Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge zu einer privatrechtlichen Schweizer Pensionskasse
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einkünfte eines Grenzgängers zur Schweiz aus nichtselbständiger Arbeit sind um die überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge zu einer privatrechtlichen Schweizer Pensionskasse zu erhöhen. Deren Höhe kann bei einem in Prozent des versicherten Einkommens aller Arbeitnehmer bemessenen Kollektivbeitrag des Arbeitgebers mit dem auf den versicherten Lohn des Arbeitnehmers bezogenen Kollektivbeitragssatz geschätzt werden.
2. Der Zufluss von Arbeitslohn bei Arbeitgeberbeiträgen zur Zukunftssicherung hängt nicht davon ab, ob und in welcher Höhe später Versicherungsleistungen erlangt werden.
3. Bei privatrechtlichen Schweizer Pensionskassen, die als sog. umhüllende Pensionskassen neben der gesetzlichen Mindestversicherung nach dem Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge auch eine darüber hinausgehende überobligatorische Vorsorge erbringen, sind nur die obligatorischen Arbeitgeberbeiträge § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 3 Nr. 62; AO § 162 Abs. 1, 2 S. 1; DBA CHE 1978 Art. 15a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge zu einer privatrechtlichen Schweizer Pensionskasse streitig.
Die Kläger sind Eheleute, die in den Veranlagungszeiträumen 2016 und 2017 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie hatten ihren Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung –AO–) und ihre ständige Wohnstätte (Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971, BGBl II 1972, 1022, i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992, BGBl II 1993, 1888; im Folgenden: DBA-Schweiz) im Inland.
Der am … 1975 geborene Kläger ist von Beruf […] und war in den Streitjahren bei der W-AG in X / Schweiz und Y / Schweiz nichtselbständig beschäftigt; die am … 1977 geborene Klägerin war als […] in Teilzeit (50%) bei der B-AG in Y / Schweiz nichtselbständig beschäftigt. Die in der Schweiz erzielten Einkünfte der Kläger aus nichtselbständiger Arbeit wurden nach der Grenzgängerregelung gemäß Art. 15a DBA-Schweiz im Inland besteuert. Als in der Schweiz beschäftigte Arbeitnehmer unterlagen die Kläger den Schweizer Regelungen über die soziale Rentenversicherung (vgl. Art. 1a Abs. 1 Buchst. b des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 –AHVG–; Systematische Sammlung des Bundesrechts –SR– 831.10, www.admin.ch) und die berufliche Vorsorge (vgl. Art. 2, 5, 7 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 –BVG–; SR 831.40, www.admin.ch). Von ihren Arbeitslöhnen wurden Beiträge zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und Invalidenversicherung (IV) als Säule 1 des Schweizer Systems der Altersvorsorge sowie zur beruflichen Vorsorge als Säule 2 einbehalten. Auf die Lohnausweise der Streitjahre wird Bezug genommen (Einkommensteuerakten Bl. 82 f., 92, 119 f., 126 f).
Seit Beginn seiner Tätigkeit für die W-AG im Mai 2006 war der Kläger Mitglied der Pensionskasse der W-AG, der Zusatzvorsorge der W-AG und der Stiftung […].
Die Pensionskasse (PK) ist eine privatrechtliche Stiftung. Sie ist gemäß Art. 48 Abs. 1 BVG im Register für die berufliche Vorsorge des Kantons Y eingetragen. Mitglied der PK sind alle Arbeitnehmer der W-AG, die einen AHV-pflichtigen Jahreslohn erhalten, der den Betrag von 6/8 der maximalen AHV-Altersrente (in den Streitjahren: 21.150 CHF) übersteigt (vgl. Art. 7 Ziff. 1, Art. 9 der in den Streitjähren maßgeblichen Vorsorgereglemente der Pensionskasse –VR-PK–, Gerichtsakte Bl. 301 ff, 168 ff).
Die PK bezweckt, die Arbeitnehmer der W-AG im Rahmen ihres Reglements gegen die wirtschaftlichen Folgen des Erwerbsausfalls infolge von Alter, Tod und Invalidität zu schützen. Sie gewährleistet im Rahmen dieser Zweckbestimmung die gesetzliche Mindestversicherung des koordinierten Lohns nach Art. 8 BVG (Säule 2 a) und erbringt als umhüllende Vorsorgeeinrichtung eine über die gesetzlichen Mindestleistungen hinausgehende überobligatorische Vorsorge (Säule 2 b; vgl. Art. 1 VR-PK). Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit der PK sind die vom Stiftungsrat der PK erlassenen in den Streitjahren jeweils maßgeblichen Vorsorgereglemente und Vorsorgepläne (–VP-PK–, Gerichtsakte Bl. 132 ff., 162 ff.), das BVG und Art. 331 bis 331 f des Schweizer Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR; SR 220, www.admin.ch). Für die über die gesetzlichen Mindestbestimmungen nach BVG hinausgehenden überobligatorischen Leistungen der PK gelten die in Art. 49 Abs. 2 BVG genannten Vorschriften des ...