Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung bei Bezug von Rente neben Arbeitseinkommen. Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Freiwillig Krankenversicherte, die neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Arbeitseinkommen erzielen, müssen - anders als freiwillig Versicherte, die neben der Rente Arbeitsentgelt beziehen - ihrer Krankenkasse nicht zusätzlich zu den Beiträgen nach der Beitragsbemessungsgrenze den Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung zahlen.
Normenkette
SGB 5 § 240 Abs. 1 Sätze 1, 2 Fassung: 2003-12-24, Abs. 2 S. 1 Fassung: 2003-12-24, Abs. 3 S. 1 Fassung: 2003-12-24, S. 2 Fassung: 2003-12-24, Abs. 4, § 230 S. 2, § 231 Abs. 2, § 238a; RVO § 180 Abs. 4 Fassung: 1985-12-06, Abs. 5 Fassung: 1985-12-06, Abs. 6 Nr. 1 Fassung: 1985-12-06, Abs. 7 S. 1 Fassung: 1985-12-06, S. 2 Fassung: 1985-12-06, § 393a Abs. 6 S. 4; SGB 6 § 106 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2002-02-19, Abs. 2 Fassung: 2003-12-27; SGB 4 § 14; SGB 4 § 15; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. September 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Februar 2008 aufgehoben.
Der Bescheid vom 2. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2005 wird aufgehoben, soweit er die Verpflichtung zur Einzahlung des Zuschusses des Rentenversicherungsträgers zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung betrifft.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Rechtszügen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Anforderung des Zuschusses des Rentenversicherungsträgers zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung durch die beklagte Krankenkasse.
Der 1928 geborene Kläger ist freiwilliges Mitglied der Beklagten. Seit 1993 bezieht er eine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung, zu der er nach § 106 SGB VI einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung erhält. Daneben erzielt er aus selbstständiger Erwerbstätigkeit Einkommen in Höhe eines Betrages, welcher oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) liegt. Erstmals mit Bescheid vom 2.2.2005 forderte die Beklagte von ihm, dass er ab 1.1.2005 neben den Beiträgen aus seinem Einkommen zusätzlich auch den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers in Höhe von monatlich 143,87 Euro an sie zahle. Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 22.7.2005; Urteil des SG vom 22.2.2008).
Die Berufung des Klägers hat das LSG mit Urteil vom 9.9.2009 zurückgewiesen: Grundlage für die Anforderung des Beitragszuschusses durch die Beklagte sei § 240 Abs 3 SGB V. Die Rente von freiwillig in der GKV Versicherten sei zwar - wie bei Pflichtversicherten - grundsätzlich nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze beitragspflichtig; überstiegen Rente und weitere Einkünfte diese Grenze, sei jedoch der Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers gleichwohl an die Krankenkasse abzuführen. Die Regelung sei - wie vom BSG (SozR 3-2200 § 393a Nr 1) entschieden - verfassungskonform, weil der Beitragszuschuss seinen Zweck (= Minderung der Beitragslast aus der Rente) verfehlen würde, wenn die Beitragsbemessungsgrenze schon wegen des beitragspflichtigen Erwerbseinkommens überschritten werde. Obwohl der Wortlaut des § 240 Abs 3 SGB V nur von "Arbeitsentgelt" spreche, gelte die Regelung auch für Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit. Bei der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter sei nämlich die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen. Die Gleichstellung von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen sei zudem systemgerecht. Mit Beiträgen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze werde der Kläger nicht belastet, weil er jedenfalls keine Rentenbezüge für seine Krankheitsabsicherung einsetzen müsse.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des Art 3 Abs 1 GG, des § 240 Abs 3 SGB V sowie des Verhältnismäßigkeitsprinzips (Art 1 Abs 3 iVm Art 20 Abs 3 GG). Freiwillig versicherte Rentner mit zusätzlichem Bezug von Arbeitsentgelt oder -einkommen würden gegenüber den Versicherten, die mit Beiträgen zur GKV nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze belastet seien, ungerechtfertigt benachteiligt. Während der Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers bei Rentnern ohne oder mit geringem Erwerbseinkommen entlastend wirke, träte dieser Effekt vorliegend nicht ein, würde man mit dem LSG § 240 Abs 3 SGB V über seinen Wortlaut hinaus unzulässig auf "Arbeitseinkommen" ausdehnen. Freiwillig versicherte Selbstständige in seiner Lage, die stets den Höchstbeitrag gezahlt und nie einen Arbeitgeberanteil erhalten hätten, wären im Falle des Rentenbezugs der Beitragslast in der GKV über Gebühr ausgesetzt, wenn sie den ihnen als Rentner zustehenden Beitragszuschuss nicht behalten dürften, sondern an die Krankenkasse abführen müssten.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. September 2009 sowie des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Februar 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2005 insoweit aufzuheben, als darin die Einzahlung des Zuschusses des Rentenversicherungsträgers zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung verlangt wird.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Der Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung werde zweckgebunden zusätzlich zu dem Zahlbetrag der Rente gezahlt, weshalb dem Kläger durch dessen Abführung keine rentenmindernden Aufwendungen entstünden. Die begehrte Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 240 Abs 3 SGB V auf Arbeitsentgelt führe zu einer auch nicht durch die alleinige Beitragstragung Selbstständiger gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Beschäftigten gegenüber Selbstständigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen und das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen, soweit er die Aufhebung des Bescheides vom 2.2.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2005 insoweit begehrt hat, als darin die Einzahlung des Zuschusses des Rentenversicherungsträgers zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung verlangt wird. In diesem Umfang sind diese Bescheide rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht berechtigt, vom Kläger die Einzahlung des Zuschusses des Rentenversicherungsträgers zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung zu verlangen. Hierfür fehlt eine Rechtsgrundlage, insbesondere kann die Beklagte ihr Verlangen nicht auf § 240 Abs 3 Satz 2 SGB V (idF durch Gesetz vom 24.12.2003, BGBl I 2954) stützen, denn dieser ist gegenüber dem Kläger weder unmittelbar (hierzu 1.) noch entsprechend anwendbar (hierzu 2.).
1. Nach § 240 Abs 3 SGB V ist für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen. Soweit dies insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen. Diesen Zuschuss erhalten nach § 106 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI (hier idF durch Gesetz vom 21.7.2004, BGBl I 1791) Rentenbezieher zusätzlich zu ihrer Rente, die freiwillig in der GKV oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert und nicht gleichzeitig in der GKV pflichtversichert sind. Der Zuschuss wurde in der hier maßgeblichen Zeit in Höhe des halben Betrages geleistet, der sich aus der Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes ihrer Krankenkasse auf den Zahlbetrag der Rente ergibt (§ 106 Abs 2 SGB VI og Fassung).
Zutreffend beruft sich der Kläger darauf, dass § 240 Abs 3 Satz 1 SGB V und - wegen dessen unmittelbarer tatbestandlicher Anknüpfung hieran ("Soweit dies …") - auch § 240 Abs 3 Satz 2 SGB V nur auf freiwillig krankenversicherte Beschäftigte anwendbar sind, die als solche neben "Arbeitsentgelt" eine Rente beziehen. Dies ergibt sich aus Wortlaut (hierzu a)) und Systematik (hierzu b)) der Norm.
a) Ausgehend vom Wortlaut des § 240 Abs 3 Satz 1 SGB V ("Arbeitsentgelt") bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regelungen dieses Absatzes neben freiwillig versicherten Beschäftigten auch auf freiwillig versicherte selbstständig Tätige anzuwenden sind. Zwar zwingt der unmittelbare Wortsinn allein noch nicht zu einer ausschließlichen Deutung im Sinne eines Entgelts für Arbeit in (abhängiger) Beschäftigung. Jedoch wird der Begriff "Arbeitsentgelt" mit Anspruch auf Geltung für alle Versicherungszweige (§ 1 Abs 1 Satz 1 SGB IV) in § 14 SGB IV (idF durch Gesetz vom 23.12.2002, BGBl I 4621) definiert. Nach dessen Abs 1 Satz 1 sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Demgegenüber bezeichnet § 15 SGB IV den Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit als Arbeitseinkommen. Diese gesetzlichen Definitionen hat der Senat in ständiger Rechtsprechung zur Auslegung der in § 226 SGB V verwandten Begriffe "Arbeitsentgelt" und "Arbeitseinkommen" herangezogen (zB BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 23; BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 24; BSGE 103, 229 = SozR 4-2400 § 23a Nr 5) und gegen die weiteren dort genannten Einnahmearten abgegrenzt (zB BSG SozR 4-2500 § 229 Nr 3). Auch im Zusammenhang mit den nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB V bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder mindestens zu berücksichtigenden Einnahmen hat der Senat bereits auf §§ 14, 15 SGB IV verwiesen (BSGE 76, 34, 37 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 19 S 69; zu § 180 Abs 4 RVO vgl BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 7 S 16). Dass dem Begriff "Arbeitsentgelt" in § 240 Abs 3 SGB V eine andere Bedeutung zukommen sollte, ist nicht erkennbar.
b) Eine Auslegung des Begriffs "Arbeitsentgelt" in § 240 Abs 3 Satz 1 SGB V iS des § 14 SGB IV - mit der Folge einer Beschränkung des Anwendungsbereichs des Abs 3 auf freiwillig versicherte Beschäftigte - wird auch durch den äußeren und inneren Normzusammenhang bestätigt.
§ 240 SGB V regelt die beitragspflichtigen Einnahmen aller freiwillig Versicherten. Dabei werden im Gegensatz zu dem bis Ende 1988 geltenden Recht der RVO (§ 180 Abs 7 RVO, zuletzt idF durch Gesetz vom 6.12.1985, BGBl I 2154) freiwillig versicherte Rentner grundsätzlich wie andere freiwillig Versicherte und nicht mehr wie pflichtversicherte Rentner behandelt (vgl BSG SozR 2200 § 180 Nr 49 S 216). Insofern sind auch für freiwillig versicherte Rentner nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB V mindestens die in § 226 Abs 1 SGB V genannten Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen (BSGE 76, 34, 37 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 19 S 69), jedoch nach § 240 Abs 2 Satz 3 iVm § 223 Abs 3 SGB V - vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung - auf die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt. Diese einheitliche Begrenzung der Beitragsbemessung bezogen auf die Summe aus allen Arten beitragspflichtiger Einnahmen freiwillig versicherter Rentner bestätigt auch § 238a SGB V (eingefügt durch Gesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Als Ausnahmebestimmung hierzu ordnet § 240 Abs 3 SGB V für freiwillig Versicherte, die neben Arbeitsentgelt Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, eine getrennte Berücksichtigung des Zahlbetrags der Rente und der übrigen Einnahmen jeweils bis zur Beitragsbemessungsgrenze und - soweit hierdurch die Beitragsbelastung die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet - die Ersetzung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen aus der Rente durch die Verpflichtung zur Zahlung allein des Zuschusses nach § 106 SGB VI an. Dabei lässt es schon die ausdrückliche Unterscheidung des folgenden Absatzes (§ 240 Abs 4 SGB V) zwischen Einnahmen hauptberuflich selbstständig erwerbstätiger freiwilliger Mitglieder (Satz 2) und solchen anderer Mitglieder (Satz 1) als unwahrscheinlich erscheinen, dass der Gesetzgeber in § 240 Abs 3 Satz 1 SGB V die Differenzierung zwischen Beschäftigten und Selbstständigen bei der Wortwahl übersehen haben sollte. Bereits hierdurch wird das Argument des LSG, der Grundsatz des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V, wonach die gesamte Leistungsfähigkeit des Mitglieds bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sei, lasse eine Differenzierung zwischen Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen nicht zu, aus der Norm selbst heraus widerlegt.
Dem LSG ist auch nicht darin zu folgen, dass es ohne die von ihm vertretene Erstreckung des § 240 Abs 3 SGB V auf freiwillig versicherte Selbstständige keinen Anwendungsbereich für diese Norm mehr gebe. Zwar trifft es zu, dass die Entscheidung des BVerfG vom 15.3.2000 (BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42) vielen Personen, die bis zum Eintritt in die Rente wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der GKV versicherungsfrei, jedoch freiwillig versichert waren, den Weg in die Pflichtversicherung als Rentner nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V eröffnete, weil nach dieser Entscheidung - entsprechend der bereits zuvor und ab 1.4.2002 wieder geltenden Rechtslage - auch Zeiten der freiwilligen Versicherung in der GKV der Erfüllung der notwendigen Vorversicherungszeiten dienen können. Dies führt aber nicht dazu, dass diese Personen als Rentner pflichtversichert wären, wenn sie ihre Beschäftigung über den Eintritt in die Rente hinaus fortführen. Vielmehr wird die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V durch die absolute Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 3 Satz 1 SGB V verdrängt (vgl zB Peters in KassKomm, Stand der Einzelkommentierung April 2011, § 6 SGB V RdNr 66).
c) § 240 Abs 3 SGB V ist nach den vorstehenden Ausführungen auf den Kläger jedenfalls nicht direkt anwendbar. Denn nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG bezog er neben der Rente kein Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung, sondern Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit.
2. § 240 Abs 3 SGB V ist auf den Kläger indessen auch nicht entsprechend anwendbar. Ausgehend von Regelungszweck (hierzu a)) und Regelungsgeschichte (hierzu b)) dieser Norm ist von einer bewussten Beschränkung des Anwendungsbereichs auf freiwillig versicherte Beschäftigte mit zusätzlichem Rentenbezug auszugehen. Damit fehlt es bereits an einer analogiefähigen Regelungslücke (zu diesem Erfordernis allgemein vgl zB Sprau in Palandt, BGB, 70. Aufl 2011, Einleitung RdNr 48, 55). Eine analoge Anwendung des § 240 Abs 3 SGB V ist auch nicht zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Beschäftigten und Selbstständigen geboten (hierzu c)).
a) Die unter 1. im Wege der Auslegung hergeleitete Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 240 Abs 3 SGB V auf freiwillig Versicherte, die neben der Rente Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung beziehen, entspricht auch dem - eine Analogie ausschließenden - Normzweck. So ist § 240 Abs 3 SGB V nach der Begründung zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes (BT-Drucks 11/2237 S 225 zu § 249 Abs 3) aus Gründen der Gleichbehandlung mit versicherungspflichtig Beschäftigten mit Rentenbezug notwendig. Diese können sich nach § 231 Abs 2 SGB V (idF durch Gesetz vom 23.12.2002, BGBl I 4637) auf Antrag die von ihnen selbst getragenen Anteile an den Beiträgen aus der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erstatten lassen, soweit sie auf Beträge entfallen, um die die Rente zusammen mit den übrigen der Beitragsbemessung zugrunde gelegten Einnahmen die Beitragsbemessungsgrenze überschritten hat. In Verbindung mit § 230 Satz 2 SGB V führt die Erstattung zur Entlastung von Beiträgen aus der Rente bei gleichzeitiger Zahlung von Höchstbeiträgen aus den übrigen Einnahmearten; die vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung getragenen, nicht erstattungsfähigen Beitragsanteile verblieben demgegenüber in der Zeit bis 29.3.2005 bei der Krankenkasse (eine Erstattung an den Rentenversicherungsträger wurde erst mit Einfügen des Satz 3 in § 231 Abs 2 SGB V durch Gesetz vom 21.3.2005, BGBl I 818, mWv 30.3.2005 eingeführt) und kamen damit dem Krankenkassenmitglied auch wirtschaftlich nicht zugute.
Dieses Ergebnis (= keine Belastung des Mitglieds mit selbst zu tragenden Beiträgen aus der Rente und Verbleib der Beitragsanteile des Rentenversicherungsträgers bei der Krankenkasse) wird durch § 240 Abs 3 SGB V auf freiwillig versicherte Beschäftigte mit Rentenbezug übertragen. Dabei war zu berücksichtigen, dass für freiwillig krankenversicherte Rentner die anteilige Beitragstragung des Rentenversicherungsträgers (§ 249a SGB V) durch dessen Zuschuss zu den Kosten der Krankenversicherung nach § 106 SGB VI ersetzt wird und dass die freiwillig Versicherten nach § 252 Abs 1 Satz 1 iVm § 250 Abs 2 SGB V die Beiträge einschließlich des Zuschusses selbst an die Krankenkasse zu zahlen haben. Eine gesonderte Einbeziehung freiwillig krankenversicherter Selbstständiger mit Rentenbezug in § 240 Abs 3 SGB V war danach zur Erreichung seines Regelungsziels nicht notwendig.
Die vom LSG für die Anwendung des § 240 Abs 3 SGB V auch auf Selbstständige angeführte, gegenüber der Vorgängerregelung des § 180 RVO beabsichtigte Ausweitung der Beitragsbemessungsgrundlage (unter Hinweis auf Bernsdorff in jurisPK-SGB V, 2007, § 240 SGB V RdNr 1), überzeugt dabei nicht. Denn diese Ausweitung auf freiwillig versicherte Rentner erfolgt bereits durch deren - schon oben angesprochene - Gleichstellung mit anderen Pflichtversicherten anstelle der bis Ende 1988 vorgenommenen Gleichstellung mit pflichtversicherten Rentnern (vgl BSG SozR 2200 § 180 Nr 49 S 216; Bernsdorff, aaO, RdNr 4). Dass dieses Ziel auch dem § 240 Abs 3 SGB V zugrunde läge, ist der bereits zitierten Entwurfsbegründung (aaO) indessen nicht zu entnehmen.
b) Darüber hinaus spricht für eine bewusste Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 240 Abs 3 SGB V auf freiwillig versicherte Beschäftigte mit zusätzlichem Rentenbezug auch der Blick auf die Vorgängerregelungen des § 240 SGB V. Schon nach § 180 Abs 4 RVO (zuletzt idF durch Gesetz vom 6.12.1985, BGBl I 2154) wurde für die Ermittlung des Grundlohns freiwillig Versicherter, also der für die Bemessung der Beiträge maßgeblichen beitragspflichtigen Einnahmen (§ 385 RVO), zwischen Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen unterschieden (vgl BSGE 57, 235 = SozR 2200 § 180 Nr 19). In gleicher Weise differenzierte der den Grundlohn von freiwillig versicherten Rentnern betreffende § 180 Abs 7 RVO zwischen dem zusätzlichen Bezug von Arbeitsentgelt und anderen Einnahmearten, wie zB Arbeitseinkommen.
Zudem betraf die Regelung über die Rückerstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner in § 393a Abs 6 RVO (zuletzt idF durch Gesetz vom 27.6.1984, BGBl I 793; vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 393a Nr 1; BSG Urteil vom 19.12.1991 - 12 RK 11/90 - Die Beiträge 1993, 125; BSG Beschluss vom 21.6.2006 - B 12 KR 70/05 B) nur Rentner, die neben ihrer Rente als Arbeiter oder Angestellte Arbeitsentgelt bezogen. Nach § 393a Abs 6 RVO waren nach § 180 Abs 6 Nr 1 RVO bemessene Beiträge, also die aus der Rente einbehaltenen und vom Rentenversicherungsträger abgeführten Beiträge nicht als Rentner Versicherungspflichtiger mit Rentenbezug (§ 180 Abs 6 RVO, also ua als Arbeiter oder Angestellte pflichtversicherte Rentenbezieher), zu erstatten, soweit diese zusammen mit den übrigen Beiträgen zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbemessung geführt hatten; hiervon war der auf die Beiträge entfallende Zuschuss der Rentenversicherung zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung abzuziehen. Gleiches galt für freiwillig Versicherte, die Arbeitsentgelt bezogen, bei denen aber die Pflichtversicherung sowohl als Beschäftigter als auch als Rentner wegen des Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze allein durch das Arbeitsentgelt ausgeschlossen war (§ 165 Abs 1 Nr 2 und Abs 6 Satz 1 Nr 2 RVO iVm § 180 Abs 7 Satz 2 RVO). § 393a Abs 6 Satz 4 RVO stellte dies für die freiwillig versicherten Rentner mit einem Arbeitsentgelt über der Beitragsbemessungsgrenze nochmals ausdrücklich klar. Für freiwillig versicherte Rentner mit Arbeitseinkommen an Stelle von Arbeitsentgelt war danach keine Erstattung von überzahlten Beiträgen aus der Rente vorgesehen. Hierfür bestand auch keine Notwendigkeit, denn eine Überzahlung von Beiträgen konnte nach § 180 Abs 7 Satz 1 iVm Abs 5 RVO nicht eintreten.
c) Entgegen der - vom Vorliegen einer Regelungslücke ausgehenden - Ansicht des LSG (ebenso Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand der Einzelkommentierung XII/08, K § 240 RdNr 45 f) ist eine entsprechende Anwendung des § 240 Abs 3 SGB V auf die - vom Kläger repräsentierte - Gruppe freiwillig versicherter Selbstständiger im Rentenbezug mit einem Arbeitseinkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze, sofern man diese nach den obigen Ausführungen noch für zulässig hielte (zu den Grenzen zulässiger Auslegung und Rechtsfortbildung vgl zB BVerfG Beschluss vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - NJW 2011, 836), auch zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung mit anderen Versichertengruppen nicht geboten. Das LSG stellt der vom Kläger repräsentierten Gruppe die vom Wortlaut des § 240 Abs 3 Satz 2 iVm Satz 1 SGB V unmittelbar erfasste Gruppe der freiwilligen Mitglieder gegenüber, die neben einem Arbeitsentgelt aus einer abhängigen Beschäftigung eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dieser Gruppen erblickt es darin, dass Beschäftigte mit einem Entgelt über der Beitragsbemessungsgrenze den Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zu den Kosten der freiwilligen Krankenversicherung an die Krankenkasse abführen müssen, während diese Verpflichtung Selbstständige mit einem Arbeitseinkommen in gleicher Höhe nicht trifft und sie hieraus einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen können, der diesen Beschäftigten nicht zugute kommt.
Das LSG übersieht dabei, dass beide Gruppen - ausgehend von der Nichtanwendbarkeit des § 240 Abs 3 SGB V auf die genannten Selbstständigen - in der hier anzuwendenden Fassung des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V nach Maßgabe der Satzung der jeweiligen Krankenkasse jeweils Höchstbeiträge zur freiwilligen Krankenversicherung selbst tragen und zu zahlen haben. Für die Beitragsbemessung gilt dabei grundsätzlich § 238a SGB V, wonach bei freiwillig versicherten Rentnern der Beitragsbemessung nacheinander der Zahlbetrag der Rente, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, das Arbeitseinkommen und die sonstigen Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen (§ 240 Abs 1 SGB V), bis zur Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden. Hiervon macht § 240 Abs 3 Satz 1 SGB V eine Ausnahme, indem für freiwillig versicherte Beschäftigte eine getrennte Berücksichtigung der Rente und der übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze (sog doppelte Beitragsbemessungsgrenze) angeordnet wird. Gleichzeitig wird mit § 240 Abs 3 Satz 2 SGB V die Berücksichtigungsreihenfolge geändert, indem beim Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze durch die Summe der der Beitragsbemessung zugrunde gelegten Einnahmen zunächst die aus der Rente zu zahlenden Beiträge entfallen (weitergehend Sieben in Figge, Sozialversicherungs-Handbuch Beitragsrecht, Stand der Einzelkommentierung Juni 2011, Ziffer 5.7.4.2.1 unter Hinweis auf § 2 Abs 2 - richtig: Abs 3 - der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen" - BVGrdS , dort abgedruckt unter Ziffer 5.7.1 mit Stand 6.5.2010 -, wonach im Anwendungsbereich des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V entgegen der in § 238a SGB V vorgesehenen Reihenfolge das Arbeitsentgelt vor allen anderen Einnahmearten heranzuziehen sei) und (zusätzlich zum Höchstbeitrag aus den übrigen Einnahmen) nur noch der Zuschuss nach § 106 SGB VI vom Mitglied an die Krankenkasse zu zahlen ist. Entgegen der seit Inkrafttreten der Norm zum 1.1.1989 unveränderten Formulierung ist dies seit dem 1.4.1999 unter den Voraussetzungen des § 240 Abs 3 Satz 1 SGB V typischerweise der Fall, denn bei einem Arbeitsentgelt unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze, aus der die Beitragsbemessungsgrenze abgeleitet ist (vgl § 223 Abs 3 Satz 1 SGB V), besteht grundsätzlich Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V. Die - neben fortwirkenden Befreiungen von der Versicherungspflicht - einzige Ausnahme, Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung (heute § 7 SGB V iVm §§ 8, 8a SGB IV), ist seit Einführung des Arbeitgeberpauschalbeitrags nach § 249b SGB V mit Wirkung zum 1.4.1999 (durch Gesetz vom 24.3.1999, BGBl I 388) für die Bemessung der Einnahmen freiwillig Versicherter nicht mehr relevant (aA Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand der Einzelkommentierung VI/08, K § 238a RdNr 9), da von den geringfügig Beschäftigten selbst keine Beiträge auf dieses Entgelt mehr erhoben werden dürfen (BSGE 92, 68 = SozR 4-2500 § 240 Nr 2). Dies führt dazu, dass freiwillig versicherte Beschäftigte mit Rentenbezug regelmäßig Höchstbeiträge auch auf das Arbeitsentgelt, aber niemals auf den Zahlbetrag der Rente entrichten, während freiwillig versicherte Selbstständige mit Rentenbezug Beiträge immer auch auf den Zahlbetrag der Rente entrichten.
Der Senat kann offenlassen, inwieweit bereits diese Unterschiede bei der Heranziehung der Einnahmearten zur Beitragsbemessung geeignet wären, allein freiwillig versicherte Beschäftigte mit Rentenbezug zur zusätzlichen Einzahlung des Zuschusses nach § 106 SGB VI zu verpflichten. Die unterschiedliche Behandlung von freiwillig versicherten Beschäftigten und Selbstständigen nach § 240 Abs 3 SGB V ist jedenfalls gerechtfertigt, wenn man den vom LSG nicht berücksichtigten, ausschließlich der ersten Gruppe gezahlten Zuschuss nach § 257 Abs 1 SGB V (hier idF durch Gesetz vom 23.12.2002, BGBl I 4637) in die Betrachtung einbezieht: Nach dieser Norm erhalten freiwillig in der GKV versicherte Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuss die Hälfte des Beitrags, der für einen versicherungspflichtig Beschäftigten bei der Krankenkasse, bei der die Mitgliedschaft besteht, zu zahlen wäre, höchstens jedoch die Hälfte des Betrages, den sie tatsächlich zu zahlen haben. Zusammen mit dem Zuschuss nach § 106 SGB VI würde dies im Extremfall zu einer (nach neuerem Recht: fast) vollständigen Beitragsentlastung des freiwillig krankenversicherten Beschäftigten mit Rentenbezug führen, wenn nicht nach § 240 Abs 3 SGB V der Zuschuss nach § 106 SGB VI zusätzlich zu den Beiträgen aus den anderen Einnahmearten an die Krankenkasse einzuzahlen wäre. Im Ergebnis verbleibt es bei der Entlastung freiwillig versicherter Beschäftigter mit Rentenbezug um (etwa) die Hälfte der von ihnen zu tragenden Beiträge. Dies entspricht der maximalen Beitragsentlastung des vom Kläger repräsentierten Personenkreises der freiwillig versicherten Selbstständigen mit Rentenbezug durch den Zuschuss nach § 106 SGB VI.
Auch mit Rücksicht auf die Funktion des Zuschusses nach § 106 SGB VI, nach der typischerweise mit dem Renteneintritt erfolgenden Aufgabe eines Beschäftigungsverhältnisses den vom Arbeitgeber zu tragenden Beitragsteil (§ 249 SGB V) bzw dessen Zuschuss nach § 257 Abs 1 SGB V zu ersetzen, erscheint eine unterschiedliche Behandlung von freiwillig versicherten Selbstständigen und Beschäftigten, deren Beiträge wirtschaftlich weiterhin zu einem wesentlichen Teil durch den Arbeitgeber getragen werden, gerechtfertigt.
3. Der Senat war an einer abschließenden Entscheidung über die Revision nicht dadurch gehindert, dass das LSG keine Feststellungen zum Inhalt der Satzung der Beklagten getroffen hat. Dabei kann offenbleiben, ob die Beklagte im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides durch Satzung nach § 240 Abs 1 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung durch Gesetz vom 24.12.2003, BGBl I 2954) die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder geregelt hatte und ob diese Satzung auch eine der von ihr vertretenen Auslegung des § 240 Abs 3 SGB V entsprechende Bestimmung über die Verpflichtung freiwillig versicherter Rentner mit Arbeitseinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze zur Einzahlung des Zuschusses nach § 106 SGB VI enthielt. Da das LSG zu Existenz und möglichem Inhalt einer solchen Satzungsbestimmung keine Feststellungen getroffen hat, wäre der Senat nicht daran gehindert, den Inhalt einer solchen Bestimmung selbst festzustellen und auf dessen Vereinbarkeit mit Bundesrecht zu überprüfen (vgl statt vieler allgemein BSGE 94, 149 = SozR 4-2700 § 63 Nr 2, RdNr 27 mwN). Einer vertieften Prüfung durch den Senat bedarf es insoweit jedoch nicht; denn eine solche Satzungsbestimmung verstieße - wie oben dargelegt - gegen § 240 Abs 3 SGB V, sodass die angefochtenen Bescheide der Beklagten hierauf nicht gestützt werden durften.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2907162 |
DB 2012, 15 |
DStR 2012, 1141 |
FA 2012, 128 |
Breith. 2012, 507 |