Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu der Frage, ob die gesetzlich vorgeschriebene unterschiedliche Berechnung der Beschäftigungsdauer bei Arbeiten und Angestellten als Voraussetzung der Verlängerung von Kündigungsfristen mit dem Grundgesetz vereinbar ist
Leitsatz (amtlich)
Es ist mit GG Art 3 Abs 1 unvereinbar, bei der Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer eines Arbeiters Zeiten nicht zu berücksichtigen, die vor Vollendung des 35. Lebensjahres liegen (BGB § 622 Abs 2 S 2), während bei einem Angestellten bereits Zeiten nach Vollendung des 25. Lebensjahres mitgerechnet werden.
Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft.
Normenkette
BGB § 622 Abs. 2 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1; KSchG § 23 Abs. 1 S. 2 Fassung 1985-04
Verfahrensgang
Tenor
§ 622 Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Artikels 2 Nummer 4 des Gesetzes zur Änderung des Kündigungsrechtes und anderer arbeitsrechtlicher Vorschriften (Erstes Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz) vom 14. August 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 1106) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar, soweit bei der Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer eines Arbeiters Zeiten nicht berücksichtigt werden, die vor Vollendung des 35. Lebensjahres liegen, während bei einem Angestellten bereits Zeiten nach Vollendung des 25. Lebensjahres mitgerechnet werden.
Gründe
A.
Gegenstand der zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren ist die Frage, ob die gesetzlich vorgeschriebene unterschiedliche Berechnung der Beschäftigungsdauer bei Arbeitern und Angestellten als Voraussetzung der Verlängerung von Kündigungsfristen mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
I.
1. Der Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer ist in § 622 Abs. 2 BGB in der Fassung des Art. 2 Nr. 4 des Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetzes vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1106) und in § 2 des Gesetzes über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vom 9. Juli 1926 (RGBl. I S. 399 - AngKSchG -) geregelt. Während bei Berechnung der Beschäftigungsdauer eines Angestellten nur Dienstzeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, nicht mitgerechnet werden, sind beim Arbeiter alle Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 35. Lebensjahres nicht zu berücksichtigen.
Die für Arbeiter geltende Vorschrift lautet:
§ 622 BGB
(1) …
(2) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden. Hat das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen fünf Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende, hat es zehn Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist auf zwei Monate zum Monatsende, hat es zwanzig Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist auf drei Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres; bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des fünfunddreißigsten Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt.
(3) bis (5) …
Für die Angestellten gilt folgende Regelung:
§ 2 AngKSchG
(1) Ein Arbeitgeber, der in der Regel mehr als zwei Angestellte, ausschließlich der Lehrlinge, beschäftigt, darf einem Angestellten, den er oder im Falle einer Rechtsnachfolge, er und seine Rechtsvorgänger mindestens fünf Jahre beschäftigt haben, nur mit mindestens drei Monaten Frist für den Schluß eines Kalendervierteljahrs kündigen. Die Kündigungsfrist erhöht sich nach einer Beschäftigungsdauer von acht Jahren auf vier Monate, nach einer Beschäftigungsdauer von zehn Jahren auf fünf Monate und nach einer Beschäftigungsdauer von zwölf Jahren auf sechs Monate. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Dienstjahre, die vor Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahrs liegen, nicht berücksichtigt.
(2) bis (3) …
2. Das Erste Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz hielt das Angestelltenkündigungsschutzgesetz ausdrücklich aufrecht.
Zugleich wurden in § 622 Abs. 2 BGB neben der normalen gesetzlichen Kündigungsfrist für Arbeiter in Satz 1 mit Satz 2 die verlängerten Kündigungsfristen für die älteren Arbeiter eingeführt, ohne daß die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern aufgegeben wurde.
Die Bestimmung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB hatte im Regierungsentwurf (BTDrucks. V/3913 S. 3 f.) folgende Fassung:
Hat das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen fünf Jahre bestanden, so beträgt die Kündigungsfrist drei Wochen; hat es zehn Jahre bestanden, so beträgt die Frist vier Wochen. In der Begründung heißt es dazu nur (a.a.O. S. 10):
Ähnliche Kündigungsfristen sind bereits in zahlreichen Tarifverträgen verankert.
Die zur Vorbereitung der Ausschußberatung eingesetzte Arbeitsgruppe des Ausschusses für Arbeit des Deutschen Bundestages schlug dann in einer Arbeitsunterlage (Ausschußdrucks. V/107 vom 23. Mai 1969 S. 11) alternativ zum Entwurf folgenden Text vor:
Hat das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen fünf Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende, hat es zehn Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist auf zwei Monate zum Monatsende, hat es zwanzig Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist auf drei Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres; bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des dreißigsten Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt.
Eine Einigung der Arbeitsgruppe kam nicht zustande (vgl. Kurzprotokoll der 92. Sitzung des Ausschusses für Arbeit vom 2. Juni 1969, S. 12 f.). Gegen die vorgeschlagene Altersgrenze von 30 Jahren wurde eingewandt, daß sie im Interesse der gewünschten Mobilität der Arbeitnehmer als zu niedrig angesetzt erscheine. Den Vorschlag, die Alternativformulierung mit der Maßgabe anzunehmen, die Altersgrenze auf 35 Jahre heraufzusetzen, billigte der gleiche Ausschuß (Kurzprotokoll Nr. 92, S. 13 in Verbindung mit dem Kurzprotokoll Nr. 94, S. 21). Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages erhob keine Bedenken (Anlage 8 zum Protokoll Nr. 94, S. 19). Zur Begründung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB in der Fassung des Ausschusses für Arbeit führte der Abg. Müller (Remscheid) in seinem Bericht aus (BTDrucks. V/4376 S. 3):
„Die im Regierungsentwurf vorgesehene Verlängerung der Kündigungsfristen für ältere Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit hat der Ausschuß bezüglich der Arbeiter erweitert. Dies erschien mit Rücksicht auf die in jüngster Zeit geführten Debatten über die Schutzwürdigkeit der älteren Arbeitnehmer insbesondere anläßlich der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (Drucks. V/3418) sozialpolitisch notwendig, aber auch wirtschaftlich vertretbar.”
In der parlamentarischen Debatte des Bundestages hat § 622 Abs. 2 BGB keine Rolle gespielt (5. Wp., 227. Sitzung, StenBer. S. 12513 ff., erste Beratung, und 243. Sitzung, StenBer. S. 13550 f., zweite und dritte Beratung). In der zweiten Lesung hat der Abg. Müller (Remscheid) lediglich ausgeführt:
„Schließlich haben wir die Kündigungsfristen insbesondere für ältere Arbeitnehmer entscheidend verbessert. Wir glauben, daß gerade dieser Personenkreis – das hat die Große Anfrage vor einigen Wochen hier in diesem Haus zur Lage der älteren Arbeitnehmer bewiesen – besonders gefährdet ist. Ich möchte hier der Hoffnung Ausdruck geben, daß diese Entwicklung des Schutzes gerade für die älteren Arbeitnehmer noch nicht am Endpunkt angelangt ist.”
II.
1. Vorlage 1 BvL 16/75
a) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist am 8. April 1936 geboren und war seit dem 28. April 1958 als Arbeiterin bei der Beklagten beschäftigt, die ein Textilunternehmen mit etwa 500 Arbeitnehmern betreibt. Zuletzt war die Klägerin Abnehmer- Kolonnenführerin und erzielte einen Stundenlohn von 7,42 DM brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Textilindustrie keine Anwendung. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1974, das der Klägerin am 11. Dezember 1974 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 24. Januar 1975 mit der Begründung, daß die Klägerin zu hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweise. Der Vortrag der Beklagten, das Fehlen der Klägerin wirke sich nachteilig auf den Betrieb aus, die Fehlzeiten hätten den Betriebsablauf bei der Firma erheblich gestört, ist unbestritten geblieben.
b) Das Arbeitsgericht hat das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt; es hält die Bestimmung des § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB für verfassungswidrig und führt aus: Nach der Beweisaufnahme sei die Kündigung gerechtfertigt. Aufgrund der Zeugenaussagen gehe die Kammer davon aus, daß mit Rücksicht auf die häufigen Fehlzeiten der Klägerin die Arbeitgeberin die erforderliche Abwägung zwischen dem Interesse der Klägerin an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes und ihrem eigenen Interesse an einem durch Krankheiten der Klägerin nicht gestörten Betriebsablauf vorgenommen habe; sie sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß sie im vorliegenden Fall kündigen dürfe. Die Kündigung würde das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 24. Januar 1975 beendet haben, es sei denn, § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB sei verfassungswidrig. In diesem Fall hätte das Arbeitsverhältnis unter Zugrundelegung der Berechnungsart der Betriebszugehörigkeit nach § 2 Satz 3 AngKSchG erst zum 28. Februar 1975 beendet werden können. Der achtunddreißigjährigen Klägerin käme dann eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsschluß zugute. Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge somit davon ab, ob die zur Prüfung vorgelegte Vorschrift verfassungswidrig sei oder nicht.
§ 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB sei mit Art. 3 GG unvereinbar. Auch Art. 12 Abs. 1 GG sei möglicherweise berührt. Es sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, weshalb bei Angestellten für die Betriebszugehörigkeitsdauer nach § 2 AngKSchG bereits alle Jahre nach dem vollendeten 25. Lebensjahr mitzuzählen seien, während demgegenüber bei Arbeitern die Beschäftigungszeit erst mit vollendetem 35. Lebensjahr zu laufen beginne. Ein Angestellter habe bereits mit Vollendung des 37. Lebensjahres den vollen besonderen Kündigungsschutz des § 2 AngKSchG – Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartal –, sofern er mit dem 25. Lebensjahr bei dem Arbeitgeber eingetreten sei. Der Arbeiter erreiche frühestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres den vollen Schutz des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB – Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartal –, sofern er seit dem 35. Lebensjahr bei demselben Betrieb beschäftigt sei. Der für alle älteren Arbeitnehmer aus sozialen Gründen notwendige erhöhte Kündigungsschutz werde ohne einleuchtenden Grund je nach der Zugehörigkeit zur Gruppe der Angestellten oder Arbeiter unterschiedlich gehandhabt. Wegen der unsicheren Unterscheidung zwischen beiden Gruppen könne es in Grenzfällen leicht vorkommen, daß die gleichen Tätigkeiten von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich als Arbeiter- oder Angestelltentätigkeit angesehen würden. Theoretisch sei ein Angestellter in der Lage, in der Zeit zwischen seinem 25. und 65. Lebensjahr dreimal den vollen Kündigungsschutz des Angestelltenkündigungsschutzgesetzes zu erreichen, so daß er dreimal den Arbeitsplatz wechseln und dennoch sich erneut den besonderen Kündigungsschutz erarbeiten könne. Dagegen könne ein Arbeiter dies nur einmal erreichen.
2. Vorlage 1 BvL 36/79
a) Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist am 1. August 1940 geboren und wurde seit dem 27. März 1970 als gewerblicher Arbeiter von dem beklagten Unternehmen beschäftigt, das Präzisionswerkzeuge herstellt. Er war an einer speziellen Fräsmaschine tätig. Am 1. Februar 1978 erkrankte der Kläger. Er war arbeitsunfähig krank bis zum 1. Januar 1979. Am 22. Dezember 1978 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 4. Januar 1979 mit der Begründung, der Kläger sei schon seit Februar krank und sein Arbeitsplatz müsse wieder besetzt werden. Am 19. Januar 1979 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und machte geltend: Der Kläger sei seit dem 2. Januar 1979 nicht zur Arbeit erschienen, obwohl er gesundgeschrieben gewesen sei. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers sei am 2. Januar 1979 beendet gewesen. Der Hausarzt habe mitgeteilt, er glaube nicht, daß der Kläger angesichts der Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule an seinem alten Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könne. Der Betriebsratsvorsitzende bekundete als Zeuge, daß die Krankheit des Klägers Auswirkungen auf die Produktion gehabt habe.
b) Das Arbeitsgericht hat die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt und dazu ausgeführt: Es sei aufgrund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, die Kündigung der Arbeitgeberin vom 22. Dezember 1978 sei gerechtfertigt. Diese beende das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 5. Januar 1979, es sei denn, § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB sei verfassungswidrig. Dann hätte das Arbeitsverhältnis unter Zugrundelegung der Berechnungsart der Betriebszugehörigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AngKSchG erst zum 28. Februar 1979 beendet werden können: Dem Kläger komme dann als Achtunddreißigjährigem mit einer Betriebszugehörigkeit von acht Jahren eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende zugute. Mithin hänge die Entscheidung des Rechtsstreits von der Gültigkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB ab.
Zur Begründung des Verfassungsverstoßes verweist das Arbeitsgericht auf seinen Vorlagebeschluß vom 3. Juni 1975 - 1 BvL 16/75 - und führt ergänzend aus:
Die Berücksichtigung von in relativ jungen Jahren zurückgelegten Beschäftigungszeiten bei der Berechnung der längeren Kündigungsfristen sei bei gewerblichen Arbeitern sogar eher zu rechtfertigen als bei Angestellten. Die gewerblichen Arbeiter würden sehr oft mit schweren und schwersten körperlichen Arbeiten beschäftigt. Infolge dieser starken körperlichen Belastungen träten häufiger Verschleißerscheinungen auf. Das Arbeitsgericht verweist auf Statistiken über die vorzeitigen Altersruhegelder der Angestellten und Arbeiter. Obwohl in der Arbeiterrentenversicherung nur wenig mehr Arbeitnehmer als in der Angestelltenversicherung versichert seien, hätten viermal so viele Arbeiter Berufsunfähigkeitsrenten bezogen als Angestellte. Ein ähnliches Verhältnis ergebe sich auch für die Erwerbsunfähigkeitsrenten. Um so unverständlicher sei daher die gesetzliche Regelung für die älteren Arbeiter.
III.
Zu den Vorlagen haben die Bundesregierung – durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung –, der 2., 3., 4. und 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts, der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der Kläger des Ausgangsverfahrens der Vorlage 1 BvL 36/79, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft sowie die Bundesanstalt für Arbeit Stellung genommen.
1. Der Bundesminister hält die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts für unbegründet.
Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt.
Die in § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB und in § 2 Abs. 1 Satz 3 AngKSchG getroffene Differenzierung zwischen Angestellten und Arbeitern sei nicht willkürlich. Sie halte sich im Rahmen der dem Gesetzgeber vorbehaltenen Gestaltungsfreiheit.
Während es aufgrund der historisch gewachsenen Unterteilung der Arbeitnehmer in Angestellte und Arbeiter zu einer vielfältigen rechtlichen Differenzierung gekommen sei, habe diese Unterscheidung seit Ende des Zweiten Weltkrieges erheblich an Bedeutung verloren. Gesellschaftliche und arbeitstechnische Entwicklungen ließen die Abgrenzung auf zahlreichen Gebieten als „überkommen” und eine Annäherung der Rechtsstellung beider Arbeitnehmergruppen als sozialpolitisch erstrebenswert erscheinen. Diese Tendenz werde durch zahlreiche gesetzgeberische Regelungen, die auf eine Angleichung hinzielten, mitgetragen und erheblich gefördert. So hätten beispielsweise das Lohnfortzahlungsgesetz und das Erste Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz die Rechtsstellung der Arbeiter erheblich verbessert und an die der Angestellten herangeführt, zum Teil sogar vollständig angeglichen. Diese Entwicklung sei noch nicht abgeschlossen. Der Gesetzgeber beabsichtige auch weiterhin, noch bestehende Differenzierungen zu überprüfen und gegebenenfalls abzubauen. Wegen der erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen, die eine vollständige Angleichung mit sich brächte, könne diese nur schrittweise vollzogen werden. Auf diesem Hintergrund sei die Verfassungsmäßigkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB zu beurteilen.
Mit § 622 Abs. 2 BGB habe der Gesetzgeber eine gezielte Verbesserung des Kündigungsschutzes für ältere Arbeiter angestrebt. Der besonderen Gefährdung dieses Personenkreises durch erhöhte Arbeitslosigkeit und der sich daraus ergebenden gesteigerten Schutzbedürftigkeit trage die Staffelung der Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und nach dem Lebensalter Rechnung.
Soweit die gesetzlichen Regelungen bei einzelnen Modalitäten auch weiterhin zwischen Angestellten und Arbeitern differenzierten, hielten sich diese Unterscheidungen im Rahmen der dem Gesetzgeber vorbehaltenen Gestaltungsfreiheit. Wenn der Gesetzgeber – anders als zur Zeit der Verabschiedung des Angestelltenkündigungsschutzgesetzes – bei der Verminderung der durch das Alter bedingten Nachteile zu dem Ergebnis komme, daß der besondere Kündigungsschutz des Arbeiters mit Vollendung seines 40. Lebensjahres erforderlich werde, so sei dies sachlich einleuchtend. Mit dem Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz sei im Vorgriff auf eine umfassende und daher nur schwierig zu verwirklichende Reform eines weiten Sachbereichs eine Teilfrage unter Abwägung der sozialpolitischen Zielsetzung und des augenblicklich Erreichbaren durch eine Regelung gelöst worden, die gegenüber dem früheren Rechtszustand erhebliche Fortschritte aufweise; dies sei nicht willkürlich.
Die unterschiedlichen Kündigungsregelungen des § 622 Abs. 2 BGB und des § 2 Abs. 1 Satz 3 AngKSchG hätten weder unmittelbar noch mittelbar eine berufsregelnde Tendenz. Die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers sei daher nicht beeinträchtigt.
2. Der für die einschlägige Rechtsfrage nach der Geschäftsverteilung zuständige 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mitgeteilt, daß er sich im Rahmen des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB bisher nur mit der Frage befaßt habe, ob die verlängerten Kündigungsfristen für ältere Arbeiter einseitig für die Kündigung durch den Arbeitgeber gelten (AP Nr. 11 zu § 622 BGB). Der Senat habe diese Frage bejaht.
Der 3. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat sich unmittelbar mit der unterschiedlichen Fristenberechnung in § 622 Abs. 2 BGB und § 2 AngKSchG noch nicht befaßt. Die Unterscheidung von Angestellten und Arbeitern finde sich nicht nur in Gesetzen, sondern auch in vielen Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und vertraglichen Einheitsregelungen. Der Senat habe daran bisher nie Anstoß genommen. Diese unreflektierte Hinnahme eines überkommenen Differenzierungsmerkmals erscheine heute jedoch nicht mehr unbedenklich.
Der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts teilt die Bedenken des 3. Senats für den Bereich der Tarifverträge nicht.
Der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat über die Vereinbarkeit des § 622 Abs. 2 BGB mit dem Grundgesetz bisher nicht entschieden. Auch andere Vorschriften führten jedoch zu der Frage, ob eine Ungleichbehandlung zwischen Arbeitern und Angestellten heute noch vertretbar sei. Der Senat habe für den Fall der Freistellung zur Pflege eines erkrankten Kleinkindes in verfassungskonformer Gesetzesauslegung entschieden, daß für alle Arbeitnehmer dieselbe Rechtsgrundlage (nur § 616 Abs. 1 BGB und nicht §§ 63 HGB, 133 c GewO) in Betracht komme. Auch gegen § 622 Abs. 2 BGB bestünden verfassungsrechtliche Bedenken.
3. Der für Rechtsstreitigkeiten über Dienstverhältnisse zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mitgeteilt, er sei mit § 622 Abs. 2 BGB und damit zusammenhängenden Rechtsfragen nicht befaßt worden. Diese stünden auch nicht zur Entscheidung an. Das aufgeworfene Problem könne sich nur für die der Arbeitsgerichtsbarkeit unterworfenen Dienstverhältnisse der Arbeiter und Angestellten ergeben.
4. Der Kläger im Ausgangsverfahren der Sache 1 BvL 36/79 hält es für verfassungswidrig, daß für die verlängerten Kündigungsfristen zurückgelegte Zeiten der Betriebszugehörigkeit bei Arbeitern und Angestellten von unterschiedlichen Lebensaltern an gerechnet würden und die jeweilige Beschäftigungsdauer zu unterschiedlich verlängerten Kündigungsfristen führe.
5. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der Deutschen Industrie halten die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts für unbegründet. Die Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB sei verfassungsgemäß; insbesondere verstoße sie nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Die unterschiedliche Behandlung halte sich in den Grenzen der dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Schon wirtschaftliche Gesichtspunkte könnten die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung rechtfertigen.
