Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert: keine Berücksichtigung eines vollen Jahresbetrags an Kindergeld bei Anfechtung der Aufhebung einer für unbestimmte Zeit erfolgten Kindergeldfestsetzung und ersichtlicher Wirkung der Aufhebung für einen Zeitraum von weniger als einem Jahr ab Klageerhebung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Klage gegen einen Bescheid, durch den eine Kindergeldfestsetzung für unbestimmte Zeit aufgehoben worden ist, ist für den Streitwert abweichend von § 52 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GKG neben dem streitigen bis zur Klageerhebung fälligen Kindergeld nicht zusätzlich ein voller Jahresbetrag an Kindergeld zu berücksichtigen, wenn ersichtlich ist, dass die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung nicht für ein volles Jahr ab Klageerhebung wirksam sein wird; für den Streitwert zu berücksichtigen ist vielmehr nur der Zeitraum, der von der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung tatsächlich betroffen ist (im Streitfall: Aufnahme einer zur erneuten Kindergeldanspruchsberechtigung führenden Berufsausbildung des volljährigen Kindes vor Ablauf eines Jahres ab Klageerhebung).
2. Die in den § 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG sowie darauf verweisend in § 52 Abs. 3 Satz 3 GKG enthaltenen Pauschalierungen für den Streitwert sind nur dann maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der streitbefangenen Leistungen geringer ist. Daher sind bei einer mit dem Ziel der Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung erhobenen Klage auch Umstände zu berücksichtigen, aus denen sich ergibt, dass die in die Zukunft reichenden Wirkungen der angegriffenen Behördenentscheidung auf eine Dauer von weniger als einem Jahr begrenzt sind.
Normenkette
GKG § 52 Abs. 1, 3 Sätze 1-3, § 42 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
Tenor
1. Unter Änderung der mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 23. November 2015 berichtigten Kostenrechnung zum Verfahren 11 K 2212/15 werden die vom Kläger zu tragenden Gerichtskosten auf 181 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
2. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der im Anschluss an die Rücknahme einer Klage in Kindergeldangelegenheiten an den Erinnerungsführer als den vormaligen Kläger gerichteten (berichtigten) Kostenrechnung ein zu hoher Streitwert zugrunde gelegt worden ist.
Der Erinnerungsführer ist der Vater des am xx.xx. 1992 geborenen S. Auf die Aufforderung hin, Nachweise über die Suche seines Sohnes nach einem Ausbildungsplatz vorzulegen, teilte er der Familienkasse unter dem 15. März 2015 mit, dass sich sein Sohn derzeit auf einer work-and-travel-tour durch Y befinde; er werde ab dem Wintersemester 2015/16 ein Studium an der Universität X aufnehmen. Daraufhin hob die Familienkasse mit Bescheid vom 16. April 2015 dem Kläger gegenüber das für den Sohn S festgesetzte Kindergeld für die Zeit ab Januar 2015 mit der Begründung auf, dass der nicht durch eine theoretisch-systematischen Sprachunterricht unterstützte Auslandsaufenthalt des Sohnes nicht als Berufsausbildung qualifiziert werden könne; zugleich forderte sie das bereits ausbezahlte Kindergeld für die Monate Januar bis April 2015 in Höhe von 736 EUR zurück. Einen hiergegen am 28. Mai 2015 bei der Familienkasse eingelegten Einspruch verwarf diese wegen Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als unzulässig. Die dagegen mit Schreiben vom 6. August 2015 erhobene Klage nahm der Kläger zurück, nachdem ihm die mangelnden Erfolgsaussichten seiner Klage seitens der Berichterstatterin in einem Hinweisschreiben dargelegt und er darauf hingewiesen worden war, dass im Falle der Klagerücknahme nur die Hälfte der Gerichtskosten anfielen.
Bereits bei Einleitung des Klageverfahrens hatte die Landesoberkasse dem Kläger unter dem Kassenzeichen xxx mit einer Kostenrechnung vom 19. August 2015 die Zahlung von 284 EUR aufgegeben. Bei der Berechnung der Kostenschuld ging sie nach § 52 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 4 Nr. 1 GKG von einem Streitwert in Höhe von 1.500 EUR sowie im Hinblick auf die Anzahl der anzusetzenden Gebühren von der Regelung in Nr. 6110 des Kostenverzeichnisses (KV; Anlage 1 zum GKG) aus und setzte daher Gerichtsgebühren in Höhe von (4 × 71 EUR =) 284 EUR an.
Im Anschluss an die Einstellung des Klageverfahrens reduzierte die Kostenbeamtin den Ansatz der Gerichtskosten unter dem 23. November 2015 auf 257 EUR. Unter Berücksichtigung einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Oktober 2005 III S 20/05 (BFH/NV 2006, 200) ging sie bei der Bewertung der Bedeutung der Sache für den Kläger von einem Betrag in Höhe von 3.776 EUR und dementsprechend von einem Streitwert in dieser Höhe aus. In Anwendung der in Nr. 6111 KV getroffenen Regelung setzte sie wegen der erfolgten Klagerücknahme nur noch zwei nach diesem Streitwert bemessene Gebühren an. Der Gebührenschuld in Höhe von (2 × 127 EUR =) 254 EUR rechnete sie noch zwischenzeitlich entstandene Auslagen in Höhe von 3 EUR hinzu.
Hiergegen wendet sich der Erinnerungsführer mit einem als Widerspruch b...