Alexandra Pung, Torsten Werner
Tz. 172
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
Wichtigstes Bsp für eine unter § 17 Abs 1 S 3 EStG fallende Anwartschaft ist das bei einer Kap-Erhöhung bei einer AG oder GmbH eingeräumte konkrete Bezugsrecht des AE auf weitere Beteiligungsrechte (junge Aktien) (s Urt des BFH v 20.02.1975, BStBl II 1975, 505; v 29.06.1977, BStBl II 1977, 726; v 08.04.1992, BStBl II 1992, 761; v 13.10.1992, BStBl II 1993, 477 und v 19.04.2005, BStBl II 2005, 762; weiter s H 17 Abs 4 "Bezugsrechte" EStH 2012).
Eine Aktie verkörpert – wie andere Anteile an Kap-Ges oder Pers-Ges auch – ein Bündel von Mitgliedschaftsrechten wie zB das Stimmrecht, das Recht auf Gewinnbeteiligung oder das Recht auf Teilhabe am Liquidationserlös. Sofern es bei einer Kap-Erhöhung zur Ausgabe neuer Aktien kommt, die sich in ihrer Ausstattung, dh in ihren Eigenschaften, nicht von den Altaktien unterscheiden, verteilen sich die Mitgliedschaftsrechte nach der Kap-Erhöhung auf eine größere Anzahl von Anteilsrechten. Die Gleichwertigkeit aller Aktien derselben Ausstattung hat zur Folge, dass die in den Altaktien verkörperten Mitgliedschaftsrechte durch die Ausgabe neuer Aktien im Verhältnis der Anzahl der neuen zur Anzahl der alten Aktien abnehmen. Insbes der Umfang der stillen Reserven und die Anzahl der Stimmrechte werden durch die Kap-Erhöhung nicht – jedenfalls nicht unmittelbar – beeinflusst; der Erhöhung des Nenn-Kap steht keine entspr Vermehrung dieser Rechte bzw des Umfangs der stillen Reserven gegenüber. Zu Recht sieht deshalb der BGH in dieser Rechtsminderung den Grund für das in § 186 Abs 1 AktG jedem Aktionär für den Fall einer Kap-Erhöhung grds eingeräumte Bezugsrecht im Umfang seiner bisherigen Beteiligung, das nur aus besonderen, im überwiegenden Gesellschaftsinteresse liegenden sachlichen Gründen ausgeschlossen werden kann (s Urt des BGH v 13.03.1978, BGHZ 71, 40, 44ff).
Dieser Vorgang wird bei börsennotierten Aktien dadurch nachvollzogen, dass sich – wenn der Ausgabekurs der neuen Aktien niedriger ist als der Börsenkurs der Altaktien – nach der Kap-Erhöhung ein Mittelkurs bildet, der unter dem Kurs der alten Aktien und über dem Ausgabekurs der neuen Aktien liegt (s Urt des BFH v 21.08.1996, BFH/NV 1997, 314). Die hinsichtlich der Altaktien eintretende Wertminderung ist Ausdruck einer aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Folgen der Kap-Erhöhung bei den Altaktien eintretenden Substanzminderung. Es wäre nicht erklärbar, warum es in diesem Fall (nur) zu einer Wertminderung kommen soll, ohne dass damit (auch) eine Substanzminderung verbunden ist. So räumt auch Gerlach (Beil BB 3/1985, 3) ein, dass der Börsenkurs der Altaktie um den Wert des Bezugsrechts, das den Anspruch auf die Zuteilung neuer Aktien verkörpert, sinkt. Dem Bezugsrecht kommt damit die Funktion eines Korrektivs zu, das es dem Inhaber der Altaktie ermöglicht, für die von dieser auf das Bezugsrecht übergehende Substanz durch dessen Veräußerung einen Ausgleich zu erhalten, falls er sich nicht für den Bezug neuer Aktien entscheidet.
Übernimmt ein der Kap-Ges bereits angehörender AE eine Stammeinlage auf das erhöhte Kap, so erwirbt er zu seinem urspr Geschäftsanteil einen weiteren hinzu, wobei beide Geschäftsanteile ihre Selbständigkeit behalten (für die GmbH s §§ 15 Abs 2, 55 Abs 3 GmbHG). Nach der sog Abspaltungstheorie ist das Bezugsrecht ein von der Substanz der alten Aktie abgespaltenes Recht. Danach verkörpert das Bezugsrecht nach seinem wirtsch Gehalt, sofern die jungen Aktien zu einem unter dem Wert der alten Aktien vor der Kap-Erhöhung liegenden Ausgabekurs begeben werden, einen Teil der Substanz der Kap-Ges, die bis dahin allein durch die alten Anteile repräsentiert wurden. Das gilt sinngemäß für GmbH-Anteile. Ebenfalls hierzu s Tz 353 ff.
Tz. 173
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
Eine Gewinnrealisierung nach § 17 EStG tritt durch den anteiligen Übergang der stillen Reserven von den alten auf die jungen Aktien bei Ausübung des Bezugsrechts– mangels Veräußerungsvorgangs bzw mangels Rechtssubjektwechsel – noch nicht ein (s Urt des BFH v 08.04.1992, BStBl II 1992, 761, 763, 764; zur Gewinnrealisierung bei einbringungsgeborenen Anteilen, sowie s Weber-Grellet in Schmidt, 32. Aufl, § 17 EStG, Rn 85 und 104). UE kann die von der Fin-Verw zu § 23 EStG aF vertretene aA (s Schr des BMF v 20.12.2005, BStBl I 2006, 8) nicht auf § 17 EStG übertragen werden. GlA s Centrale-Gutachtendienst (GmbHR 2006, 364) und s Haisch/Helios (Ubg 2009, 250, 252). Ebenso s Vfg der OFD Hannover v 05.01.2007 (DB 2007, 491) und s R 17 Abs 4 EStR 2012. Stpfl ist erst die Veräußerung des Bezugsrechts, in der eine Teilveräußerung von Gesellschaftsanteilen und nicht eine von einem WG mit Substrat losgelöste, der Realisierung einer bloßen Wertdifferenz gleichkommende Vermögensmehrung zu sehen ist (s Urt des BFH v 14.03.2006, BStBl II 2006, 746; v 08.04.1992, BStBl II 1992, 761; v 21.08.1996, BFH/NV 1997, 314 und v 21.01.1999, BStBl II 1999, 638). Dabei ist der Tatbestand der Veräußerung erfüllt, wenn der durch die Kap-Erhöhung entstehende ...