Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Oktober 1981 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger beansprucht Konkursausfallgeld (Kaug) für Lohnforderungen für die Zeit vom 1. Mai bis 18. Juni 1979, nachdem am 19. Juni 1979 über das Vermögen seiner Arbeitgeberin, der Firma W. H. GmbH & Co KG, das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Dabei ist unter den Beteiligten streitig, ob der Anspruch deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich um erneute oder fortbestehende Insolvenz desselben Arbeitgebers handelt, der seit 1972 unter verschiedenen Firmenbezeichnungen bereits mehrfach insolvent geworden war.
Gegenstand des Unternehmens, in dem der Kläger arbeitete, war im wesentlichen die Herstellung und der Vertrieb von Glasartikeln aller Art; es wurde jeweils in denselben Fabrikationsanlagen und im wesentlichen mit denselben Arbeitnehmern in den Betriebsstätten H. und B. betrieben.
Seit August 1977 war Inhaber des Unternehmens die Firma G. GmbH & Co KG. Ihre persönlich haftende Gesellschafterin war die G. GmbH. Deren Geschäftsführer war R. K. Gesellschafter der G. GmbH waren G. W. und R. K., die gleichfalls Kommanditisten der G. GmbH & Co KG waren. Durch Beschluß des Amtsgerichts B. vom 16. September 1977 war die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der G. GmbH & Co KG mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt worden. Im Anschluß hieran hatte die Beklagte Kaug und Pflichtversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt mehr als einer Million DM für die betroffenen Arbeitnehmer gezahlt.
Von September 1978 an wurde das Unternehmen von der Firma Glaswerke B. -H. GmbH & Co KG betrieben. Der Vertrag über die Gründung dieser Gesellschaft war am 9. Juni 1978 geschlossen worden. Komplementärin war die Glaswerke B. -H. GmbH, deren Gesellschafter G. W. und F. L. waren, die gleichfalls Kommanditisten der Glaswerke B. -H. GmbH & Co KG waren. Der Gesellschaftsvertrag der Glaswerke B. -H. GmbH war am 12. September 1977 geschlossen worden. Geschäftsführer der GmbH war bis zum 18. September 1978 F. L., danach seine Ehefrau C. L. Über das Vermögen dieser GmbH ist am 10. Juli 1979 das Konkursverfahren eröffnet worden. Ein Antrag auf Konkurseröffnung über das Vermögen der Glaswerke B. -H. GmbH & Co KG war bereits durch Beschluß des Amtsgerichts B. vom 16. November 1978 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt worden. Die Beklagte hatte im Anschluß an die Ablehnung der Konkurseröffnung über das Vermögen der Glaswerke B. -H. GmbH & Co KG Kaug und Pflichtversicherungsbeiträge in Höhe von ca 1.100.000,– DM gezahlt.
Zuletzt wurde das Unternehmen von November 1978 an von der Firma W. H. GmbH & Co KG betrieben. Der Vertrag über die Gründung dieser Gesellschaft war am 14. November 1978 geschlossen worden; die Eintragung in das Handelsregister ist am 22. Januar 1979 erfolgt. Komplementärin dieser Gesellschaft war die bereits 1975 gegründete (seit 1977 inaktive) W. H. GmbH, deren Geschäftsführer G. W. war. Kommanditisten der W. H. GmbH & Co KG waren zuletzt F. L. und G. W.; letzterer ist laut Handelsregistereintrag vom 22. Februar 1979 an die Stelle des ursprünglichen Kommanditisten W. N. getreten.
Das Konkursverfahren über das Vermögen der W. H. GmbH & Co KG wurde am 19. Juni 1979 eröffnet; die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihre Komplementär-GmbH wurde mit Beschluß vom 24. Juli 1979 abgelehnt.
Den Antrag des Klägers vom 18. Juni 1979 auf Gewährung von Kaug vom 1. Mai bis zum 18. Juni 1979 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. September 1979 und Widerspruchsbescheid vom 13. November 1979 mit der Begründung ab, es handele sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um die seit 16. November 1978 fortbestehende Insolvenz bzw Zahlungsunfähigkeit desselben Unternehmens, die neue Kaug-Ansprüche nicht auslöse. Bezüglich des Kaug-Anspruchs für Mai 1979 wurde der Widerspruch des Klägers als unzulässig zurückgewiesen, weil er seinen Lohnanspruch für diesen Monat am 15. Juni 1979 an die Kreissparkasse B. abgetreten habe.
Das Sozialgericht (SG) gab der Klage mit der Maßgabe statt, daß Kaug für den Monat Mai 1979 nur zu zahlen sei, wenn der Kläger nachweise, daß die Abtretung des Lohnanspruchs für diesen Monat nicht oder nicht mehr besteht (Urteil des SG Münster vom 25. September 1980, S 2 Ar 168/79). Die zugelassene Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (Urteil des Landessozialgerichts –LSG– für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Oktober 1981 – L 9 Ar 114/80). Das LSG hat im wesentlichen ausgeführt, die von der Beklagten erstrebte wirtschaftliche Betrachtungsweise, die die Glaswerke B. -H. GmbH & Co KG und die nachfolgende W. H. GmbH & Co KG wegen der im wesentlichen übereinstimmenden Beteiligung derselben natürlichen Personen als identische Arbeitgeberin ansehe, finde weder im Gesetz eine Stütze noch sei sie mit dem Schutzzweck und der Funktion des Kaug zu vereinbaren. Bei der gebotenen rechtlichen Betrachtungsweise könne sich die Frage nach wiederholter oder fortbestehender Insolvenz nur auf die letzte Arbeitgeberin des Klägers, dh auf die W. H. GmbH & Co KG beziehen. Die Konkurseröffnung über deren Vermögen am 19. Juni 1979 habe daher einen Kaug-Anspruch ausgelöst, denn dies sei das erste Konkursereignis bei dieser Arbeitgeberin gewesen. Es sei insoweit unerheblich, ob das Unternehmen bereits vorher überschuldet oder zahlungsunfähig gewesen sei und ob der Kläger von diesen Umständen etwa Kenntnis gehabt habe. Maßgeblicher Insolvenztatbestand, der die Gewährung von Kaug für weitere Insolvenzfälle ausschließe, sei nur ein Ereignis iS des § 141b Abs. 1 oder Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nur die Konkurseröffnung oder die ihnen gleichgestellten Tatbestände sollten den Arbeitnehmer dazu veranlassen, seinem Arbeitgeber die Arbeitsentgeltansprüche nicht länger zu kreditieren. Das Kreditieren der Ansprüche bis zu diesem Zeitpunkt werde gerade durch die Kaug-Regelung gesichert. Das Gesetz gewähre nämlich den Kaug-Anspruch unabhängig von der bei unbezahlter Weiterarbeit sich aufdrängenden Erkenntnis, daß der Arbeitgeber in Zahlungsschwierigkeiten sei, damit aber auch unabhängig von der etwaigen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vor Eintritt des das Kaug auslösenden Insolvenzereignisses. Folge man der Vorstellung der Beklagten zur Frage der Kenntnis des Arbeitnehmers von der Überschuldung bzw der Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers, so würde den in § 141b AFG genannten anspruchsbegründenden Tatbeständen ein weiterer hinzugefügt. Dies lasse das Gesetz nicht zu.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 141b AFG. Sie hält daran fest, daß es im Interesse aller am Kaug Beteiligten geboten sei, in Fällen der vorliegenden Art. die wirtschaftliche Betrachtungsweise der rechtlichen Gestaltung überzuordnen. Das Bundessozialgericht (BSG) selbst habe bereits klargestellt, daß die Sicherung durch das Kaug nicht zu weit zu Lasten der Unternehmer ausgedehnt werden dürfe, insbesondere nach dem erstmaligen offenbaren Hervortreten der Zahlungsunfähigkeit durch einen der Tatbestände des § 141b AFG eine Sicherung durch das Kaug nicht mehr erfolgen solle (BSG SozR 4100 § 141b Nr. 1). Daher sei beim Zusammentreffen mehrerer Insolvenztatbestände nur der zuerst eingetretene Tatbestand maßgebend. Dies müsse auch dann gelten, wenn – wie im vorliegenden Falle – ein Betriebsinhaberwechsel bzw Arbeitgeberwechsel stattgefunden habe, dieser jedoch lediglich darin bestehe, daß der Betrieb rechtlich umstrukturiert worden sei, die Kapitalanteile im wesentlichen jedoch in denselben Händen geblieben seien und der Betrieb auch ansonsten nicht wesentlich verändert worden sei. Folge das Gericht ihrem Standpunkt, sehe es sich aber trotz der festgestellten Tatsachen nicht zu einer abschließenden Entscheidung in der Lage, komme eine Rückverweisung in Betracht, bei der das LSG ggf der Frage der bisher nicht näher gewürdigten „fortdauernden Insolvenz” nachzugehen habe. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, daß es sich bereits um die vierte Insolvenz des Unternehmens seit Inkrafttreten der Kaug-Regelung handele, was Überlegungen hinsichtlich einer mißbräuchlichen Inanspruchnahme aufdränge.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Oktober 1981 – L 9 Ar 114/80 – und das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25. September 1980 – S 2 Ar 168/79 – aufzuheben, die Klage abzuweisen und zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Das LSG ist im angefochtenen Urteil zutreffend davon ausgegangen, daß mit der Konkurseröffnung am 19. Juni 1979 ein Tatbestand eingetreten ist, der – erneut – einen Anspruch auf Kaug für den Kläger auslöst.
Anspruchsgrundlage ist § 141b AFG. Danach hat Anspruch auf Kaug ein Arbeitnehmer, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hatte nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG, an die der Senat gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebunden ist, noch Lohnansprüche für die Zeit vom 1. Mai bis 18. Juni 1979 aus seinem Arbeitsverhältnis mit der Firma W. H. GmbH & Co KG. Diese Gesellschaft war „sein Arbeitgeber” iS von § 141b AFG; die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen am 19. Juni 1979 war das erste Insolvenzereignis bei diesem Arbeitgeber und löst daher gemäß § 141b AFG Kaug-Ansprüche aus. Frühere Insolvenzereignisse, die einen anderen Arbeitgeber, wenn auch den gleichen Betrieb, betroffen haben, bleiben außer Betracht.
Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, die Firma W. H. GmbH & Co KG sei kein neuer Arbeitgeber für den Kläger, es handele sich vielmehr hinsichtlich des bereits am 16. November 1978 eingetretenen Insolvenzereignisses bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um denselben Arbeitgeber bzw um dieselbe Unternehmensinsolvenz, so daß das weitere Insolvenzereignis am 19. Juni 1979 wegen des fortbestehenden Insolvenzgrundes keine neuen Kaug-Ansprüche auszulösen vermöge. Ungeachtet der Frage, ob angesichts der zwischenzeitlich erfolgten Lohnzahlungen überhaupt von einer fortbestehenden Unternehmensinsolvenz ausgegangen werden könnte, steht dem bereits entgegen, daß den beiden Insolvenzereignissen nicht eine einheitliche Insolvenz desselben Arbeitgebers zugrunde liegt, sondern daß es sich um zwei voneinander unabhängige, selbständige Insolvenzfälle handelt, die zwei verschiedene Arbeitgeber betroffen haben. Mindestens bis zur Ablehnung der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma Glaswerk B. -H. GmbH & Co KG am 16. November 1978 war diese Gesellschaft – nach den gleichfalls unangegriffenen Feststellungen des LSG – Arbeitgeber des Klägers. Danach ist mit der Übernahme des bisher von diesem Arbeitgeber geführten Betriebs durch die am 14. November 1978 gegründete, am 22. Januar 1979 in das Handelsregister eingetragene Firma W. H. GmbH & Co KG ein Betriebsinhaberwechsel eingetreten, der gemäß § 613a Bürgerliches Gesetzbuch –BGB– (in der bis 20. August 1980 gültig gewesenen, seitdem durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 13. August 1980, BGBl I 1308, durch Art. 1 Nr. 5 geänderten Fassung) zu einem Arbeitgeberwechsel bzw zu einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der neu gegründeten Gesellschaft als neuem Arbeitgeber geführt hat.
Wer Arbeitgeber im kaug-rechtlichen Sinne ist, ist zwar weder in § 141b AFG noch sonst im Gesetz näher geregelt. Arbeitgeber im allgemeinen Rechtssinne, insbesondere im arbeitsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige, dem die Arbeitsleistung geschuldet wird und der das Arbeitsentgelt zu zahlen hat (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 705 BGB; Gagel in Gagel/Jülicher, AFG, § 141a Anm. 5). Dies gilt auch für § 141b AFG, wie sich bereits aus dem Sinnzusammenhang der Begriffe Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Arbeitsverhältnis einerseits und dem Zweck des Kaug, rückständiges Arbeitsentgelt aus dem mit dem insolvent gewordenen Arbeitgeber bestehenden Arbeitsverhältnis auszugleichen, ergibt. Danach ist Arbeitgeber in erster Linie derjenige, der das Arbeitsentgelt aus dem im maßgeblichen Kaug-Zeitraum bestehenden Arbeitsverhältnis – kraft Eigenverpflichtung – schuldet. Dies ist allein die Firma W. H. GmbH & Co KG, nicht auch die frühere Arbeitgeberin des Klägers.
Die Auffassung der Beklagten, es handele sich wegen der zwischen beiden Arbeitgebern bestehenden engen wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen sowie wegen der im wesentlichen unveränderten Fortführung des gleichen Betriebs mit den gleichen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln um einen Arbeitgeber iS des § 141b AFG, steht entgegen, daß der Begriff des Arbeitgebers in dieser Bestimmung kein spezifisch kaug-rechtlicher Begriff ist, der entsprechend diesen persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ausgelegt werden darf. Einer sogenannten „wirtschaftlichen Betrachtungsweise”, wie sie die Beklagte zur Eingrenzung der Kaug-Versicherung in Fällen der vorliegenden Art. befürwortet, steht der Schutzzweck des Kaug einerseits und eine an der Systematik der Kaug-Versicherung ausgerichtete Auslegung andererseits entgegen.
Die Kaug-Versicherung bildet kein in sich abgeschlossenes System, deren anspruchsbegründende Tatbestände aus sich heraus ausgelegt werden können, sondern knüpft – auch bezüglich der Frage, wer Arbeitgeber ist – an die vorgefundenen privatautonomen Rechtsgestaltungen an. Wie im Sozialversicherungsrecht allgemein anerkannt ist, werden derartige Rechtsgestaltungen nicht durch die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingeschränkt, sondern die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche knüpfen an die zivilrechtlich (bzw arbeitsrechtlich) wirksam zustande gekommenen Regelungen und Gestaltungen an, soweit nicht eine diesen entgegenstehende tatsächliche Handhabung vorliegt (vgl. BSGE 52, 152, 163 f mwN auf S 164). Auch für den Unternehmerbegriff in der Unfallversicherung ist anerkannt, daß der Rechtsform, in der das Unternehmen betrieben wird, maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. BSGE 23, 83, 85; 45, 279, 283 f). Dies gilt auch für die Kaug-Versicherung, was sich bereits aus deren unmittelbarem Zusammenhang mit der Systematik des Konkursrechts ergibt. Nach § 141b AFG lösen nämlich nur bestimmte konkursrechtliche Tatbestände einen Versicherungsschutz aus. Dies ergibt sich nicht nur aus § 141b Abs. 2 AFG, der hinsichtlich des versicherungsrechtlich geschützten Arbeitseinkommens unmittelbar auf § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a der Konkursordnung (KO) verweist, sondern insbesondere aus § 141b Abs. 1 und Abs. 3 AFG. Anspruchsbegründende Tatbestände sind danach nur bestimmte konkursrechtliche Ereignisse, in erster Linie die Eröffnung des Konkursverfahrens über „das Vermögen seines Arbeitgebers”, daneben die Ersatztatbestände des § 141b Abs. 3, insbesondere die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse (Nr. 1). Damit knüpft das Kaug-Recht eng an die Vorschriften der KO an bzw baut auf diesen auf (BSGE 48, 61, 63). Die KO bestimmt nicht nur den Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs vorliegen müssen, sondern verweist hinsichtlich der Identität des Arbeitgebers auf die gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen, an die die KO ihrerseits anknüpft. Konkursrechtlich werden Arbeitgeber, wenn sie Personengesellschaften des Handelsrechts sind, als selbständig behandelt. Über ihr Gesellschaftsvermögen findet ein selbständiges Konkursverfahren statt (§ 209 KO). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn dieselben Personen mehrere Gesellschaften unter verschiedenen Firmen gegründet haben, die nacheinander Inhaber eines Betriebes – und Arbeitgeber der beschäftigten Arbeitnehmer – geworden sind. Da es sich um verschiedene, rechtlich selbständige Rechtsträger handelt, findet konkursrechtlich über jede von ihnen bzw über ihr jeweiliges Vermögen ein selbständiges Konkursverfahren statt. Die darin liegende Interdependenz zwischen Arbeits-, Gesellschafts- und Insolvenzrecht wirkt auch für das Kaug-Recht bzw den in § 141b AFG verwandten Begriff des Arbeitgebers.
Dessen Identität wird entgegen der Auffassung der Beklagten nicht durch das von ihm betriebene Unternehmen bzw den von ihm geführten Betrieb oder durch die am Unternehmen beteiligten Kapitaleigner bestimmt, sondern durch den jeweiligen rechtlichen Unternehmensträger bzw Betriebsinhaber. Geht ein Betrieb, in dem Arbeitnehmer beschäftigt sind, durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach § 613a BGB mit dem Zeitpunkt der Übernahme in die bestehenden Arbeitsverhältnisse als neuer Arbeitgeber ein, falls die Arbeitnehmer nicht ausdrücklich der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses widersprechen (vgl. BAG AP Nr. 1, 8, 10 zu § 613a BGB; letztere mit kritischer Anmerkung von Birk); das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Betriebsinhaber wird kraft Gesetzes beendet. Ist der bisherige Betriebsinhaber (dh derjenige, der die Befugnis zur Führung eines Betriebes hat) eine Personengesellschaft des Handelsrechts und gründet sie durch einzelne oder mehrere ihrer Gesellschafter eine neue Gesellschaft (hier GmbH & Co KG), die den in Krise geratenen Betrieb unter einer neuen Firma mit den wesentlichen sachlichen Betriebsmitteln und den bisherigen Arbeitnehmern fortführt, so gilt nichts anderes. Auch hier tritt – wenn nicht durch Kündigung seitens der Arbeitnehmer und Neubegründung von Arbeitsverhältnissen mit dem Betriebsübernehmer, wofür hier nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt kein Anhalt besteht – gemäß § 613a BGB ein Arbeitgeberwechsel ein. Anders als etwa beim Ausscheiden einzelner Gesellschafter aus der Gesellschaft oder beim Gesellschafterwechsel verliert diese bei einer Fortführung des Betriebs durch eine von ihr unter neuer Firma gegründete neue Gesellschaft ihre Identität, so daß ihr Betrieb iS von § 613a BGB durch Rechtsgeschäft auf einen „anderen” Inhaber übergeht (vgl. zum Gesellschafterwechsel BAG ZIP 1983, 715, 718). Daß die Gesellschafter der neugegründeten Gesellschaft mit den Gesellschaftern der Altgesellschaft ganz oder teilweise identisch sind, steht daher dem Betriebsinhaberwechsel iS von § 613a BGB nicht entgegen (vgl. Schaub in Münchener Komm, 1980, § 613a BGB RdNr. 14 ff).
Die neugegründete Firma W. GmbH & Co KG ist mithin mit der Übernahme des Betriebs von deren bisherigem Inhaber, der Firma Glaswerk B. -H. GmbH & Co KG, neuer Arbeitgeber des Klägers geworden. Dem stehen spezielle konkursrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen. Wird die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer GmbH & Co KG abgelehnt, so wird weder die KG aufgelöst noch verliert die Komplementär-GmbH ihre Vertretungsbefugnis (BGH BB 1980, 11 = ZIP 1980, 44). Sie ist weder gehindert, durch ihre Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft zu beschließen (§§ 144 Abs. 1, 161 HGB; vgl. Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 24) noch ist sie gehindert, den vorhandenen Betrieb auf eine neugegründete Gesellschaft zu übertragen. Auch die Folge des § 613a BGB, daß der Betriebsübernehmer von der Übernahme an in die bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt, gilt im Konkurs uneingeschränkt. Von den drei Funktionen dieser Vorschrift (Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse, Kontinuität des amtierenden Betriebsrats und Sicherung ausreichender Haftung) wird nur die Funktion der Haftung für bereits vor der Übertragung entstandene Ansprüche im Konkurs ausgeschlossen (BAG AP Nr. 18 zu § 613a BGB); gleiches gilt auch für den Fall, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist (BAG AP Nr. 22 zu § 613a BGB). Hinsichtlich der übrigen Funktionen, insbesondere der Sicherung der Arbeitsverhältnisse für die Zukunft, darf auch der Konkurs zu keiner Einschränkung der Arbeitnehmer-Schutzrechte führen.
Würde – iS der Beklagten – auf den wirtschaftlichen Unternehmensträger – ohne Ansehung der Rechtsform – abgestellt mit der Folge, daß nur das erstmals bei diesem aufgetretene Insolvenzereignis Kaug-Ansprüche auszulösen vermag, so wäre nicht nur der von § 613a BGB bezweckte Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse gefährdet, sondern insbesondere der mit der Kaug-Versicherung bezweckte Schutz der Arbeitnehmer unzulässig beeinträchtigt. Dieser läßt eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht zu. Soweit in der Rechtsprechung eine solche Betrachtungsweise angewandt wird (zB in BSG SozR 4100 § 54 Nr. 1; ferner im Steuerrecht nach stRspr von BFH und BVerfG) ist diese stets am Normzweck der betreffenden Vorschrift orientiert, so daß sich darüber hinaus kein allgemeiner Grundsatz ableiten läßt, nach dem einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Vorrang gegenüber einer an der rechtlichen Gestaltung orientierten Beurteilung zukommt. Nur wenn einer Leistung – wie dies zB für die Eingliederungsbeihilfe nach § 54 AFG zutrifft – allein wirtschaftliche oder arbeitsmarktpolitische Zielsetzungen zugrunde liegen, kann es zulässig sein, unter Außerachtlassung der förmlichen Rechtsgestaltung auf die ihr zugrunde liegenden wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse durchzugreifen (vgl. BSG SozR 4100 § 54 Nr. 1; zur Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Steuerrecht vgl. BVerfGE 13, 318, 328 f; 18, 224, 233 f; 25, 28, 35). Das trifft für das Kaug nicht zu. Rückständige Arbeitnehmerforderungen im Konkurs werden nicht um des Unternehmens willen begünstigt, sondern allein deshalb, um die Bezüge für den täglichen Lebensunterhalt der Arbeitnehmer zu sichern. Die Gewährung von Kaug dient dem Schutz des Arbeitnehmers vor dem Ausfall von Arbeitseinkommen bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (BSGE 41, 121, 123 f = SozR 4100 § 141b Nr. 1; BSG SozR 4100 § 141e Nr. 1). Dies wird auch durch die Materialien zum Gesetz über Kaug vom 17. Juli 1974 verdeutlicht, die ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt abstellen und hervorheben, daß der Arbeitnehmer, der regelmäßig die Arbeit vorleisten muß und nicht in der Lage ist, hierfür vom Arbeitgeber Sicherheit zu fordern, vor dem Risiko des Lohnausfalles im Falle der Insolvenz seines Arbeitgebers – mindestens teilweise – geschützt werden soll (BT-Drucks 7/1750 S 10 f). Allerdings erfüllt das Gesetz nicht nur diesen Zweck, sondern führt auch dazu, daß die Arbeitnehmer eher und eine längere Zeit bereit sind, auf ihren Arbeitsplätzen ohne Lohnzahlung auszuharren und ihrem Arbeitgeber die Treue zu halten. Damit eröffnet das Kaug auch die Möglichkeit, daß der in Krise geratene Unternehmer seine Liquidität wiedererlangt und damit Arbeitsplätze erhält. Diese Folgen sind aber lediglich Nebenfolgen des Kaug; sie sind nicht selbst Gesetzeszweck. Eine ungerechtfertigte Ausnutzung dieser Nebenfolgen kann deshalb im Interesse der die Kaug-Versicherung finanzierenden Unternehmer durch restriktive Auslegung des § 141b AFG nur insoweit gerechtfertigt sein, als dies mit dem Schutzzweck des Kaug vereinbar ist. Deshalb können die Grundsätze, wie sie das BSG zum Schutz der die Kaug-Versicherung tragenden Unternehmer hinsichtlich der Aufeinanderfolge mehrerer Insolvenzereignisse iS von § 141b AFG entwickelt hat (BSGE 41, 121 = SozR 4100 § 141b Nr. 1), auf Fälle der vorliegenden Art, in denen ein Arbeitgeberwechsel stattgefunden hat, nicht angewandt werden. Der Grundsatz, daß bei mehreren nacheinander eintretenden Insolvenztatbeständen iS von § 141b AFG jeweils nur das zeitlich erste Ereignis maßgebend ist und allein Ansprüche auf Kaug auszulösen vermag, verdeutlicht zunächst, daß es grundsätzlich nur einen Kaug-Versicherungsfall „des Arbeitgebers” gibt, und zielt vornehmlich darauf ab, die diesen begünstigenden Nebenfolgen, nämlich die Ausweitung des Kreditrahmens zu Lasten der Kaug-Versicherung zu begrenzen. Dies ist mit dem Schutzzweck der Kaug-Versicherung vereinbar, denn §§ 141a, 141b AFG ist insoweit zu entnehmen, daß der Kaug-Schutz des Arbeitnehmers von dem Zeitpunkt an nicht mehr besteht, von dem an durch das erstmalige Hervortreten eines der Tatbestände des § 141b AFG bei seinem Arbeitgeber offenbar wird – und auch für den Arbeitnehmer erkennbar ist, vgl. § 141b Abs. 4 AFG –, daß eine weitere Stundung der Lohnforderung gegenüber dem Arbeitgeber zwecklos ist; nur bis zu diesem Ereignis darf der Arbeitnehmer kaug-rechtlich geschützt vorleisten bzw zu warten, daß der Arbeitgeber seine Liquidität wiedererlangen und seinen Arbeitsplatz sichern werde. Setzt der Arbeitnehmer seine Arbeit über diesen Zeitpunkt hinaus fort, so kann er grundsätzlich nicht mehr damit rechnen, für den dem insolventen Arbeitgeber weiterhin gestundeten Lohn durch die Bundesanstalt für Arbeit (BA) Ersatz zu erhalten; etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers seitdem so gebessert haben, daß die bisherige Insolvenz beseitigt worden ist und damit ein neuer Insolvenzfall möglich werden kann (BSG SozR 4100 § 141b Nr. 6).
Diese Grundsätze lassen sich auf Fälle der Weiterarbeit für einen neuen Arbeitgeber nach Betriebsinhaberwechsel selbst dann nicht anwenden, wenn dieser Wechsel nur auf einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung des bisherigen Betriebsinhabers beruht. Es mag zwar – zumindest auf den ersten Blick – ungerechtfertigt und mit dem Sinn der Kaug-Versicherung unvereinbar erscheinen, daß es einer bestimmten Person oder Personengruppe möglich sein soll, allein durch Änderung der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung des von ihnen betriebenen Unternehmens ohne Änderung im Tatsächlichen einen neuen Anspruch auf Kaug auszulösen. Die rechtlichen – und wirtschaftlichen – Folgen derartiger Gestaltungen müssen aber in Beachtung des für § 141 a ff AFG maßgeblichen Arbeitnehmerschutzgedanken hingenommen werden. Tritt ein – für die Arbeitnehmer regelmäßig erkennbarer – Wechsel des Betriebsinhabers bzw Arbeitgebers ein, ist das Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer, bei Weiterarbeit für diesen gegen Lohnausfall gesichert zu sein, mindestens das gleiche wie zu Beginn jedes neuen Arbeitsverhältnisses. Auch hier darf der Arbeitnehmer, sobald er ein neues Arbeitsverhältnis beginnt, nach dem Zweck des Gesetzes von Anfang an versicherungsrechtlich geschützt vorleisten; denn er ist regelmäßig nicht in der Lage, die wirtschaftlichen Verhältnisse eines neuen Arbeitgebers zu überblicken, und ist deshalb von Anfang an dem Risiko ausgesetzt, vorleisten zu müssen, ohne von dem neuen Arbeitgeber Sicherheit fordern zu können. Dieses Risiko besteht gleichermaßen auch bei der Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses mit einem neuen Arbeitgeber. Deshalb müssen auch Verzögerungen der Lohnzahlungen, wenn sie bereits zu Beginn des Arbeitgeberwechsels oder bald danach auftreten, wie bei Beginn jedes Arbeitsverhältnisses kaug-rechtlichen Schutz genießen. Eine Einschränkung des § 141b AFG dahin, daß Kaug-Ansprüche grundsätzlich nur entstehen, wenn der Arbeitgeber zu Beginn des Arbeitsverhältnisses zahlungsfähig war oder wenigstens zunächst regelmäßige Lohnzahlungen geleistet hat, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat. Gleichermaßen kann es auch beim Arbeitgeberwechsel durch Betriebsübertragung – entgegen der Auffassung der Beklagten – keine Rolle spielen, ob der Betriebsübernehmer von Anfang an insolvent war oder dies alsbald geworden ist. Gerade der systematische Zusammenhang mit der wesentlichen Schutzfunktion des § 613a BGB, den Bestand der Arbeitsverhältnisse für die Zukunft zu sichern, gebietet es, die Arbeitnehmer stets wieder durch Kaug zu sichern, wenn zwischen früherem und neuem Insolvenzfall ein Arbeitgeberwechsel stattgefunden hat. Könnte der Arbeitnehmer bei Eintritt eines neuen Arbeitgebers nicht mit einem erneuten Schutz seiner zukünftigen Lohnforderungen durch das Kaug rechnen, müßte er häufig auf die Weiterarbeit bei diesem verzichten, soweit er nicht hinreichende Klarheit über dessen Zahlungsfähigkeit erhalten könnte. Dies widerspricht aber dem Schutzzweck des Kaug und läßt sich auch nicht mit den diesem Schutz widerstreitenden Interessen der Unternehmergemeinschaft, vor übermäßiger Inanspruchnahme bewahrt zu werden, rechtfertigen.
Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise – wäre sie zulässig – dürfte sich im übrigen in Fällen der vorliegenden Art. nicht einseitig auf den Aspekt der wirtschaftlichen und persönlichen Identität des Arbeitgebers beschränken, sondern müßte auch beachten, daß die wirtschaftlich und sozialpolitisch erwünschte Sicherung von Arbeitsplätzen durch die Übertragung des insolventen Unternehmens auf eine neugegründete Gesellschaft häufig scheitern müßte, weil die Arbeitnehmer, wenn sie bei der Weiterarbeit für den neuen Arbeitgeber nicht mit einer kaug-rechtlichen Sicherung ihrer zukünftigen Lohnansprüche rechnen könnten, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ablehnen und stattdessen Leistungen der Arbeitslosenversicherung – ohne Möglichkeit einer Sperrzeit – in Anspruch nehmen müßten. Jedenfalls wäre eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht geeignet, Fälle die sich als mißbräuchliche Ausnutzung der Kaug-Versicherung darstellen, von denjenigen zu unterscheiden, in denen Praktiken einer derart auf eine neugegründete Gesellschaft übertragenen Sanierung für die Arbeitnehmer die Chance einer Erhaltung ihrer Arbeitsplätze bieten. Wird es nach geltendem Recht als zulässig angesehen, ständig praktiziert und sogar empfohlen, daß der bisherige – insolvente – Unternehmensträger zur Sanierung seines Betriebes eine neue Gesellschaft gründet, die das Unternehmen mit Anlage- und Umlaufvermögen aus der Konkursmasse erwirbt (Uhlenbruck, Insolvenzrecht, 1979, RdNr. 467; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO, Vorbem zu § 1 RdNr. 12 S 12; vgl. auch Henckel, ZIP 1980, S 2 ff), so kann im Prinzip nichts anderes gelten, wenn ein entsprechendes Verfahren von einem Unternehmensträger praktiziert wird, bei dem die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist. Bedenken, die gegen derartige als „übertragende Sanierung” bezeichnete Praktiken geäußert worden sind (vgl. Karsten Schmidt, Organverantwortlichkeit und Sanierung im Insolvenzrecht der Unternehmen, ZIP 1980, 328 ff, 336 f; ders in: Verhandlungen des 54. Deutschen Juristentages, Nürnberg 1982, Bd. I D 11 ff, D 83 f mwN unter Fußnote 409; D 110/111) sind vornehmlich solche rechtspolitischer und haftungsrechtlicher Art. Ob die Übertragung des Unternehmens auf eine neugegründete Gesellschaft geeignet ist, die Haftung für die Altverbindlichkeiten auszuschließen und damit den „Sanierungserfolg” zu sichern, ist eine Frage der Anwendbarkeit des § 613a BGB (hinsichtlich seiner haftungsrechtlichen Funktion) sowie der §§ 419 BGB, 25 HGB (vgl. hierzu im einzelnen Karsten Schmidt, ZIP 1980, S 337; Henckel, ZIP 1980, S 2 ff, 4 f; Wiedemann/Willemsen, RdA 1979, S 418 ff). Zu § 613a BGB hat das BAG neuerdings entschieden, daß dessen haftungssrechtlicher Teil bei einer Betriebsübertragung im Konkurs keine Anwendung findet (BAG AP Nr. 18 zu § 613a BGB); gleiches gilt, wenn ein Betrieb von einem neuen Träger (auch einer neugegründeten Gesellschaft) fortgeführt wird, nachdem die Konkurseröffnung über das Vermögen des bisherigen Betriebsinhabers mangels Masse abgelehnt worden ist (BAG AP Nr. 22 zu § 613a BGB = NJW 1981, 187; vgl. auch Gagel in Gagel/Jülicher, aaO, Anm. 17 vor § 141a AFG). In beiden – nach der Interessenlage gleich zu behandelnden – Fällen beruht der Ausschluß der Übernahmehaftung des neuen Arbeitgebers für die aus der Zeit vor der Übernahme herrührenden Arbeitnehmeransprüche vornehmlich auf der Erwägung, daß der Insolvenzschutz der Arbeitnehmer (der anderweitig, insbesondere durch Kaug gewährleistet ist) hier zurückzutreten hat, um die Möglichkeit zu erhalten, notleidend gewordene Betriebe mit anderen Trägern fortzusetzen und damit – zum Schutze der Arbeitnehmer – Arbeitsplätze zu erhalten (so ausdrücklich BAG AP Nr. 22 zu § 613a BGB mit kritischer Anmerkung von Willemsen). Müßte der Betriebsübernehmer in diesen Fällen die Verbindlichkeiten des früheren Arbeitgebers übernehmen, wären Betriebsübertragungen und damit eine Sicherung von Arbeitsplätzen so gut wie ausgeschlossen. Da diese Erwägungen grundsätzlich auch für Fälle einer „übertragenden Sanierung” gelten, kann ein solches Verfahren auch aus kaug-rechtlicher Sicht regelmäßig nicht als „Umgehungstatbestand” gewertet werden, jedenfalls wenn eine Sanierung nicht von Anfang an ausgeschlossen erscheint.
Allerdings drängt sich der Verdacht einer mißbräuchlichen Ausnutzung der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsfreiheit dann auf, wenn die Neugründung einer Gesellschaft mit kurzzeitiger Fortführung des Betriebes allein dazu dient, dem „Erwerber” erneut eine Ausschöpfung des Kreditrahmens zu Lasten der Kaug-Versicherung zu ermöglichen. Ob ein derart eindeutiger Mißbrauchstatbestand im vorliegenden Fall vorliegt, läßt sich aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Auf diese Frage kommt es aber nicht an, da selbst eine mißbräuchliche Handhabung seitens der wirtschaftlichen Betriebsinhaber nicht zu einem Wegfall der den Arbeitnehmern zustehenden Kaug-Ansprüche führen kann. Allenfalls könnte ein Schadensersatzanspruch der BA nach § 826 BGB in Betracht kommen (vgl. dazu Gagel in Gagel/Jülicher, aaO, Anm. 8, 9 zu § 141k AFG), über den hier nicht zu entscheiden ist.
Eine Versagung des Kaug bei derartigen Mißbrauchsfällen würde sich einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer auswirken, die gerade durch die Kaug-Versicherung geschützt werden sollen. Insbesondere wird ihr Schutzbedürfnis nicht dadurch geringer, daß sich die Unternehmensübertragung als sog Scheinsanierung erweist, die alsbald wieder zum Insolvenzfall führt. Gerade vor den Risiken derartiger Scheinsanierungen bedarf der Arbeitnehmer des kaug-rechtlichen Schutzes, weil er regelmäßig nicht imstande ist, die Seriosität derartiger Sanierungsbemühungen zu beurteilen und nicht erkennen kann, ob die Chance einer Erhaltung seines Arbeitsplatzes besteht. Ein Wegfall des Kaug könnte allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Arbeitnehmer selbst an entsprechenden Manipulationsverfahren der Betriebsinhaber mitgewirkt haben bzw in Kenntnis hiervon die Weiterarbeit für den neuen Arbeitgeber fortgesetzt haben. Dafür ergeben sich aber aus den Feststellungen des LSG keinerlei Anhaltspunkte; die Beklagte hat insoweit auch keine begründeten Revisionsrügen erhoben.
Mithin kann die Revision der Beklagten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 195 |
ZIP 1983, 1224 |
Breith. 1984, 238 |