rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpachtete Videotheken bei Bindung der Pächter an die Geschäftsvorgaben und Entscheidungen des Verpächters keine selbstständigen „Teilbetriebe”
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Teilbetrieb ist ein organisatorisch geschlossener, mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebs i. S. d. EStG aufweist und als solcher nach Art eines selbstständigen Zweigbetriebs lebensfähig ist. Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche organisatorische Selbstständigkeit hat, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.
2. Betreibt ein Steuerpflichtiger einen Großhandel mit Videofilmen sowie 27 Videotheken und verpachtet nunmehr die Videotheken an die bereits vor der Verpachtung eingesetzten Geschäftsführer, so stellen die Videotheken trotz räumlicher Trennung und unterschiedlicher Kundenkreise mangels ausreichender Selbstständigkeit der Pächter gegenüber dem Hauptbetrieb des Verpächters keine „Teilbetriebe” dar, wenn die Pächter u.a. einheitlich nach dem Firmenkonzept des Verpächters arbeiten, ihre Filme im Wesentlichen vom Großhandel des Verpächters beziehen, sich bei der Bestimmung der Verleihpreise an die Vorgaben des Verpächters halten mussten und nach dem Gesamtbild der Verhältnisse somit nur scheinbar in ihren die jeweiligen Videotheken betreffenden Entscheidungen frei waren.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 9 Nr. 4; EStG § 15 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger betrieb in M, N und O mehrere Videotheken unter dem Namen „X” sowie unter anderem einen Großhandel mit Videofilmen. Ab dem Jahr 1995 verpachtete er 27 der bislang von ihm geführten Videotheken. Dazu gehörten auch Videotheken, die er erst in den Jahren ab 1995 kurz vor der Verpachtung eröffnet hatte. Den Großhandel verpachtete der Kläger ab dem 1.1.1997. In den abgeschlossenen Verträgen unterschied der Kläger zwischen Miete und Pacht. Als Miete berechnete er lediglich diejenigen Beträge weiter, die er selbst für die Anmietung der Räumlichkeiten der jeweiligen Videotheken aufwenden musste. Hierüber hinaus berechnete er für die Überlassung der Videotheken eine Pacht.
In den Gewinnermittlungen wies der Kläger die Miet- und Pachteinnahmen gesondert aus. Die Pachteinnahmen behandelte er als nicht gewerbesteuerpflichtig. Zur Ermittlung des gewerbesteuerpflichtigen Gewinns korrigierte er daher seine Bilanzgewinne um die Pachterlöse und um die damit im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben. Dies führte in den Streitjahren zu vortragsfähigen Gewerbeverlusten. Hinsichtlich der Mieteinnahmen nahm der Kläger keine Gewinnkorrektur vor, da diesen Einnahmen Ausgaben in Folge der eigenen Mietzinszahlungen in identischer Höhe gegenüberstanden, so dass sich Korrekturen auf den Gewinn nicht ausgewirkt hätten.
Das damals zuständige Finanzamt A folgte zunächst den eingereichten Steuererklärungen und erließ die entsprechenden Steuerbescheide. Im Jahr 2002 fand bei dem Kläger eine Betriebsprüfung statt. Im Prüfungsbericht vom 16.1.2003, auf den Bezug genommen wird (Kopie in der beigezogenen Akte „Betriebsprüfungsberichte”), vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Verpachtung der Videotheken gewerbesteuerpflichtig sei. Es habe sich nicht um eine Verpachtung von Teilbetrieben gehandelt, die mit einer Aufgabe dieser Teilbetriebe einhergegangen sei. Ein Teilbetrieb sei ein organisatorisch geschlossener, mit gewisser Selbstständigkeit ausgestatteter Teil eines Gewerbebetriebs, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebes aufweise und als solcher lebensfähig sei. Diese Merkmale hätten die Videotheken vor der Verpachtung nicht erfüllt. Zwar sei eigenes Filialpersonal ebenso vorhanden gewesen wie eigenes Filialinventar. Es habe auch eine räumliche Trennung zu den übrigen Videotheken bestanden. Die einzelnen Videotheken seien aber nicht selbstständig am Markt aufgetreten. Firmenbezeichnung und Werbekonzept seien für alle Videotheken zentral gesteuert worden. Die einzelnen Videotheken hätten weder eine eigene Buchhaltung noch eigene Einkaufsbeziehungen oder die Möglichkeit einer eigenen Preisgestaltung gehabt. Letztere habe nur hinsichtlich des Verkaufs ausgedienter Videocassetten bestanden. Dieser Bereich sei jedoch von untergeordneter Bedeutung gewesen. Die Tätigkeiten der verschiedenen Videotheken habe sich zudem nicht von derjenigen der anderen Videotheken unterschieden. Zudem sei fraglich, ob jede Filiale tatsächlich einen eigenen Kundenstamm gehabt habe. Es sei vielmehr naheliegend, dass dieser aufgrund der für alle Filialen gleich lautenden Firmenbezeichnung vermittelt worden sei. Letzteres führe zu einem Gesamtkundenstamm, der sich lediglich über den Wohnort der jeweiligen Kunden auf die einzelnen Videotheken verteilt habe. Der Prüfer war weiter der Auffassung...