Entscheidungsstichwort (Thema)
Vormerkung einer Pflichtversicherungszeit wegen Kindererziehung. Angehörige eines NATO-Truppenmitglieds. gewöhnlicher Aufenthalt im Inland
Leitsatz (amtlich)
1. Verfahren zur Vormerkung/Anerkennung versicherungsrechtlich erheblicher Tatbestände, die vor dem 1.1.1992 noch nicht bindend abgeschlossen waren, sind grundsätzlich nach dem SGB 6 fortzuführen.
2. Art 13 Abs 1 S 1 NATOTrStatZAbk steht der Vormerkung einer Pflichtversicherungszeit wegen Kindererziehung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Angehörige eines Truppenmitglieds das gemeinsame Kind erst nach Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Inland erzogen hat.
3. Den für eine Pflichtversicherung wegen Kindererziehung erforderlichen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben Eltern und Kind, wenn sie bei Beginn und während der Erziehungszeit bereits faktisch den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse im Inland haben und sie sich materiell-rechtlich erlaubt und rechtlich beständig hier aufhalten.
Orientierungssatz
1. Art 13 Abs 1 S 1 des NATOTrStatZAbk enthält eine Kollisionsregel, die festlegt, daß deutsches Sozialrecht - ausnahmsweise - auf die dem internen Bereich der Streitkräfte zugeordneten Personen nicht anzuwenden ist, wenn und solange sie sich im Bundesgebiet aufhalten und nur Beziehungen zum Entsendestaat oder untereinander haben. Deswegen kann deutsches Sozialrecht uneingeschränkt angewendet werden, wenn (soweit und solange) diese Personen rechtliche oder tatsächliche Beziehungen zu Dritten, dh zu anderen, nicht "entsandten" Personen (Rechtssubjekten) unterhalten.
2. Die ab 1986 eingeführte Pflichtversicherung wegen Kindererziehung im Inland bedeutet die versicherungsrechtliche Gleichstellung mit einer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit.
3. Die von den USA und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Verträge über die soziale Sicherheit einschließlich der Zusatzabkommen und der Durchführungsvereinbarung enthalten keine Regelung, die gegenüber dem NATO-Truppenstatut und dem NATOTrStatZAbk iS von Art 13 Abs 1 S 1 aaO "ausdrücklich" etwas anderes bestimmen. Dieses Vertragswerk nimmt auf die Sonderregelungen für die nach Deutschland entsandte Truppe, deren ziviles Gefolge und die Angehörigen nicht Bezug.
4. Bei einem in Deutschland weilenden Mitglied des zivilen Gefolges stehen der Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts und des NATOTrStatZAbk nicht entgegen. Dem tritt der erkennende Senat bei.
5. Es ist nicht ersichtlich, weshalb Art 7 des Zusatzabkommens im Blick auf den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts iS von § 30 Abs 1 und Abs 3 SGB 1 und von § 56 SGB 6 eine sozialrechtliche Kollisionsnorm enthalten sollte. Es dürfte näher liegen, darin eine ausschließlich ausländer- und niederlassungsrechtliche Vorschrift zu sehen, da sie im Zusammenhang mit dem Meldewesen und dem Ausweisungsverfahren steht, und - soweit sie "Bestimmungen über Aufenthalt" erwähnt - lediglich Art III Abs 1 des NATO-Truppenstatuts konkretisiert. Diese Norm schließt aber nur aus, daß "Entsandte" durch die Zeit, die sie in dieser Eigenschaft im Inland weilen, rechtserhebliche Zeiten für den Erwerb zB einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsberechtigung oder einer berufsrechtlichen Erlaubnis zurücklegen können (Vergleiche BSG vom 20.3.1981 - 10/8b RKg 7/80, vom 18.7.1989 - 10 RKg 21/88 und vom 8.10.1981 - 7 RAr 30/80 = SozR 6180 Art 13 Nr 2, Nr 6 bzw Nr 3; Anschluß an BSG vom 7.9.1977 - 11 RA 42/76 = SozR 2200 § 1233 Nr 7).
Normenkette
NATOTrStatZAbk Art. 13 Abs. 1 S. 1; AVG § 2a Abs. 1; SGB VI § 3 S. 1 Nr. 1, § 56 Abs. 3 S. 1, § 149 Abs. 5, § 300 Abs. 1, § 249 Abs. 1; BErzGG § 1 Abs. 1; RVO § 1227a Abs. 1; AVG § 104; RVO § 1325; NATOTrStatZAbk Art. 7; SGB I § 30 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Vormerkung einer Pflichtversicherungszeit wegen Kindererziehung vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1988.
Die 1959 geborene Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, ist seit dem 8. November 1979 mit einem Berufssoldaten der US-Army verheiratet. Sie wohnt - abgesehen von der Zeit einer Versetzung ihres Ehemannes in die USA von Juli 1983 bis Mai 1985 - in der Bundesrepublik Deutschland. Am 22. Dezember 1987 gebar sie eine Tochter. Seither erzieht sie das Kind, das in ihrem Haushalt lebt. Keine andere Person hat das Kind im streitigen Zeitraum überwiegend erzogen.
Die Klägerin war vom 9. September 1975 bis zum 28. Februar 1983 - mit Unterbrechungen - und vom 1. August 1985 bis zum 14. November 1987 im Inland versicherungspflichtig iS des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) beschäftigt und entrichtete hierfür Pflichtbeiträge zur Angestelltenversicherung.
Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) lehnte den Antrag auf Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung iS von § 2a Abs 1 AVG durch den streitigen Bescheid vom 27. April 1989, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 1989 ab, weil die Klägerin als Familienangehörige eines Mitglieds der NATO-Truppen nach der Eheschließung das Bundesgebiet im Jahre 1983 verlassen habe. Für die Zeit seit dem erneuten Zuzug könnten Kindererziehungszeiten nicht mehr berücksichtigt werden, weil Familienangehörige aufgrund ihrer Rechtsstellung nach dem NATO-Truppenstatut iVm Art 13 des Zusatzabkommens zu diesem Statut nicht mehr den deutschen Sozialversicherungsvorschriften unterlägen. Die Beitragsentrichtung ab August 1985 führe zu keiner anderen Beurteilung. Es bestehe nämlich - als einzige Ausnahmeregelung - Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung.
Das Sozialgericht (SG) Speyer hat die Beklagte verurteilt, die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1988 als Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung anzuerkennen (Urteil vom 7. Juni 1990). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 7. Februar 1991). Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung iS von § 2a Abs 1 AVG. Die Anwendung dieser Vorschrift werde durch den Status der Klägerin als Angehörige eines Mitglieds der NATO-Truppen in der Bundesrepublik Deutschland nicht ausgeschlossen, wie sich aus einem Umkehrschluß zu § 2a Abs 5 Satz 3 AVG ergebe. Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut stehe der Anerkennung der streitigen Zeit nicht entgegen.
Mit der - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und des § 2a AVG. Die Klägerin sei Angehörige eines Mitglieds der US-Army. Nach dem Willen der Vertragsparteien des NATO-Truppenstatuts sollten grundsätzlich die jeweiligen Entsendestaaten der Truppenmitglieder für die soziale Sicherheit dieser Personen und ihrer Angehörigen verantwortlich sein. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über soziale Sicherheit vom 7. Januar 1976 enthalte keine Bestimmungen, die insofern ausdrücklich etwas anderes vorsehen. Nach dem Zusatzabkommen solle eine Ausnahme für die Fälle gelten, in denen rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung außerhalb der Mitgliedschaft zu den Streitkräften begründet worden sind oder hergestellt werden. Es sei bisher noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen, ob diese Ausnahme sich nur auf die in Art 13 Abs 1 Satz 2 und 3 sowie Abs 2 des Zusatzabkommens niedergelegten Regelungen erstrecken. Die deutschen Rentenversicherungsträger gingen, wenn Angehörige von Truppenmitgliedern außerhalb der Stationierungsstreitkräfte eine Beschäftigung aufnehmen, in ständiger Verwaltungspraxis davon aus, daß diese der Versicherungspflicht nach deutschem Recht unterliegen (Hinweis auf BSG SozR 6180 Art 13 Nr 3 S 20, 21). Diese rechtliche Beziehung könne aber auch wieder untergehen, wenn das Beschäftigungsverhältnis aufgegeben wird. Der Betroffene sei dann "nur" noch Angehöriger eines Mitglieds der Stationierungsstreitkräfte. Auch ein Auslandsaufenthalt könne bestehende Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung unterbrechen. Beide Untergangstatbestände seien von der Klägerin erfüllt. Die Versicherungspflicht privater Beschäftigungsverhältnisse stehe auch nicht im Widerspruch zum Ausschluß der Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung. Denn diese erfolge unabhängig vom Vorliegen einer Erwerbstätigkeit für alle Mütter und Väter, die ihr Kind im Geltungsbereich des AVG erziehen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufhalten. Soziale Sicherungen dieser Art fielen aber unter das Grundprinzip, daß allein die Entsendestaaten für ihre Truppenmitglieder und deren Angehörige sozialrechtlich verantwortlich sind. Die deutsche Staatsbürgerschaft der Klägerin rechtfertige keine andere Behandlung. Der erkennende Senat habe im Blick auf das Erziehungsgeldrecht bereits entschieden, daß dies nicht gegen das NATO-Truppenstatut, noch gegen höherrangiges Verfassungsrecht verstoße (Hinweis auf BSG SozR 6180 Art 13 Nr 5 und Urteile des Senats vom 25. April 1990 - 4 REg 3/89 - und vom 28. Juni 1990 - 4 REg 36/89); für das Rentenversicherungsrecht könne nichts anderes gelten. Die Ausführungen des LSG zu § 2a AVG und der hieraus gezogene Umkehrschluß gingen fehl (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 30. Oktober 1990 - 4 RA 24/90 - und auf BSGE 52, 210 = SozR 6180 Art 13 Nr 3). Ferner trägt die Beklagte vor, die Rentenversicherungsträger hätten sich darauf geeinigt, über die ihrer Ansicht nach bestehende Rechtslage hinaus Kindererziehungszeiten bzw Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung für diejenigen Familienangehörigen von Mitgliedern der NATO-Truppen anzuerkennen, die bereits vor ihrer Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatten, wenn dieser ohne Unterbrechung fortbestehe. Diese Voraussetzung erfülle die Klägerin nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 1991 sowie das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 7. Juni 1990 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 27. April 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1989 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie räumt ein, der Grundsatz des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut, der jeweilige Entsendestaat solle für die soziale Sicherheit der Truppenmitglieder und ihrer Familienangehörigen verantwortlich sein, sei nicht zu bezweifeln. Dies gelte jedoch nicht, wenn eigene rechtliche Beziehungen des Familienangehörigen zur deutschen Sozialversicherung bestünden. Außerdem erfülle sie die Voraussetzungen, nach denen die Beklagte bei fortbestehendem Aufenthalt im Inland Kindererziehungszeiten anerkenne. Denn sie habe sich von vornherein nur vorübergehend mit ihrem Ehemann in den USA aufgehalten. Wolle man Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens anders auslegen, verstoße es gegen den Gleichheitssatz (Art 3 des Grundgesetzes - GG) sowie gegen Art 6 Abs 1 GG, weil die Benachteiligung ausschließlich auf ihrem Status als Ehefrau beruhe.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das im Ergebnis zutreffende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die (Anfechtungs- und) Verpflichtungsklage ist begründet, weil die Klägerin Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1988 als Pflichtversicherungszeit wegen Kindererziehung hat.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 149 Abs 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Grundsätzlich sind die Vorschriften dieses Gesetzbuches, das (im wesentlichen und mit allen hier anzuwendenden Vorschriften) am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist und das AVG ersetzt hat (Art 1, 83, 85 Abs 1 des Rentenreformgesetzes 1992 - RRG 1992 - vom 18. Dezember 1989 - BGBl I S 2261 - idF des Rentenüberleitungsgesetzes - RÜG - vom 25. Juli 1991 - BGBl I S 1106 -, dieses idF durch das Gesetz zur Änderung des RÜG - RÜG-ÄndG - vom 18. Dezember 1991 - BGBl I S 2207), hier anzuwenden. Gemäß § 300 Abs 1 SGB VI finden die Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann Anwendung, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Nach dieser Grundregel sind sowohl die Vorschriften über das in § 149 Abs 5 SGB VI geregelte Vormerkungsverfahren, das hier noch nicht durch einen bindenden Verwaltungsakt abgeschlossen ist, als auch die Regelungen der §§ 3 Satz 1 Nr 1 iVm 56, 249 SGB VI über die Pflichtversicherungszeiten wegen Kindererziehung maßgeblich. Von § 300 Abs 1 SGB VI abweichende Regelungen über den Beginn der Anwendbarkeit neuen Rechts greifen nicht ein. Dies liegt im Blick auf §§ 300 Abs 3, 301 bis 308 SGB VI schon deswegen auf der Hand, weil diese Ausnahmeregelungen ausdrücklich einen schon bestehenden Sozialleistungsanspruch (auf Rehabilitation oder auf eine Rente) voraussetzen, während im vorliegenden Fall nur über die Vormerkung rechtserheblicher Tatbestände für einen erst in der Zukunft liegenden Leistungsfall gestritten wird. Gleiches gilt aber auch für § 300 Abs 2 SGB VI, nach dem aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Denn auch hierdurch soll lediglich sichergestellt werden, daß "auch bei rückwirkender Leistungserbringung das zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns maßgebende Recht zum Zuge kommt" (so BT-Drucks 11-4124 S 206). Schließlich steht der Anwendung des neuen Rechts durch das Revisionsgericht nicht entgegen, daß das Berufungsgericht das SGB VI noch nicht anwenden durfte. Denn im Revisionsverfahren ist neues Bundesrecht, das - wie hier - nach dem Erlaß des Urteils des Berufungsgerichts in Kraft getreten ist, zu beachten, wenn es das Streitverhältnis erfaßt (Bundesverwaltungsgericht - BVerwG in: BVerwGE 1, 291, 298 ff; BVerwGE 41, 227, 230 ff mwN; Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl 1991, § 162 RdNr 8). Dies ist - wie gesagt - gemäß § 300 Abs 1 SGB VI der Fall.
Nach § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird hingegen erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (Satz 2 aaO). Diese Vorschrift stimmt mit der bisherigen Regelung in § 104 Abs 3 AVG überein, so daß die zu dieser Norm ergangene Rechtsprechung des Senats (SozR 3-2200 § 1325 Nr 1; SozR 3-2200 § 1227a Nr 7, jeweils mwN) weiterhin zugrunde zu legen ist. Danach hat der Versicherungsträger, wenn er antragsgemäß ein Vormerkungsverfahren einleitet, obwohl er hierzu nach Abs 5 aaO noch nicht verpflichtet war, gleichwohl einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid zu erlassen. Der streitige Bescheid vom 27. April 1989 genügt dem nicht, weil die Klärung des Versicherungskontos (§ 149 Abs 1 bis Abs 4 SGB VI) ergeben hat, daß die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1988 den in einem künftigen Leistungsfall möglicherweise rechtserheblichen Tatbestand einer Pflichtversicherungszeit wegen Kindererziehung erfüllt hat, ohne unmittelbar oder iS von § 56 Abs 4 Nr 1 Buchst b Regelung 1 SGB VI durch zwischenstaatliches Recht von der Anrechnung dieser Zeit ausgeschlossen zu sein.
Nach § 3 Satz 1 Nr 1 iVm §§ 56 Abs 1 bis Abs 3 und Abs 5, 249 Abs 1 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Dies ist ua dann der Fall, wenn ein Elternteil sein Kind im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufgehalten hat, die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen und er nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind endet zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin vor. Sie hat den Tatbestand einer Kindererziehungszeit, einer Pflichtbeitragszeit iS von §§ 54 Abs 1 Nr 1 Buchst a, 55 Satz 2, 56 Abs 1 Satz 1 SGB VI, erfüllt. Sie hat nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die den Senat binden (§§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 SGG), als Mutter ihr leibliches Kind in dem mit Ablauf des Geburtsmonats (Dezember 1987) beginnenden Jahr (1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1988) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland "erzogen" und sich mit dem Kind hier "gewöhnlich aufgehalten"; ferner ist ihr die Erziehungszeit "zuzuordnen":
Die zu § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) entwickelte Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts (bzw des Wohnsitzes; BSGE 67, 243 = SozR 3-7833 § 1 Nr 2; SozR 3-7833 § 1 Nr 3; BSGE 65, 261 = SozR 7833 § 1 Nr 7; jeweils mwN), an der nach erneuter Überprüfung festgehalten wird, trifft auch für § 56 Abs 3 Satz 1 SGB VI zu. Denn auch diese Vorschrift ist eine einseitige Kollisionsnorm (Grenznorm; stellvertretend hierzu Hannemann, Internationales Rentenrecht, in: Handbuch der Gesetzlichen Rentenversicherung, herausgegeben von Ruland, 1990, S 869, 880 ff mwN). Sie schließt - entsprechend dem Beschäftigungsortprinzip von § 3 SGB IV nach dem Erziehungsortprinzip- aus, daß die Pflichtversicherung wegen Kindererziehung iS von § 56 Abs 1 SGB VI auf alle sich in Deutschland aufhaltenden Eltern, die ihre Kinder hier erziehen, erstreckt wird. Pflichtversichert wegen Kindererziehung sollen nur diejenigen Eltern sein, die bei Beginn und während der Dauer der Erziehungszeit bereits (faktisch) den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse dauerhaft im Inland haben und sich (materiell-rechtlich) erlaubt und rechtlich beständig hier aufhalten dürfen. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin, die im streitigen Zeitraum mit ihrem Kind den tatsächlichen Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse im Inland hatte. Die Gesamtheit der (damals im Jahr 1988) konkret gegebenen tatsächlichen Umstände sprach nicht gegen eine bereits eingetretene Stetigkeit (Dauerhaftigkeit) dieses Zustandes. Die - von der Beklagten angesprochene - jederzeit gegebene Möglichkeit der Versetzung des Ehemannes, die nicht verwirklicht worden ist, hat nicht nur deshalb außer Betracht zu bleiben, weil es sich um eine unzulässige prognostische Erwägung handelt, sondern auch deswegen, weil allein die tatsächlichen Lebensumstände der Klägerin und des Kindes maßgeblich sind. Es fehlt jeder Anhalt dafür, diese hätten im Jahr 1988 den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse ins Ausland oder ihn nur für die Dauer des streitigen Zeitraums ins Inland verlagert. Schon im Blick auf die deutsche Staatsangehörigkeit von Mutter und Kind (§ 4 Abs 1 Nr 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes - RuStG) steht außer Frage, daß beide sich materiell-rechtlich erlaubt und rechtlich beständig hier aufhielten. Zwischenstaatliches Recht stand - worauf zurückzukommen ist - dem nicht entgegen.
Ferner ist die Kindererziehungszeit der Klägerin "zuzuordnen". Gemäß § 56 Abs 2 Satz 1 SGB VI ist eine Erziehungszeit dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind (allein) erzogen hat. Haben hingegen mehrere Elternteile das Kind erzogen, ohne daß sie "gemeinsam" erzogen haben, ist nach Satz 9 aaO die Erziehungszeit demjenigen zuzuordnen, der das Kind "überwiegend" erzogen hat. Haben aber Eltern ihr Kind - im Regelfall: aufgrund der ihnen gemeinsam zustehenden elterlichen Sorge (§ 1626 Abs 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB) - "gemeinsam" erzogen, wird die Erziehungszeit (ggf aufgeteilt nach Kalendermonaten - Satz 4 bis 8 aaO) nur einem von ihnen zugeordnet (Satz 2 aaO), wobei sie durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen können, welchem Elternteil sie zuzuordnen ist (Satz 3 aaO). Die zu § 2a AVG entwickelte Rechtsprechung des erkennenden Senats (BSGE 68, 171, 174 ff= SozR 3-2200 § 1227a Nr 7 mwN) zum subjektiv-formalen Erziehungsbegriff sowie zu den Begriffen "Zuordnung", "Erziehung", "Alleinerziehung", "Miterziehung", "gemeinsame" und "überwiegende" Erziehung ist auch für die Auslegung des insoweit inhaltsgleichen § 56 SGB VI zutreffend und darum weiterhin anzuwenden. Danach können Eltern (iS von § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI), die in einem Kalendermonat beide zusammenwirkend ihr Kind erziehen, in Ausübung ihrer grundrechtlichen geschützten (Art 6 Abs 1 GG) Elternverantwortung den Umfang und die Wertigkeit ihrer Erziehungsbeiträge ("gleichwertige" Erziehung durch beide oder "überwiegende" Erziehung durch ein Elternteil) selbst festlegen und deshalb auch durch übereinstimmende Erklärung bestimmen, wem von beiden die Erziehungszeit zuzuordnen ist. Dies hat der Rentenversicherungsträger hinzunehmen.
Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen (nur) im Sinne einer - die Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht erübrigenden - Wahlfeststellung für die Entscheidung aus, daß die streitige Erziehungszeit der Klägerin zuzuordnen ist:
Das LSG hat insoweit - iS von §§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 SGG bindend - ausgeführt, daß die Klägerin das Kind selbst und daß keine andere Person es überwiegend erzogen hat. Danach steht nicht fest, ob die Klägerin ihr Kind iS von § 56 Abs 2 Satz 1 SGB VI "allein" oder aber - was den Gesamtumständen nach näher liegt - "gemeinsam" mit ihrem Ehemann erzogen hat. Im letztgenannten Fall haben die Eltern von ihrer Befugnis keinen Gebrauch gemacht, durch eine - für Erziehungszeiten (Kalendermonate) vor dem 1. Januar 1992 nicht nach Abs 2 Satz 5 und 6 aaO zu beurteilende - übereinstimmende Erklärung die Erziehungszeit einem von ihnen zuzuordnen. Ausgeschlossen ist aber, daß die Zeit nach Abs 2 Satz 9 aaO einem Dritten zuzuordnen ist. Hat die Klägerin ihre Tochter "allein" erzogen, steht ihr die Zeit schon nach Abs 2 Satz 1 aaO zu. Lag aber "gemeinsame" Erziehung mit dem Ehemann vor, könnte ihr angesichts der Nichtabgabe einer übereinstimmenden Erklärung die Zeit nach Abs 2 Satz 8 aaO gutzuschreiben sein, wonach in einem solchen Fall die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen ist. Allerdings ist fraglich, ob diese zwingende Zuordnungsregel mit dem Gleichberechtigungsgebot des Art 3 Abs 2 GG vereinbar oder verfassungskonform auf eine widerlegliche Vermutung zu reduzieren ist. Dies kann im vorliegenden Fall deswegen offen bleiben, weil die streitige Zeit der Klägerin sogar ohne Anwendung von Abs 2 Satz 8 aaO zuzuordnen ist.
Der Ehemann der Klägerin ist nämlich von der Anrechnung dieser Kindererziehungszeit und deswegen von der Versicherungspflicht hierfür gemäß § 56 Abs 4 Nr 1 Buchst b Regelung 1 SGB VI "ausgeschlossen". Dieser Ausschlußgrund liegt vor, wenn ein Elternteil ua während der Erziehungszeit eine Beschäftigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt hat, die aufgrund einer Regelung des zwischenstaatlichen Rechts den Vorschriften über die Versicherungspflicht nicht unterliegt. Der Ehemann der Klägerin hat während der Erziehungszeit als Berufssoldat der USA in Deutschland eine Beschäftigung ausgeübt, die nach dem Truppenvertragsrecht (dazu unten) den (deutschen) Vorschriften über die Versicherungspflicht nicht unterlag. Es gibt keinen Anhaltspunkt, daß er im Jahre 1988 daneben noch eine dem deutschen Sozialrecht unterliegende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat. In einem solchen Fall ist die Kindererziehungszeit dem anderen Elternteil auch ohne übereinstimmende Erklärung beider Eltern zuzuordnen, wenn er - wie die Klägerin - die übrigen Voraussetzungen von § 56 Abs 1 bis Abs 3 SGB VI erfüllt.
Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantik-Vertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen (NATO-TrStatZAbk) vom 3. August 1959 (BGBl 1961 II S 1183, 1218) iVm den Vorschriften des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantik-Vertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut) vom 19. Juni 1951 (BGBl 1961 II S 1190), beide Abkommen für die Bundesrepublik Deutschland am 1. Juli 1963 in Kraft getreten (BGBl II S 745), oder anderes zwischenstaatliches Recht (überstaatliches Europarecht kommt nicht in Betracht) stehen der Anwendbarkeit deutschen Sozialrechts und der Vormerkung einer Kindererziehungszeit für die Klägerin nicht entgegen:
Nach Art 13 Abs 1 Satz 1 des NATO-TrStatZAbk werden zwischenstaatliche Abkommen oder andere im Bundesgebiet geltende Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge auf Mitglieder einer Truppe eines zivilen Gefolges und auf Angehörige (s Art I Abs 1 Buchst a bis c NATO-Truppenstatut) nicht angewendet, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist. Diese Vorschrift ist Norm eines multilateralen völkerrechtlichen Vertrages, der - in Bundesrecht transformiert - gemäß § 30 Abs 2 SGB I, § 6 SGB IV kraft Spezialität (vgl BSGE 23, 74, 76; Hannemann, aaO, S 875) den Vorschriften des SGB VI vorgeht. Auf den ersten Blick scheint Art 13 Abs 1 NATO-TrStatZAbk umfassend zu bestimmen, daß das gesamte deutsche Sozialrecht, seit dem Inkrafttreten von § 1 SGB I am 1. Januar 1976 jedenfalls das "Recht des Sozialgesetzbuchs", auf die in dieser Vorschrift genannten Personen schlechthin "nicht angewendet" wird. Dieser Eindruck täuscht:
Art 13 Abs 1 Satz 1 aaO schließt - ausnahmsweise - die Anwendung des deutschen Sozialrechts auf Mitglieder der Truppe, des zivilen Gefolges und auf die Angehörigen nur aus, wenn und soweit deutsche Sozialrechtsnormen für die vorgenannten Personen sonst Rechte oder Pflichten allein schon wegen des Umstands begründen würden, daß sie sich im Bundesgebiet tatsächlich aufhalten oder soweit sie in tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen nur zum Entsendestaat und zueinander stehen. Hingegen findet deutsches Sozialrecht uneingeschränkt Anwendung, wenn und soweit seine Normen Rechtsverhältnisse zu deutschen Leistungsträgern (§ 12 SGB I) an andere Umstände (Beziehungen dieser Personen zu anderen inländischen Rechtssubjekten) anknüpfen. Sogar diese begrenzte Zurückdrängung deutschen Sozialrechts gilt nicht, soweit in dem NATO-TrStatZAbk, dem NATO-Truppenstatut oder anderen Abkommen zwischen den Vertragsparteien (nicht ausreichend: einseitige gesetzliche Regelungen deutschen Rechts oder Verträge der Bundesrepublik Deutschland mit Drittstaaten) "ausdrücklich" etwas anderes vorgesehen ist. Dieser enge Regelungsgehalt des Art 13 Abs 1 Satz 1 aaO ergibt sich aus folgendem:
Die Norm ist Teil eines die Rahmenvorschriften des NATO-Truppenstatuts ausfüllenden Vertrages. Dessen Hauptthema ist die Vereinbarung von Beschränkungen der inneren Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, dh ihrer unabhängigen Hoheitsgewalt über Menschen und Dinge, die sich auf ihrem Staatsgebiet befinden. Insbesondere regelt dieses Abkommen (auf verschiedenen Sachgebieten, nicht nur für den Bereich der sozialen Sicherheit) die mit der Truppenaufnahme notwendig gewordenen Beschränkungen der nach Völkerrecht an sich ausschließlichen Kompetenz der Bundesrepublik Deutschland zum Erlaß von Hoheitsakten (der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung) auf ihrem Gebiet (Gebietshoheit) und - soweit deutsche Staatsbürger (hier: die Klägerin und ihr Kind) betroffen sind - auch ihrer Personalhoheit (stellvertretend hierzu: Ipsen/Gloria, Völkerrecht, 3. Aufl 1990, S 248, 250, 297).
Die Abmachungen schützen in erster Linie den internen Organisations- und Wirkbereich der nach Vereinbarung in den Aufnahmestaat entsandten Streitkräfte, dem auch der Troß (Zivilgefolge) und die engsten Familienangehörigen, dh die Ehegatten und unterhaltsberechtigten Kinder zugeordnet sind. Dieser auf der Organisationshoheit und Wehrgewalt des Entsendestaates beruhende interne Wirkbereich der Streitkräfte soll vor allen vermeidbaren Einwirkungen deutscher Hoheitsgewalt bewahrt bleiben. Deshalb ist für den Sachbereich der sozialen Sicherheit zum Schutz des sozialen Friedens vereinbart, daß er insgesamt, dh im Blick auf alle Beziehungen dieser Personen untereinander und zum Entsendestaat, in der alleinigen Verantwortung des Entsendestaates verbleibt. Das setzt voraus, daß deutsches Sozialrecht nicht allein schon kraft Gebietshoheit deswegen auf die der inneren Sphäre der entsandten Truppen zugeordneten Personen anwendbar ist, weil sie sich im Bundesgebiet befinden. Eine weiterreichende Einschränkung der deutschen Gebietshoheit als unbedingt notwendig hat die deutsche Seite nicht hingenommen. Vielmehr hat sie ua für das Sozialrecht in die vertragliche Bindung nur eingewilligt, weil "die Vorschriften der Streitkräfte gleichwertige oder höhere Anforderungen als das deutsche Recht stellen, deutsche Belange durch die Anwendung ausländischer Rechtsvorschriften im Bundesgebiet nicht berührt werden oder Ausnahmen unvermeidbar" waren (vgl Denkschrift zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen BT-Drucks III/2146, Anlage IV S 223, 224).
Schon der Vertragstext von Art 13 Abs 1 Satz 1 aaO (vgl zur Auslegung völkerrechtlicher Verträge stellvertretend: Ipsen/ Heintschel von Heinegg, Völkerrecht, 3. Aufl 1990, S 120 ff mwN; Art 31 bis 33 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge - WVK - vom 23. Mai 1969 - BGBl 1985 II S 926) legt nahe, daß die Anwendung deutschen Sozialrechts nur im og begrenzten Umfang zurückgedrängt werden soll. Hierfür reichte es aus, die Personen zu benennen, für welche die sozialrechtliche Hoheitsgewalt des Entsendestaates maßgeblich bleiben, also die deutsche Gebietshoheit (ggf auch: Personalhoheit) allein kein hinreichender Grund für die Anwendung deutschen Sozialrechts sein soll.
Dieses rein kollisionsrechtliche Verständnis der Vertragsnorm, für die auch die bei Kollisionsnormen typische Regelungstechnik (personaler oder territorialer Anknüpfungspunkt; vgl Hannemann, aaO, S 881) spricht, stimmt mit dem in der Denkschrift (BT-Drucks 3-2146, Anl IV, S 235) zum Ausdruck gebrachten Zweck der Regelung überein:
"Nach derzeitigem Recht erfaßt die deutsche Sozialversicherung grundsätzlich sämtliche im Bundesgebiet in abhängiger Beschäftigung ausgeübten Tätigkeiten einschließlich derjenigen eines Beamten und Soldaten ...
Es würde der Stellung der ausländischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht gerecht werden, wenn ihre Mitglieder, deren Zugehörigkeit zu den Streitkräften auf die militärische Organisation des Entsendestaates zurückgeht, in die sie eingeordnet sind, mit ihren Angehörigen sozialversicherungsrechtlich so behandelt würden, als ob sie bei einem Arbeitgeber oder Dienstherrn im gewöhnlichen Sinne in der Bundesrepublik Deutschland in abhängiger Beschäftigung tätig wären. Die Streitkräfte, ihre Mitglieder und die Angehörigen befinden sich aufgrund besonderer Abmachungen im Bundesgebiet, die es nicht sinnvoll erscheinen lassen, die Beziehungen des einzelnen Mitglieds zu den Streitkräften als Beschäftigung iS des deutschen Sozialversicherungsrechts anzusehen; demgemäß sollen die Entsendestaaten und nicht die deutschen Stellen für die soziale Sicherheit dieser Personen verantwortlich sein. Ähnliche Überlegungen gelten für die Betreuung dieser Personen in Fällen der Not. ...
Anders ist es dagegen, wenn rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung außerhalb der Mitgliedschaft zu den Streitkräften begründet worden sind oder hergestellt werden. Es besteht kein Grund, diese rechtlichen Beziehungen zu beschneiden, weil es sich gleichzeitig um Mitglieder der Streitkräfte oder Angehörige handelt. Um dies klarzustellen ..."
Für dieses Ergebnis spricht auch der systematische Zusammenhang der Vorschrift mit Art 56 Abs 3 des NATO-TrStatZAbk: Soweit nämlich Personen, die nicht zu dem in Art 13 Abs 1 des NATO-TrStatZAbk genannten Personenkreis gehören, bei einer Truppe oder einem zivilen Gefolge beschäftigt, also typischerweise im internen Wirkungs- und Organisationsbereich der entsandten Streitkräfte tätig sind, ist hierfür ausdrücklich geregelt, daß und in welchem Umfang deutsches Sozialrecht gilt. Ebenfalls auf dem Gedanken des Schutzes des internen Wirkungsbereichs der entsandten Streitkräfte beruht die Gleichstellungsregelung für technische Fachkräfte im Dienste der Truppe in Art 73 des NATO-TrStatZAbk (zu dieser Vorschrift: BSG SozR 3-6180 Art 13 Nr 1).
Das bestätigt: Deutsches Sozialrecht ist auf "Entsandte" nur solange und soweit nicht anwendbar, wie es lediglich an deren Anwesenheit im Bundesgebiet und/oder an deren tatsächliche oder rechtliche Beziehungen untereinander oder zum Entsendestaat anknüpfen könnte.
Vor diesem Hintergrund erschließen sich die nachfolgenden Bestimmungen der Norm als folgerichtig und einsichtig: Einem Mitglied der Truppe, des zivilen Gefolges oder einem Angehörigen können "Pflichten als Arbeitgeber obliegen". Art 13 Abs 2 (aaO), der dies ausdrücklich klarstellt, ist eingefügt worden, um "zu verhüten" (so die Denkschrift, aaO, S 235), daß aus Abs 1 Satz 1 aaO falsche Schlüsse gezogen werden. In demselben Sinn wollten die Vertragsparteien durch Art 13 Abs 1 Satz 2 und 3 (aaO) lediglich "klarstellen", - daß Rechte und Pflichten, die einem derzeit "Entsandten" während eines früheren Aufenthalts im Bundesgebiet erwachsen sind, geltend gemacht werden können ("unberührt" bleiben); - daß das - damals auch in der Rentenversicherung regelmäßig von Vorversicherungszeiten abhängige und dadurch erworbene - Recht erhalten bleibt, freiwillige Weiterversicherungsbeiträge in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung zu leisten (Satz 3 Regelung 1 aaO); - daß Rechte geltend gemacht werden können, die "während der Zeit der Mitgliedschaft bei den Streitkräften in der deutschen sozialen Kranken- und Rentenversicherung erwachsen sind" (so deutlich die Denkschrift, aaO, S 235, linke Spalte Abs 2 und 3).
Schließlich spricht für die kollisionsrechtliche Vertragsauslegung, daß Wortlaut, Zweck, Systematik und Materialien des Zusatzabkommens keinen Hinweis bieten, eine der Vertragsparteien habe auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit und Fürsorge ein Interesse gehabt, die deutsche Gebietshoheit in einem größerem Umfang als vorstehend beschrieben einzuschränken; insbesondere fehlt auch jeglicher Anhalt, Art 13 Abs 1 Satz 1 des NATO-TrStatZAbk sei zur Vermeidung sog Doppelversorgungen geschaffen worden (so möglicherweise BSG SozR 6180 Art 13 Nr 6 ohne Angabe von Gründen).
Art 13 Abs 1 Satz 1 des NATO-TrStatZAbk enthält also eine Kollisionsregel, die festlegt, daß deutsches Sozialrecht - ausnahmsweise - auf die dem internen Bereich der Streitkräfte zugeordneten Personen nicht anzuwenden ist, wenn und solange sie sich im Bundesgebiet aufhalten und nur Beziehungen zum Entsendestaat oder untereinander haben. Deswegen kann deutsches Sozialrecht uneingeschränkt angewendet werden, wenn (soweit und solange) diese Personen rechtliche oder tatsächliche Beziehungen zu Dritten, dh zu anderen, nicht "entsandten" Personen (Rechtssubjekten) unterhalten.
Dies hat im Ergebnis auch überwiegend Ausdruck in der Rechtsprechung des BSG gefunden: Es wurde betont: Der in Art 13 des NATO-TrStatZAbk genannte Grundsatz sei nicht absolut zu verstehen und berühre unabhängig von der Mitgliedschaft entstandene Rechte nicht (SozR 2200 § 1233 Nr 7); die Nichtanwendung deutschen Sozialrechts sei auf die Rechtsstellung und Tätigkeit als nach dem NATO-Truppenstatut "Entsandter" beschränkt (SozR 6180 Art 13 Nr 1); auch ein "Angehöriger", der in einem nach Abkommensrecht (Art 56 Abs 3 des NATO-TrStatZAbk) beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht, unterliege insoweit den deutschen Rechtsvorschriften, weil die Nichtanwendung deutschen Sozialrechts nach Art 13 Abs 1 Satz 1 des NATO-TrStatZAbk nicht schlechthin gelte, sondern jeweils auf den Bereich bzw die Rechtsstellung beschränkt sei, aus der eine bestimmte sozialversicherungsrechtliche Rechtsposition hergeleitet werde (SozR 6180 Art 13 Nr 3). Der erkennende Senat hat auf dieser Grundlage mehrfach entschieden, daß die Vorschriften des BErzGG über die Gewährung von Bundeserziehungsgeld an eine Mutter nicht anzuwenden sind, die - wenn auch uU als deutsche Staatsbürgerin - Angehörige eines "Entsandten" war und ihre Kinder, die gleichfalls Angehörige eines "Entsandten" waren, hier erzogen hatte (SozR 6180 Art 13 Nr 5; SozR 3-7833 § 1 Nr 5 S 23; Urteile vom 25. April 1990 - 4 REg 3/89 - und vom 28. Juni 1990 - 4 REg 36/89). Denn andernfalls knüpfte das BErzGG - entgegen Art 13 Abs 1 Satz 1 des NATO-TrStatZAbk - gerade an die internen Familienbeziehungen zwischen "Angehörigen" an.
Soweit der 10. Senat des BSG (SozR 6180 Art 13 Nr 2) einer deutschen Mutter, die mit ihren unehelichen, von ihr zu unterhaltenden (§ 6 SGB I) Kindern, die aber gegenüber ihrem Ehemann, einem "Entsandten", nicht unterhaltsberechtigt, also keine "Angehörige" waren, aus den USA zurückgekehrt war, das Kindergeld wegen des Auslandsaufenthalts versagt hat, begegnen dem Bedenken. Gleiches gilt, soweit der 10. Senat entschieden hat (SozR 6180 Art 13 Nr 6), es reiche für die Anwendung deutschen Sozialrechts aus, daß irgendwelche rechtlichen Beziehungen zur sozialen Sicherheit und Fürsorge bestehen, zB genüge der Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) für die Gewährung von Kindergeld an den Alg-Empfänger, der selbst "Angehöriger" ist und eigene Kinder mit Angehörigenstatus unterhält. Hierauf ist im vorliegenden Fall nicht näher einzugehen, weil die Klägerin - nach ihrer Rückkehr aus der USA - bis zum Beginn der Mutterschutzfrist im Inland angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt war, der vorliegende Fall also im Blick auf beide Entscheidungen des 10. Senats wesentlich anders liegt.
Zu Recht trägt die Beklagte vor, die von den USA und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Verträge über die soziale Sicherheit einschließlich der Zusatzabkommen und der Durchführungsvereinbarung (s hierzu die Aufstellung in: Aichberger, SGB/RVO, Anm 1 zu § 30 SGB I, S 21) enthielten keine Regelung, die gegenüber dem NATO-Truppenstatut und dem NATO-TrStatZAbk iS von Art 13 Abs 1 Satz 1 aaO "ausdrücklich" etwas anderes bestimme. Dieses Vertragswerk nimmt auf die Sonderregelungen für die nach Deutschland entsandte Truppe, deren ziviles Gefolge und die Angehörigen nicht Bezug.
Die Bestimmungen des NATO-TrStatZAbk schließen ferner nicht aus, daß die Klägerin und ihr Kind iS von § 56 Abs 3 SGB VI sich während des streitigen Zeitraums im Inland "gewöhnlich aufgehalten" haben. Der 11. Senat des BSG (SozR 2200 § 1233 Nr 7) hat bereits für ein in Deutschland weilendes Mitglied des zivilen Gefolges entschieden, der Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland stünden Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts und des NATO-TrStatZAbk nicht entgegen. Dem tritt der erkennende Senat bei. Soweit der 7. Senat des BSG (SozR 6180 Art 13 Nr 3 S 23, 24, 25; unklar der Hinweis des 10. Senats in: SozR 6180 Art 13 Nr 6 S 35f) in dort möglicherweise nicht tragenden Erwägungen das Gegenteil angenommen zu haben scheint, kann der erkennende Senat dem nicht beipflichten. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb Art 7 des Zusatzabkommens im Blick auf den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts iS von § 30 Abs 1 und Abs 3 SGB I und von § 56 SGB VI eine sozialrechtliche Kollisionsnorm enthalten sollte. Es dürfte näher liegen, darin eine ausschließlich ausländer- und niederlassungsrechtliche Vorschrift zu sehen, da sie im Zusammenhang mit dem Meldewesen (Art 6 aaO) und dem Ausweisungsverfahren (Art 8 aaO) steht, und - soweit sie "Bestimmungen über Aufenthalt" erwähnt - lediglich Art III Abs 1 des NATO-Truppenstatuts konkretisiert. Diese Norm schließt aber nur aus, daß "Entsandte" durch die Zeit, die sie in dieser Eigenschaft im Inland weilen, rechtserhebliche Zeiten für den Erwerb zB einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsberechtigung oder einer berufsrechtlichen Erlaubnis zurücklegen können. Dem ist hier nicht weiter nachzugehen, weil der 7. Senat - entgegen dem Wortlaut von Art 7 des Zusatzabkommens - bei bloßen "Angehörigen"- wie hier die Klägerin - anders, dh iS der Möglichkeit eines gewöhnlichen Aufenthalts, entschieden hat (SozR 6180 Art 13 Nr 3 S 25).
Letztlich ist die Anwendung der §§ 3 Satz 1 Nr 1, 56, 249 SGB VI auf die Klägerin - anders als bei ihrem Ehemann - auch nicht nach § 56 Abs 4 Nr 1 Buchst b Regelung 1 SGB VI ausgeschlossen. Sie hat bis unmittelbar vor der Geburt (Beginn der Mutterschutzfrist) eine Beschäftigung ausgeübt, in der sie nach dem hierfür anzuwendenden deutschen Recht versicherungspflichtig war, wie die Beklagte zutreffend angenommen hat. Da - wie ausgeführt- Art 13 Abs 1 Satz 1 des NATO-TrStatZAbk die Anwendung deutschen Sozialrechts nur beschränkt, soweit dessen Normen allein an den Inlandsaufenthalt der "Entsandten" oder deren Beziehungen untereinander oder zum Entsendestaat anknüpfen, steht der Anwendung deutschen Versicherungsrechts auf eine Beschäftigung außerhalb des internen Wirkbereichs der entsandten Streitkräfte nichts im Wege. Die von der Beklagten geschilderte, immer schon geübte Verwaltungspraxis, Beschäftigungsverhältnisse zwischen "Entsandten" und Dritten nach den deutschen Vorschriften über Versicherungspflicht zu beurteilen, entspricht also dem Völkerrecht und eröffnet für die Betroffenen die uneingeschränkte Anwendung des deutschen Sozialrechts auf das jeweilige Versicherungsverhältnis.
Hiermit hat die Klägerin eine "Beziehung zu Dritten" iS von Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens, nämlich ua ein Beschäftigungsverhältnis zu einem inländischen Arbeitgeber und daran sozialrechtlich anknüpfend ein auf Dauer angelegtes Rentenversicherungsverhältnis deutschen Rechts begründet, auf das alle Vorschriften des deutschen Sozialrechts, die dieses ausgestalten, anzuwenden sind. Die mit dem 1. Januar 1986 (§ 2a AFG) eingeführte Pflichtversicherung wegen Kindererziehung soll - wie der Senat entschieden hat (zuletzt: SozR 3-2200 § 1227a Nr 7) -, insbesondere die Nachteile beim Aufbau von deutschen Rentenanwartschaften ausgleichen, die - wie der Gesetzgeber generalisierend und typisierend unterstellt - regelmäßig durch die Hinwendung zum Kind in dessen erster Lebensphase entstehen. Auch die Klägerin hat ihre versicherungspflichtige Beschäftigung während der Erziehungszeit nicht fortgesetzt. Ihrem Versicherungsverhältnis droht also gerade der Nachteil, den die Pflichtversicherung wegen Kindererziehung ausgleichen soll.
Dem steht - anders als in den og, vom Senat zum BErzGG entschiedenen Fällen - nicht entgegen, daß die Klägerin und auch ihre Tochter "Angehörige" eines "Mitglieds einer Truppe" sind. Zwar ist auch der hier vorliegende Sachverhalt davon geprägt, daß der Erziehungstatbestand zwischen "Angehörigen" verwirklicht worden ist. Gleichwohl knüpft die Pflichtversicherung wegen Kindererziehung in Fällen der vorliegenden Art nicht ausschließlich an die internen Familienbeziehungen zwischen "Entsandten" an. Entscheidend für die Anwendbarkeit des deutschen Rentenversicherungsrechts (einschließlich der Vorschriften über Versicherungspflicht bei Kindererziehung) ist vielmehr, daß darüber hinaus ein - von Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens nicht gehinderter - zusätzlicher Anknüpfungspunkt besteht. Denn die Klägerin hatte schon vor der Erziehungszeit durch die Aufnahme einer Beschäftigung bei einem inländischen Arbeitgeber, wodurch nach deutschem Sozialrecht ein auf Dauer angelegtes Rentenversicherungsverhältnis zur Beklagten entstanden ist, insoweit den Bereich der bloß internen Beziehungen zwischen Entsandten verlassen. Jedenfalls in einem solchen Fall unterliegt das bereits bestehende deutsche Versicherungsverhältnis in vollem Umfang der Anwendung deutschen Rentenversicherungsrechts.
Schon deswegen ist nicht darzulegen, daß die Klägerin auch nach der in Art 13 Abs 1 Satz 3 des NATO-TrStatZAbk getroffene Klarstellung Anspruch auf Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kinderziehung hat, weil dieses Recht auch aus einem schon vor ihrer Heirat im Jahr 1979 "bestehenden" Versicherungsverhältnis entstanden ist.
Nach alledem war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1173813 |
BSGE, 138 |