Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagter und Revisionsbeklagter |
Tatbestand
I
Der zu 2) beigeladene Zahnarzt führte in der Zeit von April 1983 bis Oktober 1986 bei seinem Patienten A K eine von der klagenden Krankenkasse genehmigte kieferorthopädische Behandlung durch. Nachdem das Behandlungsergebnis nicht den Erwartungen des Patienten entsprach, überwies er diesen im Oktober 1986 zur Weiterbehandlung an eine Fachzahnärztin für Kieferorthopädie. Die Klägerin beantragte daraufhin im Dezember 1987 bei dem Prüfungsausschuß die Feststellung, daß ihr durch die fehlgeschlagene Behandlung ein Schaden in Höhe der aufgewendeten Kosten entstanden sei. Der Antrag, von dem der Beigeladene zu 2) keine Kenntnis erhielt, wurde zunächst nicht bearbeitet, weil sich der Prüfungsausschuß auf den Standpunkt stellte, nicht er, sondern die zu 1) beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) sei für die Feststellung "sonstiger Schäden" gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) zuständig. Die Klägerin erhob deswegen im September 1988 vor dem Sozialgericht (SG) Hannover Untätigkeitsklage. Erst nachdem in mehreren parallel gelagerten Rechtsstreitigkeiten der Prüfungsausschuß rechtskräftig unter Androhung von Zwangsgeldern verpflichtet worden war, die von den Krankenkassen gestellten Anträge auf Schadensfeststellung zu bescheiden, gab er seine ablehnende Haltung auf und stellte mit Bescheid vom 26. Februar 1991 fest, daß der Beigeladene zu 2) der Klägerin durch schuldhaftes Verhalten einen Schaden in Höhe von 2.994, 71 DM verursacht habe. Der Bescheid wurde der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) zugestellt; eine Bekanntgabe an den Beigeladenen zu 2) erfolgte nicht.
Gegen die Entscheidung legte die Beigeladene zu 1) Beschwerde mit der Begründung ein, der Prüfungsausschuß sei für die Feststellung "sonstiger Schäden" nicht zuständig. Auch könne über das Vorliegen eines Behandlungsfehlers nicht ohne Zuziehung eines Sachverständigen und ohne vorherige Anhörung des betroffenen Zahnarztes entschieden werden. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Dezember 1991 gab der beklagte Beschwerdeausschuß der Beschwerde statt und hob den Bescheid des Prüfungsausschusses auf. Er begründete dies damit, daß etwaige Ansprüche aus der 1986 abgebrochenen Behandlung verjährt seien und nicht mehr geltend gemacht werden könnten. Auch dieser Bescheid wurde dem Beigeladenen zu 2) nicht bekanntgegeben.
Das von der Klägerin angerufene SG hat mit Urteil vom 16. Juni 1993 den Bescheid vom 9. Dezember 1991 aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt. Die in Rede stehenden Ansprüche seien nicht verjährt, denn die Verjährung sei bereits durch die Erhebung der Untätigkeitsklage im September 1988 unterbrochen worden. Der Beklagte müsse deshalb klären, ob der Prüfungsausschuß zu Recht das Vorliegen eines "sonstigen Schadens" festgestellt habe. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 22. September 1995). Es hat ausgeführt, der Beklagte habe im Ergebnis zutreffend angenommen, daß die Befugnis der Prüfungseinrichtungen zur Feststellung eines "sonstigen Schadens" durch Zeitablauf erloschen sei. Allerdings handele es sich bei dieser Befugnis nicht um einen Anspruch, der der Verjährung unterliege, sondern um ein Gestaltungsrecht. Für dessen Ausübung gelte in gleicher Weise wie für das Recht zur Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine vierjährige Ausschlußfrist, innerhalb deren das Feststellungsverfahren durch eine Entscheidung abgeschlossen werden müsse. Diese Frist habe hier spätestens mit Ablauf des Jahres 1991 geendet. Zwar sei der Bescheid des Prüfungsausschusses noch innerhalb der Frist ergangen; doch sei er gegenüber dem Beigeladenen zu 2) als Betroffenem mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden. Die Ausschlußfrist sei auch nicht vorher durch die Erhebung der Untätigkeitsklage unterbrochen worden, denn auch an dem damaligen Gerichtsverfahren sei der Beigeladene zu 2) nicht beteiligt gewesen. Die Beiladung zum jetzigen Prozeß sei erst 1993 und damit nach Fristablauf erfolgt. Da ein etwaiger Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen den Beigeladenen zu 2) nach alledem nicht mehr durchgesetzt werden könne, habe der Beklagte den Feststellungsbescheid des Prüfungsausschusses im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verstöße gegen Vorschriften des materiellen Rechts und des Verwaltungsverfahrensrechts. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten sei schon deshalb rechtswidrig, weil den KZÄVen und damit auch der Beigeladenen zu 1) mangels eigener Betroffenheit kein Beschwerderecht gegen Entscheidungen der Prüfungsausschüsse über das Vorliegen "sonstiger Schäden" zustehe. Die Beschwerde sei deshalb gar nicht zulässig gewesen und habe verworfen werden müssen. In der Sache könne der Auffassung des LSG, daß für die Schadensfeststellung eine vierjährige Ausschlußfrist gelte, nicht gefolgt werden. Im Unterschied zur Wirtschaftlichkeitsprüfung, für die die Rechtsprechung eine Ausschlußfrist festgelegt habe, um die Befugnis der Prüfungseinrichtungen zur nachträglichen Überprüfung und ggf Korrektur des dem Vertrags (zahn) arzt zustehenden Honoraranspruchs zeitlich zu begrenzen, gehe es in dem Verfahren nach § 23 Abs. 1 Satz 2 BMV-Z um das Bestehen eines gegen den Vertrags (zahn) arzt gerichteten Schadenersatzanspruchs, der wie jeder Anspruch der Verjährung unterliege. Da es sich nach der rechtlichen Einordnung um einen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung handele, betrage die Verjährungsfrist dreißig Jahre. Aber auch wenn man mit dem SG von einer Vierjahresfrist ausgehe, sei der Anspruch nicht verjährt; denn die Verjährung sei bereits durch den Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens und später durch die Erhebung der Untätigkeitsklage sowie durch den Bescheid des Prüfungsausschusses unterbrochen worden. Jedenfalls könne sich die Beigeladene zu 1) nach Treu und Glauben nicht auf Verjährung berufen, nachdem sie es als Geschäftsstelle der Prüfungseinrichtungen unterlassen habe, den Beigeladenen zu 2) von den rechtlich erheblichen Vorgängen in Kenntnis zu setzen.
Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. September 1995 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 16. Juni 1993 zurückzuweisen. |
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Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Beschwerderecht der KZÄV gegen Entscheidungen des Prüfungsausschusses ergebe sich unmittelbar aus § 106 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Das Verstreichen der für die Schadensfeststellung geltenden Ausschlußfrist sei unabhängig von einem etwaigen Fehlverhalten der Beigeladenen zu 1) zu berücksichtigen, weil sich der Schadenersatzanspruch gegen den Beigeladenen zu 2) richte und diesem gegenüber mangels rechtzeitiger Feststellung nicht durchsetzbar sei.
Der Beigeladene zu 2) hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 1991 ist entgegen der Auffassung des LSG rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Ob der Beigeladene zu 2) der Klägerin durch schuldhafte Verletzung kassenzahnärztlicher Pflichten einen Schaden verursacht hat, wird der Beklagte sachlich zu prüfen und sodann über das Feststellungsbegehren der Klägerin erneut zu entscheiden haben.
Nicht zu beanstanden ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts insoweit, als es die Beschwerde der Beigeladenen zu 1) gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 26. Februar 1991 als zulässig erachtet hat. Das Gesetz gesteht den KZÄVen das Recht, gegen Entscheidungen der Prüfungsausschüsse die Beschwerdeausschüsse anzurufen, ausdrücklich zu (§ 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988; § 106 Abs. 5 Satz 4 SGB V in der seit 1. Januar 1993 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes [GSG] vom 21. Dezember 1992, jeweils i.V.m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Es unterscheidet dabei nicht nach dem Gegenstand der angegriffenen Entscheidung, so daß der Einwand, das Beschwerderecht sei auf den Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung im engeren Sinne zu beschränken, im Gesetzeswortlaut keine Stütze findet. Allerdings ist auch bei grundsätzlich bestehendem Beschwerderecht das für alle Rechtsschutzbegehren geltende Erfordernis der materiellen Beschwer des Widerspruchsführers zu beachten. Nur soweit dieser durch den beanstandeten Verwaltungsakt in eigenen Rechten betroffen wird, ist er zur Anfechtung befugt. Daß das Gesetz selbst das Merkmal der "Betroffenheit" nur im Zusammenhang mit dem Beschwerderecht der Ärzte und der Landesverbände der Krankenkassen (§ 106 Abs. 5 Satz 4 SGB V i.d.F. des GSG) erwähnt, ändert nichts daran, daß auch bei allen anderen Anfechtungsberechtigten eine eigene Beschwer als Voraussetzung für die Zulässigkeit des konkret eingelegten Rechtsbehelfs gegeben sein muß (dazu: BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 18 S. 97 ff; vgl. auch Senatsurteil vom 30. November 1994, SozR 3-2500 § 119 Nr. 1 S. 2, zu dem vergleichbar ausgestalteten Widerspruchsrecht der K (Z) ÄVen in Zulassungssachen).
Eine rechtliche Beschwer der Beigeladenen zu 1) durch den Bescheid, mit dem der Prüfungsausschuß dem Antrag auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" stattgegeben hat, ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin zu bejahen. Dazu muß nicht entschieden werden, ob die KZÄV trotz des eindeutigen Wortlauts des § 23 Abs. 1 Satz 2 BMV-Z und der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Übertragung der Schadenfeststellungskompetenz auf die Prüfungseinrichtungen (BSG SozR 5540 § 34 Nr. 1; SozR 2200 § 368n Nr. 26; SozR 5545 § 24 Nr. 2 S. 3) eine Verletzung eigener Rechte mit der Begründung behaupten kann, sie selbst und nicht der Prüfungsausschuß sei für die Feststellung "sonstiger Schäden" zuständig. Ebenso kann offenbleiben, ob, wie das LSG gemeint hat, ein Eingriff in Rechte der Beigeladenen zu 1) bereits deshalb anzunehmen ist, weil diese nach § 24 BMV-Z der betroffenen Krankenkasse den durch die Nichterfüllung der kassenzahnärztlichen Pflichten entstandenen und durch die Prüfungseinrichtungen festgestellten Schaden zu ersetzen hat, soweit ihr ein Rückgriff gegen den Kassenzahnarzt durch Aufrechnung gegen Honorarforderungen möglich ist. Der frühere 14a-Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat in der Parallelvorschrift des § 12 Nr. 6 Zahnarzt-/Ersatzkassenvertrag eine bloße Einziehungsregelung gesehen, die über die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Einziehung des Schadensbetrages hinaus keine Haftung der KZÄV für den eingetretenen und durch die zuständige Vertragsinstanz festgestellten Schaden begründe (Urteil vom 21. April 1993, SozR 3-5555 § 15 Nr. 1 S. 5ff.). Das läßt daran zweifeln, ob unter diesem Aspekt eine Beschwer der KZÄV zu begründen ist. Eine Betroffenheit in eigenen Rechten muß jedoch aus der Gesamtverantwortung der KZÄVen für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertragszahnärztlichen Versorgung (§ 75 Abs. 1 SGB V) abgeleitet werden, in die durch Entscheidungen der Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse eingegriffen wird. Hieraus folgt ihre Befugnis, die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidungen unabhängig vom Nachweis eines darüber hinausgehenden konkreten rechtlichen Interesses im Einzelfall geltend zu machen (im selben Sinne: Urteil des Senats vom 30. November 1994, SozR 3-2500 § 119 Nr. 1 zum Beschwerderecht der K (Z) ÄV in Zulassungsangelegenheiten).
In der Sache selbst sind der Beklagte und das LSG, wenn auch auf unterschiedlichen rechtlichen Wegen, zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin könne die Feststellung eines "sonstigen Schadens" nicht (mehr) verlangen, weil ein eventueller Schadenersatzanspruch gegen den Beigeladenen zu 2) infolge Zeitablaufs nicht mehr durchsetzbar und das Rechtsschutzbedürfnis für das Feststellungsbegehren damit entfallen sei. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Dem Berufungsgericht kann dabei schon im Ausgangspunkt nicht gefolgt werden, soweit es angenommen hat, für das Verfahren auf Feststellung eines sonstigen Schadens nach § 23 Abs. 1 Satz 2 BMV-Z gelte in gleicher Weise wie für das Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine vierjährige Ausschlußfrist, innerhalb deren gegenüber dem betroffenen Zahnarzt ein - positiver oder negativer - Feststellungsbescheid ergehen müsse. Diese Auffassung verkennt die Unterschiede, die zwischen der Überprüfung des dem (Zahn) Arzt gegen die K (Z) ÄV zustehenden Honoraranspruchs unter den Gesichtspunkten der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung auf der einen und der Feststellung eines gegen den (Zahn) Arzt gerichteten Schadenersatzanspruchs auf der anderen Seite bestehen. Bei der Honorarprüfung geht es darum, die Befugnis der Prüfungseinrichtungen und der K (Z) ÄV zur Überprüfung und gegebenenfalls Kürzung der eingereichten Honoraranforderung aus rechtsstaatlichen Gründen zeitlich zu begrenzen. Da es sich bei der Prüfungsbefugnis, wie das BSG im Urteil vom 16. Juni 1993 (BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 19) dargelegt hat, nicht um einen Anspruch i.S. des § 194 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern um ein nicht der Verjährung unterliegendes verfahrensrechtliches Gestaltungsrecht handelt, kann dies nur in der Form einer Ausschlußfrist geschehen. Demgegenüber bildet das Schadenfeststellungsverfahren nach § 23 Abs. 1 Satz 2 BMV-Z die Grundlage für die Geltendmachung eines gegen den Zahnarzt gerichteten Schadenersatzanspruchs, der wie jeder Anspruch verjähren kann. In diesem Fall bedarf es keiner Ausschlußfrist, weil dem Interesse des betroffenen Zahnarztes, nicht zeitlich unbegrenzt Ersatzansprüchen aus einer abgeschlossenen Behandlung ausgesetzt zu sein, bereits durch die Verjährungsvorschriften Rechnung getragen wird.
Für den Anspruch der Krankenkasse auf Ersatz des sonstigen Schadens gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 BMV-Z gilt eine Verjährungsfrist von vier Jahren. Der Senat hat dies für den ähnlich gelagerten Ersatzanspruch der Krankenkasse wegen unzulässiger oder unwirtschaftlicher Arzneiverordnungen bereits entschieden (Urteil vom 27. Januar 1987, SozR 2200 § 368e Nr. 10 S. 19ff.). Er hat dargelegt, daß für Regreßforderungen im Bereich des Kassen (zahn) arztrechts zwar eine spezialgesetzliche Verjährungsregelung fehlt, daß es aber aus Gründen des Sachzusammenhangs und der Vereinheitlichung geboten ist, die für sozialrechtliche Ansprüche durchgängig vorgesehene vierjährige Verjährungsfrist auch für diesen Sonderbereich zu übernehmen. Eine analoge Anwendung von Verjährungsvorschriften des BGB, wie sie die Klägerin fordert, kann nur insoweit in Betracht kommen, als allgemeine Rechtsgrundsätze und Erfordernisse des öffentlichen Rechts oder Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes nicht entgegenstehen (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 10. Mai 1995, BSGE 76, 117, 118 = SozR 3-1200 § 45 Nr. 5 S. 16). Der hier in Rede stehende Anspruch, der vor seiner Geltendmachung in einem besonderen, formalisierten Verfahren durch unabhängige Prüfungseinrichtungen festgestellt werden muß und dessen Abwicklung nach der Konstruktion des § 24 BMV-Z über die K (Z) ÄV zu erfolgen hat, unterscheidet sich durch seinen öffentlich-rechtlichen Charakter und seine Einbindung in das kassen (zahn) ärztliche Vergütungssystem in rechtlicher Hinsicht wesentlich von einem zivilrechtlichen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung oder aus unerlaubter Handlung. Im Hinblick darauf ist auch für den Anspruch auf Ersatz eines "sonstigen Schadens" aus Gründen der Spezialität auf die einheitliche Verjährungsfrist des Sozialgesetzbuchs zurückzugreifen.
Bei Zugrundelegung einer vierjährigen Verjährungsfrist ist ein etwaiger Schadenersatzanspruch gegen den Beigeladenen zu 2) aus der 1986 abgebrochenen Behandlung des Patienten A K verjährt. Dabei kann dahinstehen, ob bei Schadenersatzansprüchen, die aus einer Verletzung kassen (zahn) ärztlicher Pflichten resultieren, die Verjährung wie bei anderen Ansprüchen aus dem Bereich des Sozialrechts (§ 45 Abs. 1 Satz 1 SGB I; § 25 Abs. 1, § 27 Abs. 2 SGB IV; § 50 Abs. 4, § 113 SGB X) mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind, oder wie bei deliktischen Ansprüchen des Zivilrechts (§ 852 Abs. 1 BGB) erst mit der Kenntnis des Ersatzberechtigten von dem eingetretenen Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen beginnt. Nachdem die Klägerin im Dezember 1987 bereits die Feststellung eines sonstigen Schadens bei dem Prüfungsausschuß beantragt hat, hat die Verjährung des entsprechenden Anspruchs in jedem Fall spätestens mit Ablauf des Jahres 1987 begonnen und war mit Ablauf des Jahres 1991 vollendet.
Bis zum 31. Dezember 1991 ist die Verjährung nicht wirksam unterbrochen worden. Dem im Dezember 1987 bei dem Prüfungsausschuß gestellten Antrag der Klägerin auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" kommt eine solche Wirkung nicht zu. Der Senat läßt offen, ob ein Antrag auf Schadenfeststellung im Prinzip geeignet ist, eine Verjährungsunterbrechung zu bewirken. In Betracht kommt insoweit eine Anwendung des § 210 BGB, wonach dann, wenn die Zulässigkeit des Rechtswegs von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, die Verjährung durch die Einreichung des Gesuchs bei der Behörde in gleicher Weise wie durch Klageerhebung unterbrochen wird. Die Vorschrift soll den Interessen des Anspruchstellers Rechnung tragen, der seine Forderung nicht unmittelbar durch Klageerhebung geltend machen kann, weil das Gesetz die Zulässigkeit der Klage von einer vorherigen Überprüfung des Anspruchs in einem Verwaltungsverfahren abhängig macht. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich deshalb über den Wortlaut ("Zulässigkeit des Rechtswegs") hinaus auf alle Fälle, in denen eine behördliche Entscheidung oder ein behördliches Verfahren Prozeßvoraussetzung für die Erhebung einer Klage ist (allgemeine Meinung; vgl. BGH LM Nr. 5 zu § 210 BGB Bl 3; von Fel DMann in Münchener Komm zum BGB, § 210 RdNr 2; Soergel/Walter, BGB-Komm, 12. Aufl., § 210 RdNr 1; Palandt/Heinrichs, BGB-Komm, 56. Aufl., § 210 RdNr 1). Der Rechtsgedanke aus § 210 BGB ist grundsätzlich auf sozialrechtliche Ansprüche übertragbar, wie die Regelungen zur Verjährungsunterbrechung bei Sozialleistungsansprüchen (§ 45 Abs. 3 SGB I) und bei Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge (§ 27 Abs. 3 Satz 2 SGB IV) zeigen (vgl. dazu auch BSG SozR 3-1200 § 45 Nr. 1 S. 2). Spezialgesetzliche oder vertragliche Bestimmungen, die seiner Anwendung im Kassen (zahn) arztrecht entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Senat ist allerdings in einem Urteil vom 20. September 1995 (BSGE 76, 285 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 30), in dem er sich mit der Möglichkeit einer Unterbrechung der für das Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung geltenden vierjährigen Ausschlußfrist zu befassen hatte, davon ausgegangen, daß insoweit die Stellung eines bloßen Prüfantrags nicht ausreicht, es vielmehr der Erhebung einer (Untätigkeits-) Klage gegen das Prüfgremium bedarf. Diese Einschränkung resultiert indessen daraus, daß mit der - grundsätzlich absolut wirkenden - Ausschlußfrist eine zeitliche Grenze für das gesamte Verfahren bis zum Erlaß eines Prüfbescheides gezogen werden soll und von daher eine Unterbrechung durch Rechtshandlungen der antragsberechtigten Krankenkasse nur ausnahmsweise in Frage kommen kann, wenn es darum geht, einer Vereitelung der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch das Prüfgremium entgegenzutreten.
Eine - danach möglicherweise in Betracht zu ziehende - Verjährungsunterbrechung durch den Antrag auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" scheidet hier aber wegen der besonderen Sachverhaltsumstände aus, so daß sich die Frage nach der Anwendbarkeit des § 210 BGB letztlich nicht stellt. Die Vorschrift kann nämlich allenfalls mit Einschränkungen herangezogen werden, wenn nicht die angegangene Verwaltungsbehörde, sondern, wie in den Fällen der Schadenfeststellung durch Prüfungseinrichtungen, ein Dritter Anspruchsgegner ist. Nicht die Antragstellung allein, sondern erst die nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB X vorgeschriebene Beteiligung des Dritten an dem Verwaltungsverfahren, etwa durch Übermittelung des Feststellungsantrags und Gewährung rechtlichen Gehörs, könnte bei dieser Konstellation eine Unterbrechung der Verjährung bewirken. Die Regelung des § 210 BGB geht davon aus, daß dem Schuldner die Geltendmachung des gegen ihn gerichteten Anspruchs durch den Antrag auf behördliche Entscheidung in einer der Klageerhebung vergleichbaren, unmißverständlichen Weise vor Augen geführt und dadurch sein Vertrauen, künftig nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, zerstört wird. Dafür besteht jedoch keine Grundlage, wenn der Schuldner, wie im vorliegenden Fall, an dem von dem Gläubiger eingeleiteten Verwaltungsverfahren nicht beteiligt wird.
Aus demselben Grund hat auch die Erhebung der gegen den Prüfungsausschuß gerichteten Untätigkeitsklage im September 1988 die Verjährung des gegen den Beigeladenen zu 2) gerichteten Schadenersatzanspruchs nicht unterbrochen. Die Verjährungsunterbrechung durch gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs entsprechend § 209 BGB tritt grundsätzlich nur ein, wenn die Klage gegen den Schuldner gerichtet wird (Palandt/Heinrichs, BGB-Komm, 56. Aufl., § 209 RdNr 12). Gleichwohl kann, wie der Senat in dem erwähnten Urteil vom 20. September 1995 (BSGE 76, 285, 291f. = SozR 3-2500 § 106 Nr. 30 S. 172) im Zusammenhang mit der Frage der Unterbrechung der für das Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung geltenden Ausschlußfrist ausgeführt hat, unter bestimmten Voraussetzungen durch Erhebung einer Untätigkeitsklage gegen das Prüfgremium die Verjährung eines gegen den (Zahn-) Arzt gerichteten Anspruchs unterbrochen werden. Im Hinblick darauf, daß die Krankenkasse Schadenersatzforderungen nicht unmittelbar gegen den (Zahn-) Arzt richten kann, sondern zunächst ihre Feststellung durch die Prüfungseinrichtungen betreiben muß, ist es sachgerecht und geboten, die Vorschrift des § 209 BGB analog in der Weise anzuwenden, daß eine Unterbrechung der Verjährung eintritt, wenn der (Zahn-) Arzt zu dem Verfahren über die Untätigkeitsklage gegen den Prüfungs- oder Beschwerdeausschuß beigeladen wird und auf diese Weise von dem anhängigen Feststellungsverfahren förmlich Kenntnis erhält. Eine Beteiligung des jetzigen Beigeladenen zu 2) an dem Verfahren über die Untätigkeitsklage ist hier indessen ebenfalls nicht erfolgt.
Schließlich hat auch der Bescheid des Prüfungsausschusses vom 26. Februar 1991 nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung geführt. Ein Verwaltungsakt, der zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, unterbricht zwar nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Verjährung dieses Anspruchs. Erlassen im Sinne der genannten Vorschrift ist der Verwaltungsakt jedoch erst, wenn er dem Anspruchsgegner bekanntgegeben wird und damit ihm gegenüber Wirksamkeit erlangt (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Bekanntgabe an andere Betroffene, wie im vorliegenden Fall die Klägerin und die Beigeladene zu 1), bewirkt zwar, daß der Verwaltungsakt nach außen hin existent und diesen Betroffenen gegenüber wirksam wird, so daß er von ihnen mit Rechtsbehelfen angefochten werden kann. Verjährungsunterbrechende Wirkung kommt ihm aber erst mit der Bekanntgabe an den Schuldner des in Rede stehenden öffentlich-rechtlichen Anspruchs zu. Auch hier folgt die Einschränkung aus dem Zweck der Verjährung, die auf der einen Seite Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zwischen den Beteiligten schaffen, zugleich aber den Schuldner vor einer verspäteten Inanspruchnahme schützen soll. Erhält dieser von dem für ihn bestimmten Leistungs- oder Feststellungsbescheid keine Kenntnis, so kann dadurch der Ablauf der Verjährung ihm gegenüber nicht gehindert werden.
Aus der Tatsache, daß danach etwaige Schadenersatzforderungen der Klägerin gegen den Beigeladenen zu 2) verjährt sind, ergibt sich indessen nicht, daß auf die beantragte Feststellung eines "sonstigen Schadens" durch die Prüfungseinrichtungen kein Anspruch mehr besteht. Das Rechtsschutzbedürfnis für das Feststellungsbegehren besteht schon deshalb fort, weil der Beigeladene zu 2) sich auf Verjährung bislang nicht berufen hat. Entgegen der Annahme des Beklagten führt der Eintritt der Verjährung nicht zum Wegfall des Anspruchs, sondern gibt dem Schuldner lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht (§ 222 Abs. 1 BGB). Infolgedessen ist die Verjährung auch bei Ansprüchen auf dem Gebiet des Sozialrechts grundsätzlich nur auf Einrede zu beachten (Schneider-Danwitz, SGB-SozVers-GesamtKomm, § 50 SGB X Anm. 57; Schroeder-Printzen, SGB X, 2. Aufl., § 52 RdNr. 6). Soweit die Rechtsprechung bei bestimmten Ansprüchen eine Berücksichtigung der Verjährung von Amts wegen gefordert hat (BSGE 22, 177; 25, 73: Ansprüche auf rückständige Sozialversicherungsbeiträge), ist dies mit Besonderheiten des betreffenden Rechtsgebiets begründet worden, die hier nicht einschlägig sind.
Unabhängig davon besteht ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung des behaupteten Schadens deshalb, weil diese Feststellung für den Fall, daß Ansprüche gegen den Beigeladenen zu 2) wegen der eingetretenen Verjährung nicht durchsetzbar sein sollten, Grundlage eines gegen die Beigeladene zu 1) gerichteten Schadenersatzanspruchs sein könnte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beigeladene zu 1) als Geschäftsstelle der Prüfungseinrichtungen den Beigeladenen zu 2) entgegen ihren Verpflichtungen weder von dem im Dezember 1987 gestellten Antrag auf Feststellung eines "sonstigen Schadens" in Kenntnis gesetzt noch ihm die Beschlüsse des Prüfungsausschusses vom 26. Februar 1991 und des Beklagten vom 9. Dezember 1991 zugestellt. Sie hat darüber hinaus dem Prüfungsausschuß, wie sich aus dessen Beschlußbegründung ergibt, nur einen Teil der angeforderten und für die Entscheidung benötigten Unterlagen zur Verfügung gestellt. Soweit durch dieses vertragswidrige Verhalten die Durchsetzung eines gegen den Beigeladenen zu 2) bestehenden Schadenersatzanspruchs vereitelt worden sein sollte, kommt ein Rückgriff der Klägerin gegen die Beigeladene zu 1) in Betracht.
Da der angegriffene Beschluß vom 9. Dezember 1991 somit rechtswidrig und vom SG zu Recht aufgehoben worden ist, muß der Beklagte über den Feststellungsantrag erneut entscheiden. Der Senat geht davon aus, daß den Prüfungseinrichtungen auch bei der Feststellung "sonstiger Schäden" nach § 23 Abs. 1 Satz 2 BMV-Z ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht. Aus diesem Grunde kann die erforderliche Sachentscheidung des Beklagten nicht durch eine gerichtliche Feststellung ersetzt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.6 RKa 88/95
BUNDESSOZIALGERICHT
Verkündet am 28. August 1996
Fundstellen
Haufe-Index 518436 |
BSGE, 97 |
NJW 1997, 3116 |
SozSi 1998, 159 |
SozSi 1998, 74 |