Ewald Dötsch, Alexandra Pung
Tz. 600
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Der GAV kann durch im Vertrag selbst festgelegten Zeitablauf enden, in den meisten Fällen wird er jedoch durch Kündigung (§ 297 AktG) oder einvernehmliche Aufhebung (§ 296 AktG) enden. Kündigung und Aufhebung des GAV bedürfen der Schriftform (s § 296 Abs 1 S 3 AktG). Wegen der zu beachtenden Formvorschriften bei Beendigung des GAV s Khonsari (BB 2010, 2714). Die Beendigung ist nach § 298 AktG in das HReg einzutragen, wobei die Reg-Eintragung nur deklaratorische Wirkung hat (s OLG München v 21.03.2011, GmbHR 2011, 489). Wegen einer Musterformulierung s Dahlbender (GmbH-StB 2005, 279). Zivilrechtlich umstr ist, ob die Aufhebung des GAV eines notariell beurkundeten Gesellschafter-Beschl der abhängigen Gesellschaft bedarf oder ob, wie im Aktienrecht, eine von dem GF abgeschlossene schriftliche Aufhebungsvereinbarung ausreicht (s Khonsari, BB 2010, 2714, mwNachw). Für die ordentliche Kündigung fordert der BGH einen Gesellschafter-Beschl (s Tz 606). Diese Frage ist allerdings stlich ohne Bedeutung, weil der GAV auch nach einer formunwirksamen Aufhebung tats nicht mehr durchgeführt wird, sodass die stliche Organschaft auf jeden Fall entfällt.
Tz. 601
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Sonstige Beendigungsgründe sind:
- der erstmalige Eintritt außenstehender Gesellschafter (s § 307 AktG),
- die Verschmelzung oder Aufspaltung des OT oder der OG (s Tz 619, weiter s UmwStG Anh 1 Tz 11, 12). Wegen der Auswirkung von Liquidation und Insolvenz des OT bzw der OG auf den GAV s Tz 650ff,
- die erfolgreiche Anfechtung des GAV-Abschlusses,
- der ges vorgesehene bzw vertraglich vereinbarte Rücktritt vom Vertrag bis zu dessen erstmaligem Vollzug.
Dazu auch s UmwStG Anh 1 Tz 11ff. Zur zwingenden Beendigung des GAV führt auch die Verschmelzung von OT und OG aufeinander (Konfusion); s Walter (in B/W, § 14 KStG Rn 782).
Tz. 602
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Insbes beim Unternehmenskauf in Fällen, in denen zwischen dem Veräußerer und der Zielgesellschaft ein GAV besteht, bedarf es zur Festlegung des Zeitpunkts der Beendigung des bestehenden GAV der Berücksichtigung spezifischer gesellschaftsrechtlicher, stlicher und insolvenzrechtlicher Aspekte. Dazu ausführlich s Füger/Rieger/Schell (DStZ 2015, 404) und s Schwan (DStR 2020, 575).
Tz. 603
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Bei einem kombinierten Beherrschungsvertrag und GAV ist eine isolierte Kündigung nur des GAV nicht zulässig (s Beschl des OLG Karlsruhe v 12.04.2001, GmbHR 2001, 523).
Bei Beteiligung von außenstehenden AE an der OG bedarf die Aufhebung des GAV deren Zustimmung (s Urt des LG Essen v 27.02.1998, GmbHR 1998, 941).
Tz. 604
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Grds kann ein GAV durch Kündigung oder einvernehmliche Aufhebung nur zum Ende des Geschäftsjahrs beendet werden (s § 296 Abs 1 AktG, weiter s Beschl des OLG München v 16.03.2012, GmbHR 2012, 645). Das gilt auch im GmbH-Vertragskonzern (s Urt des BGH v 16.06.2015, DB 2015, 1771). Dazu auch s Wittgens/Fischer (DB 2015, 2315) und s Stephan (DK 2015, 349).
Verzichtet der OT bei Beendigung der Organschaft auf die noch ausstehende Abführung des Jahresüberschusses der OG, ist der Anspruch auf Gewinnabführung als Forderung und der Verzicht als verdeckte Einlage zu behandeln, die zu nachträglichen AK für die Beteiligung des OT an der OG führt. Die aus dem GAV entstandenen Ansprüche werden nämlich durch die Beendigung des GAV nicht rückwirkend beseitigt (s Urt des FG Münster v 20.08.2014, GmbHR 2014, 1326). Darüber hinaus ist die Organschaft in den betr Jahren mangels tats Durchführung nicht anzuerkennen (s Tz 557).
Tz. 605
Stand: EL 114 – ET: 06/2024
Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund iSd § 297 AktG kann ein GAV unterjährig enden (s Urt des BGH v 14.12.1987, NJW 1988, 1326; s Philippi/Neveling, BB 2003, 1685; s Meyer, GmbH-StB 2005, 237 und s Paschos/Goslar, DK 2006, 479), wobei der Begriff "wichtiger Grund" im HR und im StR nicht stets übereinstimmt (s Tz 609ff). Eine unterjährige Beendigung, die auch bei ordentlicher Kündigung in Betracht kommt (s Urt des BGH v 05.04.1993, NJW 1993, 1976, 1980; dazu auch s Schaefer/Wind/Mager, DStR 2013, 2399), erfordert die Bildung eines Rumpf-Wj. Dazu auch s Füger/Rieger/Schell (DStR 2015, 404, 409). Walter (GmbHR 2015, 965) empfiehlt als Alternativgestaltungen, um einen GAV unterjährig zu beenden, die im GAV selbst zu regelnde Bildung eines Rumpf-Wj bzw für den Fall der Aufhebung des GAV die Vereinbarung eines abw Abrechnungszeitraums.
Die außerordentliche Kündigung eines GAV, die einen wichtigen Grund voraussetzt, kann nur innerhalb angemessener Frist nach Kenntnis des Kündigungsgrundes erfolgen; das ist bei einer erst nach zehn Monaten abgegebenen Erklärung nicht der Fall (s OLG München, Beschl v 21.03.2011, DB 2011, 927, weiter s Entsch v 16.03.2012–31 Wx 70/12, zitiert bei Veith, DB 2014, 2156).
Bei hr-lich unterjähriger Beendigung des GAV ist der Vertrag für seine verkürzte Laufzeit noch zu erfüllen, was die Erstellung einer Zwischen-Bil erforderlich macht (s Urt des BGH v 14.12.1987,...