Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Fahrten mit dem eigenen Pkw zu einer privat organisierten Arbeitsgemeinschaft von Lehrgangsteilnehmern. Lohnsteuerjahresausgleichs 1980
Leitsatz (amtlich)
Durch eine berufliche Fortbildungsmaßnahme veranlasst sind auch die Kosten, die durch die Teilnahme an einer von Lehrgangsteilnehmern privat organisierten Arbeitsgemeinschaft entstehen, in der der Unterrichtsstoff vor- und/oder nachbereitet wird (Anschluss an das Urteil des FG Münster vom 18.10.1978 III 3432/77 L, EFG 1979 S. 223; entgegen dem Urteil des FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart vom 27.5.1975 IV 87/74, EFG 1975 S. 462).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tenor
Abweichend von dem Bescheid über den Lohnsteuerjahresausgleich 1980 vom 7. April 1981 und der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 1981 wird der Betrag der zu erstattenden Lohnsteuer 1980 auf 743,– DM festgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger erzielte als Angestellter … – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Streitjahr nahm er an einem der Vermittlung und der Vertiefung des fachlichen Wissens dienenden Vorbereitungslehrgang auf die Ablegung der Abschlußprüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten, Fachrichtung Krankenversicherung, teil. Von den im Lohnsteuerjahresausgleichsverfahren insoweit als Werbungskosten (Fortbildungskosten) geltend gemachten Aufwendungen erkannte der Beklagte mit dem Bescheid über den Lohnsteuerjahresausgleich 1980 vom 7. April 1981 lediglich Fahrtkosten zu den Lehrgangsstätten im Gesamtbetrag von 844,66 DM an. Aufwendungen für Fahrten mit dem eigenen PKW zu einer privat organisierten Arbeitsgemeinschaft von Lehrgangsteilnehmern im Gesamtbetrag von 1 283,04 DM ließ er dagegen als Kosten der Lebensführung unberücksichtigt. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Dazu trägt er vor, es habe sich um eine Arbeitsgemeinschaft gehandelt, an der neben ihm noch die Herren G. und Z.; teilgenommen hätten. Die Arbeitsgemeinschaft habe stets bei Herrn G. stattgefunden und allein der Bearbeitung des Unterrichtsstoffes gedient. Die Bildung der Arbeitsgemeinschaft habe auf einer ausdrücklichen Empfehlung der … in ihren Richtlinien für die Lehrgangsteilnehmer beruht. Zum Nachweis seiner Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft hat der Kläger entsprechende schriftliche Erklärungen der übrigen Teilnehmer vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
abweichend von dem Bescheid über den Lohnsteuerjahresausgleich 1980 vom 7. April 1981 und der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 1981 weitere Werbungskosten von 1 283,– DM zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
Er bleibt bei seiner in der Einspruchsentscheidung niedergelegten Auffassung, daß die streitigen Aufwendungen in keinem direkten Zusammenhang zu dem Dienstverhältnis des Klägers stünden. Ein solcher Zusammenhang bestehe nur bei der eigenen Tätigkeit des sich Fortbildenden. Diese könne ihm aber durch Dritte nicht abgenommen werden. Halte es ein an einer Fortbildungsmaßnahme teilnehmender Steuerpflichtiger dennoch für notwendig oder nützlich, den Lernprozeß in einer besonderen Form zu organisieren, so trage er damit in erster Linie seinen persönlichen Wünschen Rechnung, ohne daß der Zweck der Fortbildung dies erfordere. Eine andere Beurteilung komme nur in Betracht, wenn – was im Streitfall nicht gegeben sei – die Lerngemeinschaft auf dienstliche Weisung betrieben werde. Zwar könnten auch solche Aufwendungen beruflich oder durch eine Fortbildungsmaßnahme veranlaßt sein, die zwar nicht objektiv notwendig seien, die der Steuerpflichtige aber für erforderlich halte. Voraussetzung für die Anerkennung als Werbungskosten sei aber, daß ein Zusammenhang mit den Kosten der Lebensführung ausgeschlossen sei. Hieran fehle es im Streitfall, da die Arbeitsgemeinschaft aus persönlichen Gründen betrieben worden sei und ein dienstlicher Anlaß für die Teilnahme des Klägers nicht bestanden habe. Diese Auffassung werde durch das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, vom 27. Mai 1975 – IV 87/74 –, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1975, S. 462 bestätigt, das durch nichtveröffentlichtes Urteil des Bundesfinanzhofs-BFH- vom 18. März 1977 – VI R 130/77 – bestätigt worden sei, und entspreche einer hierauf gestützten Verwaltungsanweisung.
Dem Gericht haben die den Kläger betreffenden Lohnsteuer-Arbeitnehmerakten des Beklagten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die – der Höhe nach unstreitigen – Fahrtaufwendungen sind als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz –EStG– sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten....