Entscheidungsstichwort (Thema)
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: OBERLANDESGERICHT MUENCHEN – DEUTSCHLAND. FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR. AUSUEBUNG OEFFENTLICHER GEWALT. WETTBEWERB. BERATUNG BEI DER BESETZUNG VON STELLEN FUER FUEHRUNGSKRAEFTE DER WIRTSCHAFT:. Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften. Adressaten. Unternehmen. Begriff. Öffentlich-rechtliche Anstalt für Arbeit, die Arbeitsvermittlung betreibt. Einbeziehung. Wettbewerb. Beherrschende Stellung. Mißbrauch. Mit einem gesetzlichen Monopol ausgestattetes Unternehmen. Beurteilungskriterien. Freier Dienstleistungsverkehr. Bestimmungen des Vertrages. Auf das Gebiet eines Mitgliedstaats beschränkte Sachverhalte. Unanwendbarkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Eine öffentlich-rechtliche Anstalt für Arbeit, die Arbeitsvermittlung betreibt, lässt sich als Unternehmen im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln qualifizieren, da im Rahmen des Wettbewerbsrechts diese Qualifizierung für jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung, gilt.
2. Als Unternehmen, das mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gemäß Artikel 90 Absatz 2 EWG-Vertrag betraut ist, unterliegt eine öffentlich-rechtliche Anstalt für Arbeit, die Arbeitsvermittlung betreibt, den Wettbewerbsregeln und insbesondere dem Verbot des Artikels 86 EWG-Vertrag, soweit die Anwendung dieser Vorschrift nicht die Erfüllung der ihr übertragenen besonderen Aufgabe verhindert. Ein Mitgliedstaat, der einer solchen Anstalt ein Arbeitsvermittlungsmonopol eingeräumt hat, verstösst gegen Artikel 90 Absatz 1 EWG-Vertrag, wenn er eine Lage schafft, in der diese Anstalt zwangsläufig gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstossen muß. Dies gilt insbesondere, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- das Monopol erstreckt sich auf Tätigkeiten zur Vermittlung von Führungskräften der Wirtschaft;
- die öffentlich-rechtliche Anstalt für Arbeit ist offenkundig nicht in der Lage, die Nachfrage auf dem Markt nach solchen Leistungen zu befriedigen;
- die tatsächliche Ausübung der Vermittlungstätigkeiten durch private Personalberatungsunternehmen wird durch die Beibehaltung einer Gesetzesbestimmung unmöglich gemacht, die diese Tätigkeiten bei Strafe der Nichtigkeit der entsprechenden Verträge verbietet;
- die betreffenden Vermittlungstätigkeiten können sich auf Angehörige oder das Gebiet anderer Mitgliedstaaten erstrecken.
3. Da die Vertragsbestimmungen über die Freizuegigkeit nicht auf Betätigungen anwendbar sind, deren Elemente sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, kann sich ein Personalberatungsunternehmen eines Mitgliedstaats für die Vermittlung von Angehörigen dieses Mitgliedstaats an Unternehmen desselben Staates nicht auf die Artikel 7 und 59 EWG-Vertrag berufen.
Normenkette
EWGVtr Art. 85-86, 90 Abs. 1-2, Art. 7, 59; AFG § § 3-4, § 13
Beteiligte
Verfahrensgang
Tenor
1) Eine öffentlich-rechtliche Anstalt für Arbeit, die Arbeitsvermittlung betreibt, unterliegt dem Verbot des Artikels 86 EWG-Vertrag, soweit die Anwendung dieser Vorschrift nicht die Erfüllung der ihr übertragenen besonderen Aufgabe verhindert. Ein Mitgliedstaat, der einer solchen Anstalt ein Arbeitsvermittlungsmonopol eingeräumt hat, verstösst gegen Artikel 90 Absatz 1 EWG-Vertrag, wenn er eine Lage schafft, in der die Anstalt zwangsläufig gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstossen muß. Dies gilt insbesondere, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Das Monopol erstreckt sich auf Tätigkeiten zur Vermittlung von Führungskräften der Wirtschaft;
- die öffentlich-rechtliche Anstalt für Arbeit ist offenkundig nicht in der Lage, die Nachfrage auf dem Markt nach solchen Leistungen zu befriedigen;
- die tatsächliche Ausübung der Vermittlungstätigkeiten durch private Personalberatungsunternehmen wird durch die Beibehaltung einer Gesetzesbestimmung unmöglich gemacht, die diese Tätigkeiten bei Strafe der Nichtigkeit der entsprechenden Verträge verbietet;
- die betreffenden Vermittlungstätigkeiten können sich auf Angehörige oder das Gebiet anderer Mitgliedstaaten erstrecken.
2) Ein Personalberatungsunternehmen eines Mitgliedstaats kann sich für die Vermittlung von Angehörigen dieses Mitgliedstaats an Unternehmen desselben Staates nicht auf die Artikel 7 und 59 EWG-Vertrag berufen.
Gründe
1 Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluß vom 31. Januar 1990, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Februar 1990, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung der Artikel 7, 55, 56, 59, 60, 66, 86 und 90 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen den Personalberatern Höfner und Elser und der Macrotron GmbH mit Sitz in München. In dem Rechtsstreit geht es um die Honorarforderung von Höfner und Elser gegenüber dieser Gesellschaft aus einem Vertrag, wonach sie ihr bei der Besetzung der Stelle eines Leiters der Ve...