Ewald Dötsch, Alexandra Pung
Tz. 340
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Da § 14 Abs 1 KStG die stliche Anerkennung der Organschaft von dem Vorliegen eines GAV iSd § 291 Abs 1 AktG und dessen tats Durchführung abhängig macht, hat die Fin-Verw in der Vergangenheit einem nach ausl HR abgeschlossenen GAV die Eignung zur Begr einer Organschaft versagt.
Da D eine grenzüberschreitende Organschaft mit der Wirkung einer Einkommenszurechnung von einer inl TG zu einer ausl MG oder von einer ausl TG zu einer inl MG nicht kennt (s Tz 321), stellt sich die Frage nach der Anerkennung eines ausl GAV vorrangig bei OG, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der EU bzw des EWR gegründet wurden und die ihren Verwaltungssitz (Geschäftsleitung) in D haben.
Da außer D nur die EU-Staaten Österreich, Portugal, Slowenien und Kroatien das Rechtsinstitut des GAV kennen (s Tz 99, 315), stellt sich für in anderen EU-/EWR-Staaten oder in Drittstaaten gegründete TG mit inl Geschäftsleitung die Frage, ob ein inhaltlich dem GAV iSd § 291 Abs 1 AktG nachgebildeter schuldrechtlicher Vertrag als Grundlage für die Anwendung der dt Organschaftsregelungen anzuerkennen ist (dazu s Tz 344ff).
Tz. 341
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Zur Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit eines "grenzüberschreitenden" GAV ist auf das Gesellschaftsrecht des Ansässigkeitsstaats der Untergesellschaft abzustellen (s Urt des BGH v 15.06.1992, BGHZ 119, 1; v 03.04.1998, BGHZ 138, 136 und v 13.12.2004, DStR 2005, 340, unter III 2a; weiter s Hoene, IStR 2012, 462). Daher kann eine TG mit Sitz und Geschäftsleitung in D als OG einen GAV unabhängig davon abschließen, in welchem Staat der OT ansässig ist. Ggf sind jedoch noch evtl Zustimmungserfordernisse nach ausl Gesellschaftsrecht zu beachten (s Hoene, IStR 2012, 462). Anders bei einer OG mit Geschäftsleitung im Inl, aber statutarischem Sitz in einem ausl EU-/EWR-Staat, bei der sich Zulässigkeit und Wirkungen eines GAV nach dem jeweiligen ausl HR richten.
Nach Auff von Kollruss/Schultze/Nöhring (Wpg 2022, 54) lässt sich eine grenzüberschreitende Organschaft durch Wegzug der OG in Form der Verlegung der Geschäftsleitung ins Ausl oder durch grenzüberschreitenden rechtsformkongruenten Hinausformwechsel der OG in eine ausl EU-/EWR-Tochter-Kap-Ges erreichen, weil in solchen Fällen der dt GAV "mitgenommen" wird. UE scheitert die Organschaft wegen der Aufgabe der in § 14 Abs 1 S 1 KStG zwingend geforderten inl Geschäftsleitung.