Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsfrist für Einkommensteuerveranlagung, die zu einer Erstattung führt
Leitsatz (redaktionell)
1. § 46 Abs. 2 Satz 2 EStG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es ist nicht evident sachwidrig und nicht willkürlich, für die Einkommensteuerveranlagung, die zu einer Erstattung führt, eine Antragsfrist von zwei Jahren vorzusehen, Veranlagungen zur Nachforderung von Steuern dagegen bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist (§ 169 AO 1977) zuzulassen.
2. Es ist nicht willkürlich, wenn das Finanzamt noch nach Ablauf der Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Satz 2 EStG die Steuererklärungen anfordert, nach deren Eingang aber die Veranlagung ablehnt.
Normenkette
EStG § 46 Abs. 2 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1; AO 1977 § 169
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 03.12.1980; Aktenzeichen IV B 45/80) |
FG Münster (Urteil vom 28.05.1980; Aktenzeichen VII 4939/79 E) |
Gründe
Die Beschwerdeführer werden durch die angegriffenen Entscheidungen in ihren Grundrechten nicht verletzt.
§ 46 Abs. 2 Satz 2 EStG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es ist nicht evident sachwidrig und nicht willkürlich, für die Einkommensteuerveranlagung, die zu einer Erstattung führt, eine Antragsfrist von zwei Jahren vorzusehen, Veranlagungen zur Nachforderung von Steuern dagegen bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist (§ 169 AO) zuzulassen. Während die Festsetzungsverjährung allein der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden dient, berücksichtigt die Frist des § 46 Abs. 2 Satz 2 EStG auch das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen und möglichst sparsam arbeitenden Finanzverwaltung sowie Gründe der Budgetsicherheit. Außerdem ist das Finanzamt zur Realisierung von Steuerforderungen auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen oder auf Ermittlungen angewiesen, die längere Zeit in Anspruch nehmen können. Dagegen verfügt der Lohnsteuerpflichtige in der Regel über alle erforderlichen Unterlagen, so daß es ihm möglich und zumutbar ist, die Veranlagung zum Zweck der Steuererstattung innerhalb von zwei Jahren zu beantragen.
Auch war es nicht willkürlich, daß das Finanzamt noch nach Ablauf der Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Satz 2 EStG die Steuererklärungen angefordert, nach deren Eingang aber die Veranlagung abgelehnt hat. Die Prüfung, ob es im Einzelfall zu einer Steuernachforderung oder zu einer Erstattung kommt, kann das Finanzamt grundsätzlich erst anhand der Steuererklärung durchführen.
Hinsichtlich der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG genügt die Begründung der Verfassungsbeschwerde schon nicht den Anforderungen des § 92 BVerfGG. Die Beschwerdeführer haben nicht dargelegt, was sie noch vorgetragen hätten, wenn das Finanzgericht die Sache wunschgemäß vertagt und der Bundesfinanzhof ihnen vor seiner Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung gegeben hätte (vgl. BVerfGE 28, 17 [20]).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen