem aber bildete der begonnene Versuch, Unkraut-Ex und roten Phosphor auf einer Wiese zu entzünden, seiner Art nach auch unter Berücksichtigung des noch vorhandenen Spieltriebes des damals 14 1/2 Jahre alten Klägers keine nur geringfügige Unterbrechung des Schulweges. Das Vermischen von Chemikalien zu einem nicht ungefährlichen Versuch kommt zwar auch, wie der vorliegende Fall wiederum zeigt, gelegentlich des Schulweges vor. Es handelt sich jedoch keinesfalls um eine Spielerei, die ihrer Art nach zu denen gehört, die üblicherweise im Alter des Klägers als dem natürlichen Spieltrieb entspringend auf dem Schulweg durchgeführt zu werden pflegt. Der Kläger hatte zudem mit diesen Stoffen bereits früher experimentiert. Er kannte ihre Wirkung. Er hatte sie am Unfalltag von zu Hause mitgebracht, ohne durch einen schulischen Anlaß dazu angehalten worden zu sein. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die besonderen Verhältnisse auf seinem Schulweg, z. B. durch ein typisches Gruppenverhalten, den Kläger zu einer Handlung veranlaßt hätten, die er außerhalb des Schulweges wahrscheinlich nicht vollzogen hätte oder deren Gefahren er trotz des bei ihm vorhandenen Reifegrades nicht hätte erkennen können. Das Zurücklegen des Weges bildete demnach keine wesentliche Bedingung für das zum Unfall führende Geschehen. Vielmehr experimentierte der Kläger gelegentlich des Weges von der Schule nach Hause mit Unkraut-Ex und rotem Phosphor, wie er es schon früher getan hatte. Der Schulbesuch einschließlich des Schulweges bedeutete demnach nur eine für den Unfall des Klägers versicherungsrechtlich unbedeutende Gelegenheitsursache (s. auch Wolber aaO S. 10).
Das LSG hat demnach die Klage mit Recht abgewiesen.
Der Senat weicht nicht von dem Urteil des 8. Senats des Bundessozialgerichts vom 20. Mai 1976 (aaO) ab im Sinne des § 42 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Der 8. Senat hat seine Entscheidung wesentlich auf die besonderen Verhältnisse während der Wartezeit der Fahrschüler bis zur Abfahrt des Verkehrsmittels und auf das Fehlen eines Aufenthaltsraumes in der Schule gestützt. Derartige Umstände kommen im vorliegenden Fall nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Fundstellen