Beteiligte
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 3. Juli 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren.
Gründe
I
Streitig ist, ob die Klägerin ein Recht auf eine Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung und auf deren Auszahlung nach Ungarn hat.
Die am 23. November 1923 geborene Klägerin ist ungarische Staatsangehörige und lebt in ihrem Geburtsort B.. Sie ist Violinistin und war in ihrem Heimatland zuletzt bis zum 31. August 1994 berufstätig. In der Zeit vom 1. Januar 1957 bis zum 31. Juli 1970 war sie in der DDR als Erste Geigerin und seit 1958 als Erste Konzertmeisterin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Daneben war sie dort auch in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz (AVl) einbezogen.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 7. Oktober 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 1994 lehnte die beklagte BfA die von der Klägerin am 1. Juli 1993 im Blick auf ihre Beitragszeiten in der DDR beantragte Altersrente ab. Vor dem Sozialgericht (SG) hatte die Klägerin mit ihrem Begehren Erfolg (Urteil vom 24. Februar 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat diese Entscheidung am 3. Juli 1998 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es dabei im wesentlichen ausgeführt: Einem Anspruch auf die begehrte Rente stünden nach § 110 Abs 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vorrangige Bestimmungen über- bzw zwischenstaatlichen Rechts entgegen. Gemäß Art 8 des weiterhin anzuwendenden Abkommens zwischen der DDR und Ungarn sei nämlich allein der Wohnsitzstaat für die Festsetzung und Auszahlung der gesamten Rentenleistung zuständig. Die Klägerin werde hierdurch nicht schlechter gestellt, als wenn die DDR der Bundesrepublik nicht beigetreten wäre. Einem Anspruch aus der AVl hätte im übrigen bereits entgegengestanden, daß sich die Klägerin bei Eintritt des Versorgungsfalles nicht in einem Anstellungsverhältnis zu einer der in § 6 der AVl-Verordnung genannten Einrichtungen befunden habe.
Während des sozialgerichtlichen Verfahrens ist der Klägerin ab dem 1. September 1994 in Ungarn eine Altersrente aus den dort zurückgelegten Zeiten bewilligt worden. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat der ungarische Versicherungsträger mitgeteilt, er habe das Altersruhegeld entsprechend dem ausdrücklichen Wunsch der Klägerin ohne Berücksichtigung deutscher Zeiten festgesetzt.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts wendet sich die Klägerin mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision: Sie habe ab 1. Juli 1993 Anspruch auf Rente aus der deutschen Versicherung. Art 8 Abs 1 des Abkommens zwischen der DDR und Ungarn habe zu diesem Zeitpunkt und vorher bereits ab Januar 1993 nicht mehr gegolten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 3. Juli 1998 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 1997 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Berücksichtigung der deutschen Beschäftigungszeiten durch den ungarischen Versicherungsträger entsprechend der Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der sozialen Sicherheit vom 3. April 1991 (Abk-AnwendungsVO) bei der Berechnung des dort gezahlten Altersruhegeldes sei allein am Widerstand der Klägerin gescheitert. Entgegen der von dieser vertretenen Auffassung gelte Art 7 Abs 7 dieser VO „in der Fassung vom 18.12.1992” als gegenüber Abs 2 ebenda spezielleres Recht über den 31. Dezember 1992 hinaus fort; mit der Vorschrift werde klargestellt, „daß in den Fällen, in denen Versicherungszeiten im Beitrittsgebiet bereits in der Bestandsrente eines der in Art 1 genannten Vertragsstaaten berücksichtigt werden oder in einer Rente nach den genannten Verträgen berücksichtigt werden können, kein Anspruch auf Zahlung einer Exportrente im Rahmen der deutschen Rechtsvorschriften (§§ 110 ff SGB VI) besteht”. Aufgrund der Bekanntmachungen über die weitere vorübergehende Anwendung der DDR-Abkommen im Rahmen des Art 7 Abs 3 bis 6 der VO vom 3. April 1991, die als zwischenstaatliche Normen angesehen werden, hätte es grundsätzlich der Regelung des Art 7 Abs 7 der VO, die keine zwischenstaatliche Norm darstelle, nicht bedurft. Ua aber im Hinblick auf die unterschiedlichen nationalen Rentenanspruchsvoraussetzungen (insbesondere bei den Altersgrenzen) und die festgelegte zeitlich begrenzte weitere Anwendung der DDR-Abkommen sei es geboten erschienen, eine solche klarstellende Regelung aufzunehmen.
II
Die aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht statthafte Revision der Klägerin erweist sich auch im übrigen als zulässig. Zwar hat ihr BevolImächtigter sein Revisionsbegehren nicht ausdrücklich in einen bestimmten förmlichen Antrag (§ 164 Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) gefaßt; aus der Begründung des Rechtsmittels ergibt sich jedoch mit noch hinreichender Deutlichkeit, daß er die vollumfängliche Aufhebung des Berufungsurteils anstrebt (vgl hierzu exemplarisch BSG in SozR 3-3870 § 4 Nr 21 mwN), um auf diese Weise den die Klägerin allein begünstigenden Rechtszustand wieder herzustellen, wie er durch die Entscheidung des SG gestaltet war.
A.
Das Rechtsmittel ist auch sachlich in vollem Umfang begründet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte auf die zulässig erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) vom SG zu Recht dem Grunde nach (§ 130 Satz 1 SGG) ab dem 1. Juli 1993 zur Zahlung einer Regelaltersrente an die Klägerin verurteilt worden. Die Voraussetzungen für die Entstehung des entsprechenden sog Stammrechts wie auch der Einzelansprüche auf monatliche Rentenzahlungen (vgl zum beide Elemente umfassenden Grund des Anspruchs iS von § 130 SGG: BSG in SozR 1500 § 141 Nr 12) liegen vor, ohne daß sich die Beklagte durchgreifend auf Gegenrechte berufen könnte. Weder ist eine Festsetzungs- und Zahlungszuständigkeit des ungarischen Versicherungsträgers gegeben, noch kann der Klägerin etwa rechtshindernd entgegengehalten werden, daß für sie abweichend von §§ 110 Abs 2, 113 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Satz 2, Abs 3 SGB VI wegen vorrangigen zwischenstaatlichen Rechts (§ 110 Abs 3 SGB VI) aus dem entstandenen subjektiven Rentenrecht monatliche Rentenzahlungsansprüche nicht entstehen könnten (vgl zum Regelungsgehalt der §§ 110 ff SGB VI zuletzt Urteil des Senats in SozR 3-5070 § 18 Nr 2 mwN).
Maßgeblich sind die Bestimmungen des SGB VI, deren Anwendbarkeit entgegen der Ansicht der Beklagten durch vorrangiges Recht nicht hintangehalten wird: Das von der Klägerin erstmals im Juli 1993 geltend gemachte Recht auf Regelaltersrente findet gemäß § 300 Abs 2 iVm Abs 1 SGB VI seine Grundlage in § 35 SGB VI. Die Klägerin hat am 23. November 1988 das 65. Lebensjahr vollendet und kann monatliche Leistungen für Zeiten ab dem Beginn des Antragsmonats begehren (§ 99 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Die erforderliche allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs 1 Nr 1 SGB VI) ist bereits aufgrund der den Beitragszeiten in der Bundesrepublik (§ 55 SGB VI) kraft konstitutiver gesetzlicher Gewährung gleichgestellten (§ 248 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI) Zeiten erfüllt, in denen die Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen in der DDR Beiträge zum dortigen System der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat. Ob demgegenüber fiktive Pflichtbeitragszeiten wegen der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 5 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes ≪AAÜG≫) zu berücksichtigen sind, ist im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb nicht zu entscheiden, weil hierüber zunächst und bindend der zuständige Versorgungsträger befinden müßte (vgl Entscheidungen des Senats in SozR 3-8570 § 8 Nr 2; vom 14. Mai 1996 - 4 RA 95/94 -; vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 80/95 -, D-spezial 1997, Nr 9, 8 = ZfS 1997, 50 f; vom 5. Dezember 1996 - 4 RA 84/95 -, SGb 1997,162 = ZAP-Ost EN-Nr 23/97 = D-spezial 1997, Nr 11, 8 und - 4 RA 94/95 -).
Die Anwendbarkeit des § 248 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI auf diese Zeiten und das hiervon abhängige Entstehen eines subjektiven Rentenrechts wie auch monatlicher Einzelansprüche nach §§ 110 Abs 2, 3, 113 Abs 1 Nr 1 SGB VI wird nicht etwa durch Art 8 Abs 1 des Abkommens zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Ungarischen Volksrepublik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sozialpolitik (GBl-DDR 1960 I S 136) als lex specialis ausgeschlossen. Danach werden bei Berechtigten mit ständigem Wohnsitz in Ungarn in der DDR zurückgelegte Pflichtversicherungszeiten von deren Versicherungslast ausgenommen bzw fallen umgekehrt in die ungarische Versicherungslast, so daß entsprechend dem diesem Abkommen zugrundeliegenden „Eingliederungsprinzip” (vgl Abendroth, Die Sozialversicherungsabkommen der DDR, DAngVers 1992, 339 ff, 340; derselbe: Beendigung der Sozialversicherungsabkommen der DDR, DAngVers 1993, 209 ff, 210) allein der dortige Träger zur Feststellung und Zahlung einer Rente nur nach ungarischem Recht zuständig gewesen wäre. Nach dieser Vorschrift erfolgte die Festsetzung und Auszahlung der ua Altersrenten nach den innerstaatlichen Bestimmungen durch den Versicherungsträger des Wohnsitzstaates (Satz 1); die auf dem Territorium beider Staaten zurückgelegten Versicherungs- und Ersatzzeiten wurden dabei zusammengerechnet (Satz 2). Dieses Abkommen enthält indessen kein hier anwendbares Bundesrecht (dazu im einzelnen nachfolgend unter B). Der Eingriff der Beklagten in das eigentumsgrundrechtlich geschützte Recht der Klägerin, von der BfA ab Juli 1993 Regelaltersrente nach dem SGB VI zu verlangen, ist durch kein inhalts- oder schrankenbestimmendes Gesetz des Deutschen Bundestages gerechtfertigt.
B.
Das zwischen der DDR und Ungarn geschlossene Sozialversicherungsabkommen (SozAbk) ist einschließlich insbesondere seines von der Beklagten herangezogenen Art 8 Abs 1 nicht Bestandteil des vom BSG allein anzuwendenden Bundesrechts (§ 162 SGG). Mit dem Untergang der DDR hat das genannte Abkommen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Beklagten gleichermaßen seine völkerrechtliche Verbindlichkeit wie seine Geltung als innerstaatliches Recht im Beitrittsgebiet verloren (hierzu nachfolgend 1 und 2). Ein damit völkerrechtlich zwingend erforderlicher konstitutiver Neuabschluß bzw ein ersetzendes Abkommen sind jedenfalls nicht in innerstaatliches bundesdeutsches Recht überführt worden (hierzu nachfolgend 3). Der einseitige innerstaatliche Befehl zur vorübergehenden weiteren Anwendung des Abkommens auf der Grundlage von Art 3 Abs 1 des Einigungsvertragsgesetzes (EinigVtrG) in der Abk-AnwendungsVO (BGBl I S 614) in der Fassung der Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 18. Dezember 1992 (Anwendungs-ÄndVO, BGBl I S 1231) ist für die Klägerin überwiegend bereits wegen des Fehlens der in Art 7 Abs 2 bis 6 umschriebenen sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen nicht einschlägig; Abs 7 aaO ist allein schon und ungeachtet seiner auch inhaltlichen Unvereinbarkeit mit Gesetzes- und Verfassungsrecht mangels einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage nichtig (hierzu nachfolgend 4). Art 8 Abs 1 des SozAbk zwischen der DDR und Ungarn kann demgemäß unter keinem denkbaren Gesichtspunkt dem in allen Voraussetzungen des SGB VI erfüllten Recht der Klägerin auf monatliche Rentenzahlungen entgegenstehen. Im einzelnen gilt hierzu folgendes:
1. Die Bundesrepublik Deutschland ist ersichtlich nicht ursprünglicher Vertragspartner des SozAbk zwischen der DDR und Ungarn. Sie ist auch nicht etwa aufgrund kodifizierten Völkerrechts, einschlägiger allgemeiner Rechtsgrundsätze oder Völkergewohnheitsrechts Gesamtrechtsnachfolgerin der mit dem 3. Oktober 1990 untergegangenen DDR geworden bzw zumindest im besonderen Fall des SozAbk mit Ungarn in deren Position eingetreten. Darüber hinaus wird – jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art – eine Rechtsnachfolge auch im Schrifttum ganz überwiegend abgelehnt. Das genannte Abkommen hat unter diesen Umständen mit Ablauf des 2. Oktober 1990 jede Rechtswirkung als völkerrechtlicher Vertrag verloren und ist damit zwischen- wie innerstaatlich unbeachtlich geworden (vgl Urteil des Senats vom 29. September 1998 - B 4 RA 4/98 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, und BVerfGE 42, 263, 284).
a) Die DDR ist als Staats- und Völkerrechtssubjekt mit Ablauf des 2. Oktober 1990 vollständig und ersatzlos untergegangen (BVerfGE 84, 133, 147; amtliche Begründung zu Art 44 EV, BT-Drucks 11/7760, S 377; so auch stRspr des Senats, vgl zB SozR 3-8120 Kap VIII H Nr 9 Nrn 1 und 7; SozR 3-8570 § 11 Nr 3; Teilurteile und Beschlüsse vom 14. Juni 1995 - 4 RA 98/94, 4 RA 1/95, 4 RA 102/94, 4 RA 54/94 und 4 RA 56/94 -; ferner Rauschning, Die Wiedervereinigung vor dem Hintergrund der Rechtslage Deutschlands, JuS 1991, S 976, 981 ff; Höch, Der Einigungsvertrag zwischen völkerrechtlichem Vertrag und nationalem Gesetz, S 39 mwN; Stern in Stern/Schmidt-Bleibtreu, Verträge und Rechtsakte zur Deutschen Einheit, Bd 2, S 28 mwN; v. Hoffmann, Internationales Privatrecht im Einigungsvertrag, lPRax 1991, S 1 ff, 5; HeIdrich/Eidenmüller, Die rechtlichen Auswirkungen der Wiedervereinigung Deutschlands aus der Sicht von Drittstaaten, JBl 1991, S 273 ff, 274). Damit sind grundsätzlich auch die von ihr geschlossenen völkerrechtlichen Verträge beendet (vgl Otto Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 4. Aufl, München 1990, S 167). Rechtsgrund hierfür ist der bereits in der Präambel (4. Erwägung) zum Vertrag über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (Staatsvertrag) vom 18. Mai 1990 (BGBl II S 537) vorgesehene und schließlich am 23. August 1990 erklärte Beitritt der DDR zur Bundesrepublik (BGBl I S 2057), dessen Ablauf sich allein nach Art 23 Grundgesetz (GG) aF vollzogen hat. Der zeitlich wie auch rechtlich hiervon unabhängig geschlossene EinigVtr befaßt sich lediglich mit den Folgen dieses Beitritts und kann demgemäß auch nur in diesem beschränkten Sinne als „Beitrittsvertrag” bezeichnet werden. Entsprechend der von den Vertragsparteien von Anfang an bewußt und gewollt verfolgten Zielsetzung (BT-Drucks 11/7760, S 377; vgl auch Rauschning, aaO, S 981 ff) sind der DDR hiernach folgerichtig weder inhaltliche Kompetenzen als Rechts- und Funktionsträger noch – im Hinblick auf die vollständige Eingliederung ihres Territoriums in das Bundesgebiet – ein potentieller räumlicher Zuständigkeitsbereich verblieben. Es sind damit alle Elementarmerkmale des Staatsbegriffs entfallen (Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 2. Aufl, S 166; Dahm, Völkerrecht, Bd 1, S 90; lpsen, Völkerrecht, 3. Aufl, S 56 f, 127 ff; Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, 2. Aufl, Bd 1, S 115; Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 2. Aufl, S 21 ff; vgl im übrigen zur insoweit übereinstimmenden Völkerrechtslehre der DDR „Lehrbuch des Völkerrechts”, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft für Völkerrecht beim Institut für internationale Beziehungen in der Akademie für Staats- und Rechtswissenchaft, Staatsverlag der DDR 1981, 2. Aufl, Teil 1 S 143 ff ≪unter Ziff 4.2.2≫ sowie zum sowjetischen Standpunkt exemplarisch Tunkin, Grundlagen des modernen Völkerrechts, Moskau 1956, veröffentlicht in: Drei sowjetische Beiträge zur Völkerrechtslehre, Hamburg 1969, S 1, 17). Die DDR ist demgemäß in derselben Sekunde erloschen, in der die in Art 1 EinigVtr genannten Länder (vgl das nach Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt II zum EinigVtr geändert aufrecht erhaltene Ländereinführungsgesetz der DDR vom 22. Juli 1990, GBl I S 955) solche der Bundesrepublik Deutschland geworden sind, die selbst – trotz des Beitritts – in ihrer rechtlichen Identität unverändert fortbesteht (Müller, Fortgeltung von Staatsverträgen der ehemaligen DDR im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, in Jayme/Futak ≪Hrsg≫, Der Weg zur deutschen Rechtseinheit, Heidelberg 1991, S 43; ebenso Stern, aaO, Bd 2, S 3 ff, 28; HeIdrich/Eidenmüller, aaO, S 274).
b) Die zunächst iS eines bloßen tatsächlichen WechseIs der Gebietshoheit („succession in fact”) zu verstehende Staatensukzession (vgl exemplarisch Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, 3. Bd, S 306, lpsen, aaO, S 315 und Oliver Dörr, Die Inkorporation als Tatbestand der Staatensukzession, Berlin 1995, Schriften zum Völkerrecht, Bd 12, S 26) kennt als rechtliche Konsequenz eines derartigen Geschehens im Verhältnis der Staaten untereinander, dh des Gebietsnachfolgers zu anderen Völkerrechtssubjekten (vgl Verdross, Völkerrecht, 3. Aufl, S 217 und lpsen, aaO, S 317; in diesem Sinne offenbar auch Herbst, Staatensukzession und Staatenservituten, Berlin 1962 sowie Kordt/Zimanek, gegenwärtige Fragen der Staatensukzession in: Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 5, Karlsruhe 1964 und Wittkowski, Die Staatensukzession in völkerrechtliche Verträge unter Berücksichtigung der staatlichen Einheit Deutschlands, Frankfurt/Main 1992), keinen der Universalsukzession im bürgerlichen Erbrecht vergleichbaren Grundsatz der umfassenden Nachfolge in Rechte und Pflichten des untergegangenen Staates (Verdross, aaO, S 217; Kimminich, aaO, S 167). Eine Nachfolge in einzelne (Komplexe von) Rechtspositionen wird demgegenüber für grundsätzlich möglich erachtet. Zur Frage der Bindung des aufnehmenden Staates an völkerrechtliche Verträge des beitretenden im hier vorliegenden Sonderfall der Inkorporation (Heldrich/Eidenmüller, aaO, S 274) fehlt es allerdings an entsprechendem kodifizierten Völkerrecht; die insofern allenfalls in Betracht kommende Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge vom 22. August 1978 (vgl die Fundstellennachweise bei Cornelius Thum, Die Kontinuitätsfrage im völkerrechtlichen Rahmen der Einigung Deutschlands, Peter Lang, Frankfurt, Europäische Hochschulschriften Reihe II, Bd 1466, S 40 Fn 222) ist bisher weder in Kraft getreten, noch wegen ihres auf die Tatbestände der Staatensezession (Art 15 aaO) bzw -fusion (Art 31) beschränkten sachlichen Anwendungsbereichs überhaupt denkbar einschlägig (vgl Heldrich/Eidenmüller, aaO, S 275; s auch Gilbert Gornig, Deutschlands aktuelle Verfassungslage, Der Staat 1990, S 371, 376, der von einer insofern einheitlichen Auffassung auf der Sondertagung der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer in Berlin 1990 berichtet). Bei bereits fraglichem Vorliegen von einschlägigen Vergleichsfällen (BVerfGE 96, 68, 93 mwN) und diffuser praktischer Handhabung ist zudem auch weder universell geltendes Völkergewohnheitsrecht (vgl zu dessen Voraussetzungen BVerfG, aaO, 87) auszumachen, noch kommt ein Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze in Betracht, noch ist ansonsten ein umfassend gesichertes rechtliches Meinungsbild auszumachen (vgl Wilfried Fiedler, Die Konvention zum Recht der Staatensukzession, German Yearbook of International Law 1981, S 9 ff; insofern zutreffend auch Dieter Papenfuß, Die Behandlung der völkerrechtlichen Verträge der DDR im Zuge der Herstellung der Einheit Deutschlands, Heidelberg 1997, S 18, 31; ebenso Wolff Heintschel v. Heinegg, Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten und das Schicksal der von ihnen abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge, BB 1990, Beilage 23, S 9, 14).