Arbeiter seien in ihrer überwiegenden Zahl in der Produktion beschäftigt. Gerade in diesem Bereich bedingten häufig konjunkturelle, technische oder betriebsorganisatorische Änderungen kurzfristige Veränderungen des Arbeitsablaufes, des Arbeitsplatzes und des gesamten Personaleinsatzes. Aus betriebs- und volkswirtschaftlichen Gründen müsse daher die Fähigkeit der Unternehmen, entsprechend schnell mit personellen Maßnahmen (zum Beispiel Änderungskündigungen) zu reagieren, in ausreichendem Maße gegeben sein. Die langen Kündigungsfristen für Arbeiter in § 622 Abs. 2 BGB schränkten dieses sich aus dem Gebot der Wirtschaftlichkeit ergebende Erfordernis bereits in starkem Maße ein und seien häufig der Grund für große praktische Schwierigkeiten vor allem in Klein-, Mittel- und Saisonbetrieben. Hätte der Gesetzgeber in § 622 Abs. 2 BGB für die Berechnung der Beschäftigungsdauer die Regelung des § 2 Abs. 1 AngKSchG übernommen, wären noch größere Belastungen für die Unternehmen die Folge gewesen. Daher liege die Gesetz gewordene Berechnungsgrundlage im Sinne der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens angesprochenen wirtschaftlichen Vertretbarkeit (BTDrucks. V/4376 S. 3).
Zu berücksichtigen sei, daß zwischen dem Inkrafttreten des Angestelltenkündigungsschutzgesetzes und des Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetzes eine Zeitspanne von 43 Jahren liege. In so langen Zeiträumen seien die allgemeinen Auffassungen zu gesellschaftlich relevanten Sachverhalten starken Änderungen unterworfen. Der Gesetzgeber des Jahres 1926 sei noch davon ausgegangen, ein besonderer Kündigungsschutz sei lediglich für ältere Angestellte erforderlich. Demgegenüber habe sich die Auffassung über die Schutzbedürftigkeit älterer Arbeitnehmer gewandelt. Der Gesetzgeber habe 1969 einen besonderen Kündigungsschutz auch für ältere Arbeiter für erforderlich gehalten. Dafür sprächen gute Gründe. Die berufliche Fluktuation sei in den sechziger und siebziger Jahren erheblich stärker als in den zwanziger Jahren gewesen, so daß die Fälle, in denen ein Dreißigjähriger fünf Jahre in demselben Betrieb beschäftigt gewesen sei, seltener vorgekommen seien und demzufolge kein vordringliches Bedürfnis bestanden habe, schon frühzeitig lange Kündigungsfristen vorzuschreiben. Die Frage, von welchem Zeitpunkt an man als „älterer” und damit besonders schutzbedürftiger Arbeitnehmer angesehen werde, hänge außerdem nicht zuletzt von der durchschnittlichen Lebenserwartung ab. Diese sei für einen Fünfundzwanzigjährigen zwischen 1926 und 1969 erheblich gestiegen.
Wesentlicher sei, daß sich der Gesetzgeber mit der unterschiedlichen Berechnung der für die längeren Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungszeiten im Rahmen der allgemeinen Rechtsüberzeugung bewege. Daher sei es zulässig, zwischen Arbeitern und Angestellten zu unterscheiden. Dies ergebe sich zum einen aus der historisch gewachsenen Trennung der Arbeitnehmerschaft in Arbeiter und Angestellte, zum anderen werde das allgemeine Rechtsbewußtsein auch dadurch geprägt, daß ebenso in anderen Gesetzen zwischen Arbeitern und Angestellten differenziert werde.
Der Unterschied beim Beginn der verlängerten Kündigungsfristen sei auch sachlich gerechtfertigt, weil der Angestellte in der Regel höher oder spezieller qualifiziert sei als der Arbeiter. Infolge dieses Umstandes sei für den Arbeitgeber die Ersatzbeschaffung für einen ausgeschiedenen Angestellten häufig schwieriger und nehme mehr Zeit in Anspruch als bei einem Arbeiter. Für den gekündigten Angestellten selber sei es auf der anderen Seite gerade wegen seiner spezielleren Qualifikation oft schwerer als für den Arbeiter, eine angemessene Neubeschäftigung zu finden. Der frühzeitige Eintritt der verlängerten Kündigungsfristen des § 2 Abs. 1 AngKSchG habe insoweit die Funktion, diese Schwierigkeiten beider Seiten zu mildern.
Die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers sei durch die unterschiedliche Regelung in § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB und in § 2 Abs. 1 AngKSchG nicht beeinträchtigt.
6. Der Deutsche Gewerkschaftsbund vertritt eine entgegengesetzte Auffassung. Die historische Entwicklung könne die Diskriminierung eines Teils der Arbeitnehmer nicht mehr rechtfertigen. Sie zeige, daß die im 19. Jahrhundert entstandene und noch heute weiter wirkende Unterscheidung zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen nicht Ausdruck einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit einzelner Gruppen gewesen sei, wie es heute der sozialpolitischen Gesetzgebung unter der Geltung des Grundgesetzes entspreche, sondern ausschließlich der Privilegierung einer bestimmten Arbeitnehmergruppe gedient habe. Schon aus diesen Gründen verbiete es sich für eine am Prinzip des sozialen Rechtsstaats orientierte Gesetzgebung, an Differenzierungen festzuhalten, die auf solchen Erwägungen beruhten.
Die Kriterien, nach denen man einen Arbeitnehmer entweder der Gruppe der Arbeiter oder der Gruppe der Angestellten zuzuordnen versuche, seien im Laufe der Jahre immer fragwürdiger und in sich widersprüchlicher geworden. Die gegenwärtige Unterscheidung sei ungerecht.
Wenn die gewerkschaftliche Tarifpolitik deshalb zunehmend bemüht sei, diese Unterscheidung durch Abschluß einheitlicher Manteltarifverträge, Urlaubsabkommen oder Arbeitsbewertungssysteme abzubauen, so habe das alles mit Nivellierung oder Gleichmacherei nichts zu tun. Es werde im Arbeitsrecht immer notwendig sein, differenzierende Regelungen für einzelne Arbeitnehmergruppen vorzusehen, und zwar nicht nur für jugendliche, ältere und weibliche Beschäftigte. Auch die besondere Funktion und Verantwortung eines Arbeitnehmers könne dazu führen, daß er etwa haftungs- oder arbeitszeitrechtlich im Vergleich zu den übrigen Beschäftigten anders zu behandeln sei. Ob und inwieweit derartige Unterschiede geboten seien und wie der betroffene Personenkreis abzugrenzen sei, lasse sich sachgerecht nur im Zusammenhang mit der Regelung der konkreten Einzelfrage entscheiden. Jedenfalls lasse es sich mit Rücksicht auf Art. 3 GG und auch angesichts des Sozialstaatsgebots nicht rechtfertigen, wenn eine auf fragwürdigen Abgrenzungskriterien beruhende, rein formale Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten als ausreichende und sachgerechte Grundlage für eine gesetzliche Ungleichbehandlung angesehen werde.
Eine besondere Angestelltenmentalität und ein im Vergleich zu den Arbeitern verändertes Sozialverhalten der Angestellten seien keine geeigneten Kriterien für eine Aufteilung der Menschen im Rechtsleben und die Zuerkennung eines ungleichen arbeitsrechtlichen Schutzes.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund bedauere, daß der Gesetzgeber seit der Verabschiedung des Lohnfortzahlungsgesetzes und des Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetzes im Jahre 1969 untätig geblieben sei. Diese Gesetze seien nur erste Schritte zur Verwirklichung der verfassungsrechtlich gebotenen Beseitigung der Diskriminierung eines großen Teils der Arbeitnehmerschaft gewesen. Der Gesetzgeber habe die Diskriminierung beibehalten, obwohl die Arbeitsgesetzbuch-Kommission bei nur einer Gegenstimme, die sich aber lediglich gegen die völlige Beseitigung der unterschiedlichen Arbeitnehmerbezeichnungen gewandt habe, die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern empfohlen habe.
Selbst wenn man die Bedenken der Arbeitgeber gelten lassen wolle, ein Wegfall der Differenzierungen zwischen Arbeitern und Angestellten führe zu einer nicht überschaubaren, auch für die Wirtschaft möglicherweise nicht tragbaren finanziellen Mehrbelastung, lasse sich dem durch Übergangsregelungen Rechnung tragen.
Ausgehend von der Entscheidung in BVerfGE 40, 121 (140) stelle sich aber die Frage, ob für die unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer im Rahmen der Regelung der Kündigungsfristen überhaupt ein Gestaltungsraum des Gesetzgebers vorhanden sei. Eine Angleichung der Rechtslage der Arbeiter an die der Angestellten bei der Berechnung der für die längeren Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungszeiten führe zu keinerlei erkennbaren finanziellen Auswirkungen. Dies gelte insbesondere für die öffentlichen Haushalte. Aber auch für die privatwirtschaftlichen Betriebe, und zwar nicht nur für die Großunternehmen, sei festzuhalten, daß deren personalplanerische Möglichkeiten hinreichend seien, um unvertretbare finanzielle Belastungen auch dann nicht hinnehmen zu müssen, wenn sie Arbeiter und Angestellte in dem hier genannten Zusammenhang in gleicher Weise zu behandeln hätten.
Da es sich bei den gesetzlichen Kündigungsfristen um Kündigungsschutzfristen zugunsten der Arbeitnehmer handele, sei auch der Einwand, Arbeiter seien anders als die Angestellten an kürzeren Kündigungsfristen häufig selbst interessiert, nicht stichhaltig. Soweit es ein Bedürfnis für kürzere Kündigungsfristen gebe, gelte dies für die gesetzlichen Grundfristen, die ein Arbeitnehmer zu beachten habe. Dieses Bedürfnis habe auch nichts mit der formalen Abgrenzung zwischen Arbeitern und Angestellten zu tun. Man könne es allenfalls für bestimmte Bereiche, etwa für die Bauwirtschaft, bejahen. Dort werde dem durch entsprechende tarifvertragliche Kündigungsregelungen Rechnung getragen.
Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Berücksichtigung der Beschäftigungsdauer könne allenfalls dann angenommen werden, wenn Arbeiter erfahrungsgemäß erst etwa 10 Jahre später in das Berufsleben einträten als dies bei Angestellten der Fall sei. Dies treffe indes nicht zu. Für Arbeiter beginne das Berufsleben überwiegend nach dem Hauptschulabschluß; sie seien dann 15 oder 16 Jahre alt. Für Angestellte gelte zwar vielfach nichts anderes. Allerdings werde gerade für die Ausbildung oder Tätigkeit in einem Angestelltenberuf heute nicht selten auch der Realschulabschluß oder sogar das Abitur vorausgesetzt. Jedenfalls beginne das eigentliche Arbeitsleben eines Angestellten im Normalfall nicht früher, sondern eher später als das eines Arbeiters. Es sei daher geradezu widersinnig, wenn der Gesetzgeber die Berufsjahre eines Angestellten schon vom 25., die eines Arbeiters erst vom 35. Lebensjahr bei der Bemessung von Kündigungsfristen als besonders schutzwürdig berücksichtige.
7. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft ist der Auffassung, die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern sei nicht willkürlich. Auch heute fänden sich noch in einer Reihe von gesetzlichen, tariflichen und sonstigen Vorschriften wohlbegründete Differenzierungen zwischen Arbeitern und Angestellten. Teile man die Ansicht des vorlegenden Arbeitsgerichts, müßten alle Rechtsnormen, die unterschiedliche Regelungen für Angestellte und Arbeiter enthielten, verfassungswidrig sein.
Die soziologischen Unterschiede zwischen beiden Gruppen seien historisch gewachsen und könnten auch heute nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Die Regelung des Angestelltenkündigungsschutzgesetzes sei deshalb noch sinnvoll und sachlich begründet. Die unterschiedlichen gesetzlichen Kündigungsfristen trügen insbesondere der Tatsache Rechnung, daß ein Arbeitsplatzwechsel bei Angestellten in der Regel mit größeren Schwierigkeiten verbunden sei als bei gewerblichen Arbeitnehmern. Je qualifizierter die Tätigkeit sei, desto länger dauere es, mit einem neuen Arbeitgeber zum Vertragsschluß zu kommen. Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit der Angestellten sei erheblich höher als die der Arbeiter. Außerdem sei zu beobachten, daß das Lebensalter im Zeitpunkt des Arbeitsplatzwechsels bei Angestellten eine größere Rolle spiele als bei Arbeitern. Ein Angestellter habe erfahrungsgemäß schon zu einem früheren Zeitpunkt altersbedingte Schwierigkeiten beim Arbeitsplatzwechsel als ein Arbeiter. Daher sei es nur folgerichtig, daß sein Kündigungsschutz bereits in einem früheren Lebensalter beginne.
Ob der Gesetzgeber in arbeitsrechtlichen Gesetzen die bisherigen Differenzierungen zwischen Angestellten und Arbeitern beibehalten oder einschränken wolle, sei keine Rechtsfrage, sondern eine politische Frage. In bestimmten Rechtsbereichen könne ein gewisser politischer Trend zur Nivellierung der Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten beobachtet werden, für andere Bereiche gelte dies nicht. Vielmehr könne hier sogar ein Ausbau der Differenzierung festgestellt werden, zum Beispiel im Betriebsverfassungsrecht. Jedenfalls handele es sich dabei ausschließlich um eine Angelegenheit gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit. Diese könne und dürfe nicht von den Gerichten unterlaufen werden. Der Vorlagebeschluß gehe jedoch dahin, eine Gerichtsentscheidung an die Stelle des gesetzgeberischen Ermessens stellen zu wollen.
Die Annahme, die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten verstoße gegen Art. 12 GG, sei abwegig.
8. Die Bundesanstalt für Arbeit hat sich in ihrer Stellungnahme auf die Darstellung der Situation auf dem Arbeitsmarkt unter dem besonderen Aspekt der Stellung im Beruf bei abhängig Beschäftigten (Angestellte/Arbeiter) beschränkt.
Sie belegt anhand von Zahlen, daß der Anteil der Angestellten im Laufe der Zeit ständig zugenommen hat. Zur durchschnittlichen Beschäftigungsdauer von Angestellten und Arbeitern bei demselben Arbeitgeber im Jahre 1979 weist sie darauf hin, daß die Unterschiede in der durchschnittlichen Beschäftigungsdauer auf den vergleichbaren Beschäftigungs-/Funktionsebenen bei Arbeitern und Angestellten in den einzelnen Altersgruppen nicht wesentlich voneinander abwichen. Arbeiter seien von Arbeitslosigkeit stärker betroffen als Angestellte. Die Arbeitslosenquote bei den Arbeitern übersteige die Quote bei den Angestellten beträchtlich. Auch in Zeiten der Hochkonjunktur habe sie für Arbeiter erheblich über der für Angestellte gelegen. Bei einem Vergleich nach Altersgruppen werde deutlich, daß sich die Arbeitslosigkeit von Arbeitern in starkem Maße auf die Altersgruppen ab 35 Jahren konzentriere: Ende September 1981 seien 45,5 v. H. der arbeitslosen Arbeiter und 40 v. H. der arbeitslosen Angestellten älter als 35 Jahre gewesen. Auch die altersspezifischen Arbeitslosenquoten zeigten, daß die Beschäftigungslage für Angestellte in den Altersgruppen ab 35 Jahren günstiger sei als für Arbeiter.
Die Dauer der Arbeitslosigkeit sei bei Arbeitern länger als bei Angestellten. In allen Altersgruppen wiesen bei den Arbeitslosenzeiten von unter einem Monat bis zu einem Jahr die Angestellten gegenüber den Arbeitern stärkere Anteilswerte auf, bei den längerfristigen Arbeitslosen, ein Jahr und länger, überwögen dagegen die Anteilswerte der Arbeiter. Diese Aussage gelte, auch wenn mit steigendem Lebensalter sich bei beiden Statusgruppen der Trend zur längerfristigen Arbeitslosigkeit verstärke.
B.
§ 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, soweit bei der Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer eines Arbeiters Zeiten nicht berücksichtigt werden, die vor Vollendung des 35. Lebensjahres liegen, während bei einem Angestellten bereits Zeiten nach Vollendung des 25. Lebensjahres mitgerechnet werden (§ 2 Abs. 1 AngKSchG).
I.
Der allgemeine Gleichheitssatz ist dann verletzt; wenn eine Gruppe im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72 (88); 58, 369 (374); 59, 52 (59); 60, 123 (133 f.); 60, 329 (346)). Bei der Anwendung des Gleichheitsgebotes ist der jeweilige Lebens- und Sachbereich zu berücksichtigen (BVerfGE 35, 348 (357); 60, 123 (134); vgl. ferner BVerfGE 6, 84 (91); 25, 269 (292)). Dem gesetzgeberischen Gestaltungsraum sind dort engere Grenzen gezogen, wo es sich um Regelungen handelt, die Auswirkungen auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der beruflichen Tätigkeit haben (vgl. BVerfGE 37, 342 (353 f.)).
Hinsichtlich der Staffelung der Kündigungsfristen nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dem Alter des Arbeitnehmers darf demgemäß nicht außer acht gelassen werden, daß sie die berufliche Existenz der vom Arbeitsplatzverlust betroffenen, länger beschäftigten, in der Regel älteren, Arbeitnehmer sichern wollen: Die Anpassung an eine veränderte berufliche Situation, die Suche einer anderen Arbeitsstelle soll mit den längeren Kündigungsfristen erleichtert werden. Macht der Gesetzgeber diese Fristen von der Beschäftigungsdauer abhängig, dann darf er bei deren Berechnung nicht ohne hinreichenden Grund zwischen einzelnen Gruppen der Arbeitnehmer differenzieren. Die Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr bei Arbeitern schiebt den Beginn der verlängerten Kündigungsfristen hinaus und wirkt sich erschwerend auf den Versuch aus, nach Verlust des Arbeitsplatzes in möglichst nahtlosem Übergang eine neue Anstellung zu finden. Wegen dieser Auswirkungen auf das berufliche Fortkommen – Stellensuche aus einem noch bestehenden Arbeitsverhältnis heraus – ist eine Gleichbehandlung der länger beschäftigten und damit in der Regel älteren Arbeitnehmer geboten, wenn keine sachlich einleuchtenden Gründe eine Differenzierung rechtfertigen.
II.
Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt die beanstandete Regelung nicht.
Der Gesetzgeber hat bei der Auswahl der für die Gleich- oder Verschiedenbehandlung maßgebenden Elemente des Vergleichspaares Arbeiter/Angestellte nicht darauf abgestellt, daß es sich bei beiden Gruppen um länger beschäftigte und damit in der Regel ältere Arbeitnehmer handelt. Statt dessen kommt es nach dem Gesetz für die unterschiedliche Berechnung der maßgeblichen Beschäftigungszeiten auf den Status des Arbeitnehmers an. Dieses Merkmal ist im Hinblick auf den Gleichheitssatz nur so lange unbedenklich, als die damit verbundene Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen beruht. Das ist nicht der Fall.
1. Allerdings kann aus der bloßen Unsicherheit bei der Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern, auf die das vorlegende Gericht hinweist, noch nicht generell ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitet werden. Die Ausfüllung unbestimmter Gesetzesbegriffe aufgrund richtungweisender – aus dem Gesetz sich ergebender – Gesichtspunkte ist eine herkömmliche und anerkannte Aufgabe der Gerichte (vgl. BVerfGE 13, 153 (164); 21, 73 (82); 58, 233 (248); 59, 231 (264)). Rechtsnormen mit unterschiedlichen Regelungen für Angestellte und Arbeiter sowie Vorschriften, die auf dieser Unterscheidung aufbauen, sind nicht deshalb von vornherein verfassungswidrig, weil im Einzelfall die Abgrenzung dieser Personengruppen für die Rechtsanwendungsorgane Schwierigkeiten bereitet.
2. Die unterschiedliche Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer läßt sich nicht aus der Unterscheidung zwischen geistiger und manueller Tätigkeit ableiten. Es wird vielfach bestritten, daß zwischen der Unterscheidung von geistiger und manueller Arbeit und der gesteigerten Bestandssicherung des Arbeitsverhältnisses von Angestellten überhaupt ein Zusammenhang besteht (Mayer-Maly, Arbeiter und Angestellte, Arbeits- und sozialrechtliche Schriftenreihe Wien, 1969, S. 39 f.; Dieterich, VSSR, BD. 4 (1976), S. 68; Nikisch, Zur Neuabgrenzung der Begriffe Angestellter und Arbeiter, Ein Ausschußbericht, Gesellschaft für sozialen Fortschritt e. V., Bonn, 1959, S. 24 betr. die Differenzierung bei Kündigungsfristen). Es kann indessen dahinstehen, ob das für die verschieden langen Kündigungsfristen und die unterschiedlich festgelegten Beschäftigungszeiten der Fall ist. Hier ist lediglich zu prüfen, ob es sich rechtfertigen läßt, bei der Berechnung der für die längeren Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungszeiten auf ein unterschiedliches Lebensalter bei Arbeitern und Angestellten abzustellen. Insoweit ist kein Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen manueller und geistiger Arbeit erkennbar.
Sowohl § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB als auch § 2 Abs. 1 Ang- KSchG betreffen den Schutz älterer Arbeitnehmer. Es geht dabei um die Gewährung längerer Kündigungsfristen bei verschieden langen Zeiten der Betriebszugehörigkeit. Die längeren Kündigungsfristen bei Langzeitbeschäftigten sollen dazu beitragen, daß diesen in der Regel älteren Arbeitnehmern nicht oder doch nur in zweiter Linie gekündigt wird. Wenn dies gleichwohl geschieht, soll die verlängerte Kündigungsfrist Gelegenheit geben, einen anderen Arbeitsplatz zu suchen. Sachlich ist es nicht einleuchtend, daß der noch nicht 40 Jahre alte Arbeiter mit langen Beschäftigungszeiten wegen seiner manuellen Tätigkeit keinen Anspruch auf eine verlängerte Kündigungsfrist hat, wohl aber der dreißigjährige Angestellte mit gleich langer Betriebszugehörigkeit. Die vom Lebensalter unabhängige unterschiedliche Berücksichtigung der Dienstjahre bei Arbeitern und Angestellten entspricht nicht einer sachgemäßen Bestandssicherung der Arbeitsverhältnisse der länger beschäftigten, in der Regel älteren, Arbeitnehmer. Das gilt auch für die nach Auffassung der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie in ihrer gemeinsamen Stellungnahme angeführte in der Regel vorhandene bessere oder speziellere Qualifikation von Angestellten. Selbst wenn man davon ausgeht, haben länger beschäftigte Arbeitnehmer – unabhängig davon, ob sie Arbeiter oder Angestellte sind – die gleichen Schwierigkeiten, einen neuen Arbeitsplatz zu finden (vgl. unter II 5 b). Möglicherweise hat der höher oder spezieller qualifizierte Arbeitnehmer größere Umstellungsschwierigkeiten als andere Arbeitnehmer. Das könnte aber nur dazu führen, beim Kündigungsschutz für länger beschäftigte Arbeitnehmer an Qualifikationen anzuknüpfen und auf diese Weise zu einer abgestuften Regelung zu kommen. Der Status des Arbeitnehmers als Anknüpfungspunkt vermag insoweit eine Unterscheidung nicht zu begründen.
3. Die an den Status Arbeiter oder Angestellter anknüpfende Differenzierung bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer ist auch nicht deshalb mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil es sich um einen historisch zu erklärenden Unterschied handelt.
a) Der Begriff des Angestellten im Rechtssinn tauchte erstmals im Sozialversicherungsrecht auf. Mit dem Versicherungsgesetz für Angestellte vom 20. Dezember 1911 (RGBl. S. 989) wurde für Angestellte eine eigene Rentenversicherung geschaffen. Das Gesetz verzichtete auf eine Begriffsbestimmung und führte einige Angestelltengruppen als versichert auf (§ 1 Nr. 1 bis 6). Die Novelle vom 10. November 1922 (RGBl. I S. 849) enthielt ebenfalls keine Definition des Begriffs „Angestellter”; nach § 1 Abs. 1 AVG wurden Angestellte versichert, „insbesondere” die in den Nrn. 1 bis 7 genannten Angestelltengruppen.
Der Berufskatalog des Reichsarbeitsministers (Verordnung vom 8. März 1924 (RGBl. I S. 274, ber. S. 410), ergänzt und geändert durch die Verordnungen vom 4. Februar 1927 und 15. Juli 1927 (RGBl. I S. 58, 222)) unterstellt die in ihm aufgeführten Berufsgruppen („Berufsgruppenkatalog”) bindend der Angestelltenversicherungspflicht, ohne daß noch im einzelnen zu prüfen ist, ob es sich um eine vorwiegend geistige oder körperliche Tätigkeit handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wird daher eine Tätigkeit als Angestellter ausgeübt, wenn sie nach § 3 AVG oder dem „Berufsgruppenkatalog” als Angestelltentätigkeit ausgewiesen ist oder nach der Verkehrsanschauung als solche gilt. Erst wenn diese drei alternativen Voraussetzungen nicht festzustellen sind, hängt die Beurteilung als Angestelltentätigkeit davon ab, ob die Beschäftigung vorwiegend geistig geprägt ist. Ergibt diese Abwägung anhand des Gesamtbildes der Beschäftigung kein deutliches Übergewicht für eine körperliche oder geistige Prägung, dann ist auf den übereinstimmenden Willen der Vertragspartner des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen (BSGE 47, 106 m. w. N.).
Diese Aufteilung der Arbeitnehmerschaft in Angestellte und Arbeiter wurde vom Arbeitsrecht übernommen. § 12 Abs. 1 Betriebsrätegesetz (BRG) vom 4. Februar 1920 (RGBl. S. 147), das den Betriebsrat in Arbeiter- und Angestelltenräte gliederte, verwies zur Abgrenzung auf § 1 AVG. Das Angestelltenkündigungsschutzgesetz schloß sich an.
In den Jahren 1930 und 1931 erhielten die Angestellten durch verschiedene Notverordnungen des Reichspräsidenten gegen den Arbeitgeber einen im wesentlichen unabdingbaren Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Falle unverschuldeten Unglücks (Handlungsgehilfen und technische Angestellte) oder für den Krankheitsfall.
Auch das Erste Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz behielt 1969 die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten bei. Ebenso gehen die Betriebsverfassungsgesetze 1952 und 1972 sowie das Mitbestimmungsgesetz 1976 nach wie vor von dieser Unterscheidung aus.
b) Die Differenzierung läßt sich auch nicht mit den Erwägungen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründen. In BVerfGE 40, 121 (140) ging es um die Frage, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, daß Kindern eines verstorbenen Versicherten der Angestelltenversicherung Waisenrente auch dann nur bis zum 25. Lebensjahr gewährt wird, wenn sie infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, während behinderte Waisen in der beamtenrechtlichen Hinterbliebenenversorgung und in der Kriegsopferversorgung Waisengeld oder Waisenrente ohne Altersgrenze erhalten. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, die seit langem bestehenden Unterschiede zwischen den verschiedenen Rechtsbereichen vermöchten zwar rechtspolitisch nicht mehr voll zu überzeugen und erschienen als wenig verständlich. Angesichts der Verzweigtheit und Vielgestaltigkeit der historisch ohne einen einheitlichen Plan gewachsenen Regelungen müsse es jedoch dem Gesetzgeber überlassen bleiben, in welcher Zeitfolge er gebotene Änderungen und Verbesserungen auf den verschiedenen Einzelgebieten vornehmen wolle. In einer späteren Entscheidung wird indessen ausgesprochen, daß der Gesetzgeber die gebotenen Gesetzesänderungen innerhalb vertretbarer Zeiträume in den Teilbereichen lösen solle, in denen damit zu rechnen sei, daß das ohne erhebliche Eingriffe in die Systematik verschiedener Regelungsbereiche und ohne nennenswerte finanzielle Auswirkungen gelingen könne (BVerfGE 43, 13 (22)).
Damit ist erkennbar, daß eine historisch gewachsene Unterscheidung allein die Verfassungsmäßigkeit nicht zu rechtfertigen vermag.
4. Als sachlicher Grund der unterschiedlichen Berücksichtigung der in einem Betrieb verbrachten Beschäftigungsjahre bei Angestellten und Arbeitern kommt die im Gesetzgebungsverfahren als notwendig hervorgehobene Mobilität der Arbeiter (Abg. Schmidt (Kempten), Ausschuß für Arbeit (Kurzprotokoll Nr. 92, S. 13)) ebenfalls nicht in Betracht.
Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht einleuchtend, wenn einem Arbeiter bis zum 40. Lebensjahr, einem Angestellten dagegen nur bis zum 30. Lebensjahr noch mit der normalen Kündigungsfrist – bei einer Beschäftigungsdauer von fünf Jahren – gekündigt werden darf. Die berufliche Beweglichkeit des jüngeren Arbeiters kann nicht dadurch gesteigert werden, daß man ihm trotz längerer Beschäftigungszeiten die längeren Kündigungsfristen vorenthält und es bei der kurzen Kündigungsfrist beläßt. Die Kündigungsfristen dienen gerade dazu, dem von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer ausreichend Zeit und Gelegenheit zu geben, sich um eine neue Stellung zu bemühen. Der jüngere Arbeiter findet in der ihm verbliebenen normalen Kündigungsfrist von in der Regel zwei Wochen nicht schneller eine andere Arbeitsstelle als der etwa gleichaltrige Angestellte. Es ist kaum anzunehmen, daß wegen der normalen Kündigungsfrist gerade der Arbeiter einen anderen Arbeitsplatz in einer fremden Branche oder entlegeneren Region zu übernehmen bereit ist. Nach den vorliegenden Erkenntnissen zur beruflichen und regionalen Mobilität von Arbeitslosen wird von diesen erst mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit ein Berufswechsel – zunächst als Übergangslösung – akzeptiert (Brinkmann, Arbeitslosigkeit und Mobilität, MittAB 1977, S. 201 (215)). Die Umzugsbereitschaft ist bei arbeitslosen Angestellten, insbesondere bei Angestellten in gehobener und leitender Position, häufiger als bei arbeitslosen Arbeitern, wobei insbesondere Hilfsarbeiter und angelernte Arbeiter weniger regional mobil sind als andere Gruppen (Brinkmann, a.a.O., S. 218).
Die Förderung der beruflichen Beweglichkeit der länger beschäftigten Arbeitnehmer ist eine wichtige Aufgabe. Die differenzierende Regelung für Arbeiter und Angestellte ist zur Erreichung des – möglicherweise – verfolgten Zwecks der Förderung der Mobilität der Arbeiter aber ungeeignet.
5. Die angegriffene Regelung läßt sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, daß bei Arbeitern ein Wechsel einfacher und auch üblicher sei als bei Angestellten (vgl. Neumann, in Staudinger, BGB, 12. Aufl. 1979, § 622 Rdnr. 13).
a) In der Gehalts- und Lohnstrukturerhebung 1966 hat das Statistische Bundesamt die unterschiedliche Dauer der Unternehmenszugehörigkeit von Arbeitern und Angestellten erfaßt. 1966 waren 30 v. H. aller Arbeiter und fast 40 v. H. aller Arbeiterinnen weniger als drei Jahre, 51,5 v. H. und 53,6 v. H. zwischen drei bis fünfzehn Jahre, fast 20 v. H. und 8 v. H. fünfzehn Jahre oder mehr ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber beschäftigt (Bretschneider/Husmann/Schnabel, Handbuch einkommens-, vermögens- und sozialpolitischer Daten, Tabellen und Kommentare, Loseblatt, D. 14). Bei Angestellten waren 25 v. H. der männlichen Angestellten und 40,5 v. H. der weiblichen Angestellten unter drei Jahre beschäftigt, jeweils 50 v. H. zwischen drei und fünfzehn Jahre sowie 24,8 und 8,7 v. H. fünfzehn Jahre und mehr (a.a.O., D. 33). Aus der Stellungnahme der Bundesanstalt für Arbeit und dem von ihr vorgelegten Zahlenmaterial für 1979 geht ebenfalls hervor, daß die Unterschiede in der durchschnittlichen Beschäftigungsdauer auf den vergleichbaren Beschäftigungs-/Funktionsebenen bei Arbeitern und Angestellten unwesentlich sind. Dies zeigt, daß bei länger beschäftigten Arbeitern der Stellungswechsel nicht üblicher ist als bei länger beschäftigten Angestellten.
b) Es kann auch nicht von der Annahme ausgegangen werden, daß ein länger beschäftigter jüngerer Arbeiter leichter eine neue Arbeitsstelle findet als ein länger beschäftigter gleichaltriger Angestellter.
Demjenigen Arbeitnehmer, der geraume Zeit hindurch seine Arbeitskraft ein und demselben Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat, fällt es in der Regel schwerer, sich erfolgreich um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen, unabhängig davon, ob es sich um einen Arbeiter oder um einen Angestellten handelt. Mit Beginn des Arbeitsverhältnisses setzt ein Anpassungsprozeß an die konkreten durch die Unternehmensziele und die Unternehmensorganisation vorgezeichneten Arbeitsanforderungen ein. Der Arbeitnehmer arbeitet sich in die unternehmensspezifische Aufgabenstellung ein. Selbst wenn er keine förmliche Ausbildung im Betrieb erhält, wird er doch seine Kenntnisse und Fähigkeiten immer stärker an den ihm gegenüber erhobenen Anforderungen ausrichten. Der Arbeitnehmer verliert im Laufe eines langen Beschäftigungsverhältnisses an Flexibilität. Das führt dazu, daß sich seine Aussichten verschlechtern, im Falle einer Kündigung einen anderen Arbeitsplatz zu finden (vgl. Dorndorf, Sozialplan im Konkurs, Baden-Baden 1978, S. 12 ff.; Simitis, Sind im Interesse einer gerechteren Verteilung der Arbeitsplätze Begründung und Beendigung der Arbeitsverhältnisse neu zu regeln?, 52. DJT 1978, Sitzungsbericht M, S. 50). Dieser Verlust an Anpassungselastizität ist bei Arbeitern genauso gegeben wie bei Angestellten (Schwerdtner, in Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 3, 1980, § 622 Rdnr. 25, 27).
Auch aus dem vorliegenden Zahlenmaterial kann nicht geschlossen werden, daß jüngere Arbeiter leichter eine neue Stelle finden als gleichaltrige Angestellte. Vielmehr läßt alles zusammengenommen nur den Schluß zu, daß gerade ältere und länger beschäftigt gewesene Arbeitnehmer, gleichgültig ob Angestellte oder Arbeiter, schwerer vermittelbar sind. Aus den in der Stellungnahme der Bundesanstalt für Arbeit mitgeteilten altersspezifischen Arbeitslosenquoten aus 1980 und 1981 ist sogar zu entnehmen, daß die Beschäftigungslage für Angestellte in den Altersgruppen ab 35 Jahren wesentlich günstiger ist als für Arbeiter; für die Altersgruppen 25 bis 35 Jahre ist sie immerhin etwas günstiger.
Der Anteil derjenigen Arbeitslosen, die vor ihrer Arbeitslosigkeit fünf Jahre und länger im letzten Betrieb beschäftigt waren, liegt bei älteren Arbeitern sowie bei Facharbeitern und Angestellten in gehobener oder leitender Stellung über dem Durchschnitt von 29 v.H. (Brinkmann, Arbeitslosigkeit und Mobilität, MittAB 1977, S. 201 (206)). Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit betrug bei deren Beendigung Ende September/Anfang Oktober 1977 bei Arbeitern 6,7 Monate und bei Angestellten 6,3 Monate (von Rosenbladt/Büchtemann, Arbeitslosigkeit und berufliche Wiedereingliederung, MittAB 1980, S. 552 (564)). Bei den 30 bis unter 40 Jahren alten Angestellten waren Ende September 1979 27 v.H. ein bis drei Monate, 21 v.H. drei bis sechs Monate, 23 v.H. sechs Monate bis ein Jahr, 11 v.H. ein bis zwei Jahre, 4,5 v. über zwei Jahre arbeitslos. Bei den gleichaltrigen Arbeitern waren 22,2 v.H. ein bis drei Monate, 20 v.H. drei bis sechs Monate, 23 v.H. sechs bis zwölf Monate, 11 v.H. ein bis zwei Jahre, 5,5 v.H. über zwei Jahre arbeitslos (vgl. ANBA 1980, S. 298).
Auch die Bundesanstalt für Arbeit geht auf die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit ein, verwendet aber nicht Zahlenmaterial, das die Dauer der Arbeitslosigkeit im Zeitpunkt des Antritts einer neuen Stelle betrifft, sondern die im Zeitpunkt der Erhebung bestehende Dauer der Arbeitslosigkeit bei Arbeitslosen. Ende September 1981 dauerte die Arbeitslosigkeit bei 85,4 v.H. der arbeitslosen Angestellten bereits bis zu einem Jahr und bei 14,6 v. H. länger als ein Jahr an. Von den arbeitslosen Arbeitern waren 83 v.H. bis zu einem Jahr und 17 v.H. über ein Jahr arbeitslos. Betrachtet man die Zahlen für einzelne Altersgruppen, so ergibt sich für die 30 bis 40 Jahren alten Angestellten eine Arbeitslosigkeit bis zu einem Jahr bei 83,8 v.H. und von über einem Jahr bei 16,2 v.H. Von den gleichaltrigen Arbeitern waren 84,5 v. H. bis zu einem Jahr und 15,5 v.H. über ein Jahr arbeitslos. Die Dauer der Arbeitslosigkeit ist also auch in dieser Altersgruppe bei Arbeitern nicht so wesentlich niedriger, daß daraus gefolgert werden kann, sie fänden leichter eine Stelle als Angestellte der gleichen Altersstufe.
Ganz allgemein weisen die von der Bundesanstalt für Arbeit vorgelegten Zahlen aus, daß in allen Altersgruppen bei den Zeiten der Arbeitslosigkeit bis zu einem Jahr die Angestellten gegenüber den Arbeitern stärkere Anteilswerte aufweisen, bei den längerfristigen Arbeitslosenzeiten (ein Jahr und mehr) die Anteilswerte der Arbeiter überwiegen. Das gilt nach Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit auch dann, wenn mit steigendem Lebensalter sich bei beiden Gruppen der Trend zur längerfristigen Arbeitslosigkeit verstärkt.
Dies zeigt, insbesondere bei einer Zusammenschau mit den durchschnittlichen Betriebszugehörigkeiten vor der Arbeitslosigkeit, daß ganz allgemein länger beschäftigte Arbeitnehmer unabhängig von ihrem Status als Arbeiter oder Angestellter schwerer in neue Arbeitsstellen vermittelt werden können.
Eine lediglich nach Arbeiter- oder Angestelltenstatus differenzierende Berechnung der für die Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer ist daher nicht sachgerecht; nur eine einheitliche ist einleuchtend. Im Falle der erfolgten wirksamen Kündigung gegenüber einem länger beschäftigten Arbeitnehmer ist es unter dem Gesichtspunkt der Stellensuche und Vermittelbarkeit unerheblich, ob der Arbeitnehmer Angestellter oder Arbeiter ist. Entscheidend sind die Fähigkeiten, insbesondere fachliche Qualifikationen, der Gesundheitszustand, das Alter und am Ende die konjunkturelle Gesamtsituation wie auch die Aufnahmefähigkeit der Branchen, in denen der Arbeitslose einen neuen Arbeitsplatz anstrebt. Die längeren Kündigungsfristen bei Angestellten bereits mit 30 Jahren, bei Arbeitern erst mit 40 Jahren beginnen zu lassen, ist mit der Arbeitsmarktsituation nicht zu rechtfertigen.
Selbst wenn – entgegen den vorstehenden Ausführungen – Arbeiter leichter eine neue Stellung finden würden als Angestellte, so wäre dieser Gesichtspunkt nicht geeignet, eine Differenzierung bei der Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgebenden Beschäftigungszeiten zu rechtfertigen. Er könnte sich allenfalls auf die Länge der Kündigungsfristen selbst auswirken. Der Arbeiter hat nach fünf Jahren Beschäftigungszeit eine Kündigungsfrist von nur einem Monat zum Monatsschluß, der Angestellte dagegen von drei Monaten zum Quartalsschluß. Der Arbeiter hat nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende und nach zwanzig Jahren von drei Monaten zum Quartalsschluß. Der Angestellte hat demgegenüber nach einer Beschäftigungsdauer von acht Jahren eine Kündigungsfrist von vier Monaten, bei zehn Jahren Beschäftigungsdauer von fünf Monaten und bei einer solchen von zwölf Jahren eine Kündigungsfrist von sechs Monaten jeweils zum Quartal. Wenn tatsächlich der Wechsel beim Arbeiter einfacher wäre, so wird dem durch die gegenüber dem Angestellten kürzere Kündigungsfrist Rechnung getragen.
6. Im Schrifttum (Hillebrecht, in Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsrecht, 1981, § 622 Rdnr. 113) wird gelegentlich die Auffassung vertreten, die unterschiedliche Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil bei ungelernten oder angelernten Arbeitern, das heißt einer großen Gruppe von Arbeitern, in der Regel die Bindung an den Betrieb geringer sei als bei Angestellten.
Das trifft bei den länger beschäftigten und damit in der Regel älteren Arbeitern nicht zu. Mit ihrer langen Betriebszugehörigkeit haben sie gerade bewiesen, daß sie betriebstreu sind. Im übrigen dürften bei dem Hinweis auf die angeblich geringere Bindung an den Betrieb Ursachen und Wirkung verwechselt werden. Das Risiko, arbeitslos zu werden, ist nach den neuesten Erkenntnissen bei jüngeren Arbeitskräften am höchsten, die noch nicht lange im Berufsleben stehen, ferner bei Ungelernten und bei Personen, die zuletzt in niedrigen betrieblichen Positionen (sonstige Arbeiter, ausführende Angestellte), wie an Arbeitsplätzen mit geringen oder unspezifischen Qualifikationsanforderungen, beschäftigt waren (von Rosenbladt/Büchtemann, Arbeitslosigkeit und berufliche Wiedereingliederung, MittAB 1980, S. 552 (558)). Daraus ergibt sich, daß viele dieser Arbeiter gar nicht die Gelegenheit haben, ihr stabiles Erwerbsverhalten zu beweisen, weil ihnen – in der Regel betriebsbedingt – gekündigt wird. Man geht zunehmend davon aus, daß der Arbeitsmarkt in zwei Abschnitte gespalten ist. Der eine ist stabil und relativ beschäftigungssicher; der andere ist instabil und durch hohe Fluktuation mit dazwischen liegenden Phasen der Arbeitslosigkeit gekennzeichnet, die nach Dauer und Häufigkeit im Konjunkturzyklus wechseln (von Rosenbladt/Büchtemann, MittAB 1980, S. 552 (559 f.); Egle/ Karr/Leupoldt, MittAB 1980, S. 105 (108); vgl. Brinkmann, MittAB 1977, S. 201 (205 f. m. w. N. in Fußn. 29); ferner auch schon Mayer-Maly, a.a.O., S. 39 f.). Stammbelegschaften werden nach Möglichkeit gehalten, während Arbeitnehmer (gleichgültig, ob Arbeiter oder Angestellte), die einfache Tätigkeiten ausüben, bei nachlassender Konjunktur entlassen werden. Das führt dann zu häufigerem Wechsel des Arbeitgebers, ohne daß fehlende Betriebstreue die Ursache ist.
Von den im September/Oktober 1977 bei den Arbeitsämtern als „Abgänge aus Arbeitslosigkeit” (Vermittlung in einen Arbeitsplatz, Rente usw.) registrierten „einfachen” Arbeitern waren 50 v.H. in den letzten fünf Jahren vor der Arbeitslosigkeit mehrfach arbeitslos, dagegen nur 33 v.H. der Facharbeiter und nur 19 v.H. der Angestellten (von Rosenbladt/Büchtemann, a.a.O., S. 560). Von diesen „einfachen” Arbeitern waren 51 v.H. in den letzten fünf Jahren bei drei und mehr Arbeitgebern tätig. Bei den Facharbeitern waren es nur 40 v.H., bei „einfachen” Angestellten 43 v.H., dagegen nur 27 v.H. der gesamten Angestellten (von Rosenbladt/Büchtemann, a.a.O., S. 560). Das von der Bundesanstalt für Arbeit mit ihrer Stellungnahme vorgelegte Zahlenmaterial läßt keine anderen Schlüsse zu.
7. Die Bundesregierung hält die Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB deshalb mit Art. 3 Abs. 1 GG für vereinbar, weil der Gesetzgeber mit dem Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz im Vorgriff auf eine umfassende Reform eine Teilfrage eines weiten Sachbereichs unter Abwägung der sozialpolitischen Zielsetzung durch eine Regelung für die Arbeiter gelöst habe, die gegenüber dem früheren Rechtszustand einen erheblichen Fortschritt aufweise. Ein solches Vorgehen sei nicht willkürlich.
Wenn bestimmte Vergünstigungen zunächst nur einzelnen Personengruppen zugebilligt werden, jedoch eine Tendenz zur allmählichen Ausweitung des begünstigten Personenkreises erkennbar ist, darf dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 39, 148 (153)) eine angemessene Zeit eingeräumt werden, in der er Erfahrungen sammeln und die gesetzliche Regelung schrittweise fortbilden kann. Aus der Entstehungsgeschichte des § 622 Abs. 2 BGB ergibt sich aber nicht, daß das Recht der länger beschäftigten und damit in der Regel lebensälteren Arbeiter stufenweise an das Recht der Angestellten angeglichen werden sollte (BTDrucks. V/3913; Ausschuß für Arbeit, Ausschußdrucks. V/107; Ausschuß für Arbeit, Kurzprotokoll Nr. 92; Anlage 8 zum Kurzprotokoll Nr. 94 S. 19; BTDrucks. V/4376; 5. Wp., 227 Sitzung, StenBer. S. 12513 ff. und 243. Sitzung, StenBer. S. 13550 f.). Insoweit verhielt es sich bei der Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB anders als beispielsweise beim Lohnfortzahlungsgesetz, bei dem es erklärtermaßen neben der Entlastung der Krankenkassen um die Angleichung der Rechtsstellung der Arbeiter an die der Angestellten ging (5. Wp., 227. Sitzung, StenBer. S. 12537 und 236. Sitzung, StenBer. S. 13083 ff.). Lediglich die Schutzbedürftigkeit älterer Arbeiter war ausschlaggebend (vgl. Kurzprotokoll des Ausschusses für Arbeit des Bundestages Nr. 92 S. 13; BAG, AP Nr. 10 zu § 622 BGB (Bl. 2 a. E.); BAG, AP Nr. 11 zu § 622 BGB (2 b der Gründe); Richardi, ZfA 1971, S. 80 m. w. N. in Fußn. 28). Die ungünstigere Berechnung der Beschäftigungsdauer bei Arbeitern war ausdrücklich gewollt, weil man – irrtümlich – annahm, ihre Mobilität könne im Gegensatz zu den Angestellten so gefördert werden (Abg. Schmidt (Kempten), Kurzprotokoll der 92. Sitzung des Ausschusses für Arbeit vom 2. Juni 1969, S. 12 f.). Die Äußerung des Abg. Müller (Remscheid) bezog sich in der zweiten Lesung (vgl. oben A I 2) lediglich darauf, daß die Kündigungsfristen für ältere Arbeitnehmer verbessert worden seien und er hoffe, der Endpunkt der Entwicklung dieses Schutzes sei noch nicht erreicht.
8. Es kann auch nicht der von der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände und dem Bundesverband der Deutschen Industrie vertretenen sowie in der Stellungnahme der Bundesregierung anklingenden Auffassung gefolgt werden, die streitige Ungleichbehandlung sei angesichts der Auswirkungen einer Gleichbehandlung auf die Wirtschaft als sachgerecht anzusehen.
Es kann hier dahinstehen, ob es wegen der von der Wirtschaft zu tragenden Lasten im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden kann, die Rechtsstellung der Arbeiter an die der Angestellten stufenweise anzugleichen, wie das im Bereich der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall über das Arbeiterkrankheitsgesetz und das Lohnfortzahlungsgesetz weitgehend geschehen ist. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann es jedenfalls nicht als sachlich einleuchtend betrachtet werden, wenn der Gesetzgeber die Gruppe der dreißig- aber noch nicht vierzigjährigen Arbeiter und entsprechend die übrigen Arbeiter von der Gewährung weiter verlängerter Kündigungsfristen ausschließt. Näher gelegen hätte es, ohne diese Differenzierung bei der Berechnung der für die Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungszeiten stufenweise längere Kündigungsfristen für ältere Arbeiter einzuführen. Dies ist auch der Weg, den inzwischen beispielsweise die Tarifpartner in der Metallindustrie Baden-Württembergs überwiegend beschritten haben (vgl. § 4.5.2.1 Manteltarifvertrag Nordwürttemberg/ Nordbaden vom 29. Oktober 1979; § 4.5.2.1 Manteltarifvertrag Südwürttemberg-Hohenzollern vom 20. Mai 1980, wobei entsprechend der Regelung in § 2 Abs. 1 AngKSchG Beschäftigungszeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt werden; anders § 4.5.2 Manteltarifvertrag Südbaden vom 18. Juli 1980, in dem auf eine Übenor§ 622 Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Artikels 2 Nummer 4 des
Sollte der verbesserte Kündigungsschutz für länger beschäftigte Arbeitnehmer infolge der damit verbundenen längeren Kündigungsfristen tatsächlich mit wirtschaftlichen Belastungen der Arbeitgeber verbunden sein, so kann das nicht dazu führen, den länger beschäftigten Arbeitern einen geringeren Kündigungsschutz als den älteren Angestellten zu gewähren.
Zur Beseitigung der Ungleichbehandlung stehen dem Gesetzgeber mehrere Wege offen, darunter auch solche, die eine etwaige nicht tragbare wirtschaftliche Belastung der Unternehmen vermeiden. Im übrigen geht es nicht um die Übernahme des § 2 AngKSchG auf die Arbeiter, sondern nur um die Frage, ob § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB verfassungsgemäß ist, soweit bei der Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer beim Arbeiter im Gegensatz zum Angestellten Zeiten nicht berücksichtigt werden, die zwischen der Vollendung des 25. und 35. Lebensjahres liegen.
III.
Steht eine Norm mit der Verfassung nicht in Einklang, so ist sie grundsätzlich für nichtig zu erklären (§ 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 78 Satz 1 BVerfGG).
Im vorliegenden Fall liegt die Verfassungswidrigkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB jedoch nicht in dem besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeiter, sondern darin, daß entgegen Art. 3 Abs. 1 GG für die verlängerten Kündigungsfristen der Arbeiter und Angestellten nach unterschiedlichen Lebensaltern berechnete Beschäftigungszeiten maßgeblich sind. Würde wegen dieser Grundrechtsverletzung § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB für nichtig erklärt, so müßte das zu einer noch größeren Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten führen: Die älteren Arbeiter gingen der verlängerten Kündigungsfristen vollends verlustig. Es kann mithin nur ausgesprochen werden, daß § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB mit dem Grundgesetz insoweit nicht in Einklang steht, als hiernach bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer von Arbeitern Zeiten, die vor Vollendung des 35. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt werden, während nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AngKSchG bei Angestellten nur Zeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres außer Betracht bleiben.
Sondervotum
1. Grundsätzlich folge ich dem verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt der Entscheidung (B I). Da es um den sozialen Schutz von Arbeitnehmern geht, rechtfertigt es sich, den Gleichheitssatz nicht nur restriktiv mit einem auf das Willkürverbot reduzierten Verständnis anzuwenden (vgl. BVerfGE 1, 14 (52) und st. Rspr.; auch abw. Meinung der Richterin Rupp-von Brünneck, BVerfGE 36, 237 (248)).
Auch dürfte die Auffassung des Senats zutreffend sein, daß Gründe, die unter dem Blickwinkel unterschiedlicher Schutzbedürftigkeit die hier in Rede stehende Regelung in der Vergangenheit rechtfertigen konnten, zwischenzeitlich an Gewicht verloren haben (B II 2, 4-6).
2. Dies berechtigt zwar zu dem Schluß, daß jüngere Arbeiter grundsätzlich nicht weniger schutzbedürftig sind als gleichaltrige Angestellte. Als Folgerung ergibt sich daraus aber zunächst nur, daß es sozialpolitisch wünschenswert erscheinen kann, die Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer bei Arbeitern und Angestellten einander anzugleichen. Indessen ist nicht alles, was sozialpolitisch wünschenswert ist, zugleich verfassungsrechtlich geboten.
Das gilt auch bei gleicher Schutzbedürftigkeit zweier Personengruppen, denn es kann gleichwohl gewichtige Gründe geben, die ihre ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 51, 1 (22 f., 27); 53, 164 (177 f.); 60, 113 (118 f.)).
3. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, daß es wegen der erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen, die eine vollständige Angleichung der Rechtsstellung der Arbeiter an diejenige der Angestellten mit sich brächte, eine solche Entwicklung nur schrittweise vollzogen werden könnte. Der Einwand vermag allerdings in dieser Allgemeinheit nicht zu überzeugen. Was in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, läßt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen (vgl. BVerfGE 17, 122 (130)). Konkreter haben jedoch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der Deutschen Industrie dargestellt, warum die wirtschaftliche Lage – jedenfalls derzeit – dazu zwingen könnte, den hier in Rede stehenden Unterschied im Kündigungsschutz zwischen Arbeitern und Angestellten aufrechtzuerhalten. Sie führen aus, daß Arbeiter überwiegend in der Produktion beschäftigt seien und daß in diesem Bereich konjunkturell technische oder betriebsorganisatorische Veränderungen oft kurzfristig notwendig würden. Diesem Gesichtspunkt ist der Deutsche Gewerkschaftsbund – der sich im übrigen voll hinter das Anliegen der Vorlage gestellt hat – nicht grundsätzlich entgegengetreten. Er hat lediglich die Auffassung vertreten, einer für die Wirtschaft möglicherweise nicht tragbaren Mehrbelastung durch die Angleichung der Berechnung der Kündigungsfristen könne durch Übergangsregelungen Rechnung getragen werden.
4. Die Mehrheit des Senats führt dazu aus, daß selbst dann, wenn der verbesserte Kündigungsschutz für länger beschäftigte Arbeitnehmer infolge der damit verbundenen längeren Kündigungsfristen tatsächlich mit wirtschaftlichen Belastungen der Arbeitgeber verbunden sein sollte, das nicht dazu führen könne, den länger beschäftigten Arbeitern einen geringeren Kündigungsschutz als den älteren Angestellten zu gewähren. Dem Gesetzgeber ständen zur Beseitigung der Ungleichheit mehrere Wege offen, darunter auch solche, die eine etwaige nicht tragbare wirtschaftliche Belastung der Unternehmer vermeiden würden.
5. Dabei wird m. E. übersehen, daß es bei Berücksichtigung der durch Konjunkturschwäche und Arbeitslosigkeit geprägten Wirtschaftslage schwerlich einen Weg geben kann, der die als verfassungsrechtlich geboten angesehene Angleichung ermöglicht, ohne zugleich wirtschaftliche oder soziale Gefährdungen auszulösen. Das allein aber ist ein gewichtiger Grund, der es rechtfertigt, es jedenfalls derzeit bei der bisherigen Rechtslage zu belassen.
6. Geht man davon aus, daß der Gesetzgeber die von der Mehrheit angenommene Verletzung des Gleichheitssatzes dadurch ausgleichen würde, daß er den Kündigungsschutz der Arbeiter voll an den bestehenden Schutz der Angestellten angleicht, so wird er damit gewiß nicht in allen Bereichen der Wirtschaft besondere Schwierigkeiten verursachen. Indessen gibt es „empfindliche” Wirtschaftsbereiche, in denen solche Schwierigkeiten jedenfalls derzeit ernsthaft zu besorgen sind. Die Arbeitgeberverbände haben insoweit besonders auf Klein-, Mittel- und Saisonbetriebe hingewiesen. Jedenfalls leuchtet es ein, daß in Betrieben solcher Struktur auch schon eine verhältnismäßig geringe Ausdehnung des Kündigungsschutzes zu ernsthaften Problemen führen kann, wenn die Zahl beschäftigter Arbeiter dort im Verhältnis zur Zahl der Angestellten groß ist. Das ist gerade in solchen Wirtschaftsbereichen naheliegend, die im besonderen Maße den Gefährdungen durch die Konjunkturlage ausgesetzt sind. Es läßt sich aber auch nicht ausschließen, daß bei Großbetrieben, die ohnehin mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, eine Verstärkung des Kündigungsschutzes der „Tropfen sein kann, der das Faß zum Überlaufen bringt”. Besonders deutlich ist das in Fällen, in denen ein Vergleichsverwalter sich um Sanierung eines zahlungsunfähig gewordenen Unternehmens bemüht und dabei darauf zu sehen hat, daß er die gesetzlich vorgeschriebene Vergleichsquote erbringen kann.
Die Mehrheitsmeinung läßt es – jedenfalls praktisch – nicht zu, daß der Gesetzgeber solche Besonderheiten berücksichtigt – wie etwa die Tarifpartner es schon in einzelnen Bereichen getan haben.
7. Indessen geht es nicht nur um den Schutz von Wirtschaftsunternehmen, sondern gleichrangig um die Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen. In einer Zeit, die durch vermehrte Arbeitslosigkeit geprägt ist, kann jede Ausdehnung des Kündigungsschutzes zur Folge haben, daß Betriebe sich veranlaßt sehen, vorsichtiger bei der Einstellung von Arbeitern zu verfahren. Es ist ohnehin nicht auszuschließen, daß der soziale Schutz von Arbeitnehmern auch schon jetzt die ihrem eigenen Interesse unerwünschte Nebenwirkung hat, Arbeitgeber bei der Einstellung von Arbeitskräften zu größerer Zurückhaltung zu bewegen als es der Fall wäre, wenn der Kündigungsschutz etwas weniger stark ausgeprägt wäre.
Auch eine andere Folge einer etwaigen gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten der Gleichstellung jüngerer Arbeiter mit Angestellten ist zu bedenken. Die bisherige Regelung legt es im Rahmen der für alle Arbeiter geltenden Kündigungsschutzbestimmungen den Arbeitgebern nahe, bei der Notwendigkeit von Personalveränderungen eher jüngere Arbeiter mit kürzeren Kündigungsfristen zu entlassen. Ihre Gleichstellung mit den älteren Arbeitern würde diese Arbeitskräfte vermehrt schützen. Für sie wäre das gewiß ein erwünschtes und auch sozialpolitisch befriedigendes Ergebnis. Indessen könnte es zur Folge haben, daß die älteren Arbeiter, die ihre den jüngeren gegenüber relativ stärkere Rechtsposition verlieren, weitergehend gefährdet werden, als sie es vordem waren.
8. Nun gebietet die Entscheidung der Mehrheit nicht, den Gleichheitsverstoß dadurch zu beseitigen, daß der Kündigungsschutz der Arbeiter in dem in Rede stehenden Umfang dem besseren Schutz älterer Angestellter angeglichen wird (B II, 8 und III). Der Gesetzgeber könnte die Verfassungsmäßigkeit der Regelung auch dadurch herbeiführen, daß er den bisherigen Kündigungsschutz der Angestellten auf den der Arbeiter herabsetzt oder einen – aber ebenfalls mit einer Benachteiligung für Angestellte, gemessen am jetzigen Rechtszustand, verbundenen – Mittelweg geht. Das würde zwar die unter Ziff. 5 bis 7 beschriebenen Gefährdungen ausräumen können, zudem die sozialpolitisch wünschenswerte Angleichung zwischen Arbeitern und Angestellten fördern, aber dafür den Gesetzgeber nötigen, den Angestellten den ihnen seit dem Jahre 1926 zustehenden Kündigungsschutz zu mindern. Damit würde – möglicherweise zu einem durchaus unerwünschten Zeitpunkt – die Gefahr der Arbeitslosigkeit von Angestellten vermehrt. Auch könnte eine Einschränkung des überkommenen Schutzes für solche Angestellte unverständlich erscheinen, die in Zeiten besonderer wirtschaftlicher Schwierigkeiten auch besondere Verantwortung für die Existenz ihres Betriebes tragen.
9. Solche Überlegungen stehen nicht notwendig der in Rede stehenden Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten entgegen. Sie ist jedoch verfassungsrechtlich nicht geboten.
Es mag sein, daß es gute Gründe dafür gibt, die Gleichstellung unbeschadet der aufgezeigten Gefährdungen schon alsbald zu vollziehen. Wann jedoch der richtige Zeitpunkt dafür ist, hat der Gesetzgeber in seiner Verantwortung zu entscheiden.
Meine von der Mehrheit abweichende Auffassung darüber, ob es gewichtige Gründe dafür gibt, die Angleichung von § 622 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB an § 2 AngKSchG – oder umgekehrt – nicht derzeit zu vollziehen, hängt wesentlich mit den durch Konjunkturschwäche und Arbeitslosigkeit geprägten Zeitumständen zusammen. Damit wird gleichzeitig deutlich, daß ich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 40, 121 (140)), „nach der es dem Gesetzgeber bei historisch ohne einheitlichen Plan gewachsenen Regelungen überlassen bleiben muß, in welcher Zeitfolge er gebotene Änderungen und Verbesserungen vornehmen wolle”, eine höhere Bedeutung beimesse, als es der Senat unter Berufung auf die Entscheidung in BVerfGE 43, 13 (22) getan hat. Dabei gilt, daß grundrechtliche Maßstäbe nicht zu jeder Zeit und in jedem Zusammenhang dasselbe Gewicht haben. Regelungen, die in wirtschaftlich gefestigteren Zeiten geboten sein mögen, können unter veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung erfahren (vgl. BVerfGE 52, 1 (30)). Auch der Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber nicht, unter allen Umständen unabhängig von tatsächlichen Entwicklungen gleichförmige Regelungen zu schaffen (vgl. BVerfGE 39, 169 (185 f.)), sondern läßt es zu, daß er den nach seinem Ermessen rechten Zeitpunkt für eine Maßnahme wählt.
Fundstellen
Haufe-Index 60553 |
BVerfGE 62, 256-294 (LT1) |
BB 1983, 1221-1222 (LT1) |
BB 1983, 195-195 (T) |
DB 1983, 450 |
Information StW 1985, 92-94 (LT1) |
Information StW 1985, 95-95 (LT1) |
NJW 1983, 617-621 (KT) |
EuGRZ 1983, 134-141 (KT) |
BGBl I 1983, 81-81 |
BetrAV 1983, 78 |
USK, 82153 (LT1) |
WM IV 1983, 145-149 (KT) |
ZfSH 1983, 80-82 (KT) |
AP BGB § 622, Nr. 16 |
AR-Blattei Kündigung V, Entsch. 21 (LT1) |
AR-Blattei, ES 1010.5 Nr. 21 (LT1) |
ArbuR 1983, 142 |
ArbuR 1983, 154 |
MDR 1983, 372-373 (L1) |