rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Steuerbescheids wegen unrichtiger Erklärung der Steuerfreiheit von anteiligen ausländischen Arbeitseinkünften. Einkommensteuer 1995– 1997
Leitsatz (redaktionell)
Werden in Zeile 15 der unter Mitwirkung eines Steuerberaters erstellten Anlage N der Einkommensteuererklärung Beträge als anteiliger steuerfreier Arbeitslohn nach dem DBA-Italien erklärt, obwohl der Arbeitslohn in Italien nicht, wie dies für die inländische Steuerfreiheit erforderlich gewesen wäre, tatsächlich versteuert wurde, verstößt das FA nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn es die Einkommensteuerbescheide wegen neuer Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 ändert.
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 90 Abs. 2, §§ 88, 149; DBA ITA Art. 24, 15; EStG § 32b; BGB § 242
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Änderbarkeit von Steuerbescheiden gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) wegen neuer Tatsachen nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist.
Die Kläger sind vom beklagten Finanzamt (FA) für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger übte seine Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH in den Streitjahren an jeweils mehr als 183 Tagen in Kalten aus. In den Einkommensteuererklärungen 1995 bis 1997 wurde der auf die Tätigkeit im Ausland entfallende Arbeitslohn vom steuerlichen Berater der Kläger nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 29. Januar 1986 I R 22/85 (BStBl II 1986, 49) durch Aufteilung wie folgt ermittelt:
1995 |
1996 |
1997 |
127.818 DM |
260.619 DM |
406.965 DM |
Die Beträge wurden jeweils in Zeile 15 der Anlage N zur Einkommensteuererklärung als „steuerfreier Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen Italien” erklärt. In den Einkommensteuerbescheiden 1995 bis 1997 wurde der auf die Tätigkeit in Italien entfallende Arbeitslohn antragsgemäß steuerfrei belassen und lediglich bei Ermittlung des Steuersatzes im Wege des sogenannten Progressionsvorbehalts gemäß § 32 b Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigt (vgl. Bescheide vom 1. Juli 1997, vom 14. September 1998 sowie vom 1. März 1999).
Bei der maschinellen Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 1998 wurde der Steuerfall programmgesteuert aufgrund mehrerer Merkmale zur gründlichen Prüfung ausgewählt. Im Rahmen dieser Überprüfung wurde dem Kläger unter Hinweis auf Tz. 16 des Zusatzprotokolls zu Artikel 24 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung (DBA-Italien) aufgegeben nachzuweisen, dass die auf die ausländische Tätigkeit entfallenden Arbeitseinkünfte in Italien tatsächlich besteuert wurden, da dies Voraussetzung für deren Steuerfreiheit in Deutschland sei. Hierauf teilte der Kläger unter dem 17. Juni 2000 dem FA mit, er könne nicht nachweisen, dass die Einkünfte in Italien besteuert worden seien. Nach Anhörung stimmten die Kläger einer Änderung der Einkommensteuerbescheide zur Nachversteuerung der auf die Auslandstätigkeit entfallenden Einkünfte nicht zu. In Änderungsbescheiden 1995 bis 1997 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vom 15. Dezember 2000 besteuerte das FA die gesamten Arbeitseinkünfte des Klägers.
Hiergegen legten die Kläger am 21. Dezember 2000 mit der Begründung Einspruch ein, eine Änderung der Steuerbescheide sei nicht zulässig, da keine neue Tatsache vorliege. Das FA wies die Einsprüche durch einheitliche Entscheidung vom 22. Mai 2001 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der am 21. Juni 2001 erhobenen Klage lassen die Kläger im Wesentlichen folgendes vortragen: Das FA sei nicht berechtigt gewesen, die Veranlagungen 1995 bis 1997 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen neuer Tatsachen abzuändern. Zwar möge es sich bei dem Umstand, dass entgegen Tz. 16 des Protokolls zu Artikel 24 DBA-Italien in Italien keine effektive Besteuerung stattgefunden habe, um eine neue Tatsache nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO handeln. Eine Änderung nach dieser Vorschrift verstoße aber dann gegen Treu und Glauben und sei damit unzulässig, wenn das FA den Steuerbescheid aufhebe oder ändere, weil ihm nachträglich Tatsachen bekannt geworden seien, die es bei gehöriger Erfüllung der ihm obliegenden Ermittlungspflicht schon vor der Steuerfestsetzung hätte feststellen können. Das FA habe trotz eigener Fehler im Ermittlungsverfahren eine Änderung für möglich gehalten und sich auf eine angebliche Verletzung der Mitwirkungspflicht des Klägers berufen. Eine solche liege jedoch nicht vor. Denn der Kläger sei im Zusammenhang mit den Veranlagungen 1995 bis 1997 nicht danach gefragt worden, ob eine Veranlagung in Italien erfolgt sei. Weder frage das Steuererklärungsformular eine effektive Besteuerung im Vertragsstaat ab, noch habe sich das FA nach Abgabe der Erklärungen bei ihnen – den Klägern – oder i...