Von einer immerhin im Schrifttum insofern wohl herrschenden Auffassung wird allerdings (mit teilweise erheblichen Abweichungen hinsichtlich Umfang und Ausgestaltung im einzelnen) die grundsätzliche Möglichkeit einer Spezialsukzession in Abhängigkeit insbesondere vom jeweils in Frage stehenden Vertragstypus bejaht (Siehr, aaO, S 248, 251; v. Hoffmann, Internationales Privatrecht im Einigungsvertrag, lPRax 1991, S 1 ff, 6; Hailbronner, Völker- und europarechtliche Fragen der deutschen Wiedervereinigung, JZ 1990, S 449 ff, 453 f; Mansel, Staatsverträge und autonomes internationales Privat- und Verfahrensrecht nach der Wiedervereinigung, JR 1990, S 441; Thorn, Die UN-Verjährungskonvention und ihre Geltung in Deutschland, lPRax 1993, S 215 und Nachweise in Fn 2; Papenfuß, aaO, S 27 f). Positiv wird von einer derartigen Gestaltung unter Hinweis auf ihren besonderen territorialen Bezug und die daneben angeblich zu vernachlässigende Bindung an die vertragschließenden Rechtssubjekte und deren Existenz insbesondere im Falle sog „radizierter Verträge” (zB Grenzverträge) ausgegangen (vgl Papenfuß, aaO, S 28 f mwN). Ebenso einhellig ausgeschlossen wird demgegenüber indessen eine Fortgeltung solcher Verträge, die wie die SozAbk der früheren DDR (hier: Art 3 des Abkommens mit Ungarn; vgl Abendroth, Die Sozialversicherungsabkommen der DDR, DAngVers 1992, S 339, 340) nur die „Bürger” der Vertragsstaaten erfassen und sich damit als sog geschlossene Abkommen auf die jeweiligen Staatsangehörigen beschränken (Siehr, aaO, S 252 und Urteil des Senats vom 29. September 1998 - B 4 RA 4/98 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen); da es ungeachtet der im Regelfall stets zugleich gegeben gewesenen (gesamt-)deutschen Staatsangehörigkeit der DDR-Bürger (BVerfGE 36, 1, 77, 137) jedenfalls mit Ablauf des 2. Oktober 1990 keine Staatsbürgerschaft der DDR mehr gibt, ist demgemäß notwendig auch die Anwendbarkeit derartiger Abkommen entfallen. Nach – soweit ersichtlich auch insofern einhelliger Auffassung – muß dies darüber hinaus auch deshalb gelten, weil sich SozAbk notwendig in die politische Gesamtordnung des jeweiligen Vertragsstaates eingliedern, seine bzw die Existenz seiner Organe voraussetzen, ein von ihm geregeltes und finanziertes Sozialversicherungswesen erfordern und in ihrer Finanzierung in die ökonomische Grundordnung (hier: der DDR vor dem Beitritt) eingebettet sind (vgl Hailbronner, aaO, S 454 und v. Hoffmann, aaO, S 8).
c) Mit der vorstehend skizzierten Bandbreite des Meinungsspektrums einerseits vom Fortbestehen radizierter Verträge bis andererseits zum Entfallen von Abkommen, die an die Staatsbürgerschaft und an die politischen Verhältnisse des infolge der lnkorporation untergegangenen Staates anknüpfen, ist auf der Ebene einfachen nationalen Gesetzesrechts auch die in Art 12 Abs 1 EinigVtr niedergelegte Grundhaltung der Vertragsparteien des EinigVtr vereinbar. Nach Abs 1 aaO sind sich die Vertragsparteien des EinigVtr hinsichtlich der von der DDR geschlossenen völkerrechtlichen Verträge einig, daß diese im Zuge der Herstellung der Einheit Deutschlands unter den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes, der Interessenlage der beteiligten Staaten und der vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland sowie nach den Prinzipien einer freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung und unter Beachtung der Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaften zunächst mit den Vertragspartnern der DDR zu erörtern sind. In Betracht kommende Gegenstände dieser Erörterungen sind gleichberechtigt nebeneinander a) die Fortgeltung, b) die Anpassung und c) das Erlöschen der mit diesen Staaten geschlossenen völkerrechtlichen Verträge, wobei die Fixierung eines abschließenden Ergebnisses grundsätzlich jeweils gleichermaßen im Wege einer „Regelung”, dh durch (inter-)aktives und konstitutives Tun, wie durch (nur einseitige und deklaratorische) „Feststellung” in Betracht gezogen wird (vgl zu einem derartigen Verständnis die Denkschrift zum EV, BR-Drucks 600/90, S 20); ua ist damit auch die grundsätzlich im og Rahmen gegebene Möglichkeit einer weiteren Wirksamkeit völkerrechtlicher Verträge nach dem Untergang des Vertragspartners DDR zumindest angedeutet (Drobnig, Das Schicksal der Staatsverträge der DDR nach dem Einigungsvertrag, DtZ 1991, S 76, 78). Die endgültige Entscheidung zum „Übergang völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik” bleibt in jedem Falle dem vereinten Deutschland vorbehalten (Abs 2 aaO).
aa) Nach dem Beitritt zum Bestandteil des einfachen innerstaatlichen Gesetzesrechts geworden (Art 45 Abs 2 EinigVtr) dokumentiert Art 12 EinigVtr damit schon nach seinem Wortlaut nur noch die an die zuständigen Organe gerichtete (Selbst-)Verpflichtung der Bundesrepublik, die Vertragspartner der untergegangenen DDR im Sinne einer völkerrechtsfreundlichen Grundhaltung bereits an der Meinungsbildung hinsichtlich ihres künftigen Tätigwerdens aktiv zu beteiligen. Die Vorschrift hat damit zwar mittelbar völkervertragsrechtliche Probleme der Staatensukzession zum Gegenstand, nimmt aber nicht einmal andeutungsweise für sich in Anspruch, die Haltung der Bundesrepublik hierzu bereits inhaltlich vorwegzunehmen, noch erst recht, die Verhältnisse gegenüber Dritten unmittelbar selbst regelnd zu gestalten (insofern zutreffend Gerhard Dannemann, Das staatsvertragliche Kollisionsrecht der DDR nach der Vereinigung, DtZ 1991, S 130, 131, ebenso Ulrich Fastenrath, Die Regelungen über die Staatennachfolge bei der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, Verfassung und Recht in Übersee ≪VRÜ≫, Bd 25, S 67, 69 und Papenfuß, aaO, S 80). An diesem rein proceduralen Charakter ändert sich im übrigen auch dann nichts, wenn man mit Fastenrath (aaO, S 70, 72) davon ausgehen wollte, daß die Vorschrift im Außenverhältnis nicht nur deklaratorischen Charakter hat (Gerhard Dannemann, Das staatsvertragliche Kollisionsrecht der DDR nach der Vereinigung, DtZ 1991, 130, 131), sondern jedenfalls nach ihrer allgemeinen Notifikation an alle Staaten, mit denen die Bundesrepublik diplomatische Beziehungen unterhält und alle internationalen Organisationen, deren Mitglied sie ist, ein völkerrechtlich verbindliches Versprechen darstelle, Verhandlungen aufzunehmen. Art 12 EinigVtr hätte dann allenfalls zu einem „pactum de negotiando” geführt, ohne daß ihm selbst bereits eine verbindliche Festlegung völkerrechtlicher Rechtsfolgen entnommen werden könnte; binnen- wie ggf völkerrechtlich ist hierdurch vielmehr allein der Weg für künftige diplomatische Verhandlungen, nicht aber deren Resultat, vorgegeben (BVerfGE 96, 68, 91 f).
Ebensowenig vermag sich aus der einseitigen Ausübung der mit Art 12 Abs 2 EinigVtr der Bundesrepublik übertragenen und von vornherein der Zeit nach dem Beitritt vorbehaltenen Kompetenzen gegenüber den Vertragspartnern der untergegangenen DDR eine konstitutive Wirkung hinsichtlich der jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen zu ergeben. Kommt es daher nach dem Abschluß von Konsultationen zu einer einseitig getroffenen „Feststellung” über die (unveränderte) Fortgeltung bzw das Erlöschen eines Abkommens, ist dies keine sich aus Art 12 EinigVtr selbst ergebende Rechtsfolge; vielmehr hat in derartigen Fällen das in der Vorschrift geregelte Verfahren zu einem Akt mit allein deklaratorischer Bedeutung geführt, der – sofern sachlich zutreffend – im nachhinein eine Rechtsfolge feststellt, die völkerrechtlich aufgrund des Beitritts der DDR ohnehin bereits am 3. Oktober 1990 eingetreten war (vgl hierzu Urteil des Senats vom 29. September 1998 - B 4 RA 4/98 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, und BSG in SozR 3-4100 § 249c Nr 5; Papenfuß, aaO, S 121). Soll demgegenüber ein Abkommen nur mit geändertem Inhalt fortgelten oder ist es – wie im vorliegenden Fall – mit dem Untergang des ursprünglichen Vertragspartners DDR entfallen, kommt – im Anschluß an nach Art 12 EinigVtr durchgeführte Verhandlungen – allein eine konstitutive Verhandlungslösung im Einzelfall in Betracht, damit es im Wege eines Neuabschlusses durch den Nachfolgestaat Bundesrepublik mit dem Vertragspartner des untergegangenen Staates DDR „angepaßt” oder „fortgesetzt” werden kann (BVerfGE 96, 68, 94).
bb) Ohnehin konnten die Bundesrepublik und die DDR aufgrund des völkerrechtlichen Verbots von Verträgen zu Lasten Dritter auch das Schicksal der mit Drittstaaten abgeschlossenen SozAbk der DDR schon nicht im gemeinsamen Zusammenwirken durch den EinigVtr konstitutiv und verbindlich festlegen (BVerfG, aaO, S 91 mit umfangreichen wN und Cornelius Thum, aaO, S 135, 138 mwN in Fn 451 und 464), als dieser ursprünglich noch vor dem 3. Oktober 1990 seinerseits die Qualität eines völkerrechtlichen Vertrages hatte (vgl Urteil des Senats in SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 7 S 74). Vereinbarungen konnten allenfalls insofern in Betracht kommen, als es – anders als hier – um die bloßen Modalitäten bei der einseitigen Feststellung bereits aufgrund Völkerrechts ohnehin gesichert eingetretener Rechtslagen ging. Die in der Literatur vielfach gebrauchte Formel von den „betreffenden” (etwa Heintschel v. Heinegg, aaO, S 14) bzw „unmittelbar beteiligten” Staaten, die Lücken des Völkerrechts hinsichtlich des Schicksals von Verträgen mit Drittstaaten auch darüber hinaus durch konkrete von ihnen getroffene Vereinbarungen zu füllen hätten (Papenfuß, aaO, S 18), gibt demgegenüber zu der irrigen Auffassung Anlaß, ein „Insichgeschäft” der an der Inkorporation beteiligten Staaten könne derartige Defizite kompensieren. Weder die DDR noch die Bundesrepublik waren jedoch allein oder auch im gemeinsamen Zusammenwirken zu irgendeinem Zeitpunkt in der Lage, die Fortgeltung, das Erlöschen und erst recht nicht die Anpassung eines Staatsvertrages der DDR ohne Vereinbarungen mit den anderen ausländischen Vertragsparteien konstitutiv herbeizuführen (Drobnig, Das Schicksal der Staatsverträge der DDR nach dem Einigungsvertrag, DtZ 1991, S 76, 78). Eine „Dispositionsbefugnis” von Vorgänger- und Nachfolgestaat, über „ob” und Umfang ihrer vertraglichen Bindungen gegenüber Drittstaaten zu befinden, bestand insofern – unabhängig von ihrer Nutzung – von vornherein überhaupt nicht und entgegen Papenfuß (aaO, S 18) nicht nur „nicht unbeschränkt”. Ergibt sich demgemäß, daß ohnehin der Großteil der von der DDR geschlossenen völkerrechtlichen Abkommen im vorstehend erörterten Sinne als „politische Verträge” anzusehen und demgemäß mit dem Beitritt entfallen sind, kann als völkerrechtliche Selbstverständlichkeit eine wie immer geartete Vereinbarung allein zwischen Vorgänger- und Nachfolgestaat auch bei angeblich vorrangigen „politischen” oder „ökonomischen” Interessen des inkorporierten Staates dieses Ergebnis nicht autonom korrigieren (so aber offenbar Papenfuß, aaO, S 30 ff; andererseits S 79). Einem derartigen Ergebnis steht die ersichtliche Verschiedenheit der Argumentationsebenen und die aufgrund der umfassenden Verfassungsbindung aller Staatsgewalten (Art 1 Abs 3 GG) gerade umgekehrte Hierarchie der so in Beziehung gesetzten Gesichtspunkte durchgreifend entgegen.
cc) Ebenso resultiert schließlich aus der Verpflichtung der Bundesrepublik zur Durchführung von Verhandlungen für eine Zeit zwischen dem Untergang der DDR und dem erforderlichen Neuabschluß eines Abkommens hinsichtlich der bisherigen VertragsIage kein wie immer gearteter völkerrechtlicher „Schwebezustand” (Urteil vom 29. September 1998, aaO). Die Bundesrepublik ist zur einseitigen Gestaltung einer derartigen lnterimslage mit Wirkung für Vertragspartner der DDR ersichtlich ebensowenig befugt wie zur Beendigung dieser Zwischenzeit im Wege einer abschließenden konstitutiven Lösung. Desgleichen sind während des in Art 12 Abs 1 EinigVtr vorgesehenen Verfahrens und vor Neuabschluß und innerstaatlicher Umsetzung einer völkerrechtlichen Vereinbarung auch innerstaatliche Entscheidungsträger nicht denkbar befugt, in eigenständiger Anwendung der dort vorgegebenen Kriterien mit völkerrechtlicher Wirkung über die vorübergehende weitere Anwendbarkeit von DDR-Abkommen zu befinden und das von ihnen innerstaatlich anzuwendende Recht damit letztlich selbst zu setzen (so aber Drobnig, aaO, S 79). Stets können einer Auslegung von Art 12 Abs 1 EinigVtr und der dort vorgegebenen Gesichtspunkte – wie dargelegt – nur Hinweise auf die Ausgestaltung der nach außen gerichteten Konsultationsverpflichtungen der Bundesrepublik im einzelnen entnommen werden; nicht einmal zeitlich begrenzt vermögen die dortigen Regelungen dagegen inhaltliche Hinweise auf das allein vom Völkerrecht bestimmte Resultat derartiger Verhandlungen und die nach Transformation hierdurch bestimmte innerstaatliche Rechtslage zu geben.
2. Hinsichtlich des SozAbk zwischen der DDR und Ungarn fehlt es bundesrechtlich darüber hinaus am Erlaß des erforderlichen Vertragsgesetzes (vgl Mansel, aaO, S 443, 444). Selbst wenn man entgegen den vorstehenden Darlegungen den völkerrechtlichen „Fortbestand” dieses Abkommens annehmen dürfte, mangelt es demgemäß jedenfalls an einem innerstaatlichen Anwendungsbefehl (Mansel, Staatsverträge und autonomes internationales Privat- und Verfahrensrecht nach der Wiedervereinigung, JR 1990, S 441 ff, 444). Das GG folgt zum Verhältnis von Völkerrecht zu innerstaatlichem Recht grundsätzlich der sog dualen Theorie, verlangt infolge der Trennung beider Rechtsmassen also grundsätzlich eine Umsetzung in nationales Recht. Diese ist für die allgemeinen Regeln des Völkerrechts unmittelbar durch Art 25 Satz 1 GG vorgenommen. Jedenfalls Verträge, welche sich – wie hier – auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen und unmittelbar Rechte und Pflichten der betroffenen Bürger begründen, bedürfen demgegenüber zur Erlangung innerstaatlicher Wirksamkeit im Einzelfall der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes (Art 59 Abs 2 Satz 1 GG; vgl BVerfGE 29, 348, 360 und 42, 263, 284). Entsprechende Rechtsetzungsakte der DDR haben mit deren Untergang ihre Wirkung auch im Binnenbereich verloren. Der Deutsche Bundestag selbst hat ein derartiges Gesetz, das auch im Falle der Fortsetzung bereits bestehender völkerrechtlicher Verträge nach Art 59 Abs 2 Satz 1 GG jedenfalls zur Herbeiführung der innerstaatlichen Wirksamkeit zwingend notwendig wäre (anders Papenfuß, aaO, S 127 mit unzutreffender Bezugnahme auf Maunz/Dürig, Bd III Art 59 II 1 Anm 24, wo ausdrücklich nur die Frage der völkerrechtlichen Bindung bei fehlender Transformation erörtert wird) weder erlassen noch – verfassungswidrig – mittelbar die Fortgeltung von Transformationsregelungen der DDR angeordnet.
