Beteiligte
8. Juni 1989 … Kläger und Revisionsbeklagter |
Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg, Regensburger Straße 104, Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
G r ü n d e :
I.
Die 1942 geborene Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 7. bis 31. Oktober 1986 und die Ablehnung der Gewährung von Alhi für die Zeit vom 1. bis 23. November 1986.
Durch Bescheide vom 26. Februar und 19. März 1986 bewilligte das Arbeitsamt E. der in H. wohnhaften Klägerin, die sich am 9. Januar 1986 arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt hatte, Alhi für die Zeit vom 9. Januar bis 31.1 Oktober 1986. Am 29. August 1986 zog die Klägerin von H. nach W. um, ohne der Beklagten diesen innerhalb des Arbeitsamtsbezirks E. erfolgten Wohnsitzwechsel und ihre neue Wohnanschrift mitzuteilen, obwohl sie sich im Antragsformular verpflichtet hatte, sofort alle Änderungen der darin angegebenen Verhältnisse anzuzeigen. Kenntnis von der neuen Wohnanschrift der Klägerin erhielt die Beklagte erst am 7. Oktober 1986 durch einen entsprechenden Vermerk der Post auf dem Umschlag eines an das Arbeitsamt zurückgegebenen, an die alte Adresse der Klägerin gerichteten Schreibens, das den Fragebogen zur Weiterbewilligung von Alhi enthalten hatte. Daraufhin stellte die Beklagte mit Wirkung vom 1. Oktober 1986 die Leistungen an die Klägerin ein. Durch Bescheid vom 28. November 1986 wurde der Klägerin, die sich am 24. November 1986 - diesmal unter ihrer neuen Wohnanschrift - erneut arbeitslos gemeldet und die Wiederbewilligung von "Arbeitslosengeld" beantragt hatte, Alhi ab 24. November 1986 weiterbewilligt.
Mit Bescheid vom 9. Dezember 1986 hob die Beklagte die Alhi-Bewilligungsbescheide vom 26. Februar und 19. März 1986 für die Zeit vom 29. August bis 23. November 1986 gemäß § 48 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) auf, weil die Klägerin vom Zeitpunkt des Umzugs an (29. August 1986) für das Arbeitsamt nicht mehr unter der von ihr benannten Anschrift erreichbar und damit iS des § 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht verfügbar gewesen sei; gleichzeitig forderte die Beklagte die Erstattung der für die Zeit vom 29. August bis 30. September 1986 gezahlten Leistungen in Höhe von 691,60 DM. Der Widerspruch der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 1987).
Mit der Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 9. Dezember 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 1987 und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Alhi für die Zeit von, 1. Oktober bis 23. November 1986. Durch Urteil vom 10. Dezember 1987 hat das Sozialgericht (SG) den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides insoweit aufgehoben, als die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 26. bis 30. September 1986 aufgehoben worden ist; im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen.
Auf die Berufungen der Beklagten und der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG abgeändert, den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auch insoweit aufgehoben, als er die Leistungszeit vom 7. Oktober bis 23. November 1986 betrifft, und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alhi über den 31. Oktober 1986 hinaus bis zum 23. November 1986 zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen und im übrigen die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16. September 1988). Seine Entscheidung hat das LSG im wesentlichen wie folgt begründet:
Gegenstand des Berufungsverfahrens sei der Bescheid vom 9. Dezember 1986 nicht nur hinsichtlich der Leistungszeit vom 26. bis 30. September 1986, sondern auch bezüglich der Zeit vom 1. Oktober bis 23. November 1986, da die Klägerin Berufung gegen das insoweit klagabweisende Urteil eingelegt habe. Diese Klagabweisung durch das SG ergebe sich aus dem Tenor des erstinstanzlichen Urteils und der Formulierung "im übrigen wird die Klage abgewiesen"; demgegenüber trete die Ausführung in den Entscheidungsgründen zurück, daß das SG übersehen habe, über die begehrte Zahlung von Alhi für die Zeit vom 1. Oktober bis 23. November 1986 zu entscheiden.
In der Sache seien die Berufungen jeweils teilweise begründet. Zu Unrecht habe das SG die Aufhebung der Alhi-Bewilligung nur für die Zeit bis 25. September 1986 für rechtmäßig erachtet; denn die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide seien hier bis zum 6. Oktober 1986 zu bejahen mit der Folge, daß auch die Rückforderung der vom 29. August bis 30. September 1986 gezahlten Alhi von der Beklagten zu Recht geltend gemacht worden sei. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 2 SGB 10 sei die Beklagte berechtigt, einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, wie ihn hier die Alhi-Bewilligung darstelle, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der dafür wesentlichen Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Hier sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen gegenüber denen bei Erlaß der Bewilligungsbescheide dadurch eingetreten, daß die Klägerin wegen der nicht erfolgten Mitteilung über den Wohnsitzwechsel bis zum 6. Oktober 1986 nicht verfügbar iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG gewesen sei. Verfügbarkeit iS dieser Vorschrift setze voraus, daß der Arbeitslose täglich während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihn benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgebenden Anschrift erreichbar sein müsse (§ 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt über den Aufenthalt von Arbeitslosen während des Leistungsbezugs vom 3. Oktober 1979 - ANBA S 1388 - Aufenthalts-Anordnung- iVm § 103 Abs 5 AFC). Diese Voraussetzung habe die Klägerin bis zum 6. Oktober 1986 nicht erfüllt, da sie der Beklagten den am 29. August 1986 durchgeführten Wohnsitzwechsel nicht rechtzeitig mitgeteilt und die Beklagte hiervon erst aufgrund des Postrücklaufs am 7. Oktober 1986 Kenntnis erlangt habe. Daran ändere nichts, daß die Klägerin bei der Post einen Nachsendeantrag gestellt habe; denn hierauf komme es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht an. Fehle es bereits aus diesen Gründen an der Verfügbarkeit, sei ohne Bedeutung, daß die Klägerin darüber hinaus auch deshalb nicht verfügbar gewesen sei, weil sie, ohne dies dem Arbeitsamt vorher gemeldet zu haben, urlaubsbedingt ortsabwesend gewesen sei.
Ihrer Pflicht zur Mitteilung des Wohnsitzwechsels, die sich aus § 60 Abs 1 Nr 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB 1) ergebe, sei die Klägerin grob fahrlässig nicht nachgekommen; denn nach dem Inhalt des Merkblattes für Arbeitslose, dessen Empfang die Klägerin durch ihre Unterschrift im Antragsvordruck bestätigt habe, habe sie wissen können und müssen, daß sie der Beklagten gegenüber zur Mitteilung ihrer neuen Wohnanschrift verpflichtet gewesen sei. Da somit die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligungsbescheide bis einschließlich 6. Oktober 1986 zu bejahen seien, habe die Beklagte zu Recht die Bewilligungsbescheide aufgehoben, ohne von dem ihr gesetzlich eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen, da im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine atypische Fallgestaltung gegeben seien.
Dagegen seien für die Zeit ab 7. Oktober 1986 die Rücknahmevoraussetzungen des § 48 Abs 1 SGB 10 nicht erfüllt, da die Klägerin ab diesem Zeitpunkt der Arbeitsvermittlung wieder zur Verfügung gestanden habe. Die Beklagte habe am 7. Oktober 1986 aufgrund des Postrücklaufs von der neuen Wohnanschrift der Klägerin Kenntnis erlangt, die Klägerin sei jetzt für das Arbeitsamt wieder erreichbar gewesen. Daß § 1 Satz 1 der Aufenthalts-Anordnung verlange, daß der Arbeitslose unter der von ihm benannten Anschrift erreichbar sein müsse, stehe dem nicht entgegen. Zweck dieser Regelung sei es, die Erreichbarkeit des Arbeitslosen objektiv sicherzustellen; dies werde auch dadurch erreicht, daß die mitteilungsbedürftige Tatsache des Wohnsitzwechsels und der Bekanntgabe der geänderten Wohnanschrift des Arbeitslosen der Beklagten durch einen Dritten, hier die Post, zur Kenntnis gebracht werde. Daß der Arbeitslose im Falle eines Wohnsitzwechsels seine neue Wohnanschrift dem Arbeitsamt gegenüber unmittelbar und persönlich mitteilen müsse, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, so daß auch eine vom Arbeitslosen herrührende oder autorisierte "postalische Ummeldung" zur Erfüllung der ihm obliegenden Mitteilungspflicht genügen müsse. Dies bedeute, daß der angefochtene Bescheid für die Zeit vom 7. Oktober bis 23. November 1986 aufzuheben sei. Dies führe zur Wiederherstellung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide mit der Folge, daß die von der Klägerin neben der Anfechtungs- erhobene Leistungsklage, soweit sie den Zeitraum vom 7. bis 31. Oktober 1986 betreffe, mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen sei.
Zulässig und begründet sei die Leistungsklage dagegen wegen des Zeitraums vom 1. bis 23. November 1986. Insoweit beinhalte der angefochtene Bescheid die Ablehnung von Alhi, die für diesen Zeitraum noch nicht bewilligt gewesen sei. Die Anfechtungs- und Leistungsklage sei insoweit begründet, da alle Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Alhi für die Zeit vom 1. bis 23. November 1986 erfüllt seien; es habe weder einer erneuten Arbeitslosmeldung noch einer erneuten Antragstellung durch die Klägerin bedurft, da hier, was näher ausgeführt wird, ein Fall ununterbrochener Arbeitslosigkeit mit Fortbestand der übrigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sei.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG und führt zur Begründung aus, das LSG habe zu Unrecht die Verfügbarkeit der Klägerin ab 7. Oktober 1986, bejaht. Es fehle an der Voraussetzung, daß die Klägerin unter der von ihr benannten Wohnanschrift für das Arbeitsamt erreichbar gewesen sei, wie dies zulässigerweise von § 1 der Aufenthalts-Anordnung verlangt werde; denn aufgrund der von ihr veranlaßten Nachsendung eingehender Post an ihre neue Wohnanschrift habe das Arbeitsamt sie unter der früheren, im Leistungsantrag angegebenen Adresse nicht mehr erreichen können. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin widerspreche sowohl dem Wortlaut als auch dem Zweck des § 1 Aufenthalts-Anordnung; denn diese Vorschrift beinhalte nicht nur eine allgemeine Definition des Begriffs der "Erreichbarkeit", sondern konkretisiere und lokalisiere die Residenzpflicht des Arbeitslosen auf den Ort, den er im Leistungsantrag dem Arbeitsamt gegenüber als seine Wohnung bezeichnet habe. Damit solle nicht nur im Interesse einer effektiven Arbeitsvermittlung erreicht werden, daß das Arbeitsamt den Arbeitslosen ohne zeitliche Verzögerung vermitteln könne. Vielmehr habe die Angabe der Wohnanschrift auch Auswirkungen auf die Auswahl der vom Arbeitsamt unterbreiteten Vermittlungsvorschläge, da hierbei ua auch die Entfernung zwischen der Wohnung des Arbeitslosen und dem anzubietenden Arbeitsplatz von Bedeutung sei.
Daß der Arbeitslose sich unter der von ihm angegebenen Adresse aufhalten müsse, um für das Arbeitsamt direkt und ohne zeitliche Verzögerung erreichbar zu sein, ergebe sich auch aus § 2 der Aufenthalts-Anordnung, wonach die Nichterfüllung der Residenzpflicht nur dann unschädlich sei, wenn der Arbeitslose dem Arbeitsamt rechtzeitig seine Anschrift für die Dauer seiner Abwesenheit mitgeteilt habe und wie bei Ortsabwesenheit erreichbar sei. Aus dem Regelungszusammenhang der Vorschriften der Aufenthalts-Anordnung sei zu folgern, daß im Falle eines Wohnsitzwechsels der Arbeitslose selbst die dem Arbeitsamt gegenüber erforderlichen Mitteilungen zu machen habe und dies nicht in beliebiger Weise von dritter Seite erfolgen könne, weil nur dann verbindlich sichergestellt sei, daß die dem Arbeitsamt bekanntgewordene Adressenänderung tatsächlich mit der neuen Wohnanschrift des Arbeitslosen übereinstimme. Keinesfalls jedoch könne die durch einen Postvermerk auf dem Umschlag eines zurückgesandten Schreibens dem Arbeitsamt vermittelte Kenntnis von der geänderten Wohnanschrift des Arbeitslosen einer eigenen rechtzeitigen Mitteilung durch den Arbeitslosen selbst gleichgestellt werden; denn Mitteilungen dieser Art von dritter Seite könne und dürfe die Beklagte nicht berücksichtigen, soweit sie nicht ausdrücklich und äußerlich erkennbar vom Arbeitslosen autorisiert seien. Letzteres sei hier nicht der Fall. Folglich sei die Aufhebung der Alhi-Bewilligung und die Ablehnung der Gewährung von Alhi für den gesamten noch streitigen Zeitraum zu Recht erfolgt.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. September 1988 hinsichtlich der Kostenentscheidung und insoweit aufzuheben, als der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids für die Zeit vom 7. Oktober bis 23. November 1986 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Alhi an die Klägerin für die Zeit vom 1. bis 23. November 1986 verurteilt worden ist, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG auch insoweit zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, daß die von der Beklagten vertretene Auffassung im Gesetz keine Stütze finde. Weder sei im AFG geregelt, wer dem Arbeitsamt mitteilungsbedürftige Änderungen in den Verhältnissen des Arbeitslosen zur Kenntnis bringen müsse und dürfe, noch in welcher Form dies zu geschehen habe. Ob das Arbeitsamt von der neuen Wohnanschrift des Arbeitslosen direkt von diesem, über das Einwohnermeldeamt oder mittels der Bundespost Kenntnis erlange, könne für die Erreichbarkeit keine Rolle spielen; denn in all diesen Fällen gehe die Änderungsmitteilung vom Leistungsempfänger selbst aus, so daß Zweifel an ihrer Richtigkeit grundsätzlich nicht begründet seien. Da somit die Verfügbarkeit der Klägerin nicht zu verneinen sei, fehle es an der Berechtigung der Beklagten, den Bewilligungsbescheid für den hier streitigen Zeitraum aufzuheben. Darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid auch wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig, da hier, was näher dargelegt wird, eine atypische Fallgestaltung gegeben sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist teilweise abschließend, teilweise iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 1987 nur noch insoweit, als dieser (negative) Regelungen zum Alhi-Anspruch der Klägerin auch für die Zeit vom 7. Oktober bis 23. November 1986 trifft. In dem angefochtenen Bescheid heißt es zwar, daß die frühere Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 29. August bis 23. November 1986 aufgehoben wurde, weil die Voraussetzungen für die Leistungen weggefallen seien. Da der Klägerin Alhi jedoch nur bis 31. Oktober 1986 bewilligt worden war, stellt sich der angefochtene Bescheid seinem Regelungsgehalt nach als eine Aufhebung dieser Bewilligung bis zum 31. Oktober 1986 und als eine Ablehnung der beantragten Gewährung von Alhi für die Zeit vom 1. bis 23. November 1986 dar. Hiervon ist auch das LSG zutreffend ausgegangen.
Über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hat der Senat nicht zu befinden, soweit er die Aufhebung der Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 29. August bis 6. Oktober 1986 und die Geltendmachung einer Rückforderung der in dieser Zeit von der Beklagten erbrachten Leistungen zum Inhalt hat. Insoweit ist der Rechtsstreit rechtskräftig abgeschlossen, da das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückgewiesen und die Klägerin hiergegen Revision nicht eingelegt hat (§ 141 Abs 1 SGG). Streitig ist demnach allein noch, ob die Beklagte berechtigt war, die Alhi-Bewilligung auch für die Zeit vom 7. bis 31. Oktober 1986 aufzuheben und die Gewährung von Alhi an die Klägerin für die Zeit vom 1. bis 23. November 1986 abzulehnen. Nur in diesem Umfang ist aufgrund der Revision der Beklagten der Streitgegenstand der Überprüfung durch das Revisionsgericht angefallen.
Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler, zu denen auch die Zulässigkeit der Klage und die Zulässigkeit der vom SG zugelassenen Berufung gehören, liegen nicht vor.
Die von der Klägerin mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) ist allerdings nur insoweit zulässig, als sie die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Ablehnung der beantragten Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. bis 23. November 1986 betrifft. Insoweit lag, wie ausgeführt, noch keine Leistungsbewilligung vor, so daß die Klägerin ihr Klageziel nur mit dem Begehren auf Aufhebung der insoweit ausgesprochenen Ablehnung und Verurteilung der Beklagten zur Leistung erreichen kann.
Etwas anderes gilt für die Zeit vom 7. bis 31. Oktober 1986. Für diese Zeit war früher bereits Alhi bewilligt worden. Gegen deren Aufhebung war, wie das LSG zutreffend erkannt hat, lediglich Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG zu erheben; denn insoweit hätte die mit der Anfechtungsklage begehrte Aufhebung des angefochtenen Bescheides ohne weiteres bewirkt, daß der Bewilligungsbescheid vom 9. Januar 1986 wiederhergestellt wird mit der Folge, daß die Beklagte dann zur Zahlung der früher bewilligten Alhi für die Zeit bis 31. Oktober 1986 verpflichtet wäre. Da die Klägerin insoweit ihr Ziel schon mit der Anfechtungsklage erreichen konnte, bestand für eine Leistungsklage kein Raum (BSGE 48, 33, 34 = SozR 4100 § 44 Nr 19; BSGE 49, 197, 198 f).
