Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage vor die Kommission der EU
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf 485.703,29 DM festgesetzt.
Gründe
Streitig ist, ob ein Antrag auf Erlaß von Eingangsabgaben der Kommission der EU zur Entscheidung vorzulegen ist.
Der Kläger betreibt aufgrund einer Bewilligung vom 19.02.1992 ein Zollager in A… in dem Zigaretten und Alkohol eingelagert werden. Die Bewilligung ist für ein privates Zollager unter Zollmitverschluß (Typ C) erteilt worden. Das Lager war neben dem Zollschloß durch Anlegen einer Zollblombe dienstlich zu versiegeln. Zum Öffnen und Schließen des Lagers war mit einer Frist von 24 Stunden ein Beamter des Zollamtes B… hinzuzuziehen.
Am 07.01.1994 meldete der Kläger bei der Polizei und beim Zollamt B…, daß in der vergangenen Nacht in das Lager eingebrochen worden sei. Der Fehlbestand an Zigaretten, die bis auf 20.735 Stück nicht im Eigentum des Klägers standen, betrug 3.233.715 Stück. Durch Steuerbescheid vom 02.03.1994, geändert durch Bescheid vom 02.12. 1994, nahm der Beklagte den Kläger auf Eingangsabgaben für die Zigaretten in folgender Höhe in Anspruch:
Zoll |
58.206,87 DM |
Tabaksteuer |
355.708,65 DM |
EUSt |
71.788,47 DM |
Summe |
485.703,99 DM. |
Eine gegen diesen Bescheid erhobene Klage unter dem Aktenzeichen 4 K 272/94 Z, EU hat der Senat durch Urteil vom gleichen Tag abgewiesen.
Mit Schreiben vom 11.05.1994 beantragte der Kläger beim Beklagten die Eingangsabgaben aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 14.10.1994 ab. Eine entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg. Sie wurde vom Beklagten als Einspruch behandelt und durch Einspruchsentscheidung vom 20.02.1995 zurückgewiesen.
Mit der dagegen erhobenen Klage trägt der Kläger vor, die Voraussetzungen für eine Vorlage des Erlaßantrages bei der Kommission der EUnach Art. 905 Abs. 1 Zollkodex DVO seien erfüllt. Es handele sich um einen besonderen Fall, bei dem weder eine betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit vorliege. Zum einen habe der Kläger abweichend vom Normalfall durch das Anbringen eines Zollschlosses und die Anmeldefrist von 24 Stunden keine Verfügungsgewalt über das Lager gehabt. Der Diebstahl sei außerdem kein versicherbares gewöhnliches Handelsrisiko gewesen. Nach verschiedenen Auskünften von Versicherungen, insbesondere einer Auskunft der COLONIA-Versicherung-AG (Blatt 21 GA), lehnten es Versicherungen ab, auch die auf den Waren liegenden Eingangsabgaben zu versichern. Selbst die Versicherung des Warenwertes sei zur Zeit nicht gewährleistet. Soweit die Kommission in einem Fall, in dem Versandverfahren von Fleisch wegen Unauffindbarkeit der Ware nicht abgeschlossen werden konnten und der Hauptverpflichtete auf Eingangsabgaben in Anspruch genommen worden war, keine zum Erlaß führenden besonderen Umstände angenommen habe, sei dieser Fall nicht vergleichbar. Einerseits könne das Risiko eines zollverschlossenen Lastkraftwagens versichert werden, andererseits sei der illegale Markt für Zigaretten anders zu beurteilen als bei Fleisch.
Eine Pflichtverletzung des Klägers liege nicht vor. Die Schlösser des Lagers seien ordnungsgemäß verschlossen gewesen. Außerdem habe der Kläger über seine eigene Pflicht hinaus an der Aufklärung des Falles mitgewirkt und eigene Ermittlungen angestellt. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß die Zigaretten im Inland nicht verkehrsfähig gewesen und deshalb möglicherweise ins osteuropäische Ausland verbracht worden seien.
Der Kläger beantragt,
- den Ablehnungsbescheid Z …des Beklagten vom 14.10.1994 in Form der Einspruchsentscheidung S… des Beklagten vom 20.02.1995 aufzuheben,
- den Antrag auf Erlaß von Eingangsabgaben der Kommission gemäß Art. 905 Abs. 1 Zollkodex DVO vorzulegen,
- hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, es liege kein besonderer Fall, der zur Vorlage vor die Kommission führen müsse, vor. Es handele sich vielmehr um den typischen Sachverhalt der Entziehung von einfuhrabgabepflichtigen Waren aus der zollamtlichen Überwachung. Durch den Zollmitverschluß habe sich an der Pflicht des Klägers, dafür Sorge zu tragen, daß die Waren während ihres Verbleibs im Zollager nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen werden, nichts geändert. Auf die Versicherbarkeit des Risikos komme es nicht an. Es sei Sache des Klägers gewesen, sich rechtzeitig über das wirtschaftliche Risiko zu informieren, das mit dem Betrieb des Zollagers verbunden sei. Der von der Kommission entschiedene Fall eines in Anspruch genommenen Hauptverpflichteten sei vergleichbar. Lagerhalter und Hauptverpflichteter seien für die Einhaltung der Pflichten im Zollverfahren gleichermaßen verantwortlich und bei Entziehung des Zollguts aus der zollamtlichen Überwachung unmittelbare Zollschuldner. Auf Warenart ...