Tz. 88
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Handelt es sich bei der Tätigkeit um eine solche, die den jur Pers d öff Rechts eigentümlich und vorbehalten ist, und bedient sich die jur Pers d öff Rechts zur Erfüllung ihrer Pflichten Dritter, uU auch Pers des Privatrechts, so ist danach zu unterscheiden, ob die Aufgaben mit pflichtbefreiender Wirkung übertragen werden oder der Dritte nur beliehener Unternehmer oder als Erfüllungsgehilfe tätig wird.
Eine Beleihung liegt vor, wenn der private Dritte (Unternehmer oder Angehöriger eines freien Berufs), dem die – eigentlich der jur Pers d öff Rechts obliegende – Aufgabe übertragen wurde, diese Aufgabe nach Maßgabe öff-rechtlicher Handlungsformen zu erfüllen hat (s Schr des BMF v 11.12.2009, BStBl I 2009, 1597 Rn I.2.b). Die Aufgabe muss dem Dritten durch ein oder aufgr eines Ges übertragen werden, und er muss in Ausübung dieser Tätigkeit ebenfalls hoheitlich, somit als "Behörde" im verfahrensrechtlichen Sinne, tätig werden (s Urt des BFH v 25.01.2005, BStBl II 2005, 501).
Einer "Beleihung" im öff-rechtlichen Sinne können begrifflich nur solche Tätigkeiten unterliegen, die einer jur Pers d öff Rechts eigentümlich und vorbehalten sind, also hoheitliche Tätigkeiten darstellen (s Baldauf, DStZ 2008, 327). Ebenso hierzu s Urt des FG Sn v 28.06.2001 (EFG 2001, 1577, zur Abwasserbeseitigung) und s Damas (DStZ 2005, 145).
Für den Fall der Beleihung hat der BFH (s Urt des BFH v 25.01.005, BStBl II 2005, 501) einen BgA ausgeschlossen.
In einem weiteren Urt (s Urt des BFH v 29.10.2008, BStBl II 2009, 1022) macht der BFH im Falle einer Beleihung das Vorliegen eines BgA jedoch zusätzlich davon abhängig, ob zwischen dem beliehenen privaten Unternehmen und der jur Pers d öff Rechts Wettbewerb herrscht. Ist dies der Fall, weil der Leistungsempfänger zwischen dem beliehenen Unternehmen und der jur Pers d öff Rechts wählen kann und öff und private Unternehmen ihre Preise frei gestalten können, so wird nach diesem Urt die jur Pers d öff Rechts iRe BgA tätig.
Die Fin-Verw (s Schr des BMF v 11.12.2009, BStBl I 2009, 1597 Rn I.2.b) prüft im Falle einer Beleihung nicht zusätzlich das Vorliegen einer Wettbewerbssituation zwischen der jur Pers d öff Rechts und dem beliehenen Dritten (s Tz 93; ebenso s Arbeitshilfe "Besteuerung der jur Pers d öff Rechts" der OFD NRW, Stand: 15.03.2019, 39). In der Fachlit (s Leippe, ZKF 2009, 31) wird dieses Kriterium jedoch zusätzlich herangezogen.
Tz. 89
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Ein BgA liegt ebenfalls nicht vor, wenn die mit der Erfüllung der öff-rechtlichen Aufgabe betrauten Dritten nur Erfüllungsgehilfen (sog Verwaltungshelfer) sind, mit denen der Leistungsempfänger keine vertraglichen Beziehungen hinsichtlich der jeweiligen Leistung eingehen kann, da die Tätigkeit auch bei Einschaltung des Dritten eine Tätigkeit der verpflichteten jur Pers d öff Rechts bleibt. Im Verhältnis zu den Erfüllungsgehilfen besteht seitens der jur Pers d öff Rechts insoweit keine Wettbewerbssituation, da die Erfüllungsgehilfen die Aufgaben der jur Pers d öff Rechts zwar operativ ausführen, nicht jedoch übernehmen können (s Urt des BFH v 23.10.1996, BStBl II 1997, 139 und s Urt des FG Köln v 17.09.2019, Az: 8 K 659/14). Zur Übertragung einer Aufgabe auf Dritte ohne pflichtbefreiende Wirkung ebenso s zB § 22 KrWG. Hierzu ebenso s Urt des BFH v 29.10.2008 (BStBl II 2009, 1022).
Tz. 90
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Wie die Rechtslage in Bezug auf die Qualifizierung einer Tätigkeit als hoheitlich oder als BgA ist, wenn die jur Pers d öff Rechts eine ihr gestellte Aufgabe mit befreiender Wirkung auf einen Dritten delegieren kann, hat der BFH bislang nicht entschieden (s Urt des BFH v 28.02.2002, BStBl II 2003, 950). Die Fin-Verw geht – uE zutr – davon aus, dass in diesen Fällen ein BgA vorliegt (s Schr des BMF v 11.12.2009, BStBl I 2009, 1597 Rn I.2.a). UE ist es jedoch erforderlich, dass eine solche Aufgabenübertragung auch tatsächlich erfolgt ist. Enthält zB ein Landesges, das eine bestimmte Aufgabe einer jur Pers d öff Rechts zuweist, eine Öffnungsklausel, nach der diese Aufgabe durch Erlass einer Rechts-VO auch auf private Unternehmen übertragen werden kann, und wurde von dieser Öffnungsklausel bisher noch kein Gebrauch gemacht, so ist nach der tats (aktuellen) Rechtslage die Aufgabenerfüllung der jur Pers d öff Rechts (noch) vorbehalten.