Das Berufungsgericht hat, soweit es den hier noch streitigen Zeitraum betrifft, zu Recht auch darüber entschieden, ob der Klägerin Ansprüche auf Alhi für die Zeit nach dem 1. Oktober 1986 zustehen; denn insoweit hat das erstinstanzliche Gericht die Klage abgewiesen und damit eine Entscheidung in der Sache getroffen. Dies folgt aus dem Tenor des SG-Urteils, wie das LSG zu Recht angenommen hat. Eine Auslegung des Tenors dahingehend, daß das SG über Ansprüche der Klägerin auf Alhi für die Zeit vom 1. Oktober bis 23. November 1986 nicht entschieden habe, kommt nicht in Betracht; denn der Tenor ist eindeutig. Soweit in den Urteilsgründen ausgeführt ist, daß das SG versehentlich eine Sachentscheidung über einen Teil des Klagebegehrens unterlassen habe, kommt dem keine Bedeutung zu; denn bei einem Widerspruch zwischen dem Tenor und den Gründen ist der Tenor maßgebend (vgl BSG, Urteil vom 12. Mai 1985 - 7 RAr 17/81 = Dienstblatt Bundesanstalt Rechtsprechung - DBl BA R - Nr 2786a zu § 44 AFG; Urteil vom 23. Oktober 1985 - 7 RAr 158/84 -; Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, § 144 Anm. 7; Peters/Sautter/Wolff, Komm zum SGG, § 141 Anm 3b bb). Abgesehen davon sind die Ausführungen im Urteil zu diesem Punkt auch unbeachtlich; denn bei der Urteilsbegründung hat der Kammervorsitzende allein die Aufgabe, die Gründe der von der Kammer beratenen und wie beschlossen verkündeten Entscheidung zu formulieren, hingegen nicht, verkündete Urteile nachträglich auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Insbesondere ist er nicht befugt, Fehler, die der Kammer unterlaufen sind, nach der Verkündung des Urteils zu korrigieren (BSG SozR 1500 § 150 Nr 29),. Einem solchen Verfahren stünde schon der in § 12 Abs 1 SGG geregelte gerichtsverassungsrechtliche Grundsatz entgegen, daß eine Kammer grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig wird (vgl auch BSGE 51, 23 = SozR 1500 § 161 Nr 27). Daran würde nichts ändern, wenn der Vorsitzende sich zuvor der Zustimmung der ehrenamtlichen Richter versichert hätte; denn die Korrektur von Fehlern in verkündeten erstinstanzlichen Urteilen obliegt - soweit die Möglichkeit hierfür überhaupt eröffnet worden ist - allein dem Rechtsmittelgericht im Rechtsmittelverfahren (BSG SozR 1500 § 150 Nr 29).
Angesichts dessen bedarf es keiner Erörterung mehr, ob sich die Befugnis des LSG zur Sachentscheidung selbst bei einer nur teilweisen Entscheidung des SG über den Streitgegenstand nicht deswegen ergeben hätte, weil die Klägerin dann mit ihrem uneingeschränkten Berufungsantrag auch den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits vor das Berufungsgericht gebracht und die Beklagte sich rügelos darauf eingelassen hat (vgl BSGE 27, 146, 149 = SozR Nr 21 zu § 96 SGG; ähnlich BSGE 48, 243, 244 = SozR 531C 6 Nr 2).
In der Sache vermag der Senat die Entscheidung des LSG nicht zu bestätigen. Die Anfechtungs- und Leistungsklage ist nicht begründet, soweit sie Leistungszeiten vom 1. bis 23. November 1986 betrifft. Soweit es um die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebung der früheren Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 7. bis 31. Oktober 1986 geht, führt die Revision der Beklagten zur Zurückverweisung der Sache an das LSG, da für eine abschließende Entscheidung ausreichende Tatsachenfeststellungen fehlen.
In dem angefochtenen Bescheid ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin in der gesamten noch streitigen Zeit vom 7. Oktober bis 23. November 1986 nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hat. Anspruch auf Alhi hat jedoch nur, wer ua der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 4, 5, 103 AFC). Nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG, eingefügt durch Art 1 Nr 31 des Fünften AFG-Änderungsgesetzes vom 23. Juli 1979 - 5. AFGÄndG - (BGBl I 1181), ist Voraussetzung für die Verfügbarkeit ua, daß der Arbeitslose das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und für das Arbeitsamt erreichbar ist. Hierzu bestimmt § 1 Satz 1 der Aufenthalts-Anordnung, die auf § 103 Abs 5 idF des 5. AFG-ÄndG fußt, daß das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift erreichen können muß. An dieser Voraussetzung fehlt es hier (auch) für die Zeit ab 7. Oktober 1986.
Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen, die für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), da zulässige und begründete Revisionsrügen hiergegen nicht vorgebracht worden sind, war die Klägerin ab 29. August 10186 für das zuständige Arbeitsamt unter der von ihr im Antragsformular angegebenen Wohnanschrift nicht mehr erreichbar; denn sie hielt sich, da sie nach W. umgezogen war, nicht mehr an dem Ort auf, den sie dem Arbeitsamt gegenüber als ihre Wohnung bezeichnet hat. Dies hat zum Wegfall des Begriffsmerkmals der "Erreichbarkeit", wie er von § 1 der Aufenthalts-Anordnung näher umschrieben wird, geführt; denn das Arbeitsamt konnte die Klägerin nicht mehr unter der von ihr benannten Wohnanschrift erreichen. Unerheblich ist, wie der Senat bereits entschieden hat, daß der Arbeitslose der Bundespost einen Nachsendeauftrag erteilt oder auf sonstige Weise dafür gesorgt hat, daß ihn an seine frühere Anschrift gerichtete Post erreicht; denn es kommt nicht darauf an, daß der Arbeitslose irgendwie erreichbar ist, - sondern er muß - so verlangt es § 1 Satz 1 der Aufenthalts-Anordnung - unter der von ihm dem Arbeitsamt benannten Anschrift täglich mindestens zur Zeit des Eingangs der Briefpost erreichbar sein (BSG Urteil vom 21. Juli 1988 - 7 RAr 21/86 = AuB 1989, 161; BSGE 58, 104, 108 = SozR 4100 § 103 Nr 36). In örtlicher Hinsicht konkretisiert daher § 1 Satz 1 der Aufenthalts-Anordnung das Begriffsmerkmal der "Erreichbarkeit", wie die Beklagte zutreffend hervorhebt, auf den Ort, den der Arbeitslose im Leistungsantrag dem Arbeitsamt gegenüber als seine Wohnung bezeichnet hat, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil die Arbeitsämter im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit sich in erster Linie um eine Vermittlung des Arbeitslosen an dessen Wohnort oder in dessen erreichbarer Umgebung bemühen. Zur Konkretisierung dieses in § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG enthaltenen Begriffsmerkmals durch Anordnungsrecht war die Beklagte befugt; denn durch § 103 Abs 5 Satz 1 AFG hat der Gesetzgeber ihr die Aufgabe übertragen, durch Anordnung Näheres über die Pflichten des Arbeitslosen nach Abs 1 Satz 1 Nr 3 zu bestimmen (vgl auch BT-Drucks 8/2624 S 26 Nr 26 zu a). Zweck dieser durch § 1 Aufenthalts-Anordnung begründeten sog Residenzpflicht ist es, im Interesse der Versichertengemeinschaft eine sofortige Vermittelbarkeit des Arbeitslosen sicherzustellen, um auf diese Weise dem Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor der Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, wie er in § 5 AFG zum Ausdruck kommt, Geltung zu verschaffen; denn Leistungen wegen Arbeitslosigkeit soll nur derjenige Arbeitslose erhalten, der dem Arbeitsmarkt aktuell zur Verfügung steht und sich subjektiv zur Verfügung hält, weil nur auf diese Weise eine sofortige Vermittlung in Arbeit möglich ist, durch die in erster Linie die Arbeitslosigkeit beendet werden soll (vgl BSGE 44, 188, 189 = SozR 4100 § 103 Nr 8; Urteil vom 17. März 1981 - 7 RAr 20/80 DBl BA R Nr 2529 zu § 151 AFG; Urteil vom 29. September 1987 - 7 RAr 24/87 -). Darf daher die Leistungsgewährung an einen Arbeitslosen nur dann erfolgen, wenn zugleich für das zuständige Arbeitsamt jederzeit die Möglichkeit besteht, unverzüglich den Leistungsempfänger zu erreichen, um ihm eine zumutbare Arbeit anzubieten, so bedeutet dies, daß Erreichbarkeit iS des § 1 Aufenthalts-Anordnung nicht bereits dann zu bejahen ist, wenn der Arbeitslose für das Arbeitsamt postalisch erreichbar ist, sondern nur dann, wenn er unter der Wohnanschrift, die er im Leistungsantrag der Beklagten bekanntgegeben hat, von der Beklagten und deren Bediensteten täglich zumindest während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost auch tatsächlich dort angetroffen werden kann (aA SG Mannheim, info also 1986, 131, 132; Steinmeyer in Gagel, Komm zum AFG, Stand Februar 1989, § 103 RdNrn 203 f, 207).
Muß daher die Erreichbarkeit des Arbeitslosen im obigen Sinne grundsätzlich unter der von ihr dem Arbeitsamt bekanntgegebenen Wohnanschrift gewährleistet sein, so begründet dies im Falle eines Wohnsitzwechsels in der Regel eine eigenständige Pflicht des Arbeitslosen, die Tatsache des Umzugs und seine neue Wohnanschrift dem Arbeitsamt unmittelbar mitzuteilen, um die nach erfolgter Aufgabe der alten Wohnung nicht mehr gegebene Erreichbarkeit in Sinne des § 1 Aufenthalts-Anordnung wiederherzustellen. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob der Arbeitslose einen echten Wohnsitzwechsel vorgenommen hat, dh in einen anderen Ort innerhalb oder außerhalb des bisher für ihn zuständigen Arbeitsamtsbezirks verzogen ist, oder nur innerhalb des bisherigen Wohnortes die Wohnung gewechselt hat und in ein anderes Haus oder in eine andere Straße umgezogen ist; denn immer wenn mit einem Umzug des Arbeitslosen eine Änderung seiner Wohnanschrift verbunden ist, hat der Arbeitslose, um für das Arbeitsamt verfügbar zu sein, dies dem Arbeitsamt selbst unmittelbar zur Kenntnis zu bringen, um sicherzustellen, daß er für dieses jederzeit unter der neuen, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgebenden Wohnanschrift erreichbar ist.
Das LSG hat zutreffend erkannt, daß die Klägerin als Folge des dem Arbeitsamt nicht angezeigten Umzugs seit 29. August 1986 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand. Entgegen der Auffassung des LSG hat sich an dieser Rechtslage am 7. Oktober 1986 nicht dadurch etwas geändert, daß der Beklagten durch Postrücklauf eines Schreibens die neue Anschrift der Klägerin bekannt wurde. Das für den Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit in § 103 AFG näher umschriebene Merkmal der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung verlangt nach seinem Bedeutungsgehalt von dem Arbeitslosen grundsätzlich ein aktives Verhalten. Zwar genügt es in der Regel zunächst, daß er glaubhaft darlegt, bereit und in der Läge zu sein, zumutbare Beschäftigungsmöglichkeiten oder Maßnahmen der beruflichen Bildung wahrzunehmen, ferner, daß er das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und auf welche Weise er für das Arbeitsamt täglich erreichbar ist (vgl § 103 Abs 1 Satz 1 AFG); zum letzteren sind seine tatsächlichen Adreßangaben maßgebend. Jedoch hat er schon in Zweifelsfällen das Vorliegen dieser anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale des § 103 AFC nachzuweisen.
Erst recht verpflichtet das Wesen der Verfügbarkeit iS des § 102 AFG den Arbeitslosen, Änderungen in diesen tatsächlichen Verhältnissen durch eigenes Handeln dem Arbeitsamt bekannt zu geben. Da Verfügbarkeit im dargestellten Sinne weitestgehend vom eigenen tatsächlichen Verhalten des Arbeitslosen her bestimmt wird, obliegt es auch grundsätzlich seinem Verantwortungsbereich, Veränderung einmal von ihm geschaffener und dem Arbeitsamt bekannt gegebener Verhältnisse unverzüglich mitzuteilen. Allgemeiner Ausdruck dessen ist die Regelung des § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB 1, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, ua Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistungen erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Für den Bereich des § 103 AFG bestimmt deshalb dies konkretisierend § 2 Satz 1 der Aufenthalts-Anordnung, daß der Arbeitslose sich zwar an jedem anderen Ort (als dem dem Arbeitsamt bekannten) im Nahbereich des zuständigen Arbeitsamtes aufhalten kann, dann jedoch dem Arbeitsamt rechtzeitig seine Anschrift für die Dauer der Abwesenheit mitzuteilen hat.
Dieser Mitteilungspflicht wird der Arbeitslose nicht dadurch enthoben, daß das Arbeitsamt auf andere Weise Kenntnis von der Veränderung seines Aufenthalts oder Wohnsitzes erhält. So ist schon zu § 60 SGB 1 anerkannt, daß die Kenntnis der zuständigen Behörde von einer nach § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB 1 anzeigepflichtigen Änderung den Sozialleistungsempfänger nicht von der ihm obliegenden Mitteilungspflicht befreit (BSG SozR 4100 § 152 Nr 10; Jahn, SGB, Stand September 1989, § 60 Anm 3; aA Thieme in Wannagat, Komm zum gesamten Recht des SGB, § 60 Allg Teil, Anm 9). Zwar mag im Einzelfall die Mitteilung durch einen Dritten genügen, zB wenn sie im Auftrag des Arbeitslosen oder jedenfalls seinem Verantwortungsbereich zurechenbar erfolgt. Das gilt jedoch nicht für eine Information ohne Mitwirkung des Arbeitslosen, wie sie im vorliegenden Fall durch die Post anläßlich der Rücksendung eines Briefes des Arbeitsamtes an die bisherige Anschrift erfolgt ist. Zum einen besitzt eine solche Information nicht die Verläßlichkeit der Mitteilung des Arbeitslosen selbst; eine Richtigkeitskontrolle durch das Arbeitsamt ist unvermeidbar, so daß die Feststellung dieser Veränderung in den Verantwortungsbereich des Arbeitsamtes verlagert würde, obwohl der Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen dem obliegt, der den Anspruch erhebt. Zum anderen beinhaltet die Mitteilung durch den Arbeitslosen mehr als den bloßen Hinweis auf die Tatsache der Veränderung; rechtlich ist mit ihr nämlich die Erklärung verbunden, daß der Arbeitslose sich weiterhin der Arbeitsvermittlung durch das zuständige Arbeitsamt zur Verfügung stellt, er also weiterhin bereit ist, zumutbare Arbeitsangebote von dort anzunehmen. Der Arbeitslose vollzieht damit eine Aufgabe, die ihm als Partner des Sozialrechtsverhältnisses zum Arbeitsamt erwächst, welches durch seinen Antrag auf Leistungen entstanden ist. Deren Erledigung kann folglich auch von Rechts wegen nicht durch Handeln einer nicht autorisierten dritten Seite bewirkt werden. Davon losgelöst ist die Frage zu betrachten, ob und wie das Arbeitsamt unter den Gesichtspunkt pflichtgemäßen Verwaltungshandelns darauf zu reagieren hat. Hierauf ist an anderer Stelle noch einzugehen.
Vorliegend ergibt sich jedenfalls, daß die Klägerin einer ihr durch Rechtsvorschrift auferlegten Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderung der Verhältnisse nicht nachgekommen ist, indem sie das Arbeitsamt nicht unmittelbar selbst von ihrem Umzug von H nach W in Kenntnis gesetzt hat. Als Folge davon stand sie vom Zeitpunkt des Umzugs an nicht mehr der Arbeitsvermittlung iS von § 103 AFG zur Verfügung; damit war eine Voraussetzung für den Anspruch auf Alhi entfallen, wie schon ausgeführt wurde. Auf Unkenntnis über ihre Mitteilungspflicht kann sich die Klägerin nicht berufen; nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG war sie durch die Beklagte unmißverständlich über ihre Pflicht unterrichtet worden, jede Änderung in den im Leistungsantrag angegebenen Verhältnissen sofort selbst anzuzeigen.
