Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Kindergeld bei Vollzeiterwerbstätigkeit während des Zeitraums zwischen zwei Ausbildungsabschnitten; kein Abzug von Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen vom kindergeldrechtlichen Grenzbetrag. Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
1. Geht ein Kind nach Abschluss einer Ausbildung zwei Monate einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach, befindet es sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG), wenn es nachfolgend eine weitere Ausbildung (Studium) beginnt. Die während der Vollzeiterwerbstätigkeit erzielten Einkünfte sind folglich auf die kindergeldrechtliche Einkünfte- und Bezüge-Grenze anzurechnen.
2. Bei der Berechnung der "Einkünfte und Bezügen" i.S. des § 32 Abs.4 Satz 2 EStG sind Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen nicht abziehbar (gegen Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 20.7.1999 VII 471/98 Ki, EFG 1999, 1137) .
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2, 1 Nr. 2 Buchst. b, § 2 Abs. 2, 5
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob zwischen zwei Ausbildungsabschnitten erzielte Einkünfte des Kindes zum Wegfall der Kindergeldanspruchsberechtigung führen.
Die am 5. September 1974 geborene Tochter A der Klägerin befand sich von August 1994 bis Ende Juli 1997 in Ausbildung zur Steuerfachgehilfin. In den Monaten August und September 1997 arbeitete sie als (ausgeiernte) Steuerfachgehilfin. Am 1. Oktober 1997 nahm sie ein Studium der Betriebswirtschaftslehre (Fachrichtung Steuern und Prüfungswesen an der Berufsakademie) für die Dauer von 3 Jahren auf. Sie schrieb sich am 22. Juli 1997 bei der Berufsakademie ein. Am 1. August 1997 beantragte sie die – am 12. August 1997 erteilte – Zulassung zum Studium.
Ausweislich ihres Einkommensteuer(ESt)-Bescheids 1997 vom 10. März 1998 erzielte Anja im Jahre 1997 Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (Ausbildungsvergütung und Arbeitslohn) von 20.752 DM. An Werbungskosten fielen insgesamt 8.087 DM an. Ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beliefen sich dementsprechend auf 12.665 DM. Die Sonderausgaben betrugen insgesamt 4.901 DM, das zu versteuernde Einkommen 7.764 DM. Von den Einkünften entfielen auf die Monate August und September 1997 nach der Anlage zur ESt-Erklärung 6.791 DM.
Mit Antrag vom 18. August 1998 beantragte die Klägerin Kindergeld für ihre Tochter Anja unter anderem von Januar bis Juli und Oktober bis Dezember 1997. Im Bescheid vom 18. November 1998 lehnte das beklagte Arbeitsamt – Familienkasse – (AA) die Gewährung von Kindergeld für 1997 ab, da Anjas Einkünfte in Höhe von 12.665 DM den Grenzbetrag von 12.000 DM überstiegen.
Im Einspruchsverfahren berief sich die Klägerin darauf, die Einkünfte ihrer Tochter hätten von Januar bis Juli und von Oktober bis Dezember 1997 während der Zeit ihrer Ausbildung jeweils unter der monatlichen Einkünftegrenze gelegen. Es könne nicht angehen, daß nur wegen des in den Monaten August und September erzielten höheren, die monatliche Einkünftegrenze überschreitenden Gehalts das Kindergeld für das ganze Jahr bzw. die übrigen 10 Monate versagt werde. Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Dezember 1998 wies das AA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, das AA nehme zu Unrecht an, daß sich Anja in den Monaten August und September 1997 in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten i.S.d. §§ 62, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes (EStG) befunden habe. Das Gesetz gehe davon aus, daß die Übergangszeit eine Phase sei, in der das Kind nicht selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen könne, also unterhaltsbedürftig sei. Da Anja in den Monaten August und September ein reguläres Gehalt von 7.152 DM brutto bezogen habe und folglich finanziell für ihren eigen Lebensunterhalt habe sorgen können, treffe dies auf Anja nicht zu. Außerdem habe Anja den Entschluß, ein Studium zu beginnen, nicht etwa bereits vor Beginn der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin, sondern erst nach Aufnahme ihrer regulären Berufstätigkeit als Steuerfachgehilfin gefaßt (Beweis: Frau Anja – zu laden über die Klägerin). Folgerichtig habe die Klägerin ihren Kindergeldantrag auf die Monate Januar bis Juli und Oktober bis Dezember 1997 beschränkt. Das Studium und die Ausbildung zur Steuerfachgehilfin seien getrennt zu sehen; zwischen beiden bestehe kein Ausbildungszusammenhang (Beweis: Zeugnis der Frau Anja). Das Arbeitsentgelt von 7.152 DM abzüglich anteiliger Werbungskosten habe deshalb bei der Ermittlung, ob die Jahres-Einkünftegrenze überschritten werde, nicht berücksichtigt werden dürfen. Anjas Einkünfte hätten in diesem Falle den Grenzbetrag nicht überschritten.
Werde dessen ungeachtet davon ausgegangen, daß Anja auch im August und September 1997 dem Grunde nach berücksichti...