Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlastungsbetrag nach § 24b EStG ist Alleinerziehenden im Jahr der Heirat zeitanteilig bis einschließlich des Monats der Heirat zu gewähren
Leitsatz (redaktionell)
1. Heiratet die alleine mit einem Kind in einem Haushalt lebende Mutter und wohnt sie noch nicht mit dem Ehemann zusammen, so steht ihr im Jahr der Heirat der Enlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig bis einschließlich des Monats der Heirat zu. Ab dem Folgemonat nach dem Heiratstermin ist eine zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrags nicht mehr möglich; das gilt auch dann, wenn die Mutter für das Jahr der Eheschließung die besondere Veranlagung nach § 26c EStG beantragt hat.
2. § 24b EStG ist verfassungskonform.
Normenkette
EStG § 24b Abs. 1-3, § 26c; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 2004 vom 28.07.2005 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 06.12.2006 dahingehend geändert, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gemäß § 24b EStG in Höhe von 1 199,00 EUR gewährt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 1/12 und dem Beklagten zu 11/12 auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin hat am …11.2004 geheiratet und ist am …2005 mit ihrem Ehemann und ihrem am …1990 geborenen Sohn in eine gemeinsame Wohnung in F. eingezogen. Im Streitjahr 2004 hat sie nach ihren Angaben zusammen mit ihrem Sohn in ihrer Wohnung in A. gelebt.
Für das Jahr 2004 hat die Klägerin von der Möglichkeit der besonderen Veranlagung nach § 26c Einkommensteuergesetz – EStG – Gebrauch gemacht. Sie beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung außerdem den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gemäß § 24b EStG, dessen Berücksichtigung der Beklagte mit Einkommensteuerbescheid vom 28.07.2005 mit der Begründung ablehnte, dass die Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Der hiergegen gerichtete Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, dass der Entlastungsbetrag anteilig bis Oktober 2004 zu gewähren sei, da die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung erst mit der Hochzeit im November weggefallen seien, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 06.12.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte führte unter anderem aus, dass Ehegatten, die im Streitjahr nicht dauernd getrennt lebten, nach § 24b Abs. 2 EStG vom Abzug des Entlastungsbetrags ausgeschlossen seien. Die Voraussetzungen von § 26 Abs. 1 EStG für die Anwendung des SplittingVerfahrens dürften nämlich im gesamten Veranlagungszeitraum nicht erfüllt sein, um dem Grunde nach den Abzug des Entlastungsbetrags zu ermöglichen. Eine anteilige Berücksichtigung des Entlastungsbetrags komme nur in Betracht, soweit die Voraussetzungen des § 24b Abs. 1 EStG nicht in jedem vollen Kalendermonat vorgelegen hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Gründe der Einspruchsentscheidung vom 06.12.2005 Bezug genommen (Bl. 5-8 Streitakte).
Im Rahmen des Klageverfahrens macht die Klägerin geltend, dass ihr der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für das ganze Jahr zu gewähren sei. Nach § 26c EStG würden Ehegatten bei besonderer Veranlagung für den Veranlagungszeitraum der Eheschließung so behandelt, als ob sie diese Ehe nicht geschlossen hätten. Somit sei festzustellen, dass sie, die Klägerin, für den Veranlagungszeitraum 2004 so zu stellen sei, als ob sie nicht geheiratet hätte. Daraus folge, dass ihr der Abzugsbetrag nach § 24b EStG zumindest zeitanteilig für den Zeitraum bis zur Eheschließung zustehen würde, sofern – was allerdings nicht der Fall gewesen sei – ein gemeinsamer Hausstand der Eheleute existiert hätte. Da sie tatsächlich erst am …2005 eine gemeinsame Wohnung mit ihrem Ehemann bezogen habe, stehe ihr der Entlastungsbetrag für das ganze Jahr zu.
Aus der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens wie für Unverheiratete folge, dass der Abzugsbetrag gemäß § 24b EStG gewährt werden könne. Sinn der seit 1986 (wieder) eingeführten besonderen Veranlagung sei es, die steuerlichen Belastungen von Alleinerziehenden, die auch durch die mögliche Zusammenveranlagung nicht ausgeglichen würden, zu berücksichtigen. § 26c EStG diene der Vermeidung dieser mit der (erneuten) Eheschließung verbundenen Nachteile. Der Entlastungsbetrag werde Alleinstehenden anstelle des ab 2004 weggefallenen Haushaltsfreibetrags gewährt. Aus der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens folge nach Seeger in Schmidt, 28. Auflage 2009 (§ 26c EStG, Rz. 5), dass der Haushaltsfreibetrag bzw. der Abzugsbetrag gemäß § 26b EStG gewährt werden könne. Diese Auffassung werde auch von Loschelder in Schmidt § 24b EStG, Rz. 18 vertreten. Im vorliegenden Fall würde die Klägerin gegenüber anderen Alleinerziehenden ungerechtfer...