Die Verfügbarkeit der Klägerin wurde erst wiederhergestellt, als sie ihre neue Anschrift dem Arbeitsamt mit ihrem Antrag vom 24. November 1986 mitteilte. Die Beklagte war folglich berechtigt, die insoweit vorher noch nicht ausgesprochene Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 1. bis 23. November 1986 abzulehnen. Die Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin ist in diesem Umfang ohne weiteres unbegründet. Auf die Revision der Beklagten ist das (auch) für diesen Zeitraum stattgebende Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Alhi-Anspruchs für die Zeit vom 7. bis 31. Oktober 1986 steht noch nicht fest, ob der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, soweit er die frühere Bewilligung für diese Zeit aufhebt. Rechtsgrundlage für diese Aufhebung ist § 48 Abs 1 Satz 1 sowie Satz 2 Nr 2 SGB 10. Nach dieser Vorschrift soll, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlaß eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Diese Voraussetzungen liegen (auch) für den oa Zeitraum vor. Wie schon ausgeführt wurde, stand die Klägerin als Folge ihres Umzugs auch vom 7. bis 31. Oktober 1986 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Gegenüber den Verhältnissen, die im Zeitpunkt der Alhi-Bewilligung vorgelegen haben, war somit (schon seit 20. August 1986) eine wesentliche Änderung eingetreten. Diese beruhte auf dem Unterlassen der Mitteilung des Umzugs durch die Klägerin, wozu sie verpflichtet war. Der Senat pflichtet dem LSG darin bei, daß die Klägerin insoweit zumindest der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit trifft. Wenn das LSG ausgeführt hat, daß die Klägerin eine Sorgfaltsverletzung in ungewöhnlich hohem Ausmaß begangen habe, da sich ihr aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten die Notwendigkeit, den Wohnsitzwechsel anzuzeigen und die neue Wohnanschrift bekanntzugeben, habe aufdrängen müssen, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Hingegen steht für den Senat noch nicht fest, daß die angefochtene Aufhebung ohne jegliche Ausübung von Ermessen erfolgen durfte. § 48 Abs 1 Satz 2 SGB 10 erlaubt die Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit unter bestimmten Voraussetzungen: er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn einer der Tatbestände vorliegt, die in § 48 Abs 1 Satz 2 Nrn 1 bis 4 SGB 10 beschrieben sind. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 59, 111, 115 = SozR 1300 § 48 Nr 19; SozR 1300 § 48 Nrn 21, 22, 24, 26, 30, 44; BSGE 60, 180, 185 = SozR 1300 § 48 Nr 25; SozR 1300 Art 2 § 40 Nr 8) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG Buchholz 436.36 § 53 BAföG Nr 5) bedeutet "soll", daß der Leistungsträger, in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufhebt, daß er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Hierzu ist inzwischen klargestellt, daß die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, nicht im Wege der Ermessensausübung zu klären ist, sondern vielmehr als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden ist.
Ein solcher atypischer Fall kann hier gegeben sein, wofür es allerdings weiterer Feststellungen bedarf. Für die Frage, ob eine zur Ermessensausübung bei Anwendung des § 48 SGB 10 zwingende Atypik des Geschehensablaufs vorliegt, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (BSG aaO). Diese müssen Merkmale aufweisen, die signifikant vom (typischen) Regelfall abweichen, in dem die Rechtswidrigkeit eines ursprünglich richtigen Verwaltungsaktes ebenfalls durch nachträgliche Veränderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist. Hierbei ist auch zu prüfen, ob die mit der Aufhebung verbundene Pflicht zur Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen (§ 50 Abs 1 SGB 10) nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet, als den hierdurch im Normalfall Betroffenen (vgl ua BSG SozR 1300 § 48 Nrn 44, 53 mwN). Ebenso ist das Verhalten des Leistungsträgers im Geschehensablauf in die Betrachtung einzubeziehen. Mitwirkendes Fehlverhalten auf seiner Seite, das als eine atypische Behandlung des Falles iS einer Abweichung von der grundsätzlich zu erwartenden ordnungsgemäßen Sachbearbeitung zu werten ist, kann im Einzelfall die Atypik des verwirklichten Tatbestandes nach § 48 Abs 1 SGB 10 ergeben (vgl BSG SozR 1300 § 48 Nrn 24, 25; Urteil vom 21. Juli 1988 - 7 RAr 21/86 - AuB 1989, 161, 163).
Im vorliegenden Fall steht fest, daß die Klägerin den Eintritt der Veränderung der Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 SGB 10 in Form .des Wegfalls ihrer Verfügbarkeit nach § 103 Abs 1 Satz 1 AFG allein verursacht hat. Nur sie hätte durch rechtzeitige Mitteilung ihres Umzugs diesen Erfolg verhindern können. Daß sie einen postalischen Nachsendeauftrag erteilt hatte, begründet - wie das LSG zutreffend erkannt hat - keinen atypischen Geschehensablauf. Zum einen ist ein solcher Auftrag nicht untypisch bei Umzügen. Zum anderen wußte die Klägerin, wie das LSG festgestellt hat, um ihre Pflicht, den Umzug dem Arbeitsamt mit ihrer neuen Anschrift mitzuteilen; sie konnte folglich nicht annehmen, mit dem Auftrag an die Post, ihr die an die frühere Anschrift gerichteten Briefsendungen nachzusenden, das Erforderliche getan zu haben, um ihre tägliche Erreichbarkeit und damit ihre Vermittelbarkeit sicherzustellen (vgl BSG, Urteil vom 21. Juli 1988, aaO). Dasselbe gilt grundsätzlich für den Umstand, daß das Arbeitsamt durch den Postrücklauf von der neuen Anschrift der Klägerin Kenntnis erlangt hatte. Auch dies ist ein durchaus normaler Vorgang, der für sich allein nicht die Atypik eines Sachverhalts ergibt.
