Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindungszahlungen an leitenden Angestellten nicht tarifbegünstigt
Leitsatz (redaktionell)
1. Es verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 i. V. mit Art. 20 Abs. 3 GG, wenn der Bundesfinanzhof § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nur anwendet, sofern das Ereignis, das zu einer Entschädigung führt, gegen oder ohne den Willen des Steuerpflichtigen eingetreten ist.
2. Abfindungen, die auf freiwilligen Vereinbarungen beruhen und deshalb nicht unter § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG fallen, können grundsätzlich nach § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG zu den steuerbegünstigten Einkünften gehören.
3. Die Ausführungen des BFH im Urteil vom 19.01.1976, VI R 67/75 (BFHE 118, 17, BStBl. II 1976, 286) zu dem Tatbestand „Aufgabe einer Gewinnbeteiligung” in § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG stellen eine mögliche Auslegung des einfachen Rechts dar. Es widerspricht nicht dem Wortsinn, wenn der Bundesfinanzhof eine Gewinnbeteiligung nur bei einer unternehmerischen Beteiligung, jedoch nicht bei gewinnabhängigen Lohneinkünften eines Arbeitnehmers annimmt.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, b
Verfahrensgang
Gründe
Die Auslegung und Anwendung des § 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG durch den Bundesfinanzhof auf den bei den Beschwerdeführern gegebenen Sachverhalt ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, daß dem Bundesfinanzhof bei seiner Entscheidung Fehler unterlaufen sind, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere dem Umfang seines Schutzbereichs beruhten, und ein Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts zulässig und erforderlich machten (BVerfGE 18, 85 [92 f.]; 36, 264 [271]).
Es verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, wenn der Bundesfinanzhof § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nur anwendet, sofern das Ereignis, das zu einer Entschädigung führt, gegen oder ohne den Willen des Steuerpflichtigen eingetreten ist. Insoweit legt der Bundesfinanzhof einfaches Recht aus, ohne gegen die Bindung an Gesetz und Recht zu verstoßen. Die Auslegung verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es auf das Merkmal der Unfreiwilligkeit nur in § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG und nicht in § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG ankommt. Die Tatbestände des § 24 Nr. 1 Buchst. a, b und c EStG stehen nebeneinander. Abfindungen, die auf freiwilligen Vereinbarungen beruhen und deshalb nicht unter § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG fallen, können, wie der Bundesfinanzhof im Fall der Beschwerdeführer grundsätzlich anerkannt hat, nach § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG zu den steuerbegünstigten Einkünften gehören.
Bei der Anwendung des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG konnte der Bundesfinanzhof annehmen, der Beschwerdeführer habe nicht unfreiwillig seine für die Arbeitgeberin unkündbare Position in den drei Betriebsgesellschaften aufgegeben. Die dieser Schlußfolgerung zugrunde liegende Würdigung des Sachverhalts, der Beschwerdeführer habe trotz der bei seiner Arbeitgeberin bestehenden wirtschaftlichen Zwangslage eine auch seinen Interessen dienende freie Entscheidung treffen können, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Es war für den Beschwerdeführer durchaus wirtschaftlich sinnvoll und vorteilhaft, seine Tätigkeit angesichts der drohenden Auftragsrückgänge bei seiner Arbeitgeberin auf eine neue Grundlage zu stellen und sich die Beendigung seiner Tätigkeit bei den drei Betriebsgesellschaften angemessen vergüten zu lassen.
Die Ausführungen des Bundesfinanzhofs zu dem Tatbestand „Aufgabe einer Gewinnbeteiligung” in § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG stellen eine mögliche Auslegung des einfachen Rechts dar. Es widerspricht nicht dem Wortsinn, wenn der Bundesfinanzhof eine Gewinnbeteiligung nur bei einer unternehmerischen Beteiligung, jedoch nicht bei gewinnabhängigen Lohneinkünften eines Arbeitnehmers annimmt. Weiterhin liegt eine mögliche rechtliche Würdigung des unstreitigen Sachverhalts vor, wenn der Bundesfinanzhof den Tatbestand „Aufgabe einer Tätigkeit” deshalb verneint hat, weil der Beschwerdeführer aufgrund eines Rahmenvertrags für die zu der-X-Gruppe gehörenden Einzelunternehmen tätig geworden sei und diese Tätigkeit für das Gesamtunternehmen nicht aufgegeben, sondern, wenn auch eingeschränkt, fortgesetzt habe.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar!
Fundstellen