Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften des StraBEG. keine analoge Anwendung auf steuerehrliche, nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtete Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Das bestimmte Einkünftebezieher, die nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind, und bei denen eine Steuerhinterziehung faktisch ausgeschlossen ist, nicht in den Anwendungsbereich des StraBEG einbezogen sind, steht im Einklang mit dem vom Gesetzgeber mit der Einführung des Gesetzes verfolgten Ziel. Insoweit liegt keine planwidrige Gesetzeslücke vor.
2. Es erscheint so gut wie ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber im Fall einer Nichtigerklärung des StraBEG durch das BVerfG eine Neufassung dieses Gesetzes mit Regelungen erließe, die auch die steuerehrlichen Bürger in den Kreis der Adressaten einbezöge.
3. Hinsichtlich der Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit besteht kein strukturelles Vollzugsdefizit.
4. Der Umstand, dass aufgrund der pauschalen Regelungen des StraBEG in Einzelfällen der steuerunehrliche Bürger bei vergleichbar hohen Einkünften eine niedrigere Steuer zu entrichten hat als der Steuerehrliche, führt noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften des EStG, die bei der Besteuerung des steuerehrlichen Bürgers angewandt werden, und rechtfertigt keine analoge Anwendung des StraBEG.
Normenkette
StraBEG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1; EStG 1997 §§ 2, 32a, 46 Abs. 2 Nr. 8
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der ledige Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Am 31. Dezember 2003 reichte der Kläger beim Beklagten seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) für 2001 ein. Neben seinen nichtselbständigen Einkünften machte der Kläger Sonderausgaben sowie einen halben Kinderfreibetrag für seinen minderjährigen Sohn, der bei der Mutter lebt, geltend. Auf Seite 2 des Einkommensteuererklärungsvordrucks (Mantelbogen) kreuzte der Kläger in Zeile 30 bezüglich der Einkünfte aus Kapitalvermögen das Kästchen „Die gesamten Einnahmen aus Kapitalvermögen betragen nicht mehr als 3.100 DM, bei Zusammenveranlagung 6.200 DM ….”an.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 17. Februar 2004 setzte der Beklagte die Steuer auf 20.640,00 DM (10.553,06 EUR) fest. Er legte dieser Festsetzung die vom Kläger erklärten Besteuerungsgrundlagen zugrunde. Der Gesamtbetrag der Einkünfte – GdE – betrug hiernach 86.996, – DM, das zu versteuernde Einkommen – zvE -76.088, – DM.
Mit seinem Einspruch vom 17. März 2004 machte der Kläger geltend, die Steuerfestsetzung sei im Hinblick auf das Strafbefreiungserklärungsgesetz – StraBEG – verfassungswidrig, da der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel – Art. – 3 des Grundgesetzes – GG – verletzt sei. Entsprechend der Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG dürften nur 60 % des vom Kläger erzielten GdE, also 53.397, – DM (60 % von 88.996, – DM), der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Das so ermittelte zvE sei entsprechend § 1 Abs. 1 Nr. 1 StraBEG lediglich mit 15 vom Hundert – v. H. – zu besteuern, sodass die Einkommensteuer statt auf 20.640, – DM lediglich auf 7.290,60 DM festzusetzen sei.
Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 16. Juli 2004 wies der Beklagte den Rechtsbehelf als unbegründet zurück. Die Veranlagung sei nach geltendem Recht erfolgt. Ob und inwieweit der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei, sei nicht vom Finanzamt sondern vom Bundesverfassungsgericht – BVerfG – zu entscheiden.
Mit der hiergegen gerichteten und rechtzeitig erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ergänzend trägt er vor, seine Einkommensteuerschuld sei nach § 1 StraBEG zu ermitteln, da er die Einkommensteuer für 2001 durch verspätete Abgabe der Erklärung verkürzt habe. Der gesetzliche Abgabetermin für die Erklärung (31. Mai 2002) sei von ihm weit überschritten worden, da er die Erklärung erst am 31. Dezember 2003 eingereicht habe. Auch die verspätete Abgabe von Erklärungen erfülle bereits den Tatbestand einer Steuerhinterziehung.
Zudem wiederholt der Kläger seinen Vortrag aus dem Einspruchsverfahren und weist erneut darauf hin, dass Art. 3 GG eine Gleichbehandlung der ehrlichen Steuerzahler mit den durch das StraBEG begünstigten „Steuerverkürzern” erfordere.
Mit Schriftsatz vom 31.Dezember 2004 hat der Kläger ein „modifiziertes” Erklärungsformular nach dem StrBEG zu den Streitakten gereicht (Bl. 10, 11 Streitakte).
Durch Beschluss vom 16. Oktober 2007 hat der seinerzeit zuständige Berichterstatter auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des beim BVerfG unter dem Az. 2 BvL 14/05 anhängigen Verfahrens gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung – FGO – i. V. m. § 251 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO – angeordnet (Bl. 24 f. Streitakte).
Nachdem das BVerfG durch Bes...