Indessen kann die weitere Behandlung des Leistungsfalles durch das Arbeitsamt nach der durch den Postrücklauf erlangten Kenntnis von einer neuen Anschrift der Klägerin dem Geschehensablauf eine Atypik verleihen, die bei der Frage der Erforderlichkeit einer Ermessensentscheidung der Beklagten im Rahmen des § 48 Abs 1 SGB 10 eine Rolle spielen kann. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß auch der Umfang einer Erstattungspflicht nach § 50 Abs 1 SGB 10 hierbei zu berücksichtigen ist. Deshalb genügt für die Verneinung eines atypischen Falles nicht die Feststellung, daß der nachträgliche Eintritt der Rechtswidrigkeit eines begünstigenden Verwaltungsaktes vom Leistungsempfänger allein zu vertreten ist. In einem auf Dauerleistungen angelegten Sozialrechtsverhältnis, wie dem Bezug von Alhi, kann die Verantwortlichkeit für die Dauer von eingetretenen Leistungsstörungen nicht bei der Frage unbeachtet bleiben, ob ein atypischer Geschehensablauf vorliegt, der den Leistungsträger zur Anwendung von Ermessen zwingt.
Ein solcher Fall kann hier vorliegen. Das Arbeitsamt erhielt am 7. Oktober 1986 Kenntnis von einer neuen Wohnanschrift der Klägerin. Ihm war bewußt, daß deren Verfügbarkeit nach § 103 Abs 1 Satz 1 AFG entfallen war; denn es stellte unverzüglich die Weiterzahlung der Alhi ab 1. Oktober 1986 ein. Damit durfte es sich aber nicht begnügen. Zum einen ist es vornehmliche Aufgabe des Arbeitsamtes, Arbeitslose, insbesondere Leistungsbezieher, in Arbeit zu vermitteln (§ 2 Nr 1, § 3 Abs 2 Nr 2, § 5 AFG). Dazu gehört auch, klar erkennbare Vermittlungshemmnisse zu beseitigen, sofern dies mit zumutbarem Verwaltungsaufwand möglich ist (vgl BSG SozR 4100 § 128a Nr 2). Zum anderen hat das Arbeitsamt insbesondere die bei ihm gemeldeten Arbeitslosen sachgerecht über ihre Rechte und Pflichten zu beraten (§ 14 SGB 1). Diese Beratungspflicht erschöpft sich nicht in einer einmaligen Belehrung zu Beginn eines Leistungsfalles. Sie verlangt vielmehr insbesondere dann ein erneutes Tätigwerden, wenn dem Arbeitsamt ein Anlaß dafür erkennbar wird.
Ein solcher Anlaß liegt auf der Hand, wenn durch das Verhalten des Arbeitslosen ein Leistungshindernis eingetreten ist, dessen Beseitigung allein durch ihn selbst bewirkt werden kann. Die Anforderungen an die Zumutbarkeit auch in bezug auf eine rasche sachgemäße Beratung sind hier umso größer, je nachhaltiger sich eine mangels Beratung fortdauernde Untätigkeit des Arbeitslosen auf seine Rechte. auswirkt oder jedenfalls auswirken kann. Das Arbeitsamt, das sich in solchen Fällen darauf beschränkt, die Leistungen einzustellen, allenfalls noch diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die es in die Lage versetzen, eine Leistungsbewilligung förmlich aufzuheben, handelt nicht in der ihm rechtlich vorgegebenen Weise.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß das Arbeitsamt nach Kenntnis von der neuen Anschrift der Klägerin und im Bewußtsein der von dieser Veränderung der Voraussetzungen für den bewilligten Anspruch auf Alhi ausgehenden Rechtsfolgen gehalten war, die Klägerin beratend darauf aufmerksam zu machen. Ungeachtet einer verbleibenden Ungewißheit über die Richtigkeit der Postangaben auf dem Umschlag des zurückgesandten Schreibens war es zumutbar, mit Hilfe eines an die angegebene Adresse gerichteten einfachen Schreibens die Klägerin darauf hinzuweisen, daß sie als Folge des anscheinend erfolgten, aber nicht angezeigten Umzugs mit einer rückwirkenden Aufhebung der Alhi-Bewilligung zu rechnen habe und daß sie die Rechtsfolge um so rascher wieder beseitigen könne, je eher sie selbst die erforderliche Mitteilung mache. Ein solches Verhalten wäre geeignet gewesen, sowohl den Umfang von Erstattungspflichten zu begrenzen als auch eine frühere Leistungsfortzahlung zu bewirken, als sie erst durch den Antrag der Klägerin vom 24. November 1986 in Gang gesetzt wurde.
Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt her einleuchtend - keine Feststellungen dazu getroffen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen vom Arbeitsamt getroffen wurden, um durch rechtzeitige Beratung der Klägerin dazu beizutragen, Nachteile für diese aus der fehlenden Umzugsmitteilung zu mindern. Falls solche unterblieben sind, kommt es darauf an, ob und zu welchem Zeitpunkt sie unter Berücksichtigung der Belange sachgerecht möglichen Verwaltungshandelns zumutbar waren. Das LSG wird folglich weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen haben. Ergibt sich daraus, daß das Arbeitsamt Beratungspflichten verletzt hat und dadurch bei der Klägerin ein größerer Nachteil eingetreten ist, als ohne diesen Verwaltungsfehler, liegt ein Sachverhalt mit atypischen Merkmalen vor; denn es ist nicht davon auszugehen, daß ein derartiges, den rechtlichen Aufgaben nicht entsprechendes Verhalten für das Verwaltungshandeln der Beklagten allgemein typisch ist. In diesem Fall erforderte die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zusätzlich zu den - vorliegenden - Rechtsvoraussetzungen des § 48 Abs 1 SGB 10 die Ausübung von Ermessen durch die Beklagte. Fehlt es daran, was offenbar sowohl nach Auffassung der Beklagten als auch des LSG der Fall ist, könnte der Bescheid für die Zeit vom 7. bis 31. Oktober 1986 keinen Bestand behalten.
In dem ausgesprochenen Umfang ist die Sache nach allem. an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen