Entscheidungsstichwort (Thema)
Doppelte Haushaltsführung. Auseinanderfallen von Hausstand und Beschäftigungsort
Leitsatz (redaktionell)
1. Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung ist, dass der Ort des eigenen Hausstandes und der Beschäftigungsort auseinanderfallen.
2. Als Beschäftigungsort ist nicht die jeweilige politische Gemeinde zu verstehen, sondern der Bereich, der zu der konkreten Anschrift der Arbeitsstätte noch als Einzugsgebiet anzusehen ist.
3. Ein Arbeitnehmer wohnt bereits dann am Beschäftigungsort, wenn er von seiner Wohnung aus ungeachtet von Gemeinde- und Landesgrenzen seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich aufsuchen kann.
4. Dabei liegen Fahrzeiten von etwa einer Stunde für die einfache Strecke noch in einem zeitlichen Rahmen, in dem es einem Arbeitnehmer zugemutet werden kann, von seinem Hausstand die Arbeitsstätte aufzusuchen.
5. Bei der Beurteilung der Gesamtumstände kommt es nicht darauf an, ob eine tägliche Fahrzeitverkürzung von mindestens einer Stunde eintritt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 5, 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung im Streitjahr (2013) vorliegen.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger ist nichtselbständig in B tätig. Er hat zwei leibliche Kinder: K 1, geboren am xx.xx. 1989, und K 2, geboren am xx.xx. 1991. K 1 studierte im Streitjahr an der Fachhochschule X und wohnte in X. Als ihre Nebenwohnung hatte sie die Wohnung der leiblichen Mutter, M, im … weg, Z angemeldet. K 2 studierte vom 1. Oktober 2012 bis August 2013 an der Universität Y. Seit September 2013 wird sie zur Kauffrau in Y ausgebildet und wohnte im Streitjahr bei der leiblichen Mutter, M, im … weg, Z.
Die Klägerin hat ebenfalls zwei leibliche Kinder: S 1, geboren am xx.xx. 1992, und S 2, geboren am xx.xx. 1995. S 1 studiert seit 1. Januar 2013 an der Universität B. S 2 besuchte eine Schule in L. Beide leiblichen Kinder wohnten im Streitjahr bei der Klägerin.
Die Kläger sind seit dem 15. Oktober 2010 verheiratet und wohnten seit 1. Februar 2010 bis zur Abmeldung der Wohnung am 18. April 2013 in der … Allee in A in einem Haus mit 160 m² für eine Nettomiete von x.xxx Euro (Gerichtsakte, Bl. 123 ff.). Der Kläger schloss am 27. Dezember 2012 einen Mietvertrag über eine Zwei-Zimmerwohnung mit 53 m³ in der … straße, C für eine Nettomiete von xxx Euro ab. Das Mietverhältnis begann am 1. März 2013 (ESt-Akte, Lasche 2014, Bl. 15 ff.). Am 11. Februar 2013 mietete die Klägerin eine Drei-Zimmerwohnung mit 82 m² … straße, A für eine Nettomiete i.H. von monatlich xxx Euro von einer V. Das Mietverhältnis begann am 15. April 2013 auf unbestimmte Zeit zu laufen (ESt-Akte, Lasche 2014, Bl. 12 ff.).
Am 8. Oktober 2013 stellte der Kläger einen Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung für 2014. Hierin beantragte er aufgrund einer doppelten Haushaltsführung eine Erhöhung seines bisherigen Jahresfreibetrags von x.xxx Euro auf x.xxx Euro (ESt-Akte, Lasche 2014, Bl. 1 ff.). Dem Antrag wurde stattgegeben (ESt-Akte, Lasche 2014, Bl. 9). Am 2. Dezember 2013 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er beabsichtige, eine Eigentumswohnung im … weg in D zu kaufen und diese ab 1. April 2014 zu nutzen. Diese Wohnung – so der Kläger – befände sich im Einzugsbereich seiner regelmäßigen Arbeitsstätte, so dass nach wie vor ein schnelles und unmittelbares tägliches Aufsuchen der Arbeitsstätte möglich sei (ESt-Akte, Lasche 2014, Bl. 22). Eine Änderung des Jahresfreibetrags durch den Beklagten erfolgte daraufhin nicht. Der Kläger wurde jedoch im Schreiben vom 11. Dezember 2013 darauf hingewiesen, dass die endgültige Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung getroffen werde (ESt-Akte, Lasche 2014, Bl. 24). Mit notariellem Vertrag vom 12. Dezember 2013 erwarb der Kläger die Eigentumswohnung im … weg in D für einen Kaufpreis von xxx.xxx Euro und nutzt diese seit 1. April 2014.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr vom 24. Februar 2014 setzte der Kläger – wie schon in den Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2010 bis 2012 – die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 47 km an. Außerdem machte er Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung i.H. von insgesamt xx.xxx Euro geltend, wobei x.xxx Euro auf die Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort und x.xxx Euro auf weitere notwendige Aufwendungen entfallen sollen (ESt-Akte, Lasche 2013, Bl. 23 f. und Rb-Akte a.E. mit Rechnungen).
Im Schreiben vom 10. April 2014 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass er die in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr geltend gemachten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht anerkennen werde, da eine ausschließliche oder weit überwiegende berufliche Veranlassung ...