Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung an einer vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft, die Grundbesitz ihres Gesamthandsvermögens vermietet. Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG beim Gesellschafter
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundbesitz im Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist den Gesellschaftern anteilig als eigenes Grundvermögen zuzurechnen.
2. Werden dem Gesellschafter aus seiner Beteiligung an der Personengesellschaft Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung des Grundbesitzes zugerechnet, so liegt darin eine Nutzung und Verwaltung eigenen Grundvermögens i. S. v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
3. Das Halten einer Beteiligung an einer weder gewerblich tätigen noch gewerblich geprägten Personengesellschaft ist nicht kürzungsschädlich i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
Normenkette
GewStG 1991 § 9 Nr. 1 S. 2; AO § 39 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1998 vom 17. September 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01. April 2005 wird aufgehoben.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).
Die Klägerin ist eine GmbH, die bis zum 01. Januar 2002 eine von vier Komplementären der vermögensverwaltend tätigen B-KG war. Die B-KG verwaltete und vermietete das in C belegene …gebäude; darüber hinausgehende Tätigkeiten übte sie nicht aus. Sie ist unstreitig nicht als gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehen. Die Klägerin war weder zur Geschäftsführung noch zur Vertretung der B-KG befugt.
Die Klägerin machte in ihren Gewerbesteuererklärungen die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geltend, die der Beklagte zunächst auch gewährte. Mit dem hier angefochtenen Änderungsbescheid versagte der Beklagte allerdings die erweiterte Kürzung und gewährte nur noch einen Kürzungsbetrag in Höhe von DM 7 186 gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG (1,2 % des anteilig auf die Klägerin entfallenden Einheitswertes der B-KG).
Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zustehe. Bei dem von der B-KG vermieteten und verwalteten Grundbesitz handele es sich um ihr, der Klägerin, zuzurechnenden eigenen Grundbesitz. Dies folge aus dem Beschluss des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 25. Juni 1984 (GrS 4/82, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1984, 751), nach dem Wirtschaftsgüter einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft bei einem betrieblich beteiligten Gesellschafter anteilig eigenes Betriebsvermögen darstelle. Nur die anteilig dem Gesellschafter zuzurechnenden Wirtschaftsgüter, nicht aber die Beteiligung selbst, sei folglich gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) von dem Gesellschafter in seiner Bilanz auszuweisen. Der Anteil an der Personengesellschaft selbst sei kein Wirtschaftsgut, sondern verkörpere die Summe aller Anteile an den zum Gesamthandsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern. Anders sei wegen des Vorrangs der §§ 15, 16 EStG vor § 39 Abs. Nr. 2 AO nur in dem hier nicht vorliegenden Falle der Beteiligung an einer gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft zu entscheiden. Folglich verwalte sie, die Klägerin, lediglich eigenen Grundbesitz.
Das Halten einer Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft stelle auch keine für die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG schädliche Tätigkeit dar. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verfolge den Zweck, die Gewerbesteuerbelastung von kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften derjenigen von Einzelunternehmen oder Personengesellschaften, die lediglich Grundvermögen verwalteten und somit nicht gewerbesteuerpflichtig seien, anzunähern. Jede gewerbliche Tätigkeit, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Nebentätigkeiten gehöre, schließe demnach die Gewährung der erweiterten Kürzung aus. Das gelte auch für die Beteiligung eines Grundstücksunternehmens an einer gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft, da der Gesellschafter dann als Mitunternehmer anzusehen sei und aus der Beteiligung gewerbliche Einkünfte erziele. Sie, die Klägerin, sei aber lediglich an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, bei der sie zudem nicht zur Geschäftsführung ...