Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 215
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Nach § 27 Abs 5 S 3 KStG ist sowohl im Fall des S 1 (zu niedrig bescheinigte Einlageverwendung, s Tz 205ff) als auch im Fall des S 2 (unterlassene oder verspätete Bescheinigung, s Tz 210ff) eine Berichtigung oder erstmalige Erteilung von St-Besch nicht zulässig. Nach der Rspr des BFH ist die Vorschrift des § 27 Abs 5 S 2 und 3 KStG keiner einschränkenden Auslegung zugänglich (dazu auch s Urt des BFH v 11.02.2015, BStBl II 2015, 816, und v 17.05.2022, BStBl II 2022, 643). Auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Versagung des vorrangigen Zugriffs auf das stliche Einlagekto hat der BFH bislang verworfen (s Urt des BFH v 30.01.2013, BStBl II 2013, 560, und v 11.02.2015, BStBl II 2015, 816 mit Anm Trossen, GmbH-StB 2015, 247). Das gilt unabhängig davon, aus welchen Gründen eine St-Besch nicht bzw verspätet erteilt worden ist und auch unabhängig davon, ob die Kö daran ein Verschulden trifft. Wie bereits erwähnt (s Tz 206), gibt es für die Berichtigung einer St-Besch keine dem § 129 AO (offenbare Unrichtigkeit) entspr Regelung.
Wegen der Rechtsfolgen für die Kö und ihre AE s Tz 205 und s Tz 213.
Tz. 215a
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
In der Praxis treten vereinzelt Fälle auf, in denen Kö, um den beschriebenen, als ungerechtfertigt empfundenen Wirkungen des § 27 Abs 5 S 1–3 KStG zu entgehen, vorsorgliche St-Besch mit bewusst zu hoher Einlagenverwendung ausstellen, weil § 27 Abs 5 S 5 eine Berichtigung von St-Besch mit zu hoher Einlageverwendung erlaubt (s Tz 221ff). Verwendet wird für solche vorsorglichen St-Besch idR der amtliche Vordruck der Fin-Verw. Vom Wortlaut des § 27 Abs 5 S 4–6 KStG sind uE auch vorsätzlich zu hohe Einlagebescheinigungen erfasst (s Tz 216).
Allerdings haben die KSt-Ref-Leiter des Bundes und der Länder sowohl Ende 2014 als auch im Frühjahr 2019 entschieden, dass jedenfalls eine lediglich pauschal ausgestellte vorsorgliche St-Besch, die weder den Betrag einer tats erbrachten Leistung noch den Zahlungstag benennt, stlich nicht anzuerkennen ist, zumal dann, wenn auch in der Einkommensermittlung der Kap-Ges eine entspr vGA nicht ausgewiesen ist. Danach führen St-Besch, die zwar formal die Voraussetzungen des § 27 Abs 3 KStG erfüllen, aber vor Erbringung der Leistung ausgestellt werden, nicht zur Qualifikation einer später erfolgten Leistung als Einlagenrückgewähr. Nach Verw-Auff kommt auch eine Aufteilung der St-Besch in einen stlich anzuerkennenden und einen stlich nicht anzuerkennden Teil nicht in Betracht.
Tz. 215b
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
In anderen Einzelfällen haben Kö ihren AE unberechtigt eine Einlagerückgewähr von null bescheinigt, um eine Festschreibung der Verwendung gem § 27 Abs 5 S 1 KStG zu erreichen. Mit einer solchen St-Besch, zB für eine Vorabausschüttung, soll erreicht werden, dass eine spätere – an sich aus dem stlichen Einlagekto zu finanzierende – vororganschaftlich verursachte organschaftliche Minderabführung iSd § 27 Abs 6 KStG wegen der Verwendungsfestschreibung nach § 27 Abs 5 S 1 KStG als dem Teil-Eink-Verfahren unterliegender Kap-Ertrag behandelt wird und nicht zur rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinns I nach § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG führt. Obwohl die bewusst unrichtige St-Besch zunächst zu einer höheren ESt der AE führt (wg der Nichtanwendung des § 20 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG auf den zu niedrig bescheinigten Betrag der Einlagerückzahlung), führt die zu niedrige St-Besch letztlich zur Nichtbesteuerung des Einbringungsgewinns I. UE haftet der Aussteller der unrichtigen St-Besch gem § 71 AO für die verkürzten Steuern des AE.