a) Mit der Aufgabe der Gebietshoheit durch die DDR ist jeglicher Geltungsgrund für die bisher von dieser gestaltete Rechtsordnung im Beitrittsgebiet entfallen (vgl Zimanek, gegenwärtige Fragen der Staatensukzession, Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 5 ≪1964≫, S 56 ff, 89). Auch der DDR zuzurechnende Anordnungen bezüglich der innerstaatlichen Anwendung von ihr getroffener völkerrechtlicher Vereinbarungen sind damit mit Ablauf des 2. Oktober 1990 grundsätzlich und in aller Regel unwirksam und damit unbeachtlich geworden; dies gilt insbesondere für die im vorliegenden Zusammenhang in Frage stehende und bundesrechtlich nicht fortgeführte „Verordnung über das Abkommen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der ungarischen Volksrepublik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sozialpolitik” vom 18. Februar 1960 (GBl-DDR I S 136). Statt dessen ist mit dem Wirksamwerden des Beitritts die Bundesrepublik Deutschland alleiniger Inhaber der Hoheitsgewalt im Staatsgebiet der untergegangenen DDR geworden (Dörr, aaO, S 44). Ausschließlich sie ist damit insbesondere – gebunden allein an ihre eigenen rechtlichen Vorgaben und ansonsten einschließlich der Befugnis zur späteren Änderung vom EinigVtr erfaßter Normen (BVerfG in NJW 1996, S 709 ff = AnwBl 1996, S 104 ff) uneingeschränkt zur Regelung der Rechtsstellung derjenigen befugt, die vorher daneben (BVerfGE 36, 1 ff, 30) Bürger der DDR gewesen waren oder – wie die Klägerin – deren Rechtsordnung unterfallen waren. Von der DDR gesetztes Binnenrecht ist damit in aller Regel notwendig gleichzeitig mit ihrem Untergang außer Kraft getreten, soweit sich nicht abweichend vom grundsätzlichen Inkrafttreten von Bundesrecht (Art 8 EinigVtr) aus einem – wegen der generellen Diskontinuität im Verhältnis der DDR zur Bundesrepublik stets konstitutiv wirkenden – bundesdeutschen Anwendungsbefehl und in dessen Grenzen (Art 9 Abs 2, 4 EinigVtr iVm Anl II; stRspr des Senats seit BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; BSGE 75, 262 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2; BSGE 76, 136, 138 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1; vgl auch Badura, Die innerdeutschen Verträge, insbesondere der EV, in: Handbuch des Staatsrechts, VII, hrsg von lsensee und Kirchhof, § 189, Rz 37) ausnahmsweise und im Einzelfall seine übergangsrechtliche, nachrangige und lückenfüllende „Fortgeltung” als sekundäres Bundesrecht ergibt (stRspr des Senats vgl BSGE 76, 136, 137 f, 141 f; 78, 41, 43; 81, 1, 5, 10). Dementsprechend erstreckt sich nunmehr spiegelbildlich zum – im EinigVtr hinsichtlich der Außenbeziehungen zu dritten Staaten unausgesprochen vorausgesetzten – völkerrechtlichen Grundsatz der beweglichen Vertragsgrenzen (vgl Siehr, Der Einigungsvertrag und seine internationalen Kollisionsnormen, RabelsZ 55 ≪1991≫, S 240 ff, 244 und die Nachweise in Fn 18) gemäß Art 8, 11 EinigVtr auch die innerstaatliche Geltung der Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen der Bundesrepublik Deutschland auf das Beitrittsgebiet (Siehr, aaO); speziell für den Bereich der sozialen Sicherheit enthält hierzu Art 2 EinigVtrG eine Verordnungsermächtigung „zur erforderlichen Anpassung der von Art 11 erfaßten Verträge und Vereinbarungen”.
b) Das SozAbk der DDR mit Ungarn ist auch nicht etwa unmittelbar durch den Bundesgesetzgeber im Rahmen einer generellen Anordnung oder spezialgesetzlich in innerstaatliches Recht transformiert worden. Der EinigVtr enthält hinsichtlich der völkerrechtlichen Verträge der untergegangenen DDR nur höchst ausnahmsweise einen auf das Beitrittsgebiet beschränkten bundesdeutschen Anwendungsbefehl, aus dem sich konstitutiv eine zeitlich lückenlose „Weitergeltung” trotz staatsrechtlicher Diskontinuität ergibt. Art 9 EinigVtr führt insofern in Verbindung mit seinen Anlagen ausdrücklich gerade nur die in EinigVtr Anl II Kap 1 Abschn 1 Nrn 1 und 2 genannten Verträge auf, ordnet aber nicht an, daß innerstaatliche Anwendungsbefehle der DDR über deren Beitritt hinaus auch ansonsten generell in den Rang sekundären Bundesrechts erhoben würden (ebenso Mansel, aaO, S 444).
aa) Ebenso ist durch Art 12 EinigVtr, der zwischen SozAbk und anderen Verträgen der DDR mit Drittstaaten nicht unterscheidet, keine innerstaatliche Inkraftsetzung aller von der DDR abgeschlossenen völkerrechtlichen Abkommen erfolgt. Eine derartige Annahme (vgl in diesem Sinne etwa Mansel, aaO) widerspricht bereits der durchgehend allein völkerrechtlichen, dh in ihrer Zielrichtung auf das Außenverhältnis zu dritten Staaten und die einseitige Haltung der Bundesrepublik hierzu beschränkten Zielrichtung der Vorschrift; eine weitergehende Intention hat nach Normwortlaut und Sinnzusammenhang in den entsprechenden Texten nicht wenigstens ansatzweise Ausdruck gefunden. Darüber hinaus vermag die Annahme einer Generaltransformation unabhängig hiervon auch nicht zu erklären, warum Art 12 EinigVtr eine innerstaatliche und damit nur einseitig verbindliche Geltungsanordnung erlassen haben sollte, bevor mit Hilfe des in dieser Vorschrift vorgesehenen Verfahrens überhaupt geklärt ist, ob und welche Verträge der DDR auch nach Ansicht der Vertragspartner als für diese und für die Bundesrepublik völkerrechtlich verbindlich anzusehen und ggf – jedenfalls bei nachträglichen Modifizierungen – in nationales Recht zu transformieren sind. Von vornherein ausgeschlossen ist daher auch, ausgehend von der Konstruktion einer „schicksalsmäßigen Verbundenheit von Vertrag und Zustimmungsgesetz” in Art 12 EinigVtr über seinen Wortlaut hinaus und entgegen dem abschließenden Charakter der genannten spezialgesetzlichen Fortbestehensanordnungen eine Sonderregelung gegenüber Art 9 EinigVtr zu sehen (so aber ausdrücklich Drobnig, aaO, S 79); eine derartige Vorgehensweise wäre allenfalls bei völkerrechtlich auch ohne erneuten Vertragsschluß (unverändert) fortbestehenden (radizierten) Abkommen diskutierbar.
bb) Auch Art 3 EinigVtrG ermächtigt – unabhängig von der fraglichen Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise überhaupt (BVerfGE 1, 372 Leitsatz 7) – nicht zum Erlaß an die Stelle eines förmlichen Transformationsgesetzes tretenden Verordnungsrechts. Eine funktionsgleiche Verordnung müßte jedenfalls inhaltlich und funktionell allen an ein derartiges Gesetz zu stellenden Anforderungen genügen. Insbesondere müßte die Verordnungsermächtigung demgemäß die nach Art 59 Abs 2 Satz 1 erforderliche Zustimmung beinhalten, mit der die Exekutive zum völkerrechtlich verbindlichen Abschluß des Vertrages berechtigt, aber nicht verpflichtet wird (Streinz in: Sachs, Kommentar zum GG, Art 59, RdNr 59). Mit dieser Zustimmung wie dem hierin zugleich enthaltenen Transformationsakt, der erforderlich ist, um einen völkerrechtlichen Vertrag innerstaatlich in Kraft zu setzen (vgl Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 4. Aufl, 1990, S 270), könnte dann der bereits ausgehandelte völkerrechtliche Vertrag nur en bloc endgültig angenommen oder abgelehnt werden (Streinz, aaO, RdNr 51). Eine vorweg erteilte Ermächtigung, anstelle des Zustimmungsgesetzes eine funktionsgleiche Verordnung zu erlassen, wäre jedoch außerdem nicht weniger sinnwidrig, als eine Zustimmung bereits unmittelbar durch das EinigVtrG selbst. Art 3 EinigVtrG beinhaltet aber nach Wortlaut und Sachzusammenhang auch weder die Ermächtigung, einem – als Ergebnis von Konsultationen erst festzulegenden – Tätigwerden im Außenverhältnis zuzustimmen, noch die dort ausgehandelten und vertraglich fixierten Ergebnisse im Binnenbereich umzusetzen. In zeitlicher und funktioneller Abstimmung mit Art 12 EinigVtr dient die Norm vielmehr dazu, einem im Einzelfall unerwünschten innerstaatlichen „rechtlichen Vakuum” bis zum Abschluß des völkerrechtlichen Klärungsprozesses einseitig und „vorübergehend … bis das vereinte Deutschland seine Haltung festgelegt hat”, zu begegnen.
3. Ergebnis der von der vollziehenden Gewalt der Bundesrepublik nach dem Beitritt der DDR ua mit Ungarn durchgeführten völkerrechtlichen Konsultationen konnte denkbar allein die (einseitige) Feststellung des Erlöschens des Abkommens zwischen der DDR und Ungarn vom 30. Januar 1960 oder der im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner herbeigeführte (Neu-)Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ungarn sein. Die Bundesregierung ist nach dem Inhalt der von ihr selbst verlautbarten Äußerungen (vgl nachfolgend unter a) ersichtlich nicht vom bloßen Fortbestehen eines unverändert auf sie übergegangenen Abkommens ausgegangen; sie hat vielmehr ihrem Willen Ausdruck verliehen, dessen Regelungen nur zeitlich, sachlich und in persönlicher Hinsicht modifiziert fortzuführen. Der damit (sogar bei einem radizierten Vertrag jedenfalls insoweit) unumgänglich notwendige Abschluß eines zweiseitigen völkerrechtlichen Vertrages hätten indessen, um als innerstaatliches Recht Wirkung zu erlangen, einer Umsetzung in innerstaatliches Recht bedurft; jedenfalls hieran fehlt es mit der Folge, daß die Ergebnisse der durchgeführten Konsultationen trotz ihrer möglichen völkerrechtlichen Verbindlichkeit im Verhältnis zu Ungarn jedenfalls nicht im Binnenbereich wirksames Bundesrecht geworden sind, das subjektiven Rechten der Klägerin entgegengehalten werden könnte.
a) Das Ergebnis der nach Art 12 EinigVtr durchgeführten Konsultationen ergibt sich zunächst aus dem ua an die Beklagte gerichteten Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 21. Juni 1993 (VIII b 7 - 77200. 3/4):
„Betr.: Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der DDR im Bereich der sozialen Sicherheit vom 03.04.1991 (BGBl. 1991 II S. 614) in der Fassung der Verordnung vom 18.12.1992 (BGBl. 1992 II S. 1231)
hier: Anwendung der Verträge durch die Vertragspartner der DDR bzw. deren Nachfolgestaaten einschließlich der Mitgliedsstaaten der ehemaligen UdSSR (kurz Nachfolgestaaten genannt)
Die Bundesregierung hat auf der Grundlage des Art 12 des Einigungsvertrages vom 31.08.1990 (BGBl. 1990 II S. 885) mit allen Vertragspartnern der ehemaligen DDR bzw. mit deren Nachfolgestaaten Konsultationen über die weitere Anwendung der in Artikel 1 der Verordnung vom 03.04.1991 genannten Verträge geführt.
Die Konsultationen haben folgendes ergeben:
Alle Vertragspartner bzw. ihre Nachfolgestaaten wenden die genannten Verträge, soweit sie sich auf die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie Familienleistungen beziehen, für die Zeit bis zum 31. Dezember 1992 an. Die Anwendung ist begrenzt auf das Hoheitsgebiet des jeweiligen Staates einerseits und das Beitrittsgebiet andererseits. Über den 31. Dezember 1992 hinaus werden die Verträge von den Vertragspartnern bzw. deren Nachfolgestaaten ferner in denjenigen Fällen angewandt, die den in Art 7 Absätze 3 bis 6 der Verordnung vom 03.04.1991 geregelten Fällen auf seiten des jeweiligen Vertragspartners bzw. dessen Nachfolgestaates entsprechen (Übergangsregelung).
Die bei den Konsultationen getroffenen Vereinbarungen sind als zwischenstaatliches Recht im Sinne des § 110 Abs 3 SGB VI anzusehen. Die Dauer der Anwendung der Verträge (einschließlich der Anwendung in Übergangsfällen) wird im BundesgesetzbIatt bekannt gemacht werden …”
Im Rahmen des Berufungsverfahrens hatte die Beklagte insofern ergänzend darauf hingewiesen, daß die „spiegelbildliche” Anwendung der Übergangsregelungen seitens des ungarischen Versicherungsträgers im Rahmen von sogenannten Arbeitsgesprächen nochmals ihre Bestätigung gefunden habe. Dazu werde auf die Niederschrift über die deutsch-ungarischen Arbeitsgespräche vom 3. bis 5. April in Budapest (Tagesordnungspunkt 3) verwiesen:
„Die ungarische Seite nahm die Ausführungen der deutschen Seite zur Kenntnis.
Sie erklärte, daß sie hinsichtlich der weiteren Anwendung des Abkommens und der Übergangsregelungen umgekehrt entsprechend verfährt. Dies sei allerdings noch nicht ausdrücklich in einem Gesetz oder einer Verordnung geregelt.”
Schließlich wurde im BundesgesetzbIatt 1994 (BGBl II S 724) eine „Bekanntmachung über das Erlöschen völkerrechtlicher Übereinkünfte der Deutschen Demokratischen Republik mit Ungarn” vom 15. April 1994 veröffentlicht, die folgenden Wortlaut hat:
„Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat nach Abschluß von Konsultationen aufgrund des Artikels 12 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 885) festgestellt, daß das
Abkommen vom 30. Januar 1960 zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Ungarischen Volksrepublik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sozialpolitik (GBl. 1960 I S. 136)
- soweit es sich auf die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung bezieht, über den 3. Oktober 1990 hinaus bis zum 31. Dezember 1992 anzuwenden war,
- den 31. Dezember 1992 hinaus in den Fällen des Artikels 7 Absätze 3, 4, 5 und 6 der Verordnung vom 3. April 1991 über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der sozialen Sicherheit (BGBl. 1991 II S. 614) in der Fassung der Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. 1992 II S. 1231) fortgilt und
- in seinen übrigen Bestimmungen mit Herstellung der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 erloschen ist.
Diese Feststellung schließt nicht aus, daß auch noch andere zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und Ungarn abgeschlossene völkerrechtliche Übereinkünfte mit der Herstellung der Einheit Deutschlands zum selben Zeitpunkt erloschen sind.
Diese Bekanntmachung ergeht im Anschluß an die Bekanntmachungen vom 12. August 1992 (BGBl. II S. 619) und vom 15. April 1994 (BGBl. II S. 723).
Bonn, den 15. April 1994
Auswärtiges Amt
Im Auftrag
Dr. Eitel
b) Weder der offensichtlich allein verwaltungsinternen Mitteilung der Konsultationsergebnisse mit Schreiben des BMA vom 21. Juni 1993 noch insbesondere der Veröffentlichung der Bekanntmachung vom 15. April 1994 im BundesgesetzbIatt kann überhaupt der Wille entnommen werden, hiermit künftig innerstaatlich zu beachtendes und von der Verwaltung umzusetzendes Recht zu veröffentlichen. Bereits ihrer Bezeichnung als „Bekanntmachung” nach nimmt die Verlautbarung vom 15. April 1994 für sich nämlich nur in Anspruch, einseitig eine bloße Wissens- oder Wollenserklärung der Bundesregierung zu verkörpern. Die Äußerung eines konstitutiven rechtlichen Regelungsgehalts ist hiermit schon deshalb nicht verbunden. Der Sache nach beinhaltet jedoch die genannte Bekanntmachung eine nur deklaratorische Feststellung des sich bereits aufgrund des Untergangs der DDR ergebenden Schicksals des Abkommens vom 30. Januar 1960 allenfalls teilweise und insofern, als dort in Satz 1 3. SpiegeIstrich von seinem Erlöschen „in seinen übrigen Bestimmungen mit der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990” ausgegangen wird. Allein auf diesen Zeitpunkt des Untergangs der DDR und auf die seither durchgehend unverändert bestehenden Verhältnisse bezogen sind unmittelbare Auswirkungen der vom Völkerrecht geprägten Rechtslage denkbar, so daß auch die nachträgliche „Feststellung” eines sich hieraus ergebenden Rechtszustandes nur hierauf rückbezogen in Betracht kommen kann. Dem entspricht der Wortlaut von Art 12 EinigVtr, der einen durch Konsultationen im Vorfeld zu befriedigenden Klärungsbedarf nur im Zuge der „Herstellung der Einheit Deutschlands” kennt (Abs 1 aaO) und eine vom vereinten Deutschland abschließend einzunehmende Haltung allein auf den (zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr denkbaren) „Übergang völkerrechtlicher Verträge” bezieht. Soweit demgegenüber für einzelne und abschließend aufgeführte Zweige der Sozialversicherung von einer darüber hinaus fortbestehenden Anwendbarkeit bis zum 31. Dezember 1991 (Satz 1 1. SpiegeIstrich) bzw in bestimmten Fällen auch nach diesem Zeitpunkt (Satz 1 2. SpiegeIstrich) ausgegangen wird, handelt es sich ersichtlich um den Hinweis auf Umstände, deren Beachtung allein als Folge der verbindlichen Inanspruchnahme einer eigenständigen Gestaltungs- und Regelungskompetenz in Betracht kommt. Nur auf diese Weise könnten die der ursprünglichen Fassung des Abkommens fremden Tatbestände des Art 7 Abs 3 bis 6 Abk-AnwendungsVO dessen Anwendbarkeit in zeitlicher sowie in persönlicher und sachlicher Hinsicht gestaffelt modifizieren.
Eine derartige Kompetenz zur „Fortführung” des ehemals zwischen der DDR und Ungarn geschlossenen Abkommens – allerdings mit geändertem Inhalt – kann ihren Grund allein im mehrseitigen Zusammenwirken des Nachfolgestaates Bundesrepublik mit dem Vertragspartner der untergegangenen DDR haben. Zutreffend spricht demgemäß der BMA im Schreiben vom 21. Juni 1993 ausdrücklich von „bei den Konsultationen getroffenen Vereinbarungen”. Die Bekanntmachung vom 15. April 1994 vermeidet zwar eine derartige Festlegung und beschränkt sich ihrem vordergründigen Wortlaut nach auf eine bloß einseitige „Feststellung” der Bundesregierung; auch ihr liegt indessen notwendig eine Übereinkunft mit der ungarischen Seite zugrunde. Anders wäre nicht vorstellbar, wie es innerhalb des mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf Art 12 EinigVtr eröffneten völkerrechtlichen Handlungsfeldes zu einer modifizierten Fortgeltung „des Abkommens”, also nicht lediglich einseitig aus seiner früheren Existenz gezogener Folgerungen, mit einem spiegelbildlichen Verhalten der ungarischen Seite gekommen sein sollte. Insofern ist ohne Belang, ob die Bundesregierung beim Abschluß („subjektiv”) zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß das SozAbk zwischen der DDR und Ungarn zunächst völkerrechtlich fortbestanden hat und zeitlich bzw inhaltlich einer vertraglichen Änderung zugänglich war oder ob sie sich im Rahmen der Konsultationen möglicherweise zu einer konstitutiven völkerrechtlichen Vereinbarung über die (modifizierte) „Fortsetzung” veranlaßt gesehen hat.
Unter diesen Umständen hätte es jedoch gleichermaßen einer Ermächtigung zur entsprechenden völkerrechtlichen Betätigung wie insbesondere zur Transformation in innerstaatliches Recht (vgl zur Doppelfunktion des nach Art 59 Abs 2 GG zu erlassenden Gesetzes etwa Streinz in Sachs, Grundgesetz, Art 59 RdNrn 59 ff) bedurft. Auch in seiner nach Auffassung der Bundesregierung gebotenen sachlich und zeitlich beschränkten Fortgeltung betrifft das in Frage stehende Abkommen nämlich inhaltliche Abweichungen gegenüber dem im SGB VI gesetzlich ausgestalteten Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (Art 74 Abs 1 Nr 12 GG) und damit einen Gegenstand der Bundesgesetzgebung (BVerfGE 1, 372, Leitsatz 4); keinesfalls ist es folglich nach seinem Inhalt verfassungsrechtlich als bloßes Verwaltungsabkommen zu qualifizieren (vgl zum Begriff etwa Streinz in Sachs, Grundgesetz, Art 59 RdNr 76 mwN); ein Verwaltungsabkommen mit derartigem Inhalt wäre bundesrechtlich nichtig. Die in diesem Abkommen für die Rentenversicherungsträger als rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs 1 SGB IV) vorgesehenen Verpflichtungen könnten deren Handeln als Teil der für sie maßgebenden Vorschriften (§ 29 Abs 3 SGB IV) allenfalls dann leiten bzw Rechte des Bürgers unmittelbar gestalten und den Normen des SGB VI nur dann als leges speciales vorgehen, wenn sie nach Erlaß eines entsprechenden Bundesgesetzes ranggleicher Teil des einschlägigen Bundesrechts geworden wären. Hiergegen ist die Rechtsfigur des verfassungs- bzw gesetzesverdrängenden Erlasses dem deutschen Recht unbekannt; deshalb ist nicht einmal andeutungsweise erkennbar, auf welcher Rechtsgrundlage die Beklagte diesem Abkommen einen für das Recht der Klägerin rechtsvernichtenden Umstand hätte entnehmen dürfen; desgleichen ist der BMA – und ihm folgend das LSG – rechtsgrundlos zu der Auffassung gelangt, die Verträge seien (zeitlich und inhaltlich modifiziert) weiter anzuwenden bzw „die bei den Konsultationen getroffenen Vereinbarungen seien als zwischenstaatliches Recht im Sinne des § 110 Abs 3 SGB VI anzusehen”. Auch § 110 Abs 3 SGB VI begründet nämlich nach Wortlaut und Sachzusammenhang nicht seinerseits bereichsbezogen die vorrangige innerstaatliche Anwendbarkeit von Völkerrecht gegenüber einschlägigen nationalen Bestimmungen. Vielmehr hängt schon im Blick auf die bloße Hinweisfunktion der Norm (vgl BT-Drucks 11/4124 S 177) auch insofern der angeordnete Vorrang zwischenstaatlichen Rechts gegenüber den Bestimmungen des SGB VI über Leistungen an Berechtigte im Ausland von der selbstverständlichen Voraussetzung ab, daß dieses seinerseits zunächst verfassungsgemäß in nationales Gesetzesrecht transformiert worden und als solches zu beachten ist.
c) Die grundgesetzlich vorgegebene Funktionenabgrenzung zwischen Legislative und Exekutive ist auch nicht etwa im besonderen Zusammenhang des EinigVtr zumindest vorübergehend in der Weise abbedungen worden, daß für einen lnterimszustand bis zum Abschluß endgültiger Abkommen ein parlamentsfreier Raum geschaffen worden wäre (anders Papenfuß, aaO, insbesondere S 128, der nach eigenem Bekunden im Vorwort zu seiner mit einem Druckkostenzuschuß des Auswärtigen Amtes veröffentlichten Dissertation dort „die interessante und reizvolle Aufgabe hatte, die im Einigungsvertrag vorgesehenen Konsultationen mit den DDR-Vertragspartnern von Anfang bis Ende zu begleiten”). Jedenfalls immer dann, wenn der Bereich bloßer Feststellung eines inhaltlich unveränderten Fortbestehens eines Abkommens verlassen wird, wie dies insbesondere bei der „Feststellung” der „Fortgeltung” eines – wie hier zum 3. Oktober 1990 – erloschenen Vertrages der Fall ist, bedarf es auch im Zusammenhang des Beitritts der DDR zwingend der Beachtung von Art 59 Abs 2 GG. Der EinigVtr einschließlich insbesondere seines Art 12 hat die Verfassung insofern weder ausdrücklich noch – entgegen Art 79 Abs 1 Satz 1 GG – sinngemäß geändert. Auch „sich abzeichnende rasante politische Veränderungen”, „die Sachzwänge dynamischer Entwicklungen”, die „flexible und pragmatische” Führung der Konsultationen oder die „Notwendigkeit … zur Wahrung der Rechtssicherheit und aus praktischen Gründen … mit Nachfolgestaaten rasch Einvernehmen über die weitere Anwendung von Verträgen herzustellen” (Papenfuß, aaO, S 128, 130) vermögen für sich ein von der Verfassung abweichendes Vorgehen nicht zu rechtfertigen, dessen Grundlagen (aaO, S 128) wie folgt beschrieben werden:
„Dabei ging man davon aus, dieses Einvernehmen in der Form von Absprachen unterhalb der Vertragsschwelle herzustellen und dabei nicht die Fortgeltung völkerrechtlicher Verträge rechtsgeschäftlichzu vereinbaren, sondern lediglich Einvernehmen herzustellen über die sinngemäße weitere Anwendung bestimmter Verträge bis zum Abschluß neuer Verträge. Dabei wurde unterstellt, daß der Begriff ”weitere Anwendung„ offenlasse, ob die Verträge auch im Verhältnis zum Nachfolgestaat rechtlich fortgelten. Somit konnte davon ausgegangen werden, daß Einvernehmen darüber bestand, daß auch Klarstellungen in den Konsultationsprotokollen über das Erlöschen, aber vor allem auch die Fortgeltung einzelner weniger DDR-Verträge nicht der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften bedürfen.”
Sofern und soweit diese Ausführungen neben der subjektiven Sicht ihres Verfassers „authentisch” auch die dem vorstehend aufgeführten Schreiben des BMA bzw der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes zugrundeliegende Denkweise der Bundesregierung wiedergeben sollten, deuten sie auf eine gezielte Umgehung des Parlaments durch vorgebliches Unterschreiten der in Art 59 Abs 2 GG umschriebenen Voraussetzungen für eine notwendige Befassung der Legislative hin: Ein sachlicher Unterschied zwischen dem „Einvernehmen” und der „rechtsgeschäftlichen Vereinbarung” ist weder dargelegt noch erkennbar. Die „weitere Anwendung” eines (erloschenen) völkerrechtlichen Vertrages kann bei Entfallen eines der früheren Vertragspartner denkbar nur eine Betätigung des Nachfolgestaates sein, der sich hier zudem ua gerade vorab zu Konsultationen verpflichtet hatte. Auch das diesbezügliche „Einvernehmen” mit dem jeweiligen Konsultationspartner vermag schließlich die verfassungsmäßige Bindung an die vertragsgesetzliche Zustimmung des Parlaments nicht zu beseitigen. Der Hinweis auf die fehlende Einbeziehung einseitiger völkerrechtlicher Willenserklärungen in den Anwendungsbereich von Art 59 Abs 2 GG (Papenfuß, aaO) ist dabei vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerfGE 68, 1, 83) zwar zutreffend, aber nicht einschlägig; im übrigen bliebe auch in diesem Zusammenhang die Grundrechtsrelevanz des „Einvernehmens” mit ihrem Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt unbeachtet.
4. Für den Bereich der sozialen Sicherheit (gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung, Arbeitsförderung sowie Familienleistungen) wurde die Bundesregierung zwar mit Art 3 Abs 1 Satz 1 EinigVtrG ermächtigt, einseitig und vorübergehend durch Rechtsverordnung (VO) die weitere Anwendung der von Art 12 EinigVtr erfaßten völkerrechtlichen Verträge der DDR in dem in Art 3 EinigVtr genannten Gebiet – unabhängig von deren völkerrechtlicher Verbindlichkeit bzw der Umsetzung durch den jeweiligen Vertragspartner – zu regeln, bis das vereinte Deutschland seine Haltung zum Übergang dieser Verträge festgelegt hat. Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung mit der am 3. Oktober 1990 in Kraft getretenen Abk-AnwendungsVO auch Gebrauch gemacht und dort in Art 1 Nr 6 ua die vorübergehende weitere Anwendung des Abkommens vom 30. Januar 1960 zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Ungarischen Volksrepublik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Sozialpolitik (GBl 1960 I Nr 14 S 136) angeordnet. Die Verordnung ist jedoch gemäß ihrem Art 7 Abs 2 idF der Anwendungs-ÄndVO mit Ablauf des 31. Dezember 1991, also lange bevor sie für das erst im Juli 1993 entstandene Rentenanrecht der Klägerin hätte Bedeutung erlangen können, wieder außer Kraft getreten. Unter diesen Umständen ist hier nicht näher darauf einzugehen, daß dasselbe auch daraus folgt, daß wegen des lnkrafttretens des SGB VI zum 1. Januar 1992 die rentenrechtliche Anwendbarkeit des SozAbk zwischen der DDR und Ungarn, das ein besonderes Rentenrecht des Beitrittsgebiets voraussetzt, ohnehin bereits mit dem 31. Dezember 1991 entfallen war (Urteil des Senats vom 29. September 1998, aaO).
a) Auch die übergangsrechtlichen Bestimmungen in Art 7 Abs 3 bis 6 Abk-AnwendungsVO idF der Anwendungs-ÄndVO zum ansonsten grundsätzlich außer Kraft getretenen Verordnungsrecht sind für den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt nicht maßgeblich. Weder hatte die Klägerin nämlich spätestens am 31. Dezember 1992 aufgrund der VO iVm den in Art 1 genannten Verträgen einen Anspruch gegen einen bundesdeutschen Versicherungsträger (vgl Art 7 Abs 3 Abk-AnwendungsVO idF der Anwendungs-ÄndVO), noch hatte sie bis längstens 2. Oktober 1990 (wieder) einen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet oder (erstmals) in Bulgarien genommen (Art 7 Abs 4 und 5 Satz 1 Abk-AnwendungsVO idF der Anwendungs-ÄndVO; vgl hierzu im einzelnen Urteil des Senats vom 29. September 1998 - B 4 RA 34/98 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Entgegen der von der Beklagten jedenfalls im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung ist ausweislich des im BundesgesetzbIatt veröffentlichten Textes der Anwendungs-ÄndVO der gewöhnliche Aufenthalt in Ungarn im von ihr zitierten Art 7 Abs 4 Abk-AnwendungsVO nicht unmittelbar angesprochen. Soweit Art 7 Abs 5 Satz 2 Abk-AnwendungsVO für das SozAbk der DDR mit Ungarn eine entsprechende Anwendung von Satz 1 ebenda anordnet, der seinerseits die entsprechende Geltung von Abs 4 im Bezug auf Bulgarien betrifft, beschränkt sich dies nach dem Wortlaut ausdrücklich auf das interne „Abrechnungsverfahren” der Versicherungsträger (wohl nach Art 8 Abs 4, 14 des Abkommens), betrifft also gerade nicht die Rechte und Ansprüche betroffener Bürger. Ob es für Art 7 Abs 5 Satz 2 Abk-AnwendungsVO in Anbetracht der vorübergehenden und nur einseitigen bundesdeutschen Abkommensanwendung überhaupt einen denkbaren Anwendungsbereich gibt, kann insofern dahinstehen.
b) Abs 7 ebenda scheidet wegen Nichtigkeit als für die Beklagte maßgebliche Rechtsgrundlage aus. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sollen Ansprüche auf Zahlung einer Rente aus rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet nicht bestehen, sofern diese Zeiten auf der Grundlage der in Art 1 genannten Verträge bereits von einem ausländischen Versicherungsträger bei einer Rente zu berücksichtigen sind, ohne Rücksicht darauf, ob der ausländische Versicherungsträger hieraus eine Leistung erbringt. Für eine derartige Regelung fehlt es jedoch an einer ausreichenden Ermächtigung (Art 80 Abs 1 Satz 2 GG). Art 3 EinigVtrG gestattet Regelungen hinsichtlich der von Art 12 EinigVtr erfaßten Verträge der DDR nämlich nur dann, wenn es sich überhaupt um deren „Anwendung” handelt (hierzu nachfolgend aa), sich diese Anwendung zukunftsgerichtet auf Zeiten und Sachverhalte ab dem 3. Oktober 1990 bezieht (nachfolgend bb) und sich schließlich darüber hinaus allein zugunsten der Betroffenen auswirkt (nachfolgend cc).
aa) Die Anwendung von Art 7 Abs 7 Abk-AnwendungsVO, einer einseitigen Versicherungslastregelung im Range einer Rechtsverordnung, führt im Ergebnis dazu, daß Rechte auf Rente nach dem SGB VI, das kein Beitrittsgebietsrecht, aber ein Parlamentsgesetz ist, auf im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten beruhen, gegen einen bundesdeutschen Versicherungsträger bereits dann dauerhaft ausgeschlossen ist, wenn diese Zeiten vor dem 3. Oktober 1990 auf der Grundlage der in Art 1 genannten Verträge unabhängig von dessen konkreter Leistungsverpflichtung grundsätzlich von einem ausländischen Versicherungsträger „bei einer Rente” zu berücksichtigen gewesen wären. „Auf der Grundlage der in Art 1 genannten Verträge” können allenfalls im Beitrittsgebiet zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten längstens bis 2. Oktober 1990 „von einem ausländischen Träger bei einer Rente zu berücksichtigen” gewesen sein; anschließend war die völkerrechtliche Verbindlichkeit dieser Abkommen – ohne daß sie von der Bundesrepublik einseitig hätte wiederhergestellt werden können – auch für die früheren Vertragspartner entfallen, so daß die Begründung einer Zuständigkeit ihrer Versicherungsträger seither hierdurch ausgeschlossen war. Der im vorliegenden Zusammenhang allein in Betracht kommende Art 8 des Abkommens zwischen der DDR und Ungarn geht nun allerdings davon aus, daß „die Festsetzung und Auszahlung der Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenrenten … nach den innerstaatlichen gesetzlichen Bestimmungen durch den Versicherungsträger des Staates, in dem der Berechtigte seinen ständigen Wohnsitz hat” erfolgt. Maßgeblich ist danach der ständige Wohnsitz allein in bzw ab dem Augenblick, in dem über die Festsetzung und Auszahlung einer der genannten Leistungen tatsächlich zu entscheiden ist, nicht aber die unabhängig von der Leistungserbringung zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit liegende „abstrakte” Zuständigkeit hierfür. Mit dem Abstellen auf Zeitpunkte der letztgenannten Art überschreitet Art 7 Abs 7 Abk-AnwendungsVO folglich den von Art 3 EinigVtrG für Verordnungsregelungen inhaltlich allein eröffneten Bereich der „Anwendung” des Abkommens und gestaltet vielmehr – ohne Ermächtigungsgrundlage und an systematisch überraschender – Stelle einen eigenständigen Ausschlußtatbestand gegenüber § 248 Abs 3 Halbsatz 1 SGB VI aus.
bb) Weil Art 7 Abs 7 Abk-AnwendungsVO nur einen vor dem 3. Oktober 1990 eingetretenen Rechtszustand bundesrechtlich fortzuschreiben sucht, bewegt er sich auch insoweit außerhalb des von Art 3 EinigVtrG vorgegebenen Regelungsbereichs. Art 3 EinigVtrG ermächtigt nämlich nur dazu, aufgrund einseitiger Selbstverpflichtung der Bundesrepublik ab dem 3. Oktober 1990 zukunftsgerichtet und vorübergehend bis zu einer endgültigen Klärung der Verhältnisse die „weitere Anwendung” mit dem Untergang der DDR völkerrechtlich wie innerstaatlich außer Kraft getretener SozAbk zu regeln. Die Ermächtigungsnorm erlaubt demgemäß nicht den Erlaß solcher Bestimmungen, die nur an die Zeit vor dem Beitritt anknüpfen und einen damaligen generellen Rechtszustand (abstrakte Festsetzungs- und Zahlungszuständigkeit des ausländischen Versicherungsträgers) partiell konservieren; denn dadurch wird nicht zukunftsgerichtet für Zeiten ab dem 3. Oktober 1990 das Verhalten deutscher Rentenversicherungsträger gerade bei der „weiteren Anwendung” des erloschenen DDR-Abkommens geregelt; vielmehr wird ihre im EinigVtr selbst begründete und im EinigVtrG bestätigte Verpflichtung aus Berechtigungen partiell beseitigt, die auf Beitragszeiten in der DDR beruhen.
cc) Schließlich dürfen sich die auf der Grundlage von Art 3 EinigVtrG erlassenen Regelungen für die betroffenen Versicherten im Ergebnis nur bestandssichernd bzw zu ihren Gunsten auswirken. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 29. September 1998 - B 4 RA 34/98 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; ZAP-Ost EN-Nr 221/98 = D-spezial 1998 Nr 51/52, 16 = SGb 1999, S 23 = ZfS 1999, S 19) handelt es sich bei der aufgrund von Art 3 EinigVtrG ergangenen Abk-AnwendungsVO um einen (allein) der Bundesrepublik Deutschland zuzuordnenden Akt der Rechtsetzung, durch den Personen, welche unter den persönlichen Anwendungsbereich der VO fallen, ggf über die Vorschriften der sog Rentenüberleitung hinaus konstitutiv begünstigt werden, indem bei ihnen – bestandsschützend – unter den in den einzelnen Abkommen umschriebenen Voraussetzungen auch außerhalb der DDR zurückgelegte Beschäftigungszeiten („weiterhin”) rentensteigernd angerechnet werden. Demgegenüber darf sich aus der begrenzten innerstaatlichen Anwendung dieser Abkommen nicht umgekehrt ein Nachteil in der Weise ergeben, daß entgegen § 248 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI in der DDR selbst zurückgelegte Zeiten ausnahmsweise nur deshalb nicht berücksichtigt werden, weil eine nach gültigem Bundesrecht nicht gegebene Zuständigkeit ausländischer Versicherungsträger fingiert wird. Ein derartiges Vorgehen verstößt bereits gegen Sinn und Zweck der Verordnungsermächtigung und ist im übrigen mit Art 3 Abs 1 GG schon deshalb nicht vereinbar, weil die Betroffenen ohne den zwingend erforderlichen rechtfertigenden Sachgrund nachteilig anders behandelt würden als alle sonstigen Personen, die in der DDR Beitragszeiten zurückgelegt haben. Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn sich aufgrund in der DDR zurückgelegter Beitragszeiten Ansprüche gegen einen ausländischen Träger unmittelbar aus einem durch Gesetz des Deutschen Bundestages in bundesdeutsches Recht transformierten Abkommen ergäben, das damit auch für die Beklagte als geltendes Recht anzuwenden wäre, ist hier nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 542912 |
BSGE, 224 |
NZS 2000, 41 |
SGb 1999, 296 |