Alexandra Pung, Torsten Werner
Tz. 171
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
Nach Ansicht des BFH (s Urt des BFH v 20.02.1975, BStBl II 1975, 505) hat die ausdrückliche Erwähnung der Anwartschaften in § 17 Abs 1 S 3 EStG nur deklaratorische Bedeutung, da sie bereits unter den Begriff der Anteilsrechte fallen. Ohne rechtlich oder wirtsch bereits Eigentümer zu sein, muss der "Anwärter" bereits im wes unbehelligt von dem Eigentümer verfügen und seine Rechtsposition auf einen anderen übertragen können (s Rapp, in L/ B/ P, § 17 EStG, Rn 49).
Von einem Anwartschaftsrecht spricht man erst dort, wo die Aussicht einen solchen Grad von Festigkeit erlangt hat, dass sie im Verkehr als eine bereits gegenwärtige Vermögensposition angesehen wird. Wichtigstes Kennzeichen ist, dass der Erwerb des Rechts von dem Verpflichteten nicht mehr verhindert werden kann.
Was unter einer Anwartschaft iSd § 17 Abs 1 S 3 EStG zu verstehen ist, ist in Randbereichen unklar. Schweyer/Dannecker (BB 1999, 1732) gehen davon aus, dass der stliche Begriff in § 17 Abs 1 S 3 EStG enger ist als der zivilrechtliche. Unter Anwartschaft iSv § 17 Abs 1 S 3 EStG sind danach nur Ansprüche zu verstehen, die sich gegen die Gesellschaft richten, also eine vertikale Ausrichtung haben. Die EStR (s R 17 Abs 3 EStR 2012 und s H 17 Abs 2 "Anwartschaftsrechte" EStH 2012) erwähnen als Anwartschaft nur das Bezugsrecht. Auch die Rspr hat sich vor allem mit dieser Fallgruppe auseinandergesetzt. Wegen Einzelheiten s Tz 172 ff. Wegen der Frage, wie in diesen Fällen die Beteiligungsgrenze iSd § 17 EStG zu berechnen ist, s Tz 187. Nicht unter den Begriff der Anwartschaft fallen nach dieser Auff Ansprüche gegen Mitgesellschafter auf die Übertragung von deren Anteilen (horizontale Ausrichtung). Werden derartige Ansprüche gegen Bezahlung übertragen, ist dieser Vorgang nach der vorstehenden Auff keine "Veräußerung von Anteilen" iSv § 17 Abs 1 S 3 EStG und deswegen stfrei möglich. Zwischenzeitlich ist durch die Rspr des BFH geklärt, dass auch eine schuldrechtliche Option auf den Erwerb einer Beteiligung (sog Call-Option) eine Anwartschaft iSd § 17 Abs 1 S 3 EStG sein kann, wenn und soweit sie die wirtsch Verwertung des bei der Kap-Ges eingetretenen Zuwachses an Vermögenssubstanz ermöglicht (s Urt des BFH v 19.12.2007, BStBl II 2008, 475 und s H 17 Abs 2 "Optionsrecht" EStH 2012). Nicht erfasst werden Optionsrechte, die bereits zu einem Übergang des wirtsch Eigentums an dem Anteil führen (s Tz 65). Insoweit liegt eine Anteilsveräußerung iSd § 17 Abs 1 S 1 EStG vor. Ebenfalls hierzu s Apitz (GmbH-StB 2008, 100). Der BFH stellt weiter klar, dass in diesen Fällen – anders als bei der Gewährung von Bezugsrechten (s Tz 172 und s Tz 353 ff) – eine Substanzabspaltung nicht stattfindet. AA s Rapp (in L/B/P, § 17 EStG, Rn 50). Zweifelnd s Eilers/R Schmidt (in H/H/R, § 17 EStG, Rn 150). GlA s Weber-Grellet (in Schmidt, 32. Aufl, § 17 EStG, Rn 28) und s Frotscher (in Frotscher, § 17 EStG, Rn 46ff). Ebenfalls hierzu s Urt des FG HH v 08.12.1970 (EFG 1971, 335), das eine Anwartschaft auch bei einem langfristigen bindenden Angebot auf Übertragung von Anteilen bejaht hat; offen noch s Urt des BFH v 05.10.1976 (BStBl II 1977, 198, 200) und zweifelnd s Urt des FG Münster v 28.07.1997 (EFG 1997, 1508). Wegen weiterer Einzelheiten s Tz 176 und s Tz 187.