Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft, Umfang des Unternehmens, Abgrenzung zu privater Tätigkeit, Grundstücksverkauf
Leitsatz (amtlich)
Die Art. 2 Nr. 1 und 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, unter denen ein Steuerpflichtiger Grundstücke erwarb, von denen einige seinem Privatvermögen und andere seinem Unternehmensvermögen zugeordnet wurden, und auf diesen Grundstücken als Steuerpflichtiger ein Einkaufszentrum errichten ließ, das er anschließend zusammen mit den Grundstücken, auf denen dieser Bau errichtet worden war, verkaufte, der Verkauf der Grundstücke, die seinem Privatvermögen zugeordnet waren, der Mehrwertsteuer zu unterwerfen ist, weil der Steuerpflichtige bei diesem Umsatz als solcher handelte.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 2 Nr. 1, Art. 4 Abs. 1
Beteiligte
Petar Kezic s.p. Trgovina Prizma |
Verfahrensgang
Vrhovno sodisce Republike Slovenije (Slowenien) (Beschluss vom 12.06.2014; ABl. EU 2014, Nr. C 303/30) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerrecht ‐ Mehrwertsteuer ‐ Sechste Richtlinie 77/388/EWG ‐ Art. 2 Nr. 1 und 4 Abs. 1 ‐ Steuerpflicht ‐ Immobiliengeschäfte ‐ Verkauf von Grundstücken, die in das Privatvermögen einer als selbständiger Unternehmer tätigen natürlichen Person aufgenommen werden ‐ Steuerpflichtiger als solcher“
In der Rechtssache C-331/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vrhovno sodišče (Slowenien) mit Entscheidung vom 12. Juni 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juli 2014, in dem Verfahren
Petar Kezić s.p. Trgovina Prizma
gegen
Republika Slovenija
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev, J. L. da Cruz Vilaça und C. Lycourgos,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Petar Kezić s.p. Trgovina Prizma, vertreten durch B. Ozimek, odvetnica,
‐ der slowenischen Regierung, vertreten durch A. Grum als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und B. Rous Demiri als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2 Nr. 1 und 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Petar Kezić s.p. Trgovina Prizma (Petar Kezić, natürliche Person, die unter der Firma „Trgovina Prizma“ den Beruf des selbständigen Unternehmers ausübt) und der Republika Slovenija, vertreten durch das Ministrstvo za finance (Finanzministerium), über die Mehrwertsteuerpflicht beim Verkauf von Grundstücken.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 2 der Sechsten Richtlinie sieht vor:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;
…“
Rz. 4
Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie lautet:
„(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.“
Slowenisches Recht
Rz. 5
Die Sechste Richtlinie wurde durch das Zakon o davku na dodano vrednost (Mehrwertsteuergesetz, Uradni list RS, št. 89/98, S. 8433) in slowenisches Recht umgesetzt. Es sieht in seinem Art. 3 Nr. 1 vor, dass der Mehrwertsteuer die Lieferung von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen unterliegen, die ein Steuerpflichtiger im Rahmen der Ausübung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Gebiet der Republik Slowenien gegen Entgelt vornimmt.
Rz. 6
Nach Art. 27 dieses Gesetzes ist die Veräußerung von Immobilien mit Ausnahme der ersten Übertragung des Eigentumsrechts oder des Verfügungsrechts bei neu gebauten Objekten von der Mehrwertsteuer befreit.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlag...