rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
BFH-Rechtsprechung zur (fehlenden) Steuerschuldnerschaft von Bauträgern als Leistungsempfänger von Bauleistungen ist kein rückwirkendes Ereignis. Verzinsung bei Umsetzung der geänderten Rechtsprechung. Zinslauf
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rechtsprechung des BFH zur (fehlenden) Steuerschuldnerschaft von Bauträgern als Leistungsempfänger von Bauleistungen, durch die sich die Rechtwidrigkeit der aufgrund der vormaligen Rechtsansicht ergangenen Steuerfestsetzungen gegenüber Bauträgern herausgestellt hat, führt nicht zu einem rückwirkenden Ereignis, weil das BFH-Urteil lediglich deklaratorischer Natur ist und die Erkenntnis der schon zuvor (hier: im Streitjahr 2009) geltenden Rechtslage vermittelt.
2. Soweit die Finanzverwaltung in Tz. 15a des BMF-Schreibens vom 26.7.2017, III C 3 – S 7279/11/10002-09 / IV A 3 – S 0354/07/10002-10 (BStBl I 2017, 1001) die Auffassung vertritt, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und aufgrund des unionsrechtlichen Neutralitätsgebots könne sie gegenüber Bauträgern als Leistungsempfängern von Bauleistungen die Änderung von Umsatzsteuerfestsetzungen verweigern, wenn diese die zunächst im Hinblick auf § 13b UStG angemeldete Umsatzsteuer nicht an die nunmehr als Steuerpflichtige angesehenen Leistungsempfänger nachzahlten oder wenn eine Aufrechnung mit einem an die Finanzverwaltung abgetretenen Erstattungsanspruch ausscheide, ist dem nicht zu folgen. Auch § 17 UStG (analog) steht dem Änderungsbegehren nicht entgegen.
3. Es würde unbillig erscheinen, dem Fiskus unter Aushebelung des § 176 Abs. 2 AO nach § 27 Abs. 19 UStG die Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzungen der leistenden Bauunternehmer zu ermöglichen, ohne dass die daraus entstehenden Zinsfolgen neutralisiert werden könnten.
4. Unterlässt es das FA, im Rahmen der Nachforderung von Umsatzsteuer gegenüber dem leistenden Bauunternehmer Zinsen festzusetzen, hat es nach dem Empfängerhorizont eine Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 163 AO zur Umsetzung von Tz. 16 des BMF-Schreibens vom 31.7.2014, IV A 3 – S 0354/14/10001 / IV D 3 – S 7279/11/10002 (BStBl 2014, 1073) erlassen, an die das Gericht gebunden ist.
Normenkette
UStG §§ 13b, 17, 27 Abs. 19; AO § 233a Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 2a, 3 S. 3, Abs. 5, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 176 Abs. 2, § 163
Nachgehend
Tenor
Abweichend vom Bescheid über Zinsen zur Umsatzsteuer 2009 vom 17.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.09.2016 werden die Zinsen zur Umsatzsteuer auf –6.500,– EUR (Erstattungsbetrag) festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zinsen zur Umsatzsteuer 2009 nach Umsetzung des Urteils des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22.08.2013 V R 37/10 (Bundessteuerblatt –BStBl– II 2014, 128) zur (fehlenden) Steuerschuldnerschaft von Bauträgern als Leistungsempfänger von Bauleistungen.
Die Klägerin, eine GmbH, verfolgt die Durchführung denkmalpflegerischer Arbeiten und tritt dabei auch als Bauträger auf. Unter der gleichen Anschrift und unter der Leitung des gleichen Geschäftsführers besteht eine A… Haus… GmbH, deren Geschäftszweck die Planung und Errichtung von Ein- und Mehrfamilienhäusern als Generalunternehmer bzw. Bauträger, der Erwerb und Verkauf von Immobilien sowie der Handel mit Baustoffen und Bauausrüstungen ist.
Im Streitjahr bezog die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Bauträgerin Umsätze in Höhe von 123.201,– EUR von Bauunternehmern, wobei die Beteiligten davon ausgingen, dass die Klägerin die Umsatzsteuer darauf nach § 13b Umsatzsteuergesetz –UStG– schuldete. Ferner erbrachte die Klägerin im Streitjahr Bauleistungen an die A… Haus… GmbH, die diese für Leistungen als Bauträgerin verwendete, in Höhe von netto 174.000,– EUR, wobei die Beteiligten davon ausgingen, dass die Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldete. Entsprechende Beträge meldete die Klägerin in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen für 2009 an (Umsatzsteuer: 23.408,19 EUR; Bl. 22 Gerichtsakte –GA–) und tilgte die sich daraus ergebenden Zahllasten spätestens am 25.02.2010 (Anlage zum Bericht vom 25.04.2016 in der Rechtsbehelfsakte –RbA–).
Am 09.06.2011 meldete die Klägerin mit ihrer Umsatzsteuererklärung 2009 eine Umsatzsteuer in Höhe von 27.948,11 EUR an, was zu einer Nachzahlung in Höhe von 2.561,42 EUR führte, die am 13.07.2011 gezahlt wurde (Anlage zum Bericht vom 25.04.2016 in der RbA). Mit Bescheid vom 27.06.2011 setzte der Beklagte Nachzahlungszinsen in Höhe von 25,– EUR fest.
Am 11.04.2014 beantragte die Kl...