Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagter und Revisionsbeklagter |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über den Fortbestand der Zulassung des Krankenhauses des Klägers zur Behandlung von Unfall-Schwerverletzten (Verletzungsartenverfahren) durch den Beklagten.
Der Kläger ist Träger (Eigentümer) der P. -K. in B. . Im Januar 1978 beantragte er, die - damals - neu zu errichtende Klinik zum Verletzungsartenverfahren zuzulassen. Der Landesverband Hessen-Mittelrhein (heute: Hessen-Mittelrhein und Thüringen) des Beklagten wirkte zunächst auf bauliche und organisatorische Änderungen im Klinikbereich hin, übersandte die von den Verbänden der Unfallversicherungsträger aufgestellten "Anforderungen an Krankenhäuser für die Zulassung zum Verletzungsartenverfahren" (Stand 1978) und ließ schließlich die Klinik mit Schreiben vom 9. Juni 1980 zum Verletzungsartenverfahren nach § 6 der "Bestimmungen über die Unterstützungspflicht der Krankenkassen und Unternehmer gegenüber den Trägern der Unfallversicherung und über Ersatzleistungen zwischen Krankenkassen, Ersatzkassen und Trägern der Unfallversicherung (§§ 1504 bis 1510) sowie im Falle des § 1543b der Reichsversicherungsordnung (RVO) " des Reichsversicherungsamtes vom 19. Juni 1936 (AN S. 195 - Bestimmungen des RVA) zu. Die Zulassung war an die Person des Chefarztes der Chirurgischen Abteilung Dr. med. K. H. gebunden.
Mit Schreiben vom 28. Februar 1985 teilte der Beklagte durch seinen Landesverband dem Kläger mit, daß die "Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger für die Zulassung von Krankenhäusern zur Behandlung Schwer-Unfallverletzter", herausgegeben vom Beklagten, dem Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften e. V. und dem Bundesverband der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand e. V. (BG 1985, 325 - "Anforderungen") mit Wirkung von Januar 1985 neu gefaßt worden seien. Ein besonderer Hinweis erfolgte auf Nr. 1.1 der mitübersandten "Anforderungen", wonach der schon seit Jahren üblichen Praxis entsprechend die für eine Zulassung erforderliche Fallzahl auf jährlich 50 Arbeitsunfallverletzte nach dem Verletzungsartenverfahren festgeschrieben worden war. In der Folgezeit überprüfte der Landesverband der Beklagten die Anzahl der in der Klinik des Klägers behandelten sog "§ 6 Verletzungsfälle" und stellte fest, daß in den Jahren 1983 bis 1985 dort jährlich 18, 20 bzw. 31 Schwer-Unfallverletzte nach § 6 der Bestimmungen des RVA behandelt wurden. Daraufhin teilte der Landesverbandes des Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 13. Juli 1987 mit, daß auf Beschluß des Vorstandes die Zulassung der Klinik zum Verletzungsartenverfahren mit Wirkung vom 1. September 1987 widerrufen werde. Der Widerruf könne nach Ziff 5.3. der "Anforderungen" jederzeit ausgesprochen werden.
Die hiergegen gerichtete Klage auf Feststellung des Fortbestehens der Zulassung der Klinik über den 1. September 1987 hinaus hat das Sozialgericht Osnabrück (SG) mit Urteil vom 12. Oktober 1989 abgewiesen, da die - von der Klinik des Klägers nicht erfüllte - Voraussetzung von 50 Fällen i.S. des § 6 der Bestimmung des RVA rechtmäßig sei.
Die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 26. März 1991). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Der Widerruf bzw. die Kündigung der Zulassung durch den Beklagten zum 31. August 1987 sei rechtmäßig gewesen. Durch § 88 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) sei zwar nachträglich die Befugnis des beklagten Verbandes zum Erlaß von Verwaltungsakten entfallen. Die Rechtsbeziehungen zwischen Kläger und Beklagtem seien jedoch in einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 53 Abs. 1 SGB X umzudeuten, der gemäß § 59 Abs. 1 SGB X bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse gekündigt werden könne. Der Beklagte habe sich zudem durch Bezugnahme auf Nr. 5.3. der "Anforderungen" in der Zulassungsentscheidung eine jederzeitige Kündigung sinngemäß vorbehalten. Hierzu habe der Kläger bereits in dem Antragsfragebogen zur Zulassung im Januar 1980 erklärt, daß er vom Inhalt der "Anforderungen" Kenntnis genommen habe. Der Vorbehalt des Widerrufs seitens des Beklagten sei auch deshalb rechtmäßig, weil die Zulassung zum Verletzungsartenverfahren im Ermessen der Beklagten stehe. Ein Rechtsanspruch auf Zulassung könne weder aus § 557 Abs. 2, § 559 RVO bzw. aus § 6 der Bestimmungen des RVA hergeleitet werden. Die in den "Anforderungen" geforderte Fallzahl von 50 Schwerverletzten jährlich stelle ein sachgemäßes und nicht zu beanstandendes Zulassungskriterium dar, das dem Beklagten zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen aus § 557 Abs. 2 bzw. § 559 RVO im Interesse der Versicherten und zur Sicherstellung der ärztlichen Qualifikation zustehen müsse. Auch das Grundrecht des Klägers aus Art 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) werde nicht verletzt, da es sich bei der Zulassung lediglich um eine Berufsausübungsregelung handele, die hier durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sei.
Hiergegen wenden sich der Kläger und der Beigeladene, der Nachfolger von Dr. med.h. , Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der Klinik des Klägers, mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung des § 557 Abs. 2 Satz 2 RVO, der §§ 59 und 88 SGB X, des § 6 Abs. 2 der Bestimmungen des RVA, sowie der Art 3 Abs. 1 und Art 12 Abs. 1 GG. Zu Recht sei das LSG davon ausgegangen, daß aufgrund des § 88 Abs. 3 SGB X die Kündigung seitens des Beklagten nach vertraglichen Grundsätzen zu beurteilen sei. Dem Beklagten stehe jedoch keine Rechtsgrundlage dafür zur Verfügung, die Zulassung des Klägers zu kündigen. Ein Kündigungsrecht aus § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse seit 1980 komme nicht in Betracht, da der Beklagte einseitig durch Verschärfung seiner "Anforderungen" im Jahre 1985 diese Veränderung herbeigeführt habe. Es verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dem Beklagten einseitig die Befugnis einzuräumen, den Wegfall der Geschäftsgrundlage durch Verschärfung seiner "Anforderungen" selbst herbeizuführen. Auch schwere Nachteile für das Gemeinwohl i.S. des § 59 Abs. 1 Satz 2 SGB X kämen als Kündigungsgrund nicht Betracht, da der Kläger in seinem Krankenhaus jedenfalls fortlaufend unfallmedizinische Erfahrungen sammeln könne. Die Zahl der Unfallverletzten im betroffenen Krankenhaus liege weit höher, nur seien für diese andere Kostenträger zuständig. Es komme aber letztlich auf das unfallspezifische Patientengut an, nicht auf die verwaltungsmäßige Zuordnung der Patienten zu den Kostenträgern. Auch wenn man davon ausgehe, daß aus dem Zulassungsbescheid von 1980 in Verbindung mit den "Anforderungen" des Beklagten ein vertraglich vereinbartes Kündigungsrecht folge, das gemäß § 61 SGB X über das Kündigungsrecht des § 59 SGB X noch hinausgehe, so sei dieses vertragliche Kündigungsrecht rechtswidrig. Der Beklagte habe hier eine monopolartige Stellung inne und kontrolliere einseitig den Zugang zum Verletzungsartenverfahren. Das einseitig vom Beklagten in die Vereinbarung eingebrachte jederzeitige Kündigungsrecht verstoße gegen die Grundsätze des § 9 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) und § 138 BGB und widerspreche der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes. Doch auch wenn die Kündigung des Beklagten rechtmäßig gewesen sein sollte, stehe dem Kläger hilfsweise ein Rechtsanspruch auf erneute Zulassung zum Verletzungsartenverfahren zu. Bei einer an der Rechtsordnung des Grundgesetzes orientierten Auslegung könne sowohl aus § 6 Abs. 2 der Bestimmungen des RVA als auch aus § 557 Abs. 2 Satz 2 RVO ein subjektiv-öffentliches Recht des Klägers auf Zulassung begründet werden. Aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszweck des § 557 Abs. 2 Satz 2 RVO ergebe sich eindeutig, daß alle fachlich befähigten Ärzte zugelassen werden müßten. Ein solcher Rechtsanspruch auf Zulassung folge im übrigen auch aus Art 12 Abs. 1 und Art 3 Abs. 1 GG. Dies widerspreche auch nicht der Rechtsprechung des BSG, das einen Rechtsanspruch auf die Bestellung zum Durchgangsarzt gemäß § 557 Abs. 2 Satz 2 RVO zwar verneint habe, hierbei jedoch entscheidend darauf abgestellt habe, daß der Durchgangsarzt im wesentlichen nicht an der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung teilnehme (vgl. BSGE 37, S. 267). Das Verletzungsartenverfahren gehöre hingegen eindeutig zur berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung. Soweit der Beklagte in seinen "Anforderungen" eine Richtzahl von 50 Schwerverletzten nach § 6 der Bestimmungen des RVA aufstelle, sei darin eine übermäßige Beschränkung der Freiheit der Berufsausübung i.S. des Art 12 Abs. 1 GG zu sehen, da zur Sicherstellung der medizinischen Qualität des Krankenhauses ausschließlich auf die tatsächliche Anzahl behandelter Schwer-Unfallverletzter abzustellen sei und nicht auf den zuständigen Kostenträger.
Der Kläger und der Beigeladene beantragen, 1. die Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. März 1991 (L 3 U 311/89) und des Sozialgerichts Osnabrück vom 12. Oktober 1989 (S 4 U 184/88); 2. festzustellen, daß die P. -K. B. , Träger Prof. Dr. med.h. K. , und der Beigeladene als Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der Klinik zum Verletzungsartenverfahren nach § 6 der Bestimmungen des RVA vom 19. Juni 1936 über den 31. August 1987 hinaus zugelassen sind; 3. hilfsweise den Revisionsbeklagten zu verurteilen, die P. -K. B. zum Verletzungsartenverfahren nach § 6 der Bestimmungen des RVA vom 19. Juni 1936 zuzulassen; 4. hilfsweise bei Verneinung des Rechtsweges zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, den Rechtsstreit an das zuständige ordentliche Gericht zu verweisen.
Der Beklagte beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revisionen des Klägers und des Beigeladenen sind unbegründet.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist gemäß § 51 Abs. 1 SGG eröffnet. Die Vorinstanzen haben zutreffend ausgeführt, daß es sich bei der Frage der Beteiligung von Krankenhäusern an der Behandlung von Schwer-Unfallverletzten i.S. der Bestimmungen des RVA und des Verzeichnisses der Verletzungsarten vom 1. Juli 1966 (Rdschr Hauptverband VB 73/66; vgl. Hymmen BG 1966, 227) um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung handelt. Nach der Natur des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses (s Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes - GmSOGB - in BSGE 37, 292 und SozR 1500 § 51 Nr. 53; BSGE 64, 78, 88; 65, 133, 134) beruht dieses auf der Wahrnehmung der von den gewerblichen Berufsgenossenschaften übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSGE 37, 267; 51, 108, 109; S. §§ 547, 556, § 557 Abs. 2 und Abs. 3, § 559 RVO, § 6 der Bestimmungen des RVA). Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat in seinem Urteil vom 22. Oktober 1973 (13 U 111/75 - SGb 1977, 212 mit Anmerkung von Schnorr von Carolsfeld) den Rechtsweg zu den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit lediglich insofern bejaht, als die Vergütung für Leistungen im berufsgenossenschaftlichen Heilverfahren in Frage stand. Im vorliegenden Fall ist jedoch über das Grundverhältnis der Zulassung des Krankenhauses an sich zu befinden, deren Rechtsgrundlagen auch nach Ansicht des OLG Stuttgart (a.a.O., S. 214) im öffentlichen Recht liegen (ebenso Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, 1990, S. 309ff., insbesondere S. 188, 320, 486, 522; vgl. auch § 51 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, daß die Zulassung der Klinik des Klägers zum Verletzungsartenverfahren i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA mit Wirkung vom 1. September 1987 rechtswirksam durch die Kündigung des Beklagten vom 13. Juli 1987 endete.
Das Schreiben des Beklagten vom 13. Juli 1987 ist kein Verwaltungsakt i.S. des § 31 SGB X, mit dem die ursprüngliche Zulassung aufgehoben bzw. widerrufen worden ist. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte über die Zulassung des Klägers zum Verletzungsartenverfahren nach § 6 der Bestimmungen des RVA im Jahre 1980 durch Verwaltungsakt - unangefochten - entschieden hatte und damals hatte noch entscheiden dürfen, oder ob es sich um die - modifizierte -Annahme eines Vertragsangebotes des Klägers gehandelt hatte. Jedenfalls wäre, wie die Vorinstanzen zu Recht ausgeführt haben, durch § 88 Abs. 3 SGB X, der am 1. Juli 1983 in Kraft getreten ist, die - einmal unterstellte -Befugnis des Beklagten entfallen, die Rechtsbeziehungen zu dem Kläger durch Verwaltungsakt einseitig zu regeln. Nach dieser Vorschrift dürfen Verbände Verwaltungsakte nur erlassen, soweit sie hierzu durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes berechtigt sind. Der Beklagte ist als Beauftragter der einzelnen gewerblichen Berufsgenossenschaften i.S. des § 88 Abs. 1 SGB X (vgl. zu dem Auftragsinhalt im einzelnen § 2 Abs. 1 und Abs. 2 und § 11 der Satzung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eV vom 27. September 1968, BG 1968, 491ff.) nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes berechtigt, über die Zulassung eines Krankenhauses zum Verletzungsartenverfahren i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA durch Verwaltungsakt zu entscheiden.
Die Bestimmungen des RVA, die den Unterverband zur Aufgabenwahrnehmung ermächtigten, sind allerdings Bundesrecht geworden; sie haben den Charakter einer Rechtsverordnung (BSGE 14, 233, 235; BSG SozR Nr. 8 zu § 1509 RVO; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S. 976a). Den Bestimmungen des RVA ist aber nicht ausreichend deutlich zu entnehmen, daß die Landesverbände die Zulassung des Krankenhauses zum Verletzungsartenverfahren einseitig durch Verwaltungsakt regeln dürfen. Die durch die Zulassung seiner Klinik zum Verletzungsartenverfahren i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA begründete Rechtsbeziehung des Beklagten zu dem Kläger ist vielmehr - wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben - unter Anwendung der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Vertrages gemäß den §§ 53ff. SGB X durch vertraglich vereinbarte Kündigung oder durch Kündigung nach § 59 SGB X zu beenden. Selbst wenn, was der Senat wiederum offen läßt, der Beklagte die Klinik des Klägers durch Verwaltungsakt zum Verfahren nach § 6 der Bestimmungen des RVA zugelassen hat, entsteht dem Kläger auch unter Berücksichtigung der Bindungswirkung von Verwaltungsakten durch die Anwendung der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Vertrages kein Nachteil, da bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auch Verwaltungsakte mit Dauerwirkung wirksam für die Zukunft aufgehoben werden dürfen (s § 48 SGB X).
Der Anwendung der Grundsätze über die Kündigung von öffentlich-rechtlichen Verträgen steht die im Schrifttum vertretene Meinung nicht entgegen, auch die Befugnis eines Verbandes, öffentlich-rechtliche Verträge i.S. des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X abzuschließen, bedürfe einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung i.S. des § 88 Abs. 3 SGB X (vgl. Boecken, Probleme des Auftragsrechts im Zehnten Buch Sozialgesetzbuch, DB 1983, 2034, 2035; Hein, Die Verbände der Sozialversicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland, München 1990, S. 401; Hauck/Haines, SGB X/3, K § 88 RdNr 26; von Maydell in GK-SGB X/3 § 88 RdNr 56; VDR-Komm, § 88 SGB X RdNr 23), da andernfalls § 88 Abs. 3 Satz 1 SGB X umgangen werden könnte, indem der jeweilige Verband ohne gesetzliche Ermächtigung zum Erlaß von Verwaltungsakten auf die Handlungsform des Vertrages ausweichen würde. Näher zu erwägen bliebe insoweit, ob der Gesetzgeber zwar die einseitige hoheitliche Entscheidung der Verbände, nicht aber zugleich die zweiseitige Vereinbarung im Rahmen eines Vertrages von einer gesetzlichen Ermächtigung abhängig machen wollte; denn selbst ein an die Stelle eines Verwaltungsaktes tretender sog subordinationsrechtlicher Vertrag kommt - anders als der Verwaltungsakt - ohne die Zustimmung des Vertragspartners der öffentlich-rechtlichen Körperschaft nicht zustande. Ebenso wäre noch zu prüfen, ob es sich hier überhaupt um einen sogenannten subordinationsrechtlichen Vertrag handelt (vgl. Brackmann a.a.O. S. 232 l III), da der Beklagte gerade nicht zum Erlaß eines Verwaltungsaktes ermächtigt ist; er darf kein Krankenhaus zum Vertragsabschluß zwingen, sondern lediglich der Klinik ein Angebot zum Vertragsabschluß machen oder aufgrund eines Angebotes der Klinik vertragliche Vereinbarungen über die Zulassung zum Verletzungsartenverfahren nach § 6 der Bestimmungen des RVA eingehen. Deshalb hat es der Senat, wie ausgeführt, auch offengelassen, ob der Beklagte im Jahr 1980 über die Zulassung der Klinik des Klägers überhaupt durch Verwaltungsakt entschieden hat.
Einer näheren Prüfung bedarf diese Frage jedoch nicht, da § 6a der Bestimmungen des RVA eine ausreichende Ermächtigung des Beklagten aufgrund eines Gesetzes zum Abschluß und damit auch zur Kündigung von öffentlich-rechtlichen Verträgen gemäß den §§ 53ff. SGB X enthält. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Bestimmungen des RVA können die Berufsgenossenschaften der Krankenkasse eine Erklärung darüber abgeben, bei welchen Verletzungsarten stets berufsgenossenschaftliche Krankenbehandlung stattfinden soll. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Bestimmungen des RVA muß die Erklärung für alle sich beteiligenden Berufsgenossenschaften eine einheitliche sein. Nach § 6 Abs. 2 der Bestimmungen werden gleichzeitig mit dieser Erklärung die für die Behandlung geeigneten Ärzte und Heilanstalten bezeichnet. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß die Berufsgenossenschaften zur Erfüllung dieser öffentlich-rechtlichen Aufgaben ermächtigt sind, vorab mit den in Betracht kommenden Krankenhäusern entsprechende Regelungen zu treffen. Da - wie bereits aufgezeigt - die Bestimmungen des RVA insoweit keine Ermächtigung zum Erlaß von Verwaltungsakten gegenüber den Krankenhäusern erkennen lassen, bleibt zwangsläufig nur die vertragliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen, mit denen die Krankenhäuser zum Verletzungsartenverfahren im Sinne dieser Bestimmungen zugelassen werden. Andernfalls ließe sich der Auftrag des Verordnungsgebers an den Beklagten rechtlich nicht verwirklichen. Es ist daher sachgerecht und sinnvoll, den §§ 6 und 6a der Bestimmungen des RVA zwar nicht die Ermächtigung zum Erlaß von Verwaltungsakten, wohl aber die zum Abschluß von öffentlich-rechtlichen Verträgen zu entnehmen. Denn der Beklagte kann damit die ihm obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben auf eine Weise wahrnehmen, welche die Rechte der Betroffenen stärker berücksichtigt als ein einseitiger Verwaltungsakt.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Bestimmungen des RVA wird die Erklärung nach § 6 Abs. 1 von dem "örtlich zuständigen Unterverband des Verbandes der deutschen gewerblichen Berufsgenossenschaften" abgegeben. Dieser Unterverband ist Funktionsvorgänger des heutigen örtlich zuständigen Landesverbandes des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eV. Seit dem Jahre 1908 gründeten sich zunächst auf Anregung des Präsidenten des RVA im Rheinland sog Freie Vereinigungen berufsgenossenschaftlicher Verwaltungen, deren Zweck es war, örtliche Probleme, wie gerade den Abschluß von einheitlichen Verträgen mit lokalen Krankenhäusern, zu regeln (vgl. im einzelnen Hein a.a.O. S. 219 ff; Wickenhagen, Geschichte der gewerblichen Unfallversicherung, München 1980, Textband S. 124ff.). Im Jahre 1927 wurden die lokalen freien Vereinigungen auf dem Berufsgenossenschaftstag vom 6. September (BG 1927, 348) als Unterverbände in den Verband der deutschen Berufsgenossenschaften eingegliedert (Hein a.a.O. S. 220). Den Unterverbänden oblag die Wahrnehmung örtlicher Aufgaben und hier insbesondere der Bereich des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens (vgl. Hein a.a.O.). § 6a Satz 2 der Bestimmungen des RVA umschreibt den Funktionsbereich der Unterverbände. Die in den Bestimmungen des RVA festgeschriebenen Unterverbände wurden sodann im Jahre 1938 zu den elf Landesverbänden des umbenannten Reichsverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eV erklärt (BG 1938, 324; Hein a.a.O.; Wikenhagen a.a.O. S. 215). Die Rechtsstellung und der Aufgabenbereich dieser Landesverbände als Funktionsnachfolger der Unterverbände entsprechen im wesentlichen der Rechtsstellung und dem Aufgabenbereich der heutigen Landesverbände der gewerblichen Berufsgenossenschaften (s auch Schönberger, Die Aufgaben der berufsgenossenschaftlichen Landesverbände, in: 100 Jahre gesetzliche Unfallversicherung, 1985, S. 130; Hein a.a.O. S. 245). Die Landesverbände des Beklagten stellen nach § 11 Abs. 2 der Satzung des Hauptverbandes vom 27. September 1968 (a.a.O.) regionale Untergliederungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit dar, die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 der Satzung gemeinsame regionale Aufgaben wahrnehmen. Gemeinsame regionale Aufgaben sind nach § 11 Abs. 4 Satz 1 der Satzung solche, die innerhalb des Landesverbandes nach einheitlichen Grundsätzen wahrgenommen werden müssen, wobei § 11 Abs. 4 Satz 3 Buchst c der Satzung die Zulassung von Krankenhäusern nach den dafür maßgebenden Richtlinien nennt.
Sind die Landesverbände des Beklagten zum Abschluß von Verträgen über die Zulassung von Krankenhäusern zum Verletzungsartenverfahren i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA zuständig, so erfaßt ihre Zuständigkeit zugleich die Beendigung dieser vertraglichen Beziehungen.
Die rechtzeitig übersandten "Anforderungen", denen der Kläger vor der Zulassung seiner Klinik im Jahr 1988 nicht widersprochen hat, haben den Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten - wie unten ausgeführt - von Anfang an zugrunde gelegen. Bereits aufgrund der "Anforderungen" hat der Beklagte ein vertraglich vereinbartes Kündigungsrecht. Grundsätzlich steht es den Parteien eines öffentlich-rechtlichen Vertrages frei, besondere Regelungen über die Kündigung vertraglich zu vereinbaren (Brackmann a.a.O. S. 232 m V; Schroeder-Printzen/Engelmann, SGB X, 2. Aufl 1991, § 59 Anm. 1; Kopp, VwVfG, 4. Aufl 1986, § 60 RdNr 4).
Maßgebend sind allerdings nicht die "Anforderungen" des Jahres 1985. Die im Jahre 1985 neugefaßten "Anforderungen" hat der Beklagte zwar dem Kläger im Februar 1985 übersandt und damit bekannt gemacht. Der Kläger hat sich jedoch nicht damit i.S. der §§ 147ff. BGB i.V.m. § 61 SGB X einverstanden erklärt. Eine solche Annahme des Angebots des Beklagten zur Vertragsänderung kann auch in dem bloß stillschweigenden Entgegennehmen der neuen "Anforderungen" durch den Kläger nicht gesehen werden. Ebenso ist dem ursprünglichen Zulassungakt im Jahre 1980 nicht zu entnehmen, daß die "Anforderungen" in ihrem jeweiligen zukünftigen Bestand zur Grundlage der Rechtsbeziehung gemacht worden sind, worauf die Revision zutreffend hinweist.
Das vertragliche Kündigungsrecht ergibt sich jedoch bereits aus den "Anforderungen" i.d.F. vom August 1978, die der Zulassung vom 9. Juni 1980 zugrunde lagen. Nach den Feststellungen des LSG hatte der Kläger durch seine Beauftragten bereits im Januar 1980 in einem Antragsfragebogen unterschriftlich bestätigt, daß er die "Anforderungen" zur Kenntnis genommen habe. Auf die Formerfordernisse des § 56 SGB X, § 61 Satz 2 SGB X i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB ≪Urkundenidentität≫ (vgl. Brackmann a.a.O. S. 232 m; Schroeder-Printzen/Engelmann a.a.O. § 56 Anm. 2; Pickel, Zulässigkeit, Gestaltung und Wirksamkeit öffentlich-rechtlicher Verträge, SGb 1984, 133, 136ff.) kommt es nicht an, da diese Vorschriften erst ab Januar 1981 in Kraft getreten sind. Jedenfalls die "Anforderungen" i.d.F. von 1978 sind durch Erklärungen des Klägers Vertragsgegenstand geworden sind.
Nach Nr. 1.1. der "Anforderungen 1978" muß die Zahl der im Verletzungsartenverfahren (…) stationär zu behandelnden Verletzten so groß sein, daß für die Ärzte die Gewähr besteht, ausreichende unfallmedizinische Erfahrungen zu sammeln, und daß ferner die gründliche unfallmedizinische Weiter- und Fortbildung der Ärzte (…) und die gründliche Aus- und Fortbildung der nicht ärztlichen Mitarbeiter gesichert sind. Nr. 3.2. der "Anforderungen 1978" bestimmt: "Der Chefarzt oder der Krankenhausträger können auf die Zulassung verzichten; der Landesverband kann die Zulassung jederzeit widerrufen. Ein solcher Widerruf wird insbesondere für den Fall vorbehalten, daß wesentliche Voraussetzungen dieser 'Anforderungen' nicht mehr erfüllt sind. "
Der Senat geht zugunsten des Klägers davon aus, daß ein jederzeitiger Widerruf ohne wesentliche Gründe nach der Beendigung der Zulassung der Klinik zum Verletzungsartenverfahren nicht den Grundsätzen des Vertragsrechts entspricht.
Der Beklagte konnte die Rechtsbeziehungen zu dem Krankenhaus des Klägers jedoch beenden, sobald wesentliche Voraussetzungen dieser "Anforderungen 1978" nicht mehr erfüllt waren. Auf solche wesentlichen Gründe hat sich der Beklagte zu Recht berufen. Nach den insofern unstreitigen Feststellungen des LSG wurden in dem Krankenhaus des Klägers in den Jahren 1983 - 1985 18, 20 bzw. 31 Schwer-Unfallverletzte nach §§ 6, 6a der Bestimmungen des RVA behandelt. Diese Zahlen liegen nach Überzeugung des Senats zu niedrig, als daß sie die Gewähr dafür böten, "ausreichende medizinische Erfahrungen zu sammeln" (vgl. Nr. 1.1. der "Anforderungen 1978"), so daß aufgrund der "Anforderungen 1978" der Widerruf bzw. die Kündigung geboten und auch zulässig war. Die in den "Anforderungen" des Jahres 1985 aufgeführte Richtzahl von 50 Fällen pro Jahr stellt nur einen Erfahrungswert dar, der bereits zuvor die Praxis der Landesverbände bestimmte (vgl. Seidler, Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger für die Zulassung von Krankenhäusern zur Behandlung Schwer-Unfallverletzter ≪Verletzungsartenverfahren≫, BG 1985, 323ff.). Das LSG Schleswig-Holstein (Urteil vom 4. April 1984 - L 4 U 27/83 -= BG 1985, 336, 337) hat schon vor Inkrafttreten der "Anforderungen 1985" die Richtzahl von 50 Fällen als Zulassungskriterium auch nach den "Anforderungen 1978" mit zutreffenden Argumenten bejaht. Entgegen der Auffassung der Revision hat der Beklagte deshalb nicht durch eine Änderung der "Anforderungen" den Kündigungsgrund selbst herbeigeführt. Die Zahl von 50 Behandlungen im Rahmen des Verletzungsartenverfahrens nach § 6 der Bestimmungen des RVA berücksichtigt bereits (s Seidler a.a.O. S. 323), daß erfahrungsgemäß eine wesentlich höhere Zahl - nämlich mindestens 100 - von Schwerverletzten außerhalb des Verletzungsartenverfahrens in der Klinik versorgt wird (s Seidler a.a.O.). Der Beklagte stellt es also nicht, wie der Kläger meint, allein auf die Behandlungsfälle ab, in denen die Berufsgenossenschaften Kostenträger sind. Ob etwas anderes gilt, wenn eine Klinik gegenüber den insoweit allgemein zugrunde gelegten 100 Behandlungsfällen eine weit überdurchschnittliche Zahl von Schwerverletzten außerhalb des Verletzungsartenverfahrens nach §§ 6, 6a der Bestimmungen des RVA behandeln würde, ohne daß - was nach den allgemeinen Erfahrungen sehr selten vorkommen dürfte - zugleich die Zahl von Fällen im Verletzungsartenverfahren nicht nur nicht steigt, sondern unter 50 Verletzten bleibt,
bedarf keiner Entscheidung, da in der Klinik des Klägers nicht einmal die Gesamtzahl von 150 Patienten mit Verletzungen i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA ohne Rücksicht auf den Kostenträger erreicht wurde.
Der Senat hat jedoch in seinem ebenfalls zwischen dem Kläger und dem Beklagten des vorliegenden Verfahrens ergangenen Urteil vom 25. Juni 1992 (2 RU 25/91) ausgeführt, daß die Zahl von 50 Behandlungsfällen i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA in Verbindung mit den gleichen Verletzungsfällen, bei denen kein Unfallversicherungsträger Kostenträger ist, nicht nur eine ausreichende ärztliche Erfahrung und Fortbildung durch die Behandlung der Schwerverletzten sichern soll, sondern auch im Interesse der Übersichtlichkeit des Verfahrens für alle Beteiligten eine Zersplitterung in zu viele Krankenhäuser und kleine Unfallstationen für Schwerverletzte im Sinne des Verletzungsartenverfahrens vermeidet. Vor allem ermöglicht eine ausreichende Zahl von Behandlungsfällen den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung eine ihnen obliegende Qualitätskontrolle über das gesamte Verletzungsartenverfahren, besonders auch innerhalb der Klinik selbst für die gesamte Dauer der stationären Heilbehandlung (s Daßbach, Qualitätssicherung im Heilverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung, in Festschrift für Herbert Lauterbach Band 2, 1981, S. 233ff.). Zur Erfüllung dieser gesetzlich vorgesehenen Aufgaben (s u.a. §§ 70, 135 SGB V) sind die Berufsgenossenschaften gerade aus den genannten Gründen auf Fälle angewiesen, in denen Verletzte im Rahmen der §§ 6, 6a der Bestimmungen des RVA behandelt werden. Dementsprechende Behandlungsfälle anderer Kostenträger können nicht in vergleichbar optimaler Weise eine Kontrolle durch die Berufsgenossenschaften gewährleisten, selbst wenn ihre Zahl 150 erreicht oder überschreitet. Die Landesverbände des Beklagten können, auch bei einem nicht nur unerheblichen Überschreiten dieser Zahl, nicht verpflichtet werden, die mit der Richtzahl von 50 Behandlungsfällen im Rahmen des Verletzungsartenverfahrens nach den §§ 6, 6a der Bestimmungen der RVA angestrebte Kontrolle durch eine Einsicht in die Unterlagen des Krankenhauses vorzunehmen, die Patienten betreffen, die nicht im Rahmen des Verletzungsartenverfahrens behandelt wurden. Abgesehen von den Bedenken aus der Wahrung des Datenschutzes gegenüber den Patienten, die nicht schon durch vorsorglich eingeholte, globale Einverständniserklärungen bei der Aufnahme in das Krankenhaus entfallen (vgl. Brackmann a.a.O. S. 233 i I), ist jedes in Frage kommende Auswahlverfahren in der Regel mit Unsicherheiten verbunden.
Allerdings steht auch das Interesse der Berufsgenossenschaften an einer Qualitätskontrolle für die gesamte Dauer der stationären Heilbehandlung unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Dieser verfassungsrechtlich abgesicherte Grundsatz kann dazu führen, daß bei einer weit überdurchschnittlichen Zahl der Behandlungen von § 6 der Bestimmungen des RVA entsprechenden Verletzungen, die besonders gute Erfahrung und Spezialisierung vermuten läßt, eine Ausnahmeregelung vorzunehmen ist, wenn - ausnahmsweise - dennoch die Richtzahl von 50 Fällen im Rahmen des Verletzungsartenverfahrens nicht erreicht wird. Dann müßten die Berufsgenossenschaften dennoch durch ihren Landesverband versuchen, eine Kontrolle durch eine ausreichende Zahl von Stichproben bei anderen entsprechenden Verletzungsarten durchzuführen, die in der Klinik behandelt wurden. Zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wäre es den Berufsgenossenschaften in diesen Ausnahmefällen zuzumuten, auch inhaltlich darauf bezogene und beschränkte Einwilligungserklärungen der Patienten zu verwerten, falls nicht z.B. anonymisierte Fotokopien der Behandlungsunterlagen ausreichen. Ein derartiger Ausnahmefall liegt jedoch nach den eigenen Angaben des Klägers hier nicht vor.
Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist allerdings nicht zu entnehmen, daß bei der Zulassung der Klinik die Zahl der im Verletzungsartenverfahren behandelten Verletzten bereits ausreichend im Sinne der "Anforderungen 1978" gewesen ist und danach diese Voraussetzung im Juli 1987 "nicht mehr" erfüllt war. Indessen muß bei der Zulassung einer neuen Klinik wie der des Klägers zum Verletzungsartenverfahren nach § 6 der Bestimmungen des RVA zunächst nur von der Erwartung ausgegangen werden, daß aufgrund der Ermittlungen auch eine ausreichende Zahl von Unfallverletzten im Verletzungsartenverfahren behandelt werden wird. Erfüllt sich diese Erwartung nicht, so liegt darin eine wesentliche Änderung der für die Zulassung maßgebenden Verhältnisse, die zur Kündigung der Zulassung berechtigt. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Kündigung der Zulassung der Klinik des Klägers gerechtfertigt, weil die Annahme, daß die Voraussetzung einer ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen im Rahmen des Verletzungsartenverfahrens erreicht wird, auch unter Berücksichtigung der sonstigen entsprechenden Schwerverletzten sich endgültig nicht erfüllt hat und damit weggefallen ist. Somit ist die nach einer Erprobungszeit von sieben Jahren getroffene Feststellung des Beklagten, daß der Kläger den "Anforderungen" im Hinblick auf die Anzahl von Schwer-Unfallverletzten nicht genüge, nicht zu beanstanden. Hiermit war der Beklagte auch (vertraglich) befugt, die Vereinbarung mit dem Kläger aufzulösen.
Daraus ergibt sich zugleich, daß selbst dann, wenn ein vertraglich vereinbartes Kündigungsrecht den "Anforderungen 1978" nicht entnommen werden könnte, eine Kündigung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X gerechtfertigt wäre, da sich - wie dargelegt - wesentliche für die Zulassung der Klinik zum Verletzungsartenverfahren i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA maßgebende Verhältnisse geändert haben.
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nur zulässig, "soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen". Dies gilt entsprechend für die Kündigung der Rechtsbeziehung. In erster Linie dürfen vertragliche Vereinbarungen damit nicht gegen Grundrechte verstoßen (vgl. Knopp in SozVersGK SGB X, § 53 Anm. 7; Siewert in GK-SGB X/1 § 52 RdNr 36). Die Kündigung der Zulassung der Klinik des Klägers zum Verletzungsartenverfahren i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA verletzt jedoch weder Grundrechte des Klägers (s Art 12 Abs. 1 bzw. 3 Abs. 1 GG) noch verstößt sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. §§ 242, 138 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 SGB X).
Die Beteiligung einer Klinik am Verletzungsartenverfahren berührt allerdings die durch Art 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Betreibers (vgl. BVerfGE 82, S. 209, 222 - Krankenhausfinanzierungsgesetz -). Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG erlaubt Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen läßt. Dabei muß der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich sind (BVerfGE 73, 280, 295; 80, 1, 20; 82, 209, 224). Dies bedeutet nicht, daß sich die erforderlichen Vorgaben ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben müßten; es genügt, daß sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung (vgl. BVerfGE 19, 17, 30; 58, 257, 277; 62, 203, 210; 80, 1, 20; 82, 209, 224).
Bei der Beurteilung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Regelung der Berufsausübung oder der Berufswahl handelt (grundlegend BVerfGE 7, S. 377ff.). Die Voraussetzungen der Zulassung zum Verletzungsartenverfahren bilden lediglich eine Berufsausübungsregelung (so schon BSGE 37, 267, 270 hinsichtlich der Bestellung zum Durchgangsarzt). Ein Eingriff in die Berufsfreiheit liegt allerdings nicht erst dann vor, wenn die grundrechtlich geschützte Tätigkeit ganz oder teilweise unterbunden wird; es genügt,
daß sie aufgrund einer staatlichen Maßnahme oder durch Auswirkungen hoheitlichen Handelns (hier die Bestimmungen des RVA und der darauf beruhende Vertrag) nicht mehr in der gewünschten Weise ausgeübt werden kann (BVerfGE 82, 209, 224). Anders als bei der Aufnahme einer Privatklinik in den Krankenhausplan (vgl. BVerfGE 82, 209, 228ff.) steht hier jedoch nicht der Zugang zu der großen Mehrheit aller sozialversicherten Patienten in Frage, wie auch den vom LSG festgestellten Zahlen der jährlich behandelten Fälle zu entnehmen ist. Der Kläger ist lediglich in einem wirtschaftlichen Teilbereich, der Versorgung der durch Arbeitsunfälle Schwerverletzten betroffen. Sind somit die wirtschaftlichen Auswirkungen der Regelung für den Kläger bei - nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung - weltweit 70 und in Deutschland 30 Kliniken hier nicht so stark, daß sie einer Berufszugangsregelung nahekommen (BVerfGE 82, 209, 229), müssen die einseitig gestellten "Anforderungen" des Beklagten daher als Regelungen der Berufsausübung vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls genügen. Die Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle der ärztlichen Behandlung der durch einen Arbeitsunfall Schwerverletzten obliegt dem Beklagten, bzw. den ihn tragenden Berufsgenossenschaften (vgl. Daßbach a.a.O.). Die Träger der Unfallversicherung sind - wie sich ebenfalls mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der §§ 556ff. RVO und den Bestimmungen des RVA mit der verfassungsrechtlich gebotenen Klarheit entnehmen läßt - gehalten, alle Maßnahmen zu treffen, durch die eine möglichst bald nach dem Arbeitsunfall einsetzende schnelle und sachgemäße Heilbehandlung oder besondere unfallmedizinische Versorgung erfolgt (vgl. § 557 Abs. 2 Satz 1 RVO). Sie haben daher, im Interesse der Versicherten, nicht nur an die fachliche Eignung von Ärzten und Kliniken im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung, sondern an den gesamten Verlauf dieser Behandlung, insbesondere der von Schwerverletzten, Anforderungen zu stellen, deren Beachtung auch durch die Auswirkungen über die Behandlung durch Arbeitsunfall Verletzter hinaus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls entspricht und deren Bedeutung allgemein für die bedarfsgerechte und leistungsfähige Krankenhauspflege der Schwerverletzten als Teil der sozialrechtlich gesicherten Gesundheitsversorgung sogar als Gemeinwohlbelang außerordentlich hoch einzuschätzen ist (vgl. BVerfGE 82, 209, 230; so auch BVerfGE 80, 1, 24). Zugleich soll diese Aufgabe ohne zu große Zersplitterung in viele Kleinstunfallstationen mit möglichst geringer Kostenbelastung erfolgen. Auch die Wirtschaftlichkeit und finanzielle Stabilität der Systeme der Sozialversicherung wird vom BVerfG als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut angesehen (BVerfGE 70, 1, 26; 82, 209, 230). Aus diesen Gründen erscheint es sachgerecht, wenn der Beklagte nicht schon jedes Krankenhaus, das nach seiner Einrichtung und Qualifikation seiner Ärzte den "Anforderungen" entspricht, zum Verletzungsartenverfahren i.S. des § 6 der Bestimmungen des RVA zuläßt, vielmehr aus den aufgezeigten Gründen auch eine ausreichende Zahl von Behandlungsfällen pro Jahr fordert. Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte lasse außer Acht, daß in dem Krankenhaus noch weitere Unfallverletzte anderer Kostenträger behandelt würden, so trifft dies nicht zu, wie bereits in anderem Zusammenhang aufgezeigt ist. Somit genügen die "Anforderungen" jedenfalls vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Sie finden als Vertragsbedingungen eine rechtliche Grundlage i.S. des Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG in den §§ 547, 556, 557, 559 RVO und in §§ 6, 6a der Bestimmungen des RVA. Die "Anforderungen" sind auch verhältnismäßig im weiteren Sinne, da sie den gesetzgeberischen Zielen dienen und den Bewerber nicht unangemessen benachteiligen.
Da die "Anforderungen" für alle interessierten Krankenhäuser im gleichen Umfange gelten, ist auch ein Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG nicht ersichtlich.
Aus den bisherigen Ausführungen folgt zugleich, daß auch unter den Gesichtspunkten von §§ 242 und 138 BGB i.V.m. § 61 SGB X die hier umstrittenen Vertragsbedingungen durch den Beklagten nicht zu beanstanden sind. Zwar hat der Beklagte, worauf der Kläger zu Recht hinweist, insofern eine monopolartige Stellung inne, als er den Zugang für Kliniken zum Verletzungsartenverfahren kontrolliert (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl 1992, § 138 RdNr 93). Der Beklagte hat aber seine Monopolstellung nicht durch Stellung ungemessener Bedingungen ausgenutzt, denen der Kläger nur aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus nachgekommen ist. Insoweit ist wiederum auch auf die vom LSG festgestellte Zahl von Behandlungsfällen und die Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu verweisen. Die Kündigung des Vertrages ist auch erst nach siebenjährigen Erfahrungen und zweieinhalb Jahre nach Zusendung der "Anforderung 1985" und nach den sich ab Juli 1985 anschließenden Ermittlungen über die Zahl der Schwer-Unfallverletzten in der Klinik des Klägers wirksam geworden.
Die Feststellungsklage hat demnach keinen Erfolg, da das Vertragsverhältnis zwischen Kläger und Beklagtem mit Wirkung vom 1. September 1987 endete. Auch hinsichtlich des Kündigungszeitpunktes und der eingeräumten Fristen bestehen im Hinblick auf Nr. 3.2. der "Anforderungen 1978" keine Bedenken.
Soweit der Kläger und der Beigeladene hilfsweise beantragen, den Beklagten zur Neuzulassung zu verpflichten, ist diese Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG aus denselben Gründen unbegründet. Es braucht hierbei nicht entschieden zu werden, ob der Träger einer Klinik, die alle Voraussetzungen der "Anforderungen" erfüllt, einen Rechtsanspruch auf Abschluß eines Zulassungsvertrages hat. Insofern ist dem Kläger einzuräumen, daß die Entscheidung des erkennenden Senats vom 28. Mai 1974 (BSGE 37, S. 267) hier nur bedingt aussagefähig ist, soweit ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zulassung eines Krankenhauses zum Verletzungsartenverfahren in Betracht kommt. Es ist einerseits nicht ersichtlich, inwieweit bei Vorliegen aller Voraussetzungen für die Zulassung einer Klinik zum Verletzungsartenverfahren i.S. der §§ 6, 6a der Bestimmungen des RVA es im Ermessen des Beklagten stehen sollte, ob er die Klinik zuläßt. Andererseits stände dem Kläger ein möglicher Anspruch auf Zulassung aber nur dann zu, wenn er den - wie ausgeführt - rechtmäßigen Anforderungen an ein Krankenhaus zur Behandlung Schwer-Unfallverletzter genügen würde. Das ist aber - wie ebenfalls dargelegt - nicht der Fall.
Der weitere Hilfsantrag des Klägers und des Beigeladenen auf Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht der Zivilgerichtsbarkeit ist ebenfalls unbegründet, da der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist.
Nach alledem waren die Revisionen des Klägers und des Beigeladenen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 518175 |
BSGE